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61/01 Familienlastenausgleich;Norm
FamLAG 1967 §2 Abs1 litc;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde der H in V, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 29. August 1991, 120-3/90, betreffend Gewährung von Familienbeihilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte im Jahr 1989 die Familienbeihilfe für ihren am 1. August 1964 geborenen, auf Grund einer Psychose behinderten Sohn.
Strittig ist, ob die Beschwerdeführerin einen Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs 1 lit c FLAG hat.
Die belangte Behörde versagte der Beschwerdeführerin - nach Aufzählung der beruflichen Tätigkeiten ihres Sohnes bis zum Zeitpunkt der Vollendung des 21. Lebensjahres - die Familienbeihilfe im wesentlichen mit der Begründung, sein beruflicher Werdegang sei weder durch Krankheiten unterbrochen worden, noch seien in dieser Zeit plötzlich Leiden aufgetreten. Durch diese und andere, nach Vollendung des 21. Lebensjahres erfolgte berufliche Tätigkeiten ihres Sohnes werde die für den Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs 1 lit c FLAG notwendige Annahme widerlegt, er wäre infolge seiner Behinderung außerstande gewesen, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Darüber hinaus sei die Behinderung erst nach Vollendung des 21. Lebensjahres eingetreten. Aus dem Inhalt fast aller im Verwaltungsverfahren vorgelegten ärztlichen Zeugnisse gehe hervor, ihr Sohn habe sich erstmals im Februar 1988 wegen einer schizoiden Psychose in Behandlung begeben. Vermutungen, die Behinderung sei bereits zu einem früheren Zeitpunkt eingetreten, würden zwar in den ärztlichen Zeugnissen angestellt, seien aber in keiner Krankengeschichte dokumentiert und in keiner vor Vollendung des 21. Lebensjahres durchgeführten ärztlichen Untersuchung festgestellt worden. Der Nervenfacharzt und Gerichtssachverständige Dr. OS führe in seinem Gutachten über die ihm vorgelegte Krankengeschichte eines Landeskrankenhauses aus, es sei aus dieser nicht ersichtlich, wann und mit welchen Symptomen die Psychose begonnen habe; auch frühere Befragungen der Beschwerdeführerin und ihres Sohnes hätten diesbezüglich keinen verwertbaren Anhaltspunkt ergeben.
Gegen den im Spruch dieses Erkenntnisses genannten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Begründung der belangte Behörde sei aktenwidrig, weil sie von Vermutungen hinsichtlich des Bestehens der Behinderung vor Vollendung des 21. Lebensjahres spreche. Es handle sich hiebei jedoch nicht um Vermutungen, sondern um klare eindeutige Feststellungen. Die Nervenfachärztin Dr. AS habe in einem - der Abgabenbehörde vorgelegenen - Schreiben bescheinigt, die zur Behinderung führende Krankheit sei bereits 1978 vorhanden gewesen, weswegen die Krankheit bereits in der Pubertät, somit vor dem 21. Lebensjahr begonnen habe. Auch die Amtsärztin Dr. LP habe in ihrem zweiten amtsärztlichen Zeugnis festgehalten, der Beginn der Krankheit sei vor dem 21. Lebensjahr anzusetzen. Die belangte Behörde wäre daher gemäß § 93 Abs 3 lit a BAO verpflichtet gewesen, die Abweichung von der von mehreren Ärzten getroffenen Feststellung, die Krankheit habe bereits vor dem 21. Lebensjahr bestanden, zu begründen. Die belangte Behörde habe auch das Zitat des Nervenfacharztes und Gerichtssachverständigen Dr. OS aus seinem Gutachten isoliert in die Begründung des angefochtenen Bescheides übernommen. Dabei habe sie jedoch übersehen, daß es sich dabei nicht um eigene Feststellungen Dris. OS auf Grund seiner Untersuchung ihres Sohnes gehandelt habe. Dr. OS habe lediglich andere ärztliche Untersuchungsergebnisse zitiert. Damit habe die belangte Behörde jedoch gegen ihre Verpflichtung zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts verstoßen, weswegen die vorliegenden Beweise mangelhaft gewürdigt worden seien.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 2 Abs 1 lit c FLAG haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
Im vorliegenden Fall sind lediglich die Anspruchsvoraussetzungen der Beschwerdeführerin auf Gewährung der Familienbeihilfe für ihren Sohn nach dem ersten Fall der zitierten Bestimmung von Bedeutung.
Voraussetzung für den Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs 1 lit c FLAG ist, daß das Kind wegen seiner vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetretenen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Eine mehrjährige berufliche Tätigkeit widerlegt die für den Anspruch auf Familienbeihilfe nach der genannten Bestimmungen notwendige Annahme, das Kind sei infolge seiner Behinderung außerstande gewesen, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen (vgl das zum inhaltlich gleichlautenden § 6 Abs 2 lit d FLAG ergangene hg Erkenntnis vom 21. November 1990, 90/13/0129, mwA).
Aus den von der belangten Behörde vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens ist ersichtlich, daß der Sohn der Beschwerdeführerin bis zur Vollendung seines 21. Lebensjahres bei verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt war. Bis zu diesem Zeitpunkt hat er eine Lehre als Installateur erfolgreich abgeschlossen und war zum Zeitpunkt der Vollendung seines 21. Lebensjahres Wehrpflichtiger bei einer auf Ersuchen einer internationalen Organisation in das Ausland entsendeten Einheit. Dies wurde von der Beschwerdeführerin weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde bestritten. Eine solche berufliche Laufbahn ihres Sohnes kann jedoch nicht als vergeblicher Versuch seiner Eingliederung in das Erwerbsleben bezeichnet werden (vgl das hg Erkenntnis vom 25. Jänner 1984, 82/13/0222).
Da der Sohn der Beschwerdeführerin imstande war, sich jedenfalls bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres den Unterhalt zu verschaffen, liegen die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs 1 lit c FLAG nicht vor. Es erübrigte sich somit auf die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Verfahrensrügen einzugehen, weil der aktenkundige Sachverhalt keine andere Entscheidung in der Sache zugelassen hätte.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1991140197.X00Im RIS seit
01.06.2001