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E000 EU- Recht allgemeinNorm
AVG §38Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Mag. I. Zehetner als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Binder, in der Revisionssache des G S in M, vertreten durch Mag. Matthias Prückler, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Florianigasse 16/8, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Oktober 2021, W122 2150585-1/12E, betreffend Besoldungsdienstalter (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Niederösterreich), den Beschluss gefasst:
Spruch
Das Revisionsverfahren wird bis zur Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union über die mit Vorlageentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 2021, EU 2021/0005, 0006 (Ra 2020/12/0068, 0077), vorgelegten Fragen ausgesetzt.
Begründung
1 Der Revisionswerber steht seit 1. Jänner 1996 in einem Dienstverhältnis zum Bund und ist dem Planstellenbereich der Landespolizeidirektion Niederösterreich zur Dienstleistung zugewiesen.
2 Im zweiten Rechtsgang wies die belangte Behörde die Anträge des Revisionswerbers auf Neufestsetzung seiner besoldungsrechtlichen Stellung durch Änderung seiner Vorrückung mit Bescheid vom 12. Jänner 2017 ab.
3 Mit Erkenntnis vom 27. Oktober 2021 gab das Bundesverwaltungsgericht der dagegen erhobenen Beschwerde gemäß § 169f GehG idF der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58, iVm. § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG statt und stellte fest, dass das Besoldungsdienstalter des Revisionswerbers zum Stichtag 28. Februar 2015 zwanzig Jahre und acht Monate betrage. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für zulässig.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.
5 Mit Beschluss vom 18. Oktober 2021, EU 2021/0005, 0006 (Ra 2020/12/0068, 0077), legte der Verwaltungsgerichtshof dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:
„1) Ist das Unionsrecht, insbesondere Art. 1, 2 und 6 der Richtlinie 2000/78/EG iVm. Art. 21 der Grundrechtecharta, dahin auszulegen, dass es einer nationalen Regelung entgegensteht, mit der ein altersdiskriminierendes Besoldungssystem durch ein Besoldungssystem ersetzt wird, bei dem sich die Einstufung eines Beamten weiterhin nach dem gemäß dem alten Besoldungssystem zu einem bestimmten Überleitungsmonat (Februar 2015) nicht diskriminierungsfrei ermittelten Besoldungsdienstalter bestimmt und dabei zwar einer Korrektur hinsichtlich der ursprünglich ermittelten Vordienstzeiten durch Ermittlung eines Vergleichsstichtags unterzogen wird, bei dem aber hinsichtlich der nach dem 18. Geburtstag gelegenen Zeiten nur die sonstigen zur Hälfte zu berücksichtigenden Zeiten einer Überprüfung unterliegen und bei dem der Ausweitung des Zeitraums, in dem Vordienstzeiten zu berücksichtigen sind, um vier Jahre damit begegnet wird, dass die sonstigen, zur Hälfte zu berücksichtigenden Zeiten bei der Ermittlung des Vergleichsstichtags nur insoweit voranzusetzen sind, als sie das Ausmaß von vier zur Hälfte zu berücksichtigenden Jahren übersteigen (Pauschalabzug von vier zur Hälfte zu berücksichtigenden Jahren)?
2) Ist die Frage zu 1) für jene Verfahren anders zu beantworten, in welchen vor dem Inkrafttreten der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 rechtskräftig zwar bereits ein neuer Vorrückungsstichtag festgesetzt wurde, dieser aber noch keine Auswirkung auf die besoldungsrechtliche Stellung des Beamten hatte, weil eine Entscheidung der Behörde unter unmittelbarer Anwendung des Unionsrechts noch nicht erfolgt war, und in denen nunmehr neuerlich ohne Berücksichtigung des inzwischen festgesetzten Vorrückungsstichtags der Vergleichsstichtag abermals in Bezug auf den altersdiskriminierend festgesetzten Vorrückungsstichtag zu ermitteln ist und die sonstigen zur Hälfte zu berücksichtigende Zeiten dem Pauschalabzug unterliegen?
3) Ist das Unionsrecht, insbesondere Art. 1, 2 und 6 der Richtlinie 2000/78/EG iVm. Art. 21 der Grundrechtecharta, dahin auszulegen, dass es einer nationalen Regelung entgegensteht, mit der trotz Neuermittlung des Besoldungsdienstalters und der besoldungsrechtlichen Stellung Zeiten in einem Ausbildungsverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft bei Ermittlung des Vergleichsstichtags nur dann voranzusetzen sind, wenn der Beamte nach dem 31. März 2000 in das Dienstverhältnis eingetreten ist, und andernfalls diese Zeiten nur als sonstige zur Hälfte zu berücksichtigende Zeiten vorangestellt werden und damit dem Pauschalabzug unterliegen, wobei diese Regelung tendenziell dienstältere Beamte benachteiligt?“
6 Der Beantwortung dieser Fragen durch den Gerichtshof der Europäischen Union kommt für die Behandlung der vorliegenden Revision Bedeutung zu. Es liegen daher die Voraussetzungen des gemäß § 62 Abs. 1 VwGG auch vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendenden § 38 AVG vor, weshalb das Revisionsverfahren auszusetzen war.
Wien, am 16. Februar 2023
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts EURallg4/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2023:RO2022120002.J00Im RIS seit
03.04.2023Zuletzt aktualisiert am
03.04.2023