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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulzbacher sowie die Hofrätin Dr. Wiesinger und den Hofrat Dr. Chvosta als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des F S, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2022, I406 2123191-3/4E, betreffend Aufhebung eines befristeten Einreiseverbotes gemäß § 60 FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nachdem der vom Revisionswerber, einem marokkanischen Staatsangehörigen, nach seiner Einreise in Österreich im Jänner 2016 gestellte Antrag auf internationalen Schutz zur Gänze erfolglos geblieben war, stellte er am 14. November 2019 einen Antrag gemäß § 55 AsylG 2005 auf Erteilung eines „Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK“.
2 Dieser Antrag wurde mit im Beschwerdeweg ergangenem rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 8. Oktober 2020 zurückgewiesen, wobei unter einem (neuerlich) eine Rückkehrentscheidung erlassen und damit im Hinblick auf die Straffälligkeit des Revisionswerbers ein auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG gestütztes, mit drei Jahren befristetes Einreiseverbot verbunden wurde. Eine dagegen vom Revisionswerber erhobene Revision wies der Verwaltungsgerichtshof mit dem Beschluss VwGH 10.3.2021, Ra 2021/17/0022, zurück.
3 Mit Eingabe vom 18. August 2021 beantragte der Revisionswerber die Aufhebung des Einreiseverbotes. Mit Bescheid vom 23. November 2021 wies das BFA diesen Antrag gemäß § 60 FPG zurück.
4 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das BVwG mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 16. Februar 2022 mit einer nicht weiter relevanten Maßgabe als unbegründet ab. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG erklärte das BVwG die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
5 Begründend stellte das BVwG fest, der Revisionswerber habe das Bundesgebiet seit Erlassung der Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot nicht verlassen, sodass die Voraussetzungen für eine Aufhebung oder Verkürzung des Einreiseverbotes nach § 60 FPG von vornherein nicht gegeben seien.
6 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit dem Beschluss VfGH 4.10.2022, E 2576/2022-5, ablehnte und unter einem die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
7 Die in der Folge rechtzeitig ausgeführte außerordentliche Revision erweist sich unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B-VG als unzulässig.
8 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
10 Gemäß § 60 Abs. 1 FPG kann das BFA ein gemäß § 53 Abs. 2 FPG erlassenes Einreiseverbot auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter näher genannten Voraussetzungen verkürzen oder aufheben, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat. Nach § 60 Abs. 2 FPG kann das BFA ein gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 FPG erlassenes Einreiseverbot auf Antrag des Drittstaatsangehörigen bei Vorliegen näher genannter Umstände verkürzen, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat und seither einen Zeitraum von mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes im Ausland verbracht hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige jeweils nachzuweisen.
11 Schon nach dem klaren Wortlaut der wiedergegebenen Bestimmungen kommt die vom Revisionswerber begehrte Aufhebung des Einreiseverbotes nach § 60 Abs. 1 FPG nicht in Betracht, weil von dieser Norm nur gemäß § 53 Abs. 2 FPG erlassene Einreiseverbote erfasst sind. Darüber hinaus setzt die Aufhebung - wie auch die hier wegen des gegen den Revisionswerber gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG erlassenen Einreiseverbotes allein in Betracht kommende Verkürzung dieses Einreiseverbotes nach § 60 Abs. 2 FPG - voraus, dass der Revisionswerber das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat (vgl. VwGH 8.4.2021, Ra 2021/21/0046, Rn. 11/12, mwN). Angesichts der in der Revision (wie auch schon in der Beschwerde) unbestritten gebliebenen Feststellungen zum unrechtmäßigen Verbleib des Revisionswerbers im Bundesgebiet nach Ablauf der ihm eingeräumten Frist für die freiwillige Ausreise sind daher - wie das BVwG zutreffend erkannte - die Voraussetzungen für einen Antrag nach § 60 FPG von vornherein nicht gegeben. Dazu ist der Revision nichts zu entnehmen. Gegen die auf die unterlassene Ausreise gegründete Bestätigung der Antragszurückweisung durch das BVwG werden in der Revision vielmehr nur Argumente zur aus der Sicht des Revisionswerbers gegebenen inhaltlichen Berechtigung des Aufhebungsantrages wegen Änderung der familiären Verhältnisse vorgetragen, die jedoch an der Sache dieses Verfahrens vorbeigehen.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 7. März 2023
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022210069.L00Im RIS seit
04.04.2023Zuletzt aktualisiert am
04.04.2023