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Auswertung in Arbeit!Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulzbacher sowie die Hofrätin Dr. Wiesinger und den Hofrat Dr. Chvosta als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, über die Revision des Z A, vertreten durch Dr. Christian Schmaus, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Chwallagasse 4/11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, G308 2240498-1/16E, betreffend Überprüfung der Fortsetzung einer Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG, und gegen den unter einem ergangenen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes, betreffend Abweisung des Antrages auf Gewährung von Verfahrenshilfe, G308 2240498-2/11E, jeweils am 25. März 2021 mündlich verkündet und mit 7. Mai 2021 schriftlich ausgefertigt (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:
Spruch
I. zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. den Beschluss gefasst:
Die Revision gegen den angefochtenen Beschluss wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte nach seiner Einreise in das Bundesgebiet im Jahr 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz, der erfolglos blieb, wobei gegen ihn auch eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung erlassen wurde.
2 In weiterer Folge verhängte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) über den Revisionswerber mit dem sofort in Vollzug gesetzten Mandatsbescheid vom 26. November 2020 gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zur Sicherung seiner Abschiebung. Mit der (auch eine Übersetzung enthaltenden) schriftlichen „Verfahrensanordnung“ vom selben Tag wurde dem Revisionswerber „für ein etwaiges Beschwerdeverfahren“ eine näher genannte Organisation als Rechtsberater „amtswegig zur Seite gestellt“. Zudem wurde der Revisionswerber in diesem Schriftstück über die Möglichkeit belehrt, sich durch den Rechtsberater im Beschwerdeverfahren einschließlich einer mündlichen Verhandlung vertreten zu lassen. Des Weiteren wurde der Revisionswerber aufgefordert, sich für eine allfällige Beschwerdeerhebung „aufgrund der laufenden Rechtsmittelfrist unverzüglich“ mit seinem Rechtsberater in Verbindung zu setzen. Ein „Ersuchen auf Vertretung“ sei ebenfalls an den Rechtsberater zu richten. Abschließend wurde noch darauf hingewiesen, dass ein Antrag auf Verfahrenshilfe nicht zulässig sei.
3 Am 16. März 2021 legte das BFA den Verwaltungsakt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Revisionswerbers in Schubhaft dem BVwG vor und erstattete eine Stellungnahme, die unter Einräumung einer Frist von zwei Tagen zur Einbringung einer Äußerung (lediglich) dem Revisionswerber übermittelt wurde. Daraufhin stellte der Revisionswerber einen am 22. März 2021 beim BVwG eingelangten Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe. Dem ausgefüllten Antragsformular war zu entnehmen, dass die Verfahrenshilfe „zur Abfassung und Einbringung einer Stellungnahme“ und „zur Vertretung bei der Verhandlung“ begehrt wurde.
4 Schließlich stellte das BVwG mit dem in der mündlichen Verhandlung am 25. März 2021 verkündeten und sodann mit 7. Mai 2021 ausgefertigten Erkenntnis gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG fest, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft gegen den Revisionswerber maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig sei. Unter einem wies das BVwG den Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe mit Beschluss ab. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das BVwG jeweils aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
5 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision erweist sich - entgegen dem gemäß § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG den Verwaltungsgerichtshof nicht bindenden Ausspruch des BVwG - unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B-VG als zulässig; sie ist auch berechtigt.
6 Im vorliegenden Fall unterblieb - wie auch in der Revision zutreffend geltend gemacht wird - die im Verfahren nach § 22a Abs. 4 BFA-VG gebotene Beiziehung eines Rechtsberaters, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, dass das BVwG bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Insofern gleicht der vorliegende Fall jener Konstellation, die auch dem Erkenntnis VwGH 24.2.2022, Ra 2020/21/0492, zugrunde lag. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG kann auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses (siehe dazu die Rn. 10 ff., insbesondere Rn. 25/26) verwiesen werden (vgl. zum Ganzen auch VwGH 2.3.2023, Ra 2021/21/0137, Rn. 13/14).
7 Das angefochtene Erkenntnis war daher - schon deshalb - nach Aktenvorlage und Durchführung eines Vorverfahrens, in dessen Rahmen keine Revisionsbeantwortung erstattet wurde, gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Dreiersenat aufzuheben.
8 Hingegen erweist sich die außerordentliche Revision im Hinblick auf den ebenfalls angefochtenen Beschluss des BVwG, mit dem der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe abgewiesen wurde, unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B-VG als unzulässig:
9 In der Zulässigkeitsbegründung wird gegen den Beschluss geltend gemacht, dass die unter anderem die Rechtsberatung vor dem BVwG regelnde Bestimmung des § 52 BFA-VG auf Verfahren nach § 22a Abs. 4 BFA-VG „flächendeckend“, nämlich nach der Rechtsansicht der „Ministerien“, der BBU GmbH, des BFA und des BVwG, keine Anwendung finde. In Anbetracht der Erwägungen in Rn. 6 trifft diese Annahme - und damit die Prämisse für die Darlegung der grundsätzlichen Rechtsfrage - jedoch nicht zu und es ist deshalb auch nicht zu sehen, dass der Revisionswerber angesichts des Ergebnisses in der Hauptsache durch die Abweisung des Verfahrenshilfeantrages noch in Rechten verletzt sein könnte. Dies gilt gleichermaßen im Hinblick auf die Revisionsausführungen, dass die Begründung des mündlich verkündeten Beschlusses mit dessen schriftlicher Ausfertigung nicht übereinstimme.
10 In der Revision werden daher in Bezug auf den angefochtenen Beschluss keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Sie war daher insoweit in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 lit. a VwGG gebildeten Dreiersenat gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere auch auf § 50 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 2. März 2023
Schlagworte
Auswertung in Arbeit!European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2021210219.L00Im RIS seit
31.03.2023Zuletzt aktualisiert am
31.03.2023