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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
BStMG 2002 §20 Abs3Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache der S M in M, vertreten durch Mag. Bernhard Hofer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 12/6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 23. November 2022, 405-4/5144/1/7-2022, betreffend Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde der Revisionswerberin gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 8. September 2022, mit welchem sie einer Übertretung des § 20 Abs. 3 in Verbindung mit §§ 6 und 7 Abs. 1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) schuldig erkannt und mit welchem über sie eine Geldstrafe in der Höhe von € 450,- (Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen und zwei Stunden) verhängt worden war, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde der von der Revisionswerberin zu leistende Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens festgesetzt und ausgesprochen, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
5 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die Revisionswerberin habe für ein näher bezeichnetes Kraftfahrzeug mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen am 16. September 2021 eine GO-Box erworben, auf welcher die EURO-Emissionsklasse VI hinterlegt worden sei. Bis zum 14. Oktober 2021 habe die Revisionswerberin gegenüber der ASFINAG die Zuordnung des Fahrzeuges zur hinterlegten EURO-Emissionsklasse nicht nachgewiesen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erlösche durch das Unterlassen des fristgerechten Nachweises die vorläufige Zuordnung und das Fahrzeug werde rückwirkend der höchsten Tarifklasse zugeordnet. Dadurch sei der Tatbestand der Mautprellerei gemäß § 20 Abs. 3 BStMG verwirklicht. Ein Entfall der Strafbarkeit für den Fall, dass nach Ablauf der Einmeldefrist der Nachweis erbracht werde, dass die vorläufig hinterlegte Tarifklasse der tatsächlichen Emissionsklasse entspreche, sei dem BStMG nicht zu entnehmen (Hinweis auf VwGH 29.6.2021, Ra 2021/06/0068). Im Hinblick darauf sei die Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen. Im Rahmen der Strafbemessung ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass der Gesetzgeber der Einhaltung der Vorschriften zur Mautentrichtung erhebliche Bedeutung zumesse und die Revisionswerberin das gesetzlich geschützte Rechtsgut nicht bloß geringfügig beeinträchtigt habe. Als Milderungsgrund sei die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Revisionswerberin zu werten gewesen, sonstige Milderungsgründe seien ebenso wenig hervorgekommen wie Erschwerungsgründe.
6 In den zur Zulässigkeit der vorliegenden Revision vorgetragenen Gründen bringt die Revisionswerberin vor, dass zur Rechtsfrage, ob der Tatbestand der Mautprellerei gemäß § 20 Abs. 3 BStMG auch dann erfüllt sei, wenn durch den verspäteten Nachweis der EURO-Emissionsklasse die Einstufung der vorläufig hinterlegten Emissionsklasse bestätigt werde, keine einheitliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorliege (Hinweis auf VwGH 2.11.2016, Ra 2016/06/0046 und VwGH 29.6.2021, Ra 2021/06/0068). Der Umstand, dass ein Zulassungsbesitzer von Beginn an die richtige EURO-Emissionsklasse angebe und nur den Nachweis verspätet erbringe, sodass die Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut andauernd ordnungsgemäß abgeführt worden sei, sei durch die hg. Rechtsprechung nicht aufgearbeitet worden.
7 Weiters lägen im Revisionsfall eine bloß geringe Intensität der Beeinträchtigung des geschützten Rechtsgutes und ein bloß geringfügiges Verschulden vor, weil die Revisionswerberin „eine digitale Vignette gekauft“ und im Mautregister registriert habe, wobei hier „nur das Versehen eines Tippfehlers (Zahlendreher) beanstandet“ worden sei, sodass in Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG von einer Bestrafung der Revisionswerberin, allenfalls unter Ausspruch einer Ermahnung, abzusehen gewesen wäre. Auch die Anwendung des § 20 VStG sei nur oberflächlich erwogen worden, was sich schon daraus ergebe, dass das Verwaltungsgericht eine Herabsetzung der verhängten Strafe zu Unrecht mit der Begründung nicht in Betracht gezogen habe, dass es sich um eine gesetzliche Mindeststrafe handle.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
8 Die von der Revisionswerberin behauptete Uneinheitlichkeit der hg. Rechtsprechung oder eine unklare Rechtslage liegen in Bezug auf die Übertretung des § 20 Abs. 3 BStMG nicht vor: Bereits in seinem Erkenntnis VwGH 2.11.2016, Ra 2016/06/0046 hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass der Straftatbestand des § 20 Abs. 3 BStMG durch das Unterlassen der fristgerechten Übermittlung des Nachweises über die Zuordnung des Fahrzeuges zur erklärten EURO-Emissionsklasse in Zusammenhang mit einer nicht ordnungsgemäßen Entrichtung fahrleistungsabhängiger Maut für die Benützung einer Mautstrecke erfüllt wird. In diesem Zusammenhang wurde auch auf die Gesetzesmaterialien verwiesen, wonach das Unterlassen des Nachweises der EURO-Emissionsklasse lediglich strafbar sein soll, wenn auf Grundlage der vorläufigen Zuordnung Mautstrecken zu günstigeren als den Höchsttarifen benutzt wurden. In seiner Entscheidung VwGH 29.6.2021, Ra 2021/06/0068 führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass durch das Unterlassen des fristgerechten Nachweises die vorläufige Zuordnung zur erklärten (günstigeren) Tarifklasse gemäß § 9 Abs. 11 BStMG rückwirkend erlischt und das Fahrzeug damit automatisch der höchsten Tarifklasse zugeordnet wird. Der Verwaltungsgerichtshof ging somit auch in dieser Entscheidung davon aus, dass der Tatbestand der Mautprellerei gemäß § 20 Abs. 3 BStMG dadurch verwirklicht ist, dass Mautstrecken auf Grundlage der (nicht fristgerecht nachgewiesenen) vorläufigen Zuordnung zu günstigeren als den Höchsttarifen benutzt wurden. Dass ein Entfall der Strafbarkeit für den Fall, dass nach Ablauf der Einmeldefrist der Nachweis erbracht wird, dass die vorläufig hinterlegte Tarifklasse der tatsächlichen Emissionsklasse entspricht, dem BStMG nicht zu entnehmen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof in der zuletzt genannten Entscheidung unter Hinweis auf die klare Rechtslage bereits ausgesprochen. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zeigt die Revision somit insoweit nicht auf.
9 Mit dem weiteren Zulässigkeitsvorbringen vermag die Revisionswerberin schon deshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung darzulegen, weil sie sich damit vom festgestellten Sachverhalt entfernt, zumal dem Revisionsfall weder der Kauf einer digitalen Vignette, bei deren Registrierung ein Tippfehler passiert sei, zugrunde liegt noch das Verwaltungsgericht die Anwendbarkeit des § 20 VStG mit der Begründung verneint hat, dass es sich um eine gesetzliche Mindeststrafe handle.
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 6. März 2023
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023060014.L00Im RIS seit
03.04.2023Zuletzt aktualisiert am
03.04.2023