Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AgrVG §7 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des F in I, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 29. Oktober 1992, Zl. LAS-241/59-82, betreffend Zurückweisung einer Berufung im Flurbereinigungsverfahren K, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird auf die in der Sache bereits ergangenen hg. Vorerkenntnisse vom 14. Mai 1982, Zl. 82/07/0026 und vom 28. Mai 1985, Zl. 84/07/0355 sowie den hg. Beschluß vom 9. April 1991, Zl. 91/07/0019, hingewiesen.
Das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) hat mit Kundmachung vom 17. Mai 1991, dem Beschwerdeführer zugestellt am 31. Mai 1991, (gemäß § 7 Abs. 2 AgrVG) bekanntgegeben, den Flurbereinigungsplan der landwirtschaftlichen Grundstücke von K., Gemeinde I., gemeinsam mit dem Nachbewertungsplan gemäß den §§ 21 und 31 Z. 7 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1978 (TFLG), LGBl. Nr. 54, im Gemeindeamt von I. zur allgemeinen Einsichtnahme "ab 3.6.1991 durch 2 Wochen" aufzulegen. Die dieser Kundmachung gemäß § 7 Abs. 2 letzter Satz i.V.m. Abs. 3 AgrVG beigefügte Rechtsmittelbelehrung lautete:
"Gegen diese Bescheide kann binnen zwei Wochen schriftlich in zweifacher Ausfertigung beim Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz Berufung eingebracht werden. Die Berufung ist zu begründen und hat einen bestimmten Berufungsantrag zu enthalten. Die Frist beginnt jeweils mit dem auf den Ablauf der Dauer der Auflage folgenden Tag."
Mit jeweils gesondertem, mit 31. Mai 1991 datiertem und an die belangte Behörde gerichteten (und dort am 3. Juni 1991 eingelangten) Schreiben stellte der Beschwerdeführer einerseits einen "Devolutionsantrag" und bekämpfte andererseits gleichzeitig die "Erlassung der bezüglichen Kundmachung" mit dem Antrag, "die Entscheidung solange auszusetzen, bis über den mittlerweile beim Landesagrarsenat eingebrachten Devolutionsantrag" entschieden worden sei. Der Devolutionsantrag wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 24. Oktober 1991 abgewiesen. Der Oberste Agrarsenat beim Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft (OAS) wies die dagegen erhobene Berufung mit Bescheid vom 5. Februar 1992 ab.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29. Oktober 1992 wies die belangte Behörde die gegen "die Kundmachung" der AB vom 17. Mai 1991 eingebrachte Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. "§ 7 Abs. 2 AgrVG" (gemeint wohl: § 1 AgrVG) als unzulässig zurück.
In der Begründung führte die belangte Behörde insbesondere aus, die angeführte Kundmachung, die vom Beschwerdeführer ausdrücklich bekämpft werde, stelle keinen Bescheid im Sinne des AVG dar, durch welchen Rechtsverhältnisse gestaltet oder festgestellt würden. Durch die Kundmachung werde nicht normativ über konkrete Rechte oder Rechtsverhältnisse abgesprochen. Daraus folge, daß die Kundmachung kein Bescheid und die gegen diese Kundmachung eingebrachte Berufung unzulässig sei. Selbst wenn man aber der Meinung wäre, die gegenständliche Berufung richte sich gegen den Flurbereinigungsplan von K., so wäre diese als unzulässig zurückzuweisen, weil dieser Plan zum Zeitpunkt der Berufungseinbringung mangels Auflage (diese habe erst am 3. Juni 1991 begonnen) rechtlich noch gar nicht existent gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtete der Beschwerdeführer zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluß vom 14. Juni 1993, B 1873/92, ablehnte und an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten hat. Im fortgesetzten Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattete der Beschwerdeführer eine Beschwerdeergänzung, in der er die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragte. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, seine Berufung "nicht als gegen einen nicht existenten Bescheid gerichtet zurückgewiesen zu bekommen, wenn der damit angefochtene Bescheid sehr wohl ... Rechtsansprüche" (des Beschwerdeführers) beeinträchtige, verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Inhaltlich rügt der Beschwerdeführer, der angefochtene Bescheid gehe unzutreffend von der Annahme aus, daß sich die Berufung gegen die "Kundmachung" und nicht gegen die Bescheide (Flurbereinigungsplan, Nachbewertungsplan) richte. Falls sich die Berufung dennoch gegen diese Bescheide richte, sei es nicht richtig, daß es diese zum Berufungszeitpunkt noch gar nicht gegeben habe.
Gemäß § 63 Abs. 3 AVG, der aufgrund des § 1 AgrVG - unbeschadet der in § 7 Abs. 3 und 4 AgrVG enthaltenen Sonderbestimmungen im Agrarverfahren - auch im gegenständlichen Fall von der belangten Behörde anzuwenden war, hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.
Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Eingabe vom 17. Mai 1991 ausdrücklich "gegen die Erlassung der diesbezüglichen Kundmachung" und begehrte, "die Entscheidung so lange auszusetzen, bis über den mittlerweile beim Landesagrarsenat eingebrachten Devolutionsantrag entschieden ist". Im wesentlichen bringt der Beschwerdeführer vor, daß die belangte Behörde im Zeitpunkt der Erlassung der Kundmachung vom 15. Mai 1991 unzuständig gewesen sei. In der Begründung verweist er neuerlich auf "die Erlassung dieser ungesetzlichen Kundmachung".
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers läßt sich dieses Berufungsvorbringen nicht im Sinne einer angeblich angestrebten Bekämpfung der durch Auflage erlassenen Bescheide umdeuten. Gegen eine derartige Umdeutung spricht der eindeutige und unmißverständlich zum Ausdruck gebrachte Wille des Beschwerdeführers, "die Kundmachung" im Rahmen der Berufung bekämpfen zu wollen.
Gemäß § 7 Abs. 2 AgrVG können Bescheide im Agrarverfahren auch durch Auflage zur allgemeinen Einsicht während einer bestimmten Dauer erlassen werden. Die Dauer und der Ort der Auflage sind so zu bestimmen, daß jede Partei innerhalb einer Frist von mindestens 2 Wochen Einsicht nehmen kann. Die Dauer und der Ort der Auflage sind den Parteien schriftlich bekanntzugeben und an der Amtstafel der Behörde sowie an den Amtstafeln der Gemeinden, in denen dem Agrarverfahren unterworfene Grundstücke liegen, kundzumachen. Für jede Partei beginnt die Auflagefrist nicht vor dem Tag der Zustellung dieser Verständigung. Die Verständigung der Parteien und die Kundmachung an den Amtstafeln haben eine Rechtsmittelbelehrung im Sinne des Abs. 3 zu enthalten.
Wie dem § 7 Abs. 2 AgrVG unschwer zu entnehmen ist, kommt der "Kundmachung" bzw. der (hier vorliegenden) Verständigung der Parteien kein selbständiger Bescheidcharakter zu. Sie sind vielmehr Voraussetzung für die Erlassung von Bescheiden (z.B. Flurbereinigungsplan, Nachbewertungsplan) durch Auflage zur allgemeinen Einsicht.
Da die bekämpfte Kundmachung jedoch kein Bescheid war, war die im angefochtenen Bescheid erfolgte Zurückweisung der Berufung des Beschwerdeführers nicht rechtswidrig.
Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß aufgrund der ausdrücklichen Bezeichnung des Berufungsgegenstandes kein Raum für die von der belangten Behörde angestellte alternative Begründung, die Berufung als gegen die erst aufzulegenden Pläne selbst gerichtet anzusehen, bleibt. Es erübrigt sich daher ein gesondertes Eingehen auf die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen.
Da sich die von der belangten Behörde somit zutreffend zurückgewiesene Berufung des Beschwerdeführers gegen eine Erledigung gerichtet hatte, der kein Bescheidcharakter zukam, erübrigte sich ebenso ein Eingehen auf das Beschwerdevorbringen über die angebliche Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz.
Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Schlagworte
Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Belehrungen MitteilungenBescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993070088.X00Im RIS seit
25.01.2001Zuletzt aktualisiert am
31.03.2010