TE Vwgh Beschluss 2023/3/3 Ra 2021/10/0178

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Veröffentlicht am 03.03.2023
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Index

E000 EU- Recht allgemein
E1P
E3D E11306000
E3D E15104000
E3D E15202000
E6J
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
14/01 Verwaltungsorganisation
40/01 Verwaltungsverfahren
83 Naturschutz Umweltschutz
89/07 Umweltschutz

Norm

AVG §8
B-VG Art133 Abs4
EURallg
UVPG 2000 §19 Abs7
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47
32005D0370 AarhusKonvention Art9 Abs2
32005D0370 AarhusKonvention Art9 Abs3
62015CJ0664 Protect Natur-, Arten- und Landschaftschutz Umweltorganisation VORAB
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. VwGG § 34 heute
  2. VwGG § 34 gültig ab 01.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2021
  3. VwGG § 34 gültig von 01.01.2014 bis 30.06.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  4. VwGG § 34 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  5. VwGG § 34 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  6. VwGG § 34 gültig von 01.08.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 89/2004
  7. VwGG § 34 gültig von 01.09.1997 bis 31.07.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 88/1997
  8. VwGG § 34 gültig von 05.01.1985 bis 31.08.1997

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Stoisser, über die Revision der Umweltorganisation „P“ in G, vertreten durch Mag.a Dr.in Gerit Katrin Jantschgi, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Bischofplatz 3/1. Stock, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 29. September 2021, Zl. LVwG-AV-951/001-2020, betreffend naturschutzrechtliche Bewilligung und Feststellung gemäß § 10 Abs. 2 NÖ Naturschutzgesetz 2000 sowie Zurückweisung einer Beschwerde i.A. des NÖ Naturschutzgesetzes 2000 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Horn; mitbeteiligte Partei: e-Gsgesellschaft m.b.H. in M, vertreten durch die Lindner Stimmler Rechtsanwälte GmbH & Co KG in 1090 Wien, Währinger Straße 2-4/1/29), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 sowie der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        1.1. Mit der angefochtenen Entscheidung vom 29. September 2021 wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zum einen eine Beschwerde der Revisionswerberin gegen einen Bescheid der belangten Behörde vom 1. Dezember 2016 als unzulässig zurück, mit welchem der Mitbeteiligten unter bestimmten Auflagen die naturschutzbehördliche Bewilligung für das Windparkprojekt J. mit vier Windkraftanlagen der Type Vestas V126 3,45 MW mit Gesamthöhen von 212 m bzw. 180 m sowie Bauhöhen über Gelände von 215,2 m bzw. 180 m erteilt worden war.

2        Zum anderen erteilte das Verwaltungsgericht - unter Abweisung (u.a.) einer Beschwerde der Revisionswerberin gegen einen Bescheid der belangten Behörde vom 3. August 2020 - der Mitbeteiligten unter Vorschreibung verschiedener Auflagen (darunter die Abschaltung der Anlage zu bestimmten Zeiten abhängig von Windgeschwindigkeit und Lufttemperatur zur Verminderung des Kollisionsrisikos für Fledermäuse) die naturschutzrechtliche Bewilligung für die Änderung des genannten Windparkes durch die Änderung der Anlagentype auf Vestas V150 4,2 MW unter Reduktion der Anlagenanzahl von vier auf drei Anlagen (mit nunmehr größeren Rotoren und höherer Leistung) und geringfügigen Standortverschiebungen; weiters stellte das Verwaltungsgericht gemäß § 10 Abs. 2 NÖ Naturschutzgesetz 2000 - NÖ NSchG 2000 fest, dass das bewilligte Änderungsprojekt weder einzeln noch im Zusammenhang mit anderen Plänen oder Projekten zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Europaschutzgebiete Natura 2000 FFH-Gebiet „Waldviertler Teich-, Heide- und Moorlandschaft“, des Vogelschutzgebietes „Truppenübungsplatz Allentsteig“ und des Vogelschutzgebietes „Kamp- und Kremstal“ führen könne.

3        Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ließ das Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG jeweils nicht zu.

4        Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung - soweit für die vorliegende Revisionsentscheidung von Interesse - zugrunde, der Bescheid vom 1. Dezember 2016 sei am 4. Dezember 2016 der Marktgemeinde I. (als einer der Verfahrensparteien) zugestellt worden; keine der Parteien habe dagegen Beschwerde erhoben.

5        Die Revisionswerberin sei zwar (bereits) im April 2014 als Verein im Sinn des Vereinsgesetzes 2002 entstanden, allerdings (erst) mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 31. Juli 2019 als Umweltorganisation gemäß § 19 Abs. 6 und 7 UVP-G 2000 mit dem Tätigkeitsbereich Niederösterreich, Burgenland, Oberösterreich, Steiermark und Wien anerkannt worden.

6        Mit Blick auf die bewilligte Projektänderung stellte das Verwaltungsgericht fest, diese beeinträchtige bei Einhaltung der Auflagen die ökologische Funktionstüchtigkeit im betroffenen Lebensraum nicht erheblich.

7        Das betreffende Gebiet werde in der aktuellen IBA-Liste nicht als „Important Bird Area“ geführt. Für den Schutz der (von der Revisionswerberin besonders hervorgehobenen) Wiesenweihe seien in Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie (VS-RL) durch die NÖ Europaschutzgebietsverordnung acht Gebiete ausgewiesen; ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich betreffend die Ausweisung von Vogelschutzgebieten nach der VS-RL sei nicht anhängig.

8        Wie sich auf sachverständiger Grundlage (insbesondere aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen Dr. K.) ergeben habe, seien durch das bewilligte Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die Natur (etwa) durch Erhöhung des Kollisionsrisikos für Vögel zu erwarten.

9        Die in der Roten Liste für Österreich als „stark gefährdet“ eingestufte Wiesenweihe habe im Waldviertel eines ihrer bedeutendsten Brutgebiete in Österreich. Ein Teil dieses Brutgebietes liege in der Nähe des Projektgebietes, der kleinste Abstand betrage rund 700 m; der Bestand der Wiesenweihe rund um das Projektgebiet habe zuletzt drei Brutpaare gezeigt. Angesichts des - näher dargestellten - Flugverhaltens der Wiesenweihe lägen deren Flüge außerhalb des Gefährdungsbereiches (durch die Windparkanlagen). Durch die Reduktion der Zahl der Anlagen im offenen Ackerland sei überdies eine Entlastung des Brutgebietes in einem bestimmten Bereich zu erwarten; da die projektierten Anlagen näher zum Wald stünden, sinke das Kollisionsrisiko für die Art im Gebiet.

10       Das Gebiet rund um den Windpark J. zähle nicht zu den für den Schutz der Wiesenweihe zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebieten; das Projektgebiet weise derzeit nicht einmal 10 % des Vorkommens der Wiesenweihe in Niederösterreich auf.

11       In dem Gebiet rund um den Wildpark lebten verschiedene Fledermausarten; bereits durch den bestehenden Windpark liege eine Vorbelastung durch Kollisionsrisiko vor. Durch die Verminderung der Zahl der Anlagen wie auch durch die größere Höhe der Rotoren über dem Boden sei eine Herabsetzung des Kollisionsrisikos zu erwarten.

12       Auch eine Beeinträchtigung des Seeadlers, dessen dem Vorhaben nächstes bekanntes Brutvorkommen etwa 8 km östlich vom Windkraftort liege, sei nicht zu erwarten. Im „Untersuchungsgebiet“ sei der Seeadler seltener Nahrungsgast; es fehlten dort die größeren fischreichen Gewässer oder säugerreichen Ackerflächen.

13       Das Vorhaben liege etwa 2 km vom Natura 2000 FFH-Gebiet „Waldviertler Teich-, Heide- und Moorlandschaft“ entfernt. Erhebliche nachteilige Auswirkungen des Änderungsprojektes auf geschützte Arten und Lebensraumtypen und ihre Erhaltungsziele in diesem Europaschutzgebiet seien auszuschließen; das Vorhaben stehe nicht im Widerspruch zu den Schutzzielen und Erhaltungszielen der geschützten Arten und ihrer Lebensräume.

14       Auch seien vom geplanten Vorhaben keine Auswirkungen auf die im rund 12 km entfernten Vogelschutzgebiet „Truppenübungsplatz Allentsteig“ geschützten Vogelarten zu erwarten; das Vorhaben stehe nicht im Widerspruch zu den Erhaltungszielen für die geschützten Vogelarten und deren Lebensräume.

15       Vom Vorhaben würden auch keine im ca. 14,2 km entfernt gelegenen Vogelschutzgebiet „Kamp- und Kremstal“ geschützten Vogelarten und deren Lebensräume und keine für im Vogelschutzgebiet geschützte Arten bedeutende Lebensräume oder Ressourcen außerhalb des Vogelschutzgebietes beeinträchtigt oder beansprucht; das Vorhaben stehe nicht im Widerspruch zu den Erhaltungszielen für die in dem Vogelschutzgebiet geschützten Vogelarten und deren Lebensräume.

16       Diese Feststellungen - insbesondere die mit Blick auf die ökologische Funktionstüchtigkeit im betroffenen Lebensraum und auf behauptete Beeinträchtigungen von Europaschutzgebieten getroffenen - gründete das Verwaltungsgericht auf eine umfangreiche Beweiswürdigung v.a. der im Verfahren vorgelegten Gutachten; darin erachtete das Verwaltungsgericht (unter anderem) die drei vom Sachverständigen Dr. K. erstellten Gutachten (aus den Jahren 2016, 2020 und 2021) im Zusammenhang mit dessen Ausführungen im Rahmen der am 17. August 2021 durchgeführten Verhandlung, in der sämtliche von der Revisionswerberin eingebrachten Ausführungen, Gutachten und Studien eingehend erörtert worden seien, als schlüssig und nachvollziehbar. Soweit die letztgenannten Gutachten in Zusammenhang mit anderen Windpark-Vorhaben stünden, komme ihnen nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes mangels konkreten Projektbezuges keine ausreichende Beweis- und Aussagekraft zu.

17       Der Sachverständige Dr. K. übe seine Tätigkeit bereits seit Jahren aus und sei mit den örtlichen Verhältnissen bestens vertraut. Die von der Revisionswerberin eingeforderte Prüfung kumulativer Auswirkungen habe Dr. K. im Rahmen der Verhandlung vorgenommen.

18       Im Gegensatz zu der von Dr. K. vorgenommenen konkreten Auseinandersetzung mit den naturschutzfachlich zu erwartenden Auswirkungen des Projektes fänden sich in dem von der Revisionswerberin vorgelegten ornithologischen Gutachten von Mag. N. (aus 2021) in weiten Teilen Ausführungen zu einem anderen (nicht verfahrensgegenständlichen) Windpark, darüber hinaus eine Reihe von „allgemeinen Ausführungen und Gerichtsentscheidungen“, welche - nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes - nur teilweise auf das gegenständliche Projekt übertragbar erschienen.

19       Auf die im vorgelegten Privatgutachten von Dr. Z. (aus 2020) aufgeworfenen Kritikpunkte sei Dr. K. eingehend eingegangen. Dass es sich bei dem Projektgebiet nicht um eines der zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete für den Schutz der Wiesenweihe handle, lasse sich im Übrigen auch mit den Angaben des Sachverständigen der Revisionswerberin Dr. Z. untermauern, wonach sich etwa von 42 Paaren in Niederösterreich im Projektgebiet (lediglich) drei bis vier Brutpaare befänden.

20       Mit Blick auf eine behauptete Beeinträchtigung des Seeadlers durch das Änderungsvorhaben stützte sich das Verwaltungsgericht auf seiner Auffassung nach lebensnahe und logisch nachvollziehbare Ausführungen des Privatgutachters Dr. T., wonach Seeadler ein Areal von 200 bis 300 km2 hätten und es daher sehr unwahrscheinlich sei, dass sie eine Fläche von 8 ha (die vorgeschriebenen Ausgleichsflächen) am Rande ihres Gebietes sehr anziehend finden würden (und sich derart einem Kollisionsrisiko aussetzen könnten).

21       In rechtlicher Hinsicht stützte das Verwaltungsgericht die Zurückweisung der Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid vom 1. Dezember 2016 als unzulässig im Wesentlichen darauf, dass die Umweltorganisationen - wie der Revisionswerberin - durch § 38 Abs. 10 NÖ NSchG 2000 eingeräumte Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen bestimmte Bescheide abgelaufen sei: Die in Rede stehende Novelle LGBl. Nr. 26/2019 sei am 22. März 2019 in Kraft getreten; der Bescheid vom 1. Dezember 2016 sei mit der ersten Zustellung an eine Verfahrenspartei am 4. Dezember 2016 - und somit außerhalb der in § 38 Abs. 10 NÖ NSchG festgelegten einjährigen Frist - erlassen worden (Hinweis auf VwGH 26.2.2020, Ra 2019/09/0052).

22       Mit Blick auf die Auffassung der Revisionswerberin, diese hätte in diesem Verfahren beigezogen werden müssen, verwies das Verwaltungsgericht „darüber hinaus“ darauf, dass die Revisionswerberin erst mit Bescheid des zuständigen Bundesministers vom 31. Juli 2019 als Umweltorganisation gemäß § 19 Abs. 6 und 7 UVP-G 2000 anerkannt worden sei. Soweit die Revisionswerberin daher hinsichtlich des Bescheides vom 1. Dezember 2016 eine unmittelbar aus dem Unionsrecht abgeleitete Parteistellung geltend mache, sei dem die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegen zu halten, der zufolge auch vor Umsetzung der Aarhus-Konvention in das nationale Recht nur von gemäß § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannten Umweltorganisationen Beschwerde an das Verwaltungsgericht habe erhoben werden können (Hinweis auf VwGH 25.4.2019, Ra 2018/07/0410, sowie 30.9.2020, Ra 2019/10/0070, 0071).

23       Hinsichtlich des Bescheides der belangten Behörde vom 3. August 2020 erkannte das Verwaltungsgericht der Revisionswerberin die Beschwerdelegitimation zu und behandelte daher deren Beschwerde meritorisch.

24       Die gegenständliche Projektänderung liege unbestritten außerhalb des Ortsbereichs und bedürfe einer Bewilligung nach § 7 Abs. 1 Z 1 NÖ NSchG 2000; die Schutzgüter Landschaftsbild und Erholungswert der Landschaft (vgl. § 7 Abs. 2 Z 1 und 2 NÖ NSchG 2000) stünden - auf der Grundlage eines näher angeführten Gutachtens - einer Bewilligung unter bestimmten Auflagen nicht entgegen.

25       Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin liege auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen bei projektgemäßer Errichtung und Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen auch keine erhebliche Beeinträchtigung der ökologischen Funktionstüchtigkeit des betroffenen Lebensraumes iSd § 7 Abs. 2 Z 3 NÖ NSchG 2000 vor, sodass die naturschutzrechtliche Bewilligung zu erteilen sei.

26       Zu der getroffenen Feststellung gemäß § 10 Abs. 2 NÖ NSchG 2000 (vgl. Rz 2) stützte sich das Verwaltungsgericht begründend auf die (oben wiedergegebenen) Ermittlungsergebnisse. Eine Kumulationsprüfung hinsichtlich bereits bestehender Projekte habe der Sachverständige Dr. K. vorgenommen.

27       In diesem Zusammenhang verneinte das Verwaltungsgericht - entgegen der von der Revisionswerberin vertretenen Auffassung - das Vorliegen eines sog. faktischen Vogelschutzgebietes (im Projektbereich) im Wesentlichen deshalb, weil die dafür in der hg. Rechtsprechung verlangten besonders hohen Darlegungsanforderungen nicht erfüllt seien (Hinweis auf VwGH 15.10.2020, Ro 2019/04/0021 u.a.). Das Bestehen eines faktischen Vogelschutzgebietes sei nicht überall dort anzunehmen, wo Vogelarten gemäß Anhang I (der VS-RL) vorkämen, sondern nur insofern, als ein Gebiet zu den zahlen- und flächenmäßig für die Erhaltung der geschützten Arten geeignetsten Gebieten zähle; das sei vorliegend nicht der Fall.

28       Da im Übrigen das Gebiet rund um das beantragte Änderungsprojekt weder in der aktuellen IBA-Liste, welche für die Auswahl von Vogelschutzgebieten ein geeignetes wissenschaftliches Erkenntnismittel darstelle (Hinweis auf VwGH 16.4.2004, 2001/10/0156, 2002/10/0212, 2001/10/0081 = VwSlg. 16.335 A), als „Important Bird Area“ geführt werde noch bezüglich Ausweisung von Vogelschutzgebieten ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich anhängig sei, habe das Verwaltungsgericht „keinen Grund, an der vollständigen Ausweisung von Schutzgebieten in Bezug auf das betroffene Areal zu zweifeln“.

29       1.2. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

30       Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei haben jeweils eine Revisionsbeantwortung erstattet; darin beantragen sie die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision.

31       2.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

32       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein Beschluss nach § 34 Abs. 1 VwGG ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).

33       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

34       2.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe. Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. etwa VwGH 14.10.2022, Ra 2022/10/0122, mwN).

35       3. Für den Revisionsfall sind folgende Bestimmungen des NÖ Naturschutzgesetzes 2000 - NÖ NSchG 2000, LGBl. 5500-0 idF LGBl. Nr. 39/2021, in den Blick zu nehmen:

§ 7

Bewilligungspflicht

(1) Außerhalb vom Ortsbereich, das ist ein baulich und funktional zusammenhängender Teil eines Siedlungsgebietes (z.B. Wohnsiedlungen, Industrie- oder Gewerbeparks), bedürfen der Bewilligung durch die Behörde:

1.   die Errichtung und wesentliche Abänderung von allen Bauwerken, die nicht Gebäude sind und die auch nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit Gebäuden stehen und von sachlich untergeordneter Bedeutung sind;

[...]

(2) Die Bewilligung nach Abs. 1 ist zu versagen, wenn

1.   das Landschaftsbild,

2.   der Erholungswert der Landschaft oder

3.   die ökologische Funktionstüchtigkeit im betroffenen Lebensraum erheblich beeinträchtigt wird und diese Beeinträchtigung nicht durch Vorschreibung von Vorkehrungen weitgehend ausgeschlossen werden kann. [...]

[...]

§ 10

Verträglichkeitsprüfung

(1) Projekte,

-    die nicht unmittelbar mit der Verwaltung eines Europaschutzgebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind und

-    die ein solches Gebiet einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen oder Projekten erheblich beeinträchtigen könnten,

bedürfen einer Bewilligung der Behörde.

(2) Die Behörde hat auf Antrag eines Projektwerbers oder der NÖ Umweltanwaltschaft mit Bescheid festzustellen, dass das Projekt weder einzeln noch im Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Europaschutzgebietes führen kann. Dabei sind bereits erfolgte Prüfungen in vorausgegangenen oder gleichzeitig durchzuführenden Verfahren zu berücksichtigen.

(3) Im Rahmen des Bewilligungsverfahrens hat die Behörde eine Prüfung des Projektes auf Verträglichkeit mit den für das betroffene Europaschutzgebiet festgelegten Erhaltungszielen, insbesondere die Bewahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten in diesem Gebiet, durchzuführen (Naturverträglichkeitsprüfung).

[...]

§ 27b

Beteiligung von Umweltorganisationen

(1) Umweltorganisationen, die gemäß § 19 Abs. 7 des UVP-G 2000, BGBl. Nr. 697/1993, zur Ausübung von Parteienrechten in Niederösterreich befugt sind, sind an Verfahren gemäß § 10 Abs. 1 und 2 zu beteiligen.

[...]

(6) Umweltorganisationen, welche fristgerecht eine Stellungnahme zu einem Vorhaben bzw. einem Sachverständigengutachten abgegeben haben, sind berechtigt, Beschwerde gegen Bescheide der Behörde gemäß § 10 Abs. 1 und Abs. 2 an das Landesverwaltungsgericht zu erheben. [...]

[...]

§ 38

Schluss- und Übergangsbestimmungen

[...]

(10) Umweltorganisationen im Sinne des § 27b Abs. 1 steht nur gegen Bescheide nach

1.   § 10 Abs. 1 und 2 sowie

2.   § 20 Abs. 4, sofern geschützte Tier- und Pflanzenarten, die in

-    Anhang IV der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie oder

-    Anhang I der Vogelschutz-Richtlinie aufgelistet oder

-    Art. 4 Abs. 2 der Vogelschutz-Richtlinie genannt sind,

betroffen sind,

und die bis zu einem Jahr vor Inkrafttreten dieses Gesetzes in der Fassung LGBl. Nr. 26/2019 erlassen worden sind, das Recht zu, Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht zu erheben. [...]“

36       4.1. Gegen die Zurückweisung ihrer Beschwerde gegen den Bescheid vom 1. Dezember 2016 führt die Revisionswerberin in ihrem Zulässigkeitsvorbringen im Wesentlichen aus, die in § 38 Abs. 10 NÖ NSchG 2000 normierte Beschränkung der Anfechtungsmöglichkeit durch Umweltorganisationen auf Bescheide, die bis zu einem Jahr vor Inkrafttreten der Novelle LGBl. Nr. 26/2019 erlassen worden seien, müsse (als unionsrechtswidrig) unangewendet bleiben. Hinsichtlich des Bescheides vom 1. Dezember 2016 ergebe sich die Parteistellung und Beschwerdelegitimation der Revisionswerberin (als übergangene Partei) unmittelbar aus unionsrechtlichen Vorschriften (Hinweis u.a. auf Art. 9 des Übereinkommens von Aarhus iVm Art. 47 Abs. 1 GRC); hinsichtlich der (vom Verwaltungsgericht ins Treffen geführten) fehlenden Anerkennung der Revisionswerberin nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 (zum damaligen Zeitpunkt) fehle es an Rechtsprechung.

37       Das Verwaltungsgericht hat die Zurückweisung der Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid vom 1. Dezember 2016 zunächst darauf gestützt, dass die der Revisionswerberin durch § 38 Abs. 10 NÖ NSchG eingeräumte Frist zur Erhebung einer Beschwerde abgelaufen sei; „darüber hinaus“ stützte das Verwaltungsgericht die Zurückweisung (unter konkreter Berufung auf hg. Rechtsprechung) darauf, dass die Revisionswerberin erst mit Bescheid des zuständigen Bundesministers vom 31. Juli 2019 als Umweltorganisation gemäß § 19 Abs. 6 und 7 UVP-G 2000 anerkannt worden sei (vgl. näher oben unter Rz 21 und 22).

38       Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Revision unzulässig, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer tragfähigen Alternativbegründung beruht und dieser Begründung keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zugrunde liegt. Wenn einer tragfähigen Alternativbegründung keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zugrunde liegt, kann die Revision zurückgewiesen werden, selbst wenn davon auszugehen wäre, dass die anderen Begründungsalternativen unzutreffend gewesen seien (vgl. etwa VwGH 28.10.2022, Ra 2022/10/0135, mwN).

39       Die auf die (bei Erlassung des Bescheides vom 1. Dezember 2016) fehlende Anerkennung der Revisionswerberin nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 abstellende Begründung des Verwaltungsgerichtes stellt vor dem Hintergrund der hg. Rechtsprechung eine tragfähige Alternativbegründung für die ausgesprochene Zurückweisung der Beschwerde dar:

40       So hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mit dem bereits erwähnten Erkenntnis vom 25. April 2019, Ra 2018/07/0410, - unter Berufung auf EuGH 20.12.2017, C-664/15, Protect - ausgesprochen, dass lediglich „Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen“, die Rechte aus der Bestimmung des Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus genießen, welche in Verbindung mit Art. 47 GRC die Mitgliedstaaten dazu verpflichte, einen wirksamen gerichtlichen Schutz der durch das Recht der Union garantierten Rechte, insbesondere der Vorschriften des Umweltrechts, zu gewährleisten. Daraus wurde in der Rechtsprechung für die Beschwerdelegitimation von Umweltorganisationen hinsichtlich naturschutzrechtlicher Bewilligungen aufgrund der Anwendung des Art. 9 Abs. 2 oder Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus das Erfordernis einer entsprechenden räumlichen und zeitlichen Anerkennung gemäß § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 abgeleitet (vgl. VwGH 30.9.2020, Ra 2019/10/0070, 0071 [insbes. Rz 25 bis 33], unter Berufung u.a. auf VwGH 19.2.2018, Ra 2015/07/0074).

41       4.2. Davon ausgehend hat das Verwaltungsgericht das von der Mitbeteiligten beantragte Änderungsprojekt - zutreffend projektbezogen - unter meritorischer Erledigung der Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid vom 3. August 2020 auf sachverständiger Grundlage auf seine Bewilligungsfähigkeit geprüft. Unter Zugrundelegung des rechtskräftigen Bewilligungsbescheides vom 1. Dezember 2016 waren daher die Auswirkungen der Änderungen der Windkraftanlagen, die insbesondere auch in der Reduktion der Anlagenzahl bestanden, zu beurteilen.

42       4.2.1. Die insoweit von der Revisionswerberin unterbreiteten Zulässigkeitsausführungen zielen überwiegend auf die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Beweiswürdigung der ihm vorliegenden Gutachten ab.

43       Vor dem Hintergrund des Umfangs der Prüfbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf die Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit einer im Einzelfall erfolgten Beweiswürdigung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer grob fehlerhaften, unvertretbaren Weise vorgenommen hat, sodass dadurch die Rechtssicherheit beeinträchtigt ist (vgl. etwa VwGH 23.7.2018, Ra 2016/07/0080, mwN).

44       Dass das Verwaltungsgericht seine Beweiswürdigung (vgl. deren geraffte Wiedergabe oben unter Rz 16 bis 20) derart grob fehlerhaft vorgenommen hätte, vermag die Revisionswerberin mit den bloßen Behauptungen, richtigerweise wäre näher genannten anderen Gutachten (und nicht jenen des Sachverständigen Dr. K.) zu folgen gewesen, nicht darzutun; hinzu kommt, dass sich die Revisionswerberin insofern auf bloß schlagwortartige Hinweise auf jene Gutachten beschränkt, ohne deren Inhalt konkret darzulegen (vgl. dazu etwa VwGH 17.12.2014, Ra 2014/03/0048, mwN).

45       Soweit die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang beanstandet, es sei mit Blick auf „windkraftsensible“ Vogelarten eine Studie aus 2013 anstatt einer aktuelleren Studie aus 2017 herangezogen worden (was dem Erfordernis von „besten wissenschaftlichen Erkenntnissen“ nach der Rechtsprechung des EuGH widerspreche), lässt sie völlig unerwähnt, dass sich das Verwaltungsgericht letztlich auf rezente Gutachten aus den Jahren 2016, 2020 und 2021 und deren (sachverständige) Erörterung in der Verhandlung am 17. August 2021 gestützt hat.

46       4.2.2. Im Weiteren hält die Revisionswerberin unter Berufung auf von ihr vorgelegte Gutachten ihr Vorbringen aufrecht, bei dem Projektgebiet handle es sich um ein sog. faktisches Vogelschutzgebiet; das Verwaltungsgericht habe das Vorliegen eines faktischen Vogelschutzgebietes unzulässigerweise „ohne ein entsprechendes anders lautendes fachliches Gutachten und ohne fachliche Begründung“ verneint.

47       Damit lässt die Revisionswerberin allerdings die - (auch) auf sachverständiger Grundlage gewonnenen - Feststellungen des Verwaltungsgerichtes (insbesondere dazu, dass das Gebiet rund um den Windpark J. nicht zu den für den Schutz der Wiesenweihe zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebieten zähle, und zur mangelnden Listung des Gebietes als „Important Bird Area“) außer Acht.

48       Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist allerdings Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, der festgestellte Sachverhalt. Entfernt sich der Revisionswerber bei der Zulässigkeitsbegründung vom festgestellten Sachverhalt, kann schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegen (vgl. etwa wiederum VwGH Ra 2022/10/0122, mwN).

49       Das Verwaltungsgericht hat - ausgehend von den genannten Feststellungen und auf der Grundlage der hg. Rechtsprechung (insbesondere VwSlg. 16.335 A; vgl. oben Rz 27 und 28) - in rechtlicher Hinsicht das Vorliegen eines faktischen Vogelschutzgebietes verneint; darin liegt - entgegen der von der Revisionswerberin vertretenen Auffassung - keine dem Verwaltungsgericht (grundsätzlich) verwehrte Beurteilung einer Fachfrage (vgl. dazu etwa VwGH 12.5.2020, Ra 2019/03/0153).

50       Da das Verwaltungsgericht - auf nicht zu beanstandende Weise - kein faktisches Vogelschutzgebiet angenommen hat, geht das weitere Vorbringen der Revisionswerberin zu einer UVP-Pflicht des Vorhabens (vgl. Z 6 lit. c des Anhanges 1 des UVP-G 2000) schon aus diesem Grund ins Leere (vgl. dazu allerdings auch § 3 Abs. 4 zweiter Satz UVP-G 2000).

51       4.2.3. Als Verfahrensmangel rügt die Revisionswerberin schließlich, ihr sei keine Frist eingeräumt worden, um „dem in der Verhandlung mündlich Ausgeführten“ - insbesondere den Ausführungen des Sachverständigen zur Kumulierung - auf gleicher fachlicher Ebene entgegentreten zu können.

52       Bereits die Zulässigkeit der Revision setzt neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird. Der Revisionswerber hat die Entscheidungswesentlichkeit des Mangels konkret zu behaupten (vgl. etwa VwGH 29.9.2021, Ra 2021/01/0181, mwN).

53       Mit dem Vorbringen der Revisionswerberin, bei Einräumung einer Äußerungsfrist hätte sie „nochmals auf die Rsp des EuGH und des VwGH hinsichtlich der Anforderungen an eine Kumulierungsprüfung hinweisen“ und die „Mängel der Prüfung des naSV aufzeigen“ können, sodass das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass die Voraussetzungen für eine Bewilligung nicht vorlägen, wird die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht konkret dargelegt.

54       5. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

55       Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

56       6. Bei diesem Ergebnis und angesichts der Gleichrangigkeit der Zurückweisungsgründe des § 34 Abs. 1 VwGG (vgl. dazu die Rechtsprechungsnachweise bei Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2, E 4 ff) kann dahin stehen, ob der Revisionswerberin überhaupt die Legitimation zur Erhebung einer Revision gegen die Abweisung ihrer Beschwerde gemäß § 27b Abs. 6 NÖ NSchG 2000 zukommt (vgl. dazu etwa VwGH 9.8.2021, Ra 2021/03/0128).

57       Schon aus diesem Grund sieht sich der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang nicht zu dem von der Revisionswerberin angeregten Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH veranlasst.

Wien, am 3. März 2023

Gerichtsentscheidung

EuGH 62015CJ0664 Protect Natur-, Arten- und Landschaftschutz Umweltorganisation VORAB

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Auslegung des Mitgliedstaatenrechtes EURallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2023:RA2021100178.L00

Im RIS seit

04.04.2023

Zuletzt aktualisiert am

04.04.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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