TE Vwgh Beschluss 2023/3/9 Ra 2023/18/0054

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Veröffentlicht am 09.03.2023
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. VwGG § 28 heute
  2. VwGG § 28 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. VwGG § 28 gültig von 01.01.2017 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 24/2017
  4. VwGG § 28 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  5. VwGG § 28 gültig von 01.07.2008 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  6. VwGG § 28 gültig von 01.08.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 89/2004
  7. VwGG § 28 gültig von 01.01.1991 bis 31.07.2004 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 330/1990
  8. VwGG § 28 gültig von 05.01.1985 bis 31.12.1990
  1. VwGG § 34 heute
  2. VwGG § 34 gültig ab 01.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2021
  3. VwGG § 34 gültig von 01.01.2014 bis 30.06.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  4. VwGG § 34 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  5. VwGG § 34 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  6. VwGG § 34 gültig von 01.08.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 89/2004
  7. VwGG § 34 gültig von 01.09.1997 bis 31.07.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 88/1997
  8. VwGG § 34 gültig von 05.01.1985 bis 31.08.1997

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Mag. Nedwed und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Amesberger, über die Revision des R I, vertreten durch Prof. Mag. Dr. Vera M. Weld, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Weihburggasse 4/40, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Jänner 2023, W168 2249162-1/12E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Usbekistans, beantragte am 8. Februar 2021 internationalen Schutz. Zur Begründung verwies er zusammengefasst darauf, in seinem Herkunftsstaat einen Großhandel für Medizin und Arzneibedarf sowie mehrere Autowerkstätten betrieben zu haben. Die usbekische Regierung habe sein Unternehmen komplett zerstört. Sie habe seine Firmenliegenschaft in der Hauptstadt enteignet und das Gebäude abgerissen. Als er sich dagegen öffentlich zur Wehr gesetzt habe, sei er entführt und gefoltert worden, um ihn zum Schweigen zu bringen. Es seien fingierte Strafanzeigen gegen ihn erstattet worden. Bei Rückkehr in den Herkunftsstaat fürchte er, getötet zu werden.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) diesen Antrag in Bestätigung eines entsprechenden Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Usbekistan zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest. Die Revision erklärte das BVwG für nicht zulässig.

3        Begründend führte das BVwG im Wesentlichen aus, der Revisionswerber habe nicht glaubhaft machen können, einen Großhandel betrieben zu haben und „willkürlichen Gefährdungen“ durch staatliche usbekische Stellen ausgesetzt gewesen zu sein oder bei Rückkehr verfolgt zu werden. Es sei auch nicht glaubhaft, dass ihm seitens der Behörden fälschlich Straftaten angelastet würden. Den von ihm vorgelegten Unterlagen könne nur entnommen werden, dass ein Grundstück des Revisionswerbers von einer Enteignung für öffentliche Zwecke - gegen Entschädigung - betroffen gewesen sei. Dass diese Enteignung rechtswidrig stattgefunden habe, ergebe sich daraus nicht.

4        Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen vorbringt, das BVwG habe seine Beweiswürdigung „grob exzessiv“ zum Nachteil des Revisionswerbers vorgenommen. Zu Unrecht habe das BVwG auch angenommen, dass der Revisionswerber in Usbekistan mittels eines effektiven Rechtsschutzes gegen die falschen strafrechtlichen Vorwürfe vorgehen könne.

5        Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt.

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

7        Soweit die Revision sich gegen die Beweiswürdigung des BVwG zu den geltend gemachten Fluchtgründen wendet, ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 18.7.2022, Ra 2022/18/0069, mwN).

8        Dass die zuletzt genannten Voraussetzungen für eine zulässige Revision im gegenständlichen Fall vorlägen, legt die Revision schon deshalb nicht dar, weil sie aus der umfangreichen Beweiswürdigung des BVwG zu den Fluchtgründen nur vier Teilaspekte herausgreift und zu Unrecht behauptet, das BVwG habe den Revisionswerber nur deshalb für unglaubwürdig angesehen. Abgesehen davon vermag sie mit ihren Gegenargumenten zu diesen Teilaspekten eine Unvertretbarkeit der anderslautenden Erwägungen des BVwG nicht aufzuzeigen.

9        So mag es - wie die Revision geltend macht - zutreffen, dass dem „obersten Unternehmensleiter in wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht“ nicht alle technischen Details des operativen Geschäfts vertraut sein müssen. Wenn das BVwG die Unkenntnis des Revisionswerbers über den Begriff der „Generika“ beweiswürdigend ins Treffen führt, um seine angebliche Unternehmertätigkeit im Großhandel für Arzneibedarf in Frage zu stellen, ist dies trotzdem nicht unschlüssig.

10       Die Revision bezeichnet es außerdem als „Unterstellung“ und „aktenwidrig“, wenn das BVwG von einer legalen Ausreise des Revisionswerbers aus Usbekistan ausgegangen sei und auch darin mangelndes Interesse der behaupteten staatlichen Verfolger an seiner Person erblickt habe. Auf die diesbezüglichen - nach der Aktenlage zutreffenden - beweiswürdigenden Argumente des BVwG, wonach der Revisionswerber die legale Ausreise mit einem Reisepass in seiner erstinstanzlichen Einvernahme selbst angegeben hatte, geht die Revision hingegen nicht ein.

11       Allein aus dem Umstand, dass die Familie des Revisionswerbers noch immer unbehelligt im Herkunftsstaat aufhältig sei, könne nach Auffassung der Revision nicht gefolgert werden, dass der Revisionswerber bei Rückkehr keiner Verfolgung unterliege. Derartiges hat das BVwG in seinen Erwägungen allerdings auch nicht getan.

12       Schließlich wendet sich die Revision dagegen, dass das BVwG die behaupteten fälschlichen Strafanzeigen gegen den Revisionswerber für nicht glaubhaft befunden habe und verweist darauf, dass Ähnliches auch anderen Personen (etwa dem russischen Dissidenten Alexander Nawalny) passiert sei. Einen hinreichenden Bezug zum gegenständlichen Fall, insbesondere eine Präzisierung, aufgrund welcher konkreten Beweismittel das BVwG zu anderen beweiswürdigenden Schlüssen hätte kommen müssen, lässt die Revision aber vermissen.

13       Da das BVwG die geltend gemachte Bedrohung des Revisionswerbers mit fingierten Strafanzeigen für nicht glaubhaft ansah, bedarf das abschließende Zulassungsvorbringen, dem Revisionswerber stehe in Usbekistan kein effektiver Rechtsschutz zur Verfügung, um die Unrichtigkeit der gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe zu belegen, keiner weiteren Erörterung.

14       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 9. März 2023

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023180054.L00

Im RIS seit

04.04.2023

Zuletzt aktualisiert am

04.04.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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