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50 GewerberechtNorm
B-VG Art11 Abs2Leitsatz
Abweisung eines Antrags auf Aufhebung einer Bestimmung des BilanzbuchhaltungsG betreffend den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gegen die vorläufige Untersagung der Ausübung (Suspendierung) des Bilanzbuchhaltergewerbes; Unerlässlichkeit der Abweichung vom VwGVG angesichts des Zwecks und Wesens der vorläufigen Sicherungsmaßnahme; Sachlichkeit der Einschränkung der Effizienz des Rechtsbehelfs gegen die Suspendierung zur Wahrung der ordnungsgemäßen Berufsausübung bei Vorliegen schwerwiegender UmständeRechtssatz
Keine Verfassungswidrigkeit des §53 Abs3 letzter Satz Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014 idF BGBl I Nr 135/2017. Im Übrigen: Zurückweisung der Anträge des BVwG auf Aufhebung des §63 Abs1 BiBuG idF BGBl I 66/2020 und §65 Abs2 BiBuG idF BGBl I 191/2013.
Vom VwGVG abweichende Regelungen dürfen nur dann getroffen werden, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes "unerlässlich" sind. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage führen zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung aus, dass die Suspendierung eine vorläufige Sicherungsmaßnahme sei, deren Wirkung gerade in der unmittelbaren Anwendbarkeit bestehe. Daher sei die aufschiebende Wirkung - wie schon nach früherer Rechtslage - bei einer Suspendierung der Berufsbefugnis grundsätzlich auszuschließen.
Die Behörde hat bei Vorliegen eines der in §53 Abs1 BiBuG 2014 genannten Tatbestände (Verlust der vollen Handlungsfähigkeit, Verhängung der Untersuchungshaft wegen des Verdachtes näher genannter gerichtlich strafbarer Handlungen, rechtskräftige Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens, fehlende Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung, wiederholte schwerwiegende Verstöße gegen die Bestimmungen zur Verhinderung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung) die Ausübung eines Bilanzbuchhaltungsberufes vorläufig zu untersagen. Im Falle des Vorliegens einer rechtswirksamen Anklageschrift darf eine Suspendierung wegen der dort genannten strafbaren Handlungen zudem nur dann ausgesprochen werden, wenn die ordnungsgemäße Berufsausübung gefährdet ist. Ist der Grund für eine Untersagung nicht mehr gegeben, hat die Behörde den Suspendierungsbescheid auf Antrag aufzuheben.
Bei den im Gesetz abschließend aufgezählten Tatbeständen handelt es sich jeweils um schwerwiegende Umstände, bei deren Vorliegen der Gesetzgeber nachvollziehbar davon ausgeht, dass die ordnungsgemäße Berufsausübung nicht mehr sichergestellt ist. Die vorläufige Untersagung der Berufsausübung (Suspendierung) stellt eine vorübergehende, sofort wirksame Sicherungsmaßnahme dar, deren Zweck gerade darin besteht, einen Zustand bis zur endgültigen Entscheidung über einen Widerruf der Berufsberechtigung vorübergehend zu ordnen, um dadurch Nachteile und Gefahren für das allgemeine Wohl, aber auch für Dritte (zB Klienten des Berufsberechtigten) zu verhindern sowie das Vertrauen der Allgemeinheit in eine korrekte, gesetzeskonforme Berufsausübung des in Rede stehenden Berufsstandes aufrechtzuerhalten. Käme dem gegen eine Suspendierung erhobenen Rechtsbehelf die aufschiebende Wirkung zu, verlöre diese ihre Wirksamkeit und würde damit das Ziel dieser Maßnahme geradezu konterkariert.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Bilanzbuchhalter, Wirkung aufschiebende, Verwaltungsgerichtsverfahren, Rechtsschutz, Bedarfskompetenz, Bedarfsgesetzgebung, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / GerichtsantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2023:G146.2022Zuletzt aktualisiert am
03.04.2023