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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §36 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der B in T, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 12. Dezember 1994, Zl. 1/01-34.295/2-1994, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Wassergenossenschaft W, vertreten durch den Obmann F), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.070,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau (BH) vom 17. Dezember 1965 wurde J.M., F.M., N.Sch. sen., N.Sch. jun., M.Sch., M.R., M.W. und S.H. gemäß § 9 Abs. 2 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) die wasserrechtliche Bewilligung zur Fassung und Ableitung der auf Grundstück Nr. 101, KG W., entspringenden Quelle sowie zur Errichtung, Benützung und Erhaltung der für die Trinkwasserversorgungsanlage notwendigen Anlagen erteilt.
Im Wasserbuchbescheid des Landeshauptmannes vom 1. Juni 1966 wurden als Liegenschaften, mit denen das Wasserbenutzungsrecht verbunden ist, die Liegenschaften der Wasserbenutzungsberechtigten angeführt.
Am 19. Oktober 1993 beantragte die "Interessengemeinschaft Wasserversorgung W." bei der BH die nachträgliche Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für einen zweiten Hochbehälter.
Am 24. Februar 1994 fand eine Versammlung der Interessenten statt, bei der über die Gründung einer Wassergenossenschaft beraten wurde. Die Beschwerdeführerin sprach sich gegen die Gründung einer Wassergenossenschaft aus. Bei der nachfolgenden Abstimmung beschlossen laut Protokoll alle Anwesenden mit Ausnahme der Beschwerdeführerin die Gründung einer Wassergenossenschaft. In einem Nachtrag zum Protokoll vom 23. Februar 1994 ist festgehalten, laut Angabe des Obmannes der Wassergenossenschaft (WG) beabsichtige die Beschwerdeführerin, der Wassergenossenschaft beizutreten.
Mit Bescheid der BH vom 28. Februar 1994 wurde gemäß §§ 73 Abs. 1 lit. b, 74 Abs. 1 und 2, 77 und 78 WRG 1959 die auf Grund freier Vereinbarung der Beteiligten gebildete WG.W. behördlich anerkannt und wurden die in der Gründungsversammlung am 21. Jänner 1994 beschlossenen Satzungen zu einem wesentlichen Bestandteil des Bescheides erklärt. Dieser Bescheid wurde auch der Beschwerdeführerin zugestellt.
Am 13. April 1994 führte die BH eine mündliche Verhandlung über das Ansuchen um nachträgliche Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für den 2. Hochbehälter durch. Dabei wurde festgestellt, daß auf Grund von Bautätigkeiten im Bereich der ursprünglich an die Wasserversorgungsanlage angeschlossenen 8 Liegenschaften in der Zwischenzeit Neuanschlüsse stattgefunden hätten, sodaß der ursprüngliche Hochbehälter nicht mehr ausreiche. Im übrigen sei vorgesehen, die im Lageplan eingetragenen Leitungen durchwegs als genossenschaftliche Anlageteile zu übernehmen; diese endeten nunmehr jeweils beim Hausanschlußschieber.
Der Vertreter der Beschwerdeführerin erklärte, das Maß der Wasserbenutzung sei entsprechend dem tatsächlichen Bedarf, das seien ca. 25.000 l pro Tag, neu festzulegen.
Der Obmann der mP erklärte, das Maß der Wasserbenutzung sei im Wasserbuch entsprechend der erteilten Bewilligung mit einem Liter pro Sekunde eingetragen; einer Änderung im Sinne der Stellungnahme des Vertreters der Beschwerdeführerin werde nicht zugestimmt.
Mit Bescheid der BH vom 14. April 1994 wurde der mP gemäß § 9 Abs. 2 WRG 1959 die "nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb eines
2. Hochbehälters für die Wasserversorgungsanlage WBPZl. 1944 sowie die erweiterte Leitungsführung nach Maßgabe des vorgelegten Projektes sowie unter Einhaltung nachstehender Auflagen II" erteilt (Spruchabschnitt I).
Spruchabschnitt IV dieses Bescheides lautet:
"Dingliche Bindung:
Das ggstl. Wasserbenutzungsrecht ist mit dem Eigentum an der Wasserversorgungsanlage der Wassergenossenschaft "W." in W. dinglich verbunden. Jede Übertragung des Eigentums ist der Wasserbuchbehörde vom Erwerber schriftlich binnen zwei Wochen zu melden."
In der Begründung wurde u.a. ausgeführt, das Wasserbenutzungsrecht und die damit verbundenen Anlagenteile laut WBPZl. 1944 bzw. die mit diesem Bescheid nachträglich bewilligten Erweiterungen und Ergänzungen seien von der mP von der bisherigen Interessentengemeinschaft übernommen worden und es sei die diesbezügliche Feststellung gemäß § 22 WRG 1959 zu treffen gewesen. Sämtliche bisherigen Wasserbezieher seien Mitglieder der mit Bescheid der BH vom 28. Februar 1994 rechtskräftig behördlich anerkannten mP.
Gegen diesen Bescheid berief die Beschwerdeführerin. Sie brachte vor, durch die mP solle das mit Bescheid der BH vom 17. Dezember 1965 den dort bezeichneten Personen verliehene Wasserbenutzungsrecht ohne ihre Zustimmung als Grundeigentümerin und Berechtigte übernommen werden. Dazu werde im Bescheid festgestellt, daß das Wasserbenutzungsrecht mit dem Eigentum an der Wasserversorgungsanlage W. dinglich verbunden sei. Diese Feststellung entbehre jeglicher gesetzlicher Grundlage, da die Beschwerdeführerin einer Übertragung ihrer Rechte an die mP niemals zugestimmt habe. Um ein dingliches Wasserbenutzungsrecht für die mP könne es sich auch deshalb nicht handeln, weil der mP auch Mitglieder angehörten, die nicht als Berechtigte im Wasserbuch eingetragen und auch nicht wasserbenutzungsberechtigt seien. Werde ein Übergang des Wasserbenutzungsrechtes auf die mP angestrebt, müßten die bisher Berechtigten darauf verzichten. Die Beschwerdeführerin sei nicht Mitglied der mP.
Mit Bescheid vom 12. Dezember 1994 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin ab.
In der Begründung wird ausgeführt, es stehe fest, daß die früheren Mitglieder einer Interessentengemeinschaft sich formell zu einer Wassergenossenschaft zusammengeschlossen hätten. Gegenstand des mit dem bekämpften erstinstanzlichen Bescheid abgeschlossenen Verfahrens sei lediglich eine Erweiterung der Anlagen der mP gewesen. Bei dem von der Beschwerdeführerin bei der mündlichen Verhandlung am 13. April 1994 vorgebrachten Umstand handle es sich um eine Genossenschaftsangelegenheit, die im Rahmen der Genossenschaft zu klären sei. Sie stelle jedoch keinen Einwand im wasserrechtlichen Verfahren dar. Was den Spruchabschnitt IV des erstinstanzlichen Bescheides betreffe, sei von der Wasserrechtsbehörde lediglich festzustellen gewesen, daß das Wasserbenutzungsrecht mit der Wasserversorgungsanlage der mP verbunden sei. Zur Wasserversorgungsanlage gehöre auch die Wasserfassung, "sodaß auch der Quellbereich vom Eigentum der Beschwerdeführerin durch die dingliche Gebundenheit erfaßt" sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die Beschwerdeführerin bestreitet, Mitglied der mP zu sein, weshalb es sich bei ihren Berufungsausführungen auch nicht um interne Genossenschaftsangelegenheiten handeln könne. Sie habe die Anlage bzw. jene Grundflächen, auf denen sich die Anlage befinde, nicht in die mP eingebracht. Es habe auch kein Akt der Übertragung von Wasserbenutzungsrechten oder dinglichen Rechten durch die Beschwerdeführerin oder mit ihrer Zustimmung von den früheren Berechtigten auf die mP in einer Weise stattgefunden, die auch die Rechte der mP umfasse. Dem Bescheid über die Gründung einer Wassergenossenschaft könne nicht von vornherein die Bedeutung zugemessen werden, gleichzeitig auch eine Übertragung von Rechten, noch dazu von außenstehenden Dritten, nämlich der Beschwerdeführerin, auf die Wassergenossenschaft auszusprechen. Die Aussage des angefochtenen Bescheides, daß zur Wasserversorgungsanlage auch die Wasserfassung gehöre, sodaß auch der Quellbereich vom Eigentum der Beschwerdeführerin durch die dingliche Gebundenheit erfaßt werde, sei unklar.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die Beschwerdeführerin hat eine Replik erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde begründet ihre Entscheidung damit, das Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin betreffe eine Streitigkeit aus dem Genossenschaftsverhältnis, welche im Rahmen der Genossenschaft zu klären sei. Die belangte Behörde gibt keine nachvollziehbare Begründung für ihre Annahme, die Beschwerdeführerin sei Mitglied der mP. Die Ausführungen in der Gegenschrift vermögen die fehlenden Erörterungen und Feststellungen nicht zu ersetzen (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 607, angeführte Rechtsprechung). Selbst wenn die Beschwerdeführerin aber Mitglied der mP wäre, ist die von der belangten Behörde gegebene Begründung, es handle sich um eine Streitigkeit aus dem Genossenschaftsverhältnis, unzutreffend.
Streitigkeiten aus dem Genossenschaftsverhältnis sind dadurch gekennzeichnet, daß sie Rechte und Pflichten der Genossenschaft gegenüber dem Mitglied, Rechte und Pflichten des Mitgliedes gegenüber der Genossenschaft und Rechte und Pflichten des Mitgliedes gegenüber den anderen Mitgliedern der Genossenschaft zum Gegenstand haben. Gegenstand einer Streitigkeit aus dem Genossenschaftsverhältnis kann nur sein, was das WRG 1959 und die darauf gegründeten Rechtsakte, insbesondere die Satzungen, über das Genossenschaftsverhältnis bestimmen. Eine Streitigkeit aus dem Genossenschaftsverhältnis liegt vor, wenn das Genossenschaftsverhältnis für die geltend gemachten Ansprüche dem Grunde nach bestimmend ist. Ein solcher Fall liegt aber im Beschwerdefall nicht vor. Hier geht es um den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Weiterbestand ihres bereits vor der Gründung der mP bestandenen Wasserbenutzungsrechtes. Diese Streitigkeit wurzelt nicht im Genossenschaftsverhältnis. Eine solche Streitigkeit könnte sich auch in bezug auf eine Person, die nicht Mitglied der Genossenschaft ist, ergeben; sie würde daher auch dann, wenn die Beschwerdeführerin - allenfalls - Mitglied der mP wäre, nicht zu einer Streitigkeit aus dem Genossenschaftsverhältnis.
Die wasserrechtliche Bewilligung für die ursprüngliche Wasserversorgungsanlage wurde mit dem Bescheid der BH vom 17. Dezember 1965 den Eigentümern jener Liegenschaften erteilt, für deren Versorgung die Anlage errichtet wurde. Im Wasserbuchbescheid sind diese Liegenschaften als jene Liegenschaften bezeichnet, mit der das Wasserbenutzungsrecht verbunden ist.
Nach § 74 Abs. 4 WRG 1959 tritt mangels anderweitiger Vereinbarung durch die Bildung einer Wassergenossenschaft keine Änderung in bestehenden Wasserberechtigungen oder im Eigentum von Wasseranlagen ein.
Nach § 22 Abs. 1 WRG 1959 ist bei nicht ortsfesten Wasserbenutzungsanlagen die Bewilligung auf die Person des Wasserberechtigten beschränkt. Bei allen anderen Wasserbenutzungsrechten ist Wasserberechtigter der jeweilige Eigentümer der Betriebsanlage oder Liegenschaft, mit der diese Rechte verbunden sind.
Aus § 74 Abs. 4 WRG 1959 ergibt sich, daß die Genossenschaftsbildung als solche an der individuellen Zuordnung der Wasserrechte nichts ändert. Soll ein Wasserrecht auf die Genossenschaft übergehen, muß der bisher Berechtigte auf sein Recht verzichten und die Genossenschaft um die Verleihung eines gleichen Rechtes ansuchen, es sei denn, daß es sich um ein dinglich gebundenes Wasserrecht im Sinne des § 22 handelt und die Wassergenossenschaft Eigentümer der Liegenschaft oder Anlage wird, mit der das Wasserrecht verbunden ist (vgl. Krzizek, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz, 302).
Aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren läßt sich die Behauptung entnehmen, daß sie Rechtsnachfolgerin im Eigentum einer jener Liegenschaften ist, zu deren Gunsten 1965 das Wasserbenutzungsrecht verliehen wurde. Bei Zutreffen dieser Behauptung ist sie daher Wasserbenutzungsberechtigte.
Die mit Bescheid der BH vom 14. April 1994 der mP erteilte wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb eines zweiten Hochbehälters für die mit Bescheid derselben Behörde vom 17. Dezember 1965 wasserrechtlich bewilligte, unter Wasserbuch-Postzahl 1944 eingetragene Wasserversorgungsanlage steht in untrennbarem Zusammenhang mit der ursprünglichen wasserrechtlichen Bewilligung und stellt mit dieser eine Einheit dar. Dieses in seinem sachlichen Umfang durch die Bescheide der BH vom 17. Dezember 1965 und vom 14. April 1994 festgeschriebene einheitliche Wasserbenutzungsrecht wurde durch den Bescheid der BH vom 14. April 1994 der mP verliehen. Dies ergibt sich sowohl aus Spruchabschnitt I des Bescheides der BH vom 14. April 1994 als auch aus Spruchabschnitt IV, wonach das Wasserbenutzungsrecht mit dem Eigentum an der Wasserversorgungsanlage der mP dinglich verbunden ist; dies insbesondere auch auf Grund der Ausführungen in der Begründung, wonach das Wasserbenutzungsrecht und die damit verbundenen Anlagenteile laut WBPZl. 1944 bzw. die mit dem Bescheid vom 14. April 1994 nachträglich bewilligten Erweiterungen und Ergänzungen von der mP von der bisherigen Interessentengemeinschaft übernommen wurden.
Damit ist Rechtsträger des gesamten Wasserbenutzungsrechtes die mP. Dies hat gleichzeitig zur Folge, daß die bisher auf Grund des Bescheides der BH vom 17. Dezember 1965 Wasserberechtigten, darunter auch die Beschwerdeführerin, ihr Wasserbenutzungsrecht verloren haben. Für eine solche Übertragung des Wasserbenutzungsrechtes fehlt es aber jedenfalls, soweit die Beschwerdeführerin betroffen ist, an den rechtlichen Voraussetzungen, da eine Zustimmung der Beschwerdeführerin hiezu oder ein Verzicht auf ihr Recht nicht vorliegt. Die Beschwerdeführerin hat sich auch nicht, wie die Erstbehörde in der Berufungsvorlage an die belangte Behörde gemeint hat, ihres Rechtes verschwiegen. Der Vertreter der Beschwerdeführerin hat bei der mündlichen Verhandlung am 13. April 1994 die Forderung erhoben, das Maß der Wasserbenutzung müsse mit 25.000 l pro Tag festgesetzt werden. Dieser Forderung wurde nicht Rechnung getragen. Außerdem war die Frage eines Verzichtes der Beschwerdeführerin auf ihr Wasserbenutzungsrecht nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Von einem Verschweigen oder einer Zustimmung kann daher keine Rede sein.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Schlagworte
Begründung BegründungsmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995070048.X00Im RIS seit
12.11.2001