TE Lvwg Beschluss 2023/3/16 LVwG-1-8/2023-R14

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.03.2023
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Entscheidungsdatum

16.03.2023

Norm

UGB §49 Abs1
HGB-D §49 Abs1
AVG §10 Abs2
  1. AVG § 10 heute
  2. AVG § 10 gültig ab 01.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 58/2018
  3. AVG § 10 gültig von 01.01.2012 bis 31.07.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2011
  4. AVG § 10 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009
  5. AVG § 10 gültig von 01.01.2008 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  6. AVG § 10 gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  7. AVG § 10 gültig von 01.02.1991 bis 31.12.1998

Text

Beschluss

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Mag. Katharina Feuersinger über die durch M R, D-D, im Namen von I R, D-D, eingebrachte Beschwerde des gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B vom 23.12.2022 betreffend eine Übertretung nach dem Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG), den Beschluss gefasst:

Gemäß § 10 Abs 2 und § 13 Abs 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) und § 38 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

1. Im angefochtenen Straferkenntnis wurde I R, D-D, vorgeworfen, er habe als Verantwortlicher der Firma R GmbH in D-D diese sei Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen XXX (D), den geforderten Nachweis über die Zuordnung des Fahrzeuges zur erklärten EURO-Emissionsklasse nicht fristgerecht binnen 28 Tagen, gerechnet ab der Hinterlegung der EURO-Emissionsklasse bei der GO-Vertriebsstelle, an die ASFINAG nachgeholt und dadurch eine nicht ordnungsgemäße Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut für die Benützung von Mautstrecken verursacht. Am 11.03.2021 sei an einer GO-Vertriebsstelle die Hinterlegung der EURO-Emissionsklasse für das angeführte Fahrzeug Kraftfahrzeug über 3,5 t, verlangt worden. Demnach wäre die 28-tägige Einmeldefrist für den Nachweis der EURO-Emissionsklasse am 08.04.2021 abgelaufen. Nach Ablauf der Einmeldefrist sei die vorläufige Zuordnung des gegenständlichen Kraftfahrzeuges zur verlangten EURO-Emissionsklasse erloschen und das Kraftfahrzeug rückwirkend der Tarifgruppe mit dem höchsten Tarif zuzuordnen (§ 9 Abs 11 BStMG). Es bestehe somit eine Differenz zwischen entrichteter und geschuldeter Maut. Als Tatzeit wurde 11.03.2021, 11:26 Uhr, als Tatort L, A14, auf Höhe Strkm XX, Fahrtrichtung B, angegeben.

Die Bezirkshauptmannschaft erblickte hierin eine Übertretung des § 20 Abs 3 iVm §§ 6 und 7 BStMG. Es wurde eine Geldstrafe von 300 Euro verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag und neun Stunden festgesetzt.

2.   Gegen dieses Straferkenntnis langte rechtzeitig, am 04.01.2023, ein E-Mail mit dem Betreff „022021041938“ bei der Bezirkshauptmannschaft B ein. Vorgebracht wurde:

„Hiermit legen wir Einspruch ein gegen Ihre Beschwerde. Wir haben die Emissionsklasse bereits im Jahr 2021 nachgewiesen dafür sogar gezahlt, da dies bestellt werden musste bei MAN.

Da dies noch über unsere alten Mailadressen lief, haben wir dazu leider keinen Zugang.

Ich wäre einverstanden dies nochmal zu bestellen.

Das wäre erneut ein Aufwand von knapp 95 Euro.

Aber eine Strafe in Höhe von 330 Euro sehen wir nicht ein.

Danke.

Mit freundlichen Grüßen

M R

R GMBH

Nweg

D

Germany/Deutschland“

3.   Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den behördlichen Verwaltungsstrafakt, insbesondere in den dort einliegenden Auszug aus dem Handelsregister (B des Amtsgerichtes D), abgerufen am 24.08.2021.

4.   Folgender Sachverhalt steht fest:

4.1  Der Geschäftsführer der R GmbH mit Sitz an der Adresse Nweg, D-D, ist I R, D-D. Er ist der Beschuldigte im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren.

M R, D-D, ist der Prokurist dieses Unternehmens.

4.2  Mit E-Mail vom 04.01.2023 hat M R gegen das I R betreffende Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B vom 23.12.2022 Beschwerde erhoben. Das E-Mail wurde von der Mailadresse „XXX“ an die Bezirkshauptmannschaft B gesendet.

Diese Vertretungsbefugnis ist durch keine Vollmacht nachgewiesen.

Mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 16.01.2023, ob Zl, wurde M R auf Grundlage des § 10 Abs 2 AVG iVm § 13 Abs 3 AVG iVm § 38 VwGVG iVm § 24 VStG aufgetragen, dieses Formgebrechen zu beheben. Die Beschwerde wurde zur Vorlage einer Vollmacht des Beschwerdeführers (I R) innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses an M R zurückgestellt.

Mit E-Mail vom 16.01.2023 hat M R mitgeteilt, dass er der Prokurist der Firma ist, das Recht hat, sich dazu zu äußern und sich sein Vater I R auf Urlaub befindet. Es wurden eine EG Übereinstimmungsbescheinigung und eine Datenbestätigung der M AG angehängt. Eine Vollmacht wurde dem Landesverwaltungsgericht innerhalb der gesetzten Frist nicht vorgelegt.

5.   Dieser Sachverhalt fußt auf der Aktenlage und ist in der festgestellten Form unstrittig.

6.1  Nach § 10 Abs 1 AVG, BGBl Nr 51/1991, idF BGBl I Nr 58/2018, können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

Nach § 10 Abs 2 AVG richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs 3 von Amts wegen zu veranlassen.

Nach § 13 Abs 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Nach § 9 Abs 1 VStG, BGBl Nr 52/1991, idF BGBl I Nr 3/2008, ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Gemäß § 49 Abs 1 (deutsches) Handelsgesetzbuch (HGB) ermächtigt die Prokura zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt. […]

Der § 49 Abs 1 (österreichisches) Unternehmensgesetz (UGB) ist aus historischen Gründen, bis auf die unterschiedliche Bezeichnung „Unternehmen“ / „Handelsgewerbe“, ident mit § 49 Abs 1 HGB.

6.2  Zufolge des § 9 VStG trifft die Pflicht zur Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen nicht die juristische Person selbst, sondern die Person, die zur Vertretung nach außen berufen ist. § 9 VStG erfasst in gleicher Weise ausländische juristische Personen.

Zur Vertretung der juristischen Person nach außen berufen ist im Fall einer GmbH grundsätzlich der Geschäftsführer (ua VwGH 25.09.1992, 92/09/0148). Er ist verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Der Prokurist gehört hingegen nicht zu den zur Vertretung nach außen berufenen Personen iSd § 9 Abs 1 VStG (VwGH 04.10.1996, 96/02/0274).

Wie unter Punkt 4.1 festgestellt ist I R, D-D, Geschäftsführer der R GmbH, D-D. Zutreffend ist daher das gegenständliche Straferkenntnis nicht gegenüber der R GmbH selbst ergangen, sondern gegenüber dem verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichen Organ (Geschäftsführer I R).

M R ist – das ist unstrittig – Prokurist der R GmbH mit Sitz in D (Punkt 4.1).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Prokura eine Vollmacht mit gesetzlich umschriebener Vertretungsbefugnis. Der Prokurist kann die Gesellschaft auch im verwaltungsbehördlichen Verfahren als rechtsgeschäftlicher Vertreter vertreten, soweit es sich um Verwaltungsverfahren handelt, die der Betrieb der Gesellschaft mit sich bringt (VwGH 03.11.1987, 87/04/0112, ergangen zu dem, dem § 49 HGB gleichlautenden § 49 UGB).

Daraus folgt, dass der Prokurist die Gesellschaft vertreten kann. Jedoch umfasst diese Vertretungsbefugnis des Prokuristen nicht auch die Vertretung des Geschäftsführers als natürliche Person.

Zur Einbringung einer Beschwerde gegen ein Straferkenntnis, das gegen eine nach § 9 Abs 1 VStG verantwortliche Person erlassen wird, reicht es somit nicht aus, dass die Person, die die Beschwerde einbringt, für die juristische Person – hier: die R GmbH, D-D –vertretungsbefugt ist, vielmehr muss sie auch für das verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ (den Geschäftsführer) als natürliche Person vertretungsbefugt sein. Dies ist M R als Prokurist der R GmbH im Rahmen seiner gesetzlichen Vertretungsmacht jedoch nicht.

Dem Vertreter (M R, D-D) wurde mittels Beschluss die Behebung dieses Mangels innerhalb angemessener Frist aufgetragen. Der Vertreter hat innerhalb dieser Frist keine entsprechende Vollmacht eingebracht (Punkt 4.2). Aus diesem Grund ist nicht davon auszugehen, dass M R, D-D, berechtigt ist, den Beschuldigten (I R) in der gegenständlichen Verwaltungsstrafangelegenheit zu vertreten. Er ist zur Einbringung der gegenständlichen Beschwerde nicht legitimiert.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

7.   Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Prokura, kein Vertretungsrecht für Geschäftsführer

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2023:LVwG.1.8.2023.R14

Zuletzt aktualisiert am

05.04.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
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