TE Vwgh Erkenntnis 1995/11/6 95/04/0146

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Veröffentlicht am 06.11.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

BefNwV Gastgewerbe §2 idF 1980/333;
BefNwV Gastgewerbe §2;
GewO 1994 §28 Abs1 Z1;
GewO 1994 §28 Abs1 Z2 litb;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des HS in K, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 12. Mai 1995, Zl. 313.782/6-III/5/95, betreffend Nachsicht vom Befähigungsnachweis, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 12. Mai 1995 wurde dem Beschwerdeführer die unbefristete Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zur Ausübung des Gastgewerbes "in der Betriebsart Gasthof und Hotel, beschränkt auf den Standort K, D 43," gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1994 verweigert.

In der Begründung dieses Bescheides wird - soweit dies für den Beschwerdefall von Bedeutung ist - ausgeführt, der im

37. Lebensjahr stehende Nachsichtswerber, der im November 1988 zur Konzessionsprüfung für die Gastgewerbe angetreten sei, diese jedoch mangels Nachweises entsprechender betriebswirtschaftlicher und rechtlicher Kenntnisse nicht bestanden habe, habe in seinem Nachsichtsansuchen zu seinem Bildungsgang und seiner bisherigen Tätigkeit angegeben, daß er von 1966 bis 1975 die Pflichtschule absolviert, danach ein Jahr eine Handelsschule besucht, eine 1 1/2jährige Hotelfachschule in Bayern abgeschlossen, ein 3jähriges Auslandspraktikum absolviert und den Rest der verbleibenden Zeit im elterlichen Betrieb, der S KG, gearbeitet habe. Der Beschwerdeführer habe mit seinem Nachsichtsansuchen zum Nachweis seines Bildungsganges ein Zeugnis der Hotelberufsfachschule Altötting, Bundesrepublik Deutschland, vom 28. Februar 1983 vorgelegt, laut welchem der Beschwerdeführer vom 14. September 1982 bis 28. Februar 1983 an dieser Schule einen halbjährigen gastronomischen Fachlehrgang besucht und hiebei die Qualifikation einer geprüften Fachkraft für das Gastgewerbe erreicht habe. Der Beschwerdeführer habe mit seinem Nachsichtsansuchen ferner eine Bescheinigung der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern über den Nachweis von berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnissen und eine Bestätigung über eine unselbständige Beschäftigung in einem in Seefeld etablierten Gastgewerbebetrieb vom 15. Dezember 1983 bis 16. März 1984 beigebracht. Der Beschwerdeführer habe mit seinem Nachsichtsansuchen zum Nachweis seiner bisherigen Tätigkeit weiters eine von WS namens der S KG ausgestellte Bestätigung vorgelegt, derzufolge der Beschwerdeführer während der Zeit vom 15. Oktober 1984 bis 30. April 1989 in den von der Gesellschaft im Standort K Nr. 247 ausgeübten Gastgewerbe in der Betriebsart eines Gasthofes tätig gewesen sei und hiebei erfolgreich in allen Bereichen der Hotelerie und Gastronomie sein Training "on the job" absolviert habe. Im Berufungsverfahren seien Erhebungen zum Vorliegen der vom Beschwerdeführer in Anspruch genommenen besonderen örtlichen Verhältnisse durchgeführt worden. Laut einem Bericht der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 20. März 1995 habe die Anzahl der Gäste in der Gemeinde K im Jahre 1994 75.211 betragen und seien dort in diesem Jahr 582.263 Gästenächtigungen zu verzeichnen gewesen. Auf die dort etablierten gewerblichen Beherbergungsbetriebe seien nach diesem Bericht "43.954 Gäste entfallen und 313.465 Gästenächtigungen". In der Gemeinde K seien neben dem vom Beschwerdeführer nach seinen Angaben geführten Gastgewerbebetrieb noch 26 Gastgewerbebetriebe mit den Berechtigungen nach § 142 Abs. 1 Z. 1 bis 4 GewO 1994 etabliert. Davon würden 10 in der Betriebsart eines Hotels und 16 in anderen Betriebsarten geführt. Diese Betriebe seien laut Mitteilung des Gemeindeamtes K und des dortigen Tourismusverbandes in der Lage, den an sie gestellten Anforderungen jederzeit nachzukommen bzw. die dort vorhandene Nachfrage nach den mit den vom Nachsichtswerber angestrebten Gastgewerben verbundenen Leistungen ausreichend zu decken. Der Beschwerdeführer habe zum Ergebnis dieser Beweisaufnahme mit Schreiben vom 4. Mai 1995 geltend gemacht, daß allgemeine Ziffern sicherlich nicht hinreichen würden, um von einer entsprechenden "Bedarfsprüfung" ausgehen zu können. So sei es dazu erforderlich, auf die einzelnen Kategorien bzw. auf die von ihm beabsichtigte Kategorie des Betriebes abzustimmen. Es könnte lediglich eine beschränkte Anzahl "von Betrieben herangezogen werden, wie z.B. ausschließlich 4-Sterne-Hotels", von welchen lediglich noch zwei vorhanden seien, allenfalls auch "3,5-Sterne-Betriebe", von welchen es noch drei gebe. Die zu diesen Betrieben bereits aktenkundig ermittelten Belegzahlen würden zeigen, daß besonders Betriebe höherer Kategorie eine besonders große Auslastung aufzuweisen hätten. In den besonderen Spitzenzeiten, also den Hochsaisonzeiten, reiche aber die Bettenkapazität dieser Betriebe bei weitem nicht hin, den Bedarf in diesen Kategorien abzudecken. Für die Beurteilung, ob ein Nachsichtswerber die volle Befähigung zur Ausübung von Gastgewerben in der Betriebsart eines Gasthofes und eines Hotels besitze, seien die Bestimmungen des § 2 der Gastgewerbe-Befähigungsnachweisverordnung, BGBl. Nr. 387/1974 in der derzeit geltenden Fassung, maßgebend. Wie sich aus § 2 dieser Verordnung ergebe, seien zur selbständigen Ausübung eines Gastgewerbes entsprechende betriebswirtschaftliche Kenntnisse der Buchhaltung, der Lohnverrechnung und der Kalkulation einschließlich der Preisrechnung, technische und hygienische Kenntnisse, rechtliche Kenntnisse aus den Gebieten des Steuerrechtes, des Arbeitsrechtes einschließlich der Kollektivverträge, des Gewerberechtes einschließlich der Organisation der Kammer der gewerblichen Wirtschaft, des Sozialversicherungsrechtes, des Meldegesetzes sowie des Handelsrechtes, des bürgerlichen Rechtes und Wettbewerbsrechtes und beruflich-fachliche Kenntnisse aus den Gebieten der Küchenkunde, der Servierkunde, der Getränkekunde und der Lebensmittelkunde erforderlich. Die für eine Nachsichtserteilung erforderliche volle Befähigung liege nur im Falle der Beherrschung des gesamten Stoffes umfassend die für die selbständige Ausübung des Gewerbes notwendigen Kenntnisse auf allen in der betreffenden Befähigungsnachweisverordnung angeführten Sachgebieten vor. Im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer in Würdigung der vorliegenden Unterlagen und seines Vorbringens nachgewiesenermaßen in den Jahren 1982 und 1983 einen gastronomischen Fachlehrgang in der Bundesrepublik Deutschland erfolgreich besucht und danach nach kurzfristiger unselbständiger Beschäftigung in einem Gastgewerbebetrieb seit Oktober 1984 in dem mit seinem gegenständlichen Nachsichtsansuchen angestrebten Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart eines Gasthofes gewisse einem solchen Gewerbe eigentümliche Tätigkeiten ausgeführt habe, könne angenommen werden, daß er in einem bestimmten Umfang Kenntnisse auf den im § 2 der den Befähigungsnachweis für die von ihm angestrebten Gastgewerbe regelnden Verordnung angeführten Gebieten besitze. Es dürfe aber nicht übersehen werden, daß der Beschwerdeführer eine die Ausübung der von ihm angestrebten Gastgewerbe dienende Ausbildung im Inland nicht absolviert und er die Konzessionsprüfung für die Gastgewerbe mangels Nachweises entsprechender betriebswirtschaftlicher und rechtlicher Kenntnisse nicht bestanden habe. Bei der sich solcherart darstellenden Sachlage könne nicht angenommen werden, daß der Nachsichtswerber alle nach § 2 der in Rede stehenden Verordnung für die selbständige Ausübung der von ihm angestrebten Gastgewerbe zu verlangenden Kenntnisse, wie insbesondere die betriebswirtschaftlichen Kenntnisse auf dem Gebiet der Kalkulation einschließlich der Preisrechnung und die rechtlichen Kenntnisse, im vollen Umfang besitze. Daran könne das Vorbringen des Beschwerdeführers, daß seine bisherige Ausbildung und Praxis die entsprechenden Fähigkeiten auch in den von ihm bei der Konzessionsprüfung nicht bestandenen Fächern unterstellen ließen, nichts zu ändern, weil seine ausländische Ausbildung und die von ihm nicht näher konkretisierte fachliche Tätigkeit allein für die Beherrschung des im § 2 Gastgewerbe-Befähigungsnachweisverordnung umschriebenen Prüfungsstoffes nicht als ausreichend anzusehen seien. Dem Beschwerdeführer fehle somit die Nachsichtsvoraussetzung der vollen Befähigung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994. Die Erteilung der vom Beschwerdeführer beantragte Nachsicht nach § 28 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 stehe der Mangel des Vorliegens von Ausnahmegründen entgegen. Weder liege ein nach § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. a GewO 1994 zu qualifizierender Ausnahmefall (und wird dies näher begründet) noch der in Anspruch genommene alternative Ausnahmegrund nach § 28 Abs. 1 Z 2 lit.b GewO 1994 vor. Nach dem vom Beschwerdeführer unwidersprochen gebliebenen Ergebnissen der diesbezüglich gepflogenen Erhebungen würden in der zur Zeit insgesamt 4.507 Einwohner zählenden Gemeinde K bereits 26 Gastgewerbebetriebe in ein nach den vom Nachsichtswerber angestrebten Gastgewerbebetrieben vergleichbaren Betriebsart geführt. Diese Betriebe seien in der Lage, den an sie gestellten Anforderungen jederzeit nachzukommen. Da danach entsprechend der hiezu vertretenen Auffassung der Fachgruppe der Hotel- und Beherbergungsbetriebe in der Sektion Tourismus der Wirtschaftskammer für Tirol durch die in der Gemeinde K bereits etablierten gleichartigen Gastgewerbebetriebe die im Bereich des gewählten Standortes vorhandene Nachfrage nach den mit den angestrebten Gastgewerben verbundenen Leistungen in einem ausreichenden Maß gedeckt werden könne, könne nicht angenommen werden, daß im Bereich des in Aussicht genommenen Standortes eine AUßERGEWÖHNLICHE Bedarfssituation gegeben sei. Daran ändere auch nichts, daß in den Hochsaisonzeiten die Bettenkapazität der vorhandenen Betriebe bei weiten nicht ausreiche, um den Bedarf in diesen Kategorien abzudecken, weil damit eine über den Rahmen des Üblichen hinausgehende, sonst nicht anzutreffende Bedarfssituation nicht dargetan werde. Die Annahme eines aufgrund des Vorliegens besonderer örtlicher Verhältnisse vorhandenen öffentlichen Interesses an der Nachsichtserteilung sei somit nach dem Ermittlungsergebnis nicht begründet.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht auf Erteilung der beantragten Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zur Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart "Gasthof" und "Hotel", beschränkt auf den Standort D 43 in K, verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, wenn ihm von der Behörde unterstellt werde, daß er nicht über entsprechende betriebswirtschaftliche und rechtliche Kenntnisse verfüge, so sei dem entgegenzuhalten, daß er seit mehr als 10 Jahren in leitender Position ein Hotel erfolgreich und gewinnbringend führe und zwar auch in Zeiten rückläufigen Tourismus. Dies setze aber auch ausreichende betriebswirtschaftliche und rechtliche Kenntnisse voraus. Weiters sei auf den Umstand Bedacht zu nehmen, daß der Beschwerdeführer auch Organisator der seit 1986 alljährlich stattfindenden "Internationalen Pferdesportwochen K" sei, dabei handle es sich um eine international beachtete Pferdesportveranstaltung, deren mediale Bedeutung sich in mehrstündigen ORF-Berichterstattungen niederschlage. Als Organisator dieser Großveranstaltung habe der Beschwerdeführer ein Budget in mehrstelliger Millionenhöhe zu verwalten. Es treffe den Beschwerdeführer im Fall von "Unregelmäßigkeiten" in seiner Funktion als Obmann und Organisator auch die Haftung. Unter diesen Voraussetzungen sei es nicht nachvollziehbar, wenn die belangte Behörde, die im übrigen an der fachlichen Qualifikation des Beschwerdeführers nichts auszusetzen habe, ihm mangelnde betriebswirtschaftliche Kenntnisse auf dem Gebiet der Kalkulation unterstelle. Wenn die belangte Behörde trotz des vorliegenden Akteninhaltes die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 beim Beschwerdeführer als nicht gegeben erachte, so komme dies einer Entscheidung nach freiem Ermessen gleich. Eine Ermessensentscheidung in dieser Angelegenheit sei jedoch ausgeschlossen. Unter "besonderen örtlichen Verhältnissen" im Sinne dieser Gesetzesstelle seien vor allem sonst nicht anzutreffende Bedarfsverhältnisse zu verstehen, also alle objektiv erfaßbaren Tatsachen, die im Bezug auf die Gewerbeausübung in einem bestimmten örtlichen Bereich oder auch nur im gewählten Standort für die Erteilung der Nachsicht sprechen würden. Wenn nun seitens der belangten Behörde der vom Beschwerdeführer erhobene Einwand, der unbestritten geblieben sei, wonach in Hochsaisonzeiten die Bettenkapazität der vorhandenen Betriebe bei weitem nicht ausreiche, um den Bedarf in dieser Kategorie abzudecken, als unbeachtlich dargestellt werde, weil eine "über den Rahmen des üblichen hinausgehenden Bedarfssituation nicht dargetan werde", so gehe dies wohl eindeutig an der vom Gesetzgeber mit der herangezogenen Gesetzesbestimmung gewünschten Regulierungsmaßnahme vorbei. Vielmehr bedürfe es zur Beurteilung der Frage, inwieweit eine außergewöhnliche Bedarfssituation gegeben sei, der Gegenüberstellung von "Angebot und Nachfrage", wobei als maßgeblicher Beurteilungspunkt sicherlich die Zeiten touristischer Hochsaison heranzuziehen seien. Sei die belangte Behörde daher der Ansicht, es sei der Umstand, daß in den Hochsaisonzeiten die Bettenkapazität der vorhandenen Betriebe bei weitem nicht ausreiche, um den Bedarf in diesen Kategorien abzudecken, nebensächlich, weil es sich hiebei nicht um eine "außergewöhnliche Bedarfssituation" handle, so unterlaufe der belangten Behörde ein Fehler in der rechtlichen Beurteilung der Sache selbst. Die örtlichen Bedarfsverhältnisse müßten nämlich dann berücksichtigt werden, wenn der Bedarf durch die vorhandenen Betriebe nicht oder nicht ausreichend gedeckt werde. Wenn die belangte Behörde selbst davon ausgehe, daß in Zeiten der Hochsaison die Bettenkapazität in dem gewählten Standort bei weitem nicht ausreiche, so wäre jedenfalls eine erhöhte Bedarfssituation zu bejahen gewesen. Das bedeute, daß neben der Voraussetzung des § 28 Abs. 1 Z. 2 auch die besondere Bedarfssituation für die Erteilung der Nachsicht spreche. Hinsichtlich einer außergewöhnlichen Bedarfsituation sei auch festzustellen, daß das vorliegende Ermittlungsergebnis nicht geeignet sei, die von der belangten Behörde vertretene Auffassung zu rechtfertigen. Die Erhebungen beschränkten sich nämlich lediglich darauf, die Gesamtanzahl der Gäste und Gästenächtigungen im Jahre 1994 wiederzugeben. Es werde also lediglich die Angebotsseite (unter Bedachtnahme der tatsächlichen Inanspruchnahme für das Jahr 1994) wiedergegeben, über das tatsächliche Ausmaß der Nachfrage bzw. der Auftragslage - insbesondere zu gehobenen Kategorien - werde jedoch nichts ausgesagt. Auch fehle eine konkrete und nachvollziehbare Aufschlüsselung, aus der sich eine Vollauslastung der vorhandenen Betriebe ableiten lasse. Darüber hinaus übersehe die belangte Behörde, daß bei der Zahl der Gästenächtigungen auch der Betrieb des Beschwerdeführers berücksichtigt worden sei. Richtigerweise wäre dieser jedoch herauszunehmen gewesen, weshalb die Belegstellen hinsichtlich der Anzahl der Gäste als auch der Zahl der Gästenächtigungen im Ergebnis nicht richtig berücksichtigt seien. Auch falle auf, daß die belangte Behörde hinsichtlich der Betriebsart "Hotel, Gasthaus, Restaurant" keine Unterscheidung treffe. Eine Bedarfsprüfung müsse jedoch auf die derzeitige Kategorie bzw. auf die beabsichtigte Kategorie des Betriebes, welchen der Nachsichtswerber führe bzw. zu führen beabsichtige, abgestimmt werden. Als Vergleichsgrundlage dazu könnten daher lediglich eine äußerst beschränkte Anzahl von Betrieben herangezogen werden, wie z.B. 3- oder 4-Sterne-Hotels. Sonst sei das vorliegende Ermittlungsergebnis unzureichend, weil zur konkreten Nachfrage und Auftragslage keine Beweisergebnisse vorlägen.

Gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1994 ist die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis, sofern diese Bundesgesetz oder eine Verordnung gemäß § 20 Abs. 4 oder § 22 Abs. 4 nichts Gegenteiliges bestimmt, zu erteilen, wenn

1. nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, daß er die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen (volle Befähigung) besitzt und keine Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen, oder

2. eine hinreichende tatsächliche Befähigung des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, keine Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen und

a) dem Nachsichtswerber die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises wegen seines Alters, seiner mangelnden Gesundheit oder aus sonstigen, in seiner Person gelegenen wichtigen Gründen nicht zuzumuten ist, oder

b) wenn besondere örtliche Verhältnisse für die Erteilung der Nachsicht sprechen.

Ausgehend von dieser Gesetzeslage ist Voraussetzung für die Erteilung der Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 das Vorliegen der vollen Befähigung. In diesem Sinne umfaßt die Nachsicht nicht die Befähigung (die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen), sondern allein den - normativ - geforderten Nachweis dieser Befähigung. Hiebei bilden die den Befähigungsnachweis festlegenden Vorschriften den Maßstab dafür, ob die Nachsichtsvoraussetzung des § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 vorliegt (vgl. das zur hier vergleichbaren Rechtslage vor der Gewerberechtsnovelle 1992 ergangene Erkenntnis vom 18. April 1989, Zl. 88/04/0235, und die dort zitierte Vorjudikatur). Die für eine Nachsichtserteilung erforderliche volle Befähigung liegt nur im Fall der Beherrschung des gesamten Stoffes, umfaßend die für die selbständige Ausübung des Gewerbes notwendigen Kenntnisse auf allen in der betreffenden Befähigungsnachweisverordnung angeführten Sachgebieten, vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1991, Zl. 90/03/0279).

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß dem Beschwerdeführer die beantragte Nachsicht nur zu erteilen wäre, wenn nach seinem Bildungsgang und seiner bisherigen Tätigkeit davon ausgegangen werden könnte, seine Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen umfaßten den gesamten in § 2 der Gastgewerbe-Befähigungsnachweisverordnung, BGBl. Nr. 387/1974 idF BGBl. Nr. 333/1980, umschriebenen Prüfungsstoff.

Im Beschwerdefall ist hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 (volle Befähigung) strittig, ob der Beschwerdeführer - auch - die betriebswirtschaftlichen Kenntnisse auf dem Gebiet der Kalkulation einschließlich der Preisrechnung und die rechtlichen Kenntnisse im vollen Umfang besitzt. Nun trifft es zwar zu, daß es unschlüssig wäre, wenn die Annahme fehlender Befähigung AUSSCHLIEßLICH auf den negativen Prüfungserfolg gegründet würde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1960, Zl. 1249/58). Derartiges hat die belangte Behörde aber nicht unternommen. Sie hat vielmehr (auch) darauf abgestellt, daß die ausländische Ausbildung des Beschwerdeführers und die von ihm nicht näher konkretisierte fachliche Tätigkeit allein für die Beherrschung des gesamten, im § 2 der Gastgewerbe-Befähigungsnachweisverordnung umschriebenen Prüfungsstoffes nicht als ausreichend anzusehen seien. In der Beschwerde wird gar nicht behauptet, daß der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren ein Vorbringen erstattet habe, wonach er die erforderlichen betriebswirtschaftlichen Kenntnisse auf dem Gebiet der Kalkulation einschließlich der Preisrechnung und die rechtlichen Kenntnisse (in welcher Form auch immer) erworben hätte. Seine Beschwerderüge geht vielmehr dahin, daß er "seit mehr als 10 Jahren in leitender Position ein Hotel erfolgreich und gewinnbringend führt und zwar auch in Zeiten rückläufigen Tourismus", was "ausreichende betriebswirtschaftliche und rechtliche Kenntnisse" voraussetze. Mit diesem bloß allgemeinen Vorbringen kann der belangten Behörde keine rechtswidrige Gesetzesanwendung angelastet werden. Der vom Beschwerdeführer gezogene Schluß ist nämlich schon von seiner Prämisse her nicht nachvollziehbar, weil Art und Ausmaß der von ihm erbrachten Leistungen ("in leitender Position") nicht konkret dargetan werden. Ebenso vermag der Beschwerdehinweis auf die Organisationstätigkeit für die "Internationale Pferdesportwoche K" nicht durchzudringen. Dies schon deshalb, weil daraus nicht hervorgeht, daß mit dieser Tätigkeit überhaupt die hier in Frage stehenden, von der Prüfungsverordnung geforderten (spezifischen) Kenntnisse angesprochen werden.

Wenn in der Beschwerde weiters geltend gemacht wird, die belangte Behörde hätte vom Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. b GewO 1994 ausgehen müssen, so wird auch damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt:

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat, sind unter den "besonderen örtlichen Verhältnissen" im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. b GewO 1994 vor allem sonst nicht anzutreffende Bedarfsverhältnisse zu verstehen, also alle objektiv erfaßbaren Tatsachen, die in bezug auf die Gewerbeausübung in einem bestimmten örtlichen Bereich oder nur im gewählten Standort für die Erteilung der Nachsicht sprechen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 1988, Zl. 87/04/0225, und die dort zitierte Vorjudikatur). Wenn hiebei von "sonst nicht anzutreffenden Bedarfsverhältnissen" die Rede ist, so ist damit nicht - schlechthin - die Frage des örtlichen Bedarfs angesprochen. Es muß sich vielmehr um eine, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, außergewöhnliche Bedarfssituation handeln, was schon aus der Wortfolge "BESONDERE örtliche Verhältnisse" abzuleiten ist (vgl. dazu auch Mache-Kinscher, Die Gewerbeordnung sowie die gewerberechtlichen Nebengesetze und Verordnungen, Wien 1982, S. 151). Auch in Ansehung des Beschwerdevorbringens, daß in Hochsaisonzeiten die Bettenkapazität der vorhandenen Betriebe nicht ausreiche, um den Bedarf in den angesprochenen (gehobenen) Kategorien abzudecken, ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde im vordargestellten Sinne nicht von einer außergewöhnlichen Bedarfssituation ausging, sondern von einer über den Rahmen des Üblichen nicht hinausgehender bzw. auch sonst anzutreffender. Derart wird auch kein wesentlicher Verfahrensmangel mit der Beschwerderüge hinsichtlich des tatsächlichen Ausmaßes der Nachfrage bzw. der Auftragslage aufgezeigt. Gleiches hat für die in der Beschwerde angesprochene Frage der Aufschlüsselung zu gelten.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als nicht begründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 besondere

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995040146.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

04.10.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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