Index
L82005 Bauordnung SalzburgNorm
AVG §42Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Striebl und die Hofräte Dr. Rath, Dr. Leibrecht, Dr. Liska und Dr. Salcher als Richter, im Beisein des Schriftführers provisorischer Regierungskommissär Dr. Funovits, über die Beschwerde des Dr. WP in W, BRD, und der IG in S, beide vertreten durch Dr. Theodor Kovarbasic, Rechtsanwalt in Salzburg, Imbergstraße 8, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 26. März 1974, Zl. I-9635/11-1972 betreffend die Abweisung der Vorstellung gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1) ES in S, und 2) Gemeinde U, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 2.649,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 15. Oktober 1969 erteilte der Bürgermeister der Gemeinde U der erstmitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, ES, auf Grund ihres bei der Gemeinde U am 31. Juli 1969 eingelangten Ansuchens die baubehördliche Genehmigung für die Errichtung eines Ferienhauses auf der Gp 513/49, Katastralgemeinde U. Die dagegen vom Erstbeschwerdeführer erhobene Berufung wies die Gemeindevertretung der Gemeinde U mit Bescheid vom 30. Oktober 1969 ab. Auf Grund der vom Erstbeschwerdeführer erhobenen Vorstellung wurde dieser Berufungsbescheid der Gemeindevertretung der Gemeinde U mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 11. Februar 1970 wegen Verletzung von Rechten des Erstbeschwerdeführers, gelegen in der Genehmigung eines Bauplanes, der nicht Gegenstand der Bauverhandlung gewesen war, aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde rückverwiesen.
Die Bezirkshauptmannschaft St. Johann i. Pongau ergänzte mit ihrem Bescheid vom 1. März 1971 gemäß § 68 Abs. 2 AVG 1950 im Zusammenhalt mit § 1 der Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 9. Dezember 1968, LGBl. Nr. 99, und § 12 Abs. 3 des Bebauungsgrundlagengesetzes, LGBl. Nr. 69/1968, die bescheidmäßige Bauplatzerklärung für die Grundparzelle Nr. 513/49, Katastralgemeinde U, vom 10. August 1962 derart, daß die Baufluchtlinie, die maximale Traufenhöhe sowie die Dachneigung als Bebauungsgrundlagen festgelegt wurden.
Am 8. Juni 1971 führte der Bürgermeister der Gemeinde U nunmehr auf Grund eines dem tatsächlichen Vorhaben der Erstmitbeteiligten entsprechenden Bauplanes eine mündliche Verhandlung durch, zu der auch die Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG 1950 als Anrainer geladen worden waren. Bei dieser mündlichen Verhandlung gaben die Beschwerdeführer die Stellungnahme ab, daß die der Bauverhandlung vorliegenden Unterlagen nicht vollständig seien. Der bautechnische Sachverständige, der auch zur Frage der Zulässigkeit des vorgesehenen Nachbarabstandes Stellung nehme, beziehe sich auf den „Bauplatzbescheid“ der Bezirkshauptmannschaft St. Johann i. Pongau vom 1. März 1971 und weiche im übrigen an ihn gestellten konkreten Fragen aus. Da offenbar nach Ansicht des bautechnischen Amtssachverständigen dieser „Bauplatzbescheid“ für ihn verbindliche Angaben für die Errechnung des zulässigen Nachbarabstandes enthalte, weil er selbst seinem Gutachten andere Angaben nicht gemacht habe oder nicht zu machen in der Lage sei, müsse der diesem Bauplatzerklärungsbescheid zugrundeliegende Akt mit all seinen Plänen und sonstigen Berechnungsgrundlagen vorliegen, damit die Anrainer in die Lage versetzt würden, zu erkennen, ob die Berechnung des Nachbarabstandes richtig erfolgt sei. Die Beschwerdeführer erklärten bei der mündlichen Verhandlung, daß sie deswegen zunächst die Beischaffung des Bauplatzerklärungsaktes mit all dessen Unterlagen und ferner die Beiziehung eines weiteren Amtssachverständigen, der in der Lage sei, die an ihn gestellten technischen Fragen zu beantworten, beantragten. Außerdem erklärten die Beschwerdeführer bei der mündlichen Verhandlung „vorsichtshalber jedoch heute schon“ gegen das beabsichtigte Bauvorhaben Einwendungen zu erheben. Sie machten dabei im wesentlichen geltend, daß 1.) nicht alle Erfordernisse zum Ansuchen um eine Baubewilligung vorlägen, insbesondere weil aus den Plänen weder das Straßenniveau noch die Traufenhöhe, bezogen auf das Straßenniveau, noch auf die Hangneigung gestellt werden könnte, und 2.) der Seitenabstand nach dem Bebauungsgrundlagengesetz sowohl zur Liegenschaft des Erstbeschwerdeführers als auch zur Liegenschaft der Zweitbeschwerdeführerin wesentlich größer seien müßte.
Mit Bescheid vom 30. September 1971 erteilte der Bürgermeister von U der erstmitbeteiligten Partei die Baubewilligung zur Errichtung eines Ferienhauses auf der Grundparzelle Nr. 513/49, EZ 224 der Katastralgemeinde U, unter verschiedenen Auflagen, und wies die von den Beschwerdeführern erhobenen Einwendungen ab. Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer wurde von der Gemeindevertretung mit Bescheid vom 8. August 1972 ebenfalls abgewiesen.
Auf Grund der gegen diesen Berufungsbescheid erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer holte die belangte Behörde eine Stellungnahme des ihr beigegebenen bautechnischen Amtssachverständigen ein. Dieser erstattete nach Durchführung eines Ortsaugenscheines die gutächtliche Äußerung vom 1. Dezember 1972 über die Bauhöhe und die Nachbarabstände.
Nachdem die belangte Behörde das Parteiengehör gewährt hatte, erließ sie den angefochtenen Bescheid, mit dem die Vorstellung der Beschwerdeführer abgewiesen wurde. In der Begründung des angefochtenen Bescheides setzte sich die belangte Behörde mit den maßgebenden §§ 11 Abs. 5 und 6 sowie 25 Abs. 1 und 3 des Bebauungsgrundlagengesetzes auseinander und kam auf Grund der Auslegung dieser Bestimmungen zu dem folgenden Ergebnis: Stiegen von der Verkehrsfläche aus Grundstücke an oder fielen sie ab (Hangverbauung), dann verschiebe sich der Bezugspunkt, also jener Punkt, auf welchen hin die Höhe zu berechnen sei, gemäß § 11 Abs. 6 des zitierten Gesetzes entsprechend der natürlichen Hangneigung, Das bedeute, daß die Höhe, wenn die Verkehrsfläche eben verlaufe, in jedem einzelnen Fall nach der tatsächlichen Entfernung der obersten Dachtraufe (des obersten Gesimses) vom natürlich gewachsenen Boden zu berechnen sei, daß aber dann, wenn wie im gegenständlichen Fall, auch die Verkehrsfläche falle oder steige, vorerst jeweils das verglichene Niveau der Verkehrsfläche über die Länge der zur Verkehrsfläche mehr oder minder parallel verlaufenden Fronten zu ermitteln und dieses verglichene Niveau, in dem vorerst der Bezugspunkt liegen würde, entsprechend der natürlichen Hangneigung ansteigend oder abfallend bis zu den jeweiligen Fronten zu verschieben sei. Die Höhen seien dann jeweils auf dieses parallel verschobene verglichene Niveau hin zu berechnen. Nach dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen ergebe sich unter Berücksichtigung des verglichenen Niveaus der Verkehrsfläche und der Parallelverschiebung der Bezugspunkte, daß die vom Gesetz geforderten Mindestabstände eingehalten worden seien. Die Vorstellung sei daher insoweit als unbegründet abzuweisen gewesen. In der Begründung des angefochtenen Bescheides heißt es weiter, daß die Beschwerdeführer in ihrer Berufung auch noch die Gesetzwidrigkeit des vom Bürgermeister herangezogenen Bauplatzerklärungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft St. Johann i. Pongau geltend gemacht hätten, nachdem von ihnen in der Bauverhandlung allerdings nur für Zwecke der Berechnung der zulässigen Nachbarabstände die Beischaffung des diesbezüglichen Aktes der Bezirkshauptmannschaft beantragt worden sei. Die Beschwerdeführer hätten die Frage der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides auch in ihrer Vorstellung kurz angeschnitten. Hiezu sei - nach Meinung der belangten Behörde - grundsätzlich auszuführen, daß im Baubewilligungsverfahren die Anrainer auch behaupten könnten, ihre Rechte seien durch eine fehlerhafte Bauplatzerklärung verletzt worden. Den Beschwerdeführern sei auch insoweit beizupflichten, als die angeführte Bauplatzerklärung nicht dem Gesetz entspreche, da bei Festlegung der Höchsthöhe die Bezugnahme auf das verglichene Niveau der Verkehrsfläche fehle und außerdem weder eine Höchsthöhe für den höchsten Punkt des Baues noch überhaupt Mindesthöhen festgelegt worden seien. Durch den Bescheid der Gemeindevertretung von U die Beschwerdeführer diesbezüglich aber dennoch, in keinem Recht verletzt worden, da sie mit ihrem Vorbringen hinsichtlich des Bauplatzerklärungsbescheides als präkludiert erschienen. Sie seien nämlich zur Bauverhandlung unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen gemäß § 42 AVG 1950 geladen worden, wonach Einwendungen, die nicht spätestens am Tage vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung vorgebracht würden, keine Berücksichtigung fänden. Im Berufungsverfahren und in weiterer Folge auch im Verfahren auf Grund außerordentlicher Rechtsmittel könnten daher nur mehr solche Einwendungen, die spätestens in der mündlichen Verhandlung erhoben worden seien, geltend gemacht werden; andere Einwendungen seien als unzulässig zurückzuweisen. Die Beschwerdeführer hätten schon in der mündlichen Verhandlung nur solche Einwendungen erhoben, die ihr Nachbarrecht auf Einhaltung des gesetzlichen Mindestabstandes zu ihrer Liegenschaft beträfen. Da aber die Frage der Rechtsmäßigkeit einer Bauplatzerklärung im vorliegenden Fall für die Berechnung der Nachbarabstände ohne jede Bedeutung sei, eine andere Rechtsverletzung durch den Bauplatzerklärungsbescheid, der im übrigen bei der Bauverhandlung vorgelegen sei, im erstinstanzlichen Verfahren von den Beschwerdeführern nie behauptet worden sei, sei ihr diesbezügliches Berufungsvorbringen wegen Präklusion unzulässig und es habe die Gemeindevertretung in dieser Hinsicht im Ergebnis richtig entschieden, wenn auch die Zurückweisung, wie es formalrechtlich richtig gewesen wäre, im Spruch des Bescheides nicht zusätzlich zum Ausdruck komme.
Gegen diesen Bescheid wird die vorliegende Beschwerde gerichtet, in der Rechtewidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Über die Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Die Beschwerdeführer bringen vor, daß der angefochtene Bescheid die Bestimmungen des § 25 des Salzburger Landesgesetzes vom 27. Juni 1968 über die Aufstellung von Bebauungsplänen, die Schaffung von Bauplätzen und die Lage der Bauten im Bauplatz, LGBl. Nr. 69 (Bebauungsgrundlagengesetz), bezogen auf Bauten auf von der Verkehrsfläche aus ansteigenden oder abfallenden Grundstücken (Hanglage) unrichtig auslege. Die belangte Behörde komme zu dem Ergebnis, daß für die Bestimmungen des Mindestabstandes der Fronten eines Bauwerkes von einer Grenze des Bauplatzes die dieser Grenze nächstliegende Dachtraufe (das dieser Grenze zugewandte Gesimse) maßgeblich sei. Im angefochtenen Bescheid werde ausgeführt, daß in jedem einzelnen Fall nach der tatsächlichen Entfernung der obersten Dachtraufe (des obersten Gesimses) vom natürlich gewachsenen Boden der Mindestabstand zu berechnen sei. Somit komme die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zum Ergebnis, daß für die Bestimmungen des Mindestabstandes nicht eine Höhe, nämlich die bis zur obersten Dachtraufe oder zum obersten Gesimse entscheidend sei sondern - sei etwa der Hang in zwei Richtungen geneigt (nach vorne und seitlich) - sogar vier verschiedene Höhen für die Bestimmung der Mindestabstände heranzuziehen seien. Nach Auffassung der belangten Behörde gebe es also bei Hanglagen, falle der Hang in zwei Richtungen ab oder steige er in Richtungen an, vier verschiedene Mindestabstände. Das Gesetz kenne keine Frontenhöhe sondern nur eine Bautenhöhe. Demnach sei die Mindesthöhe und die Höchsthöhe eines Baues zu bestimmen. Diese beiden Höhen seien für den höchsten Punkt des Baues und für das oberste Gesimse oder die oberste Dachtraufe festzulegen. Es sei denkunmöglich, daß ein Bau mehrere höchste Punkte und mehrere oberste Gesimse oder oberste Dachtraufen besitze. Es könne nur ein oberstes Gesimse und nur eine oberste Dachtraufe eines Baues geben, gleichgültig ob der Bau auf einem geneigten oder einem horizontal gelegenen Grundstück errichtet werde. Demnach müßten die Fronten des Baues in einem entsprechenden Mindestabstand von der Grenze des Bauplatzes situiert werden. Es sei also eine Höhe bezogen auf einen bestimmten Punkt des Baues zu berechnen; der bestimmte Punkt sei das oberste Gesimse oder die oberste Dachtraufe. Der angefochtene Bescheid sei aber auch unrichtig, wenn er feststelle, daß die Beschwerdeführer durch den Berufungsbescheid der Gemeindevertretung von U in keinem Recht verletzt seien, da sie hinsichtlich des Bauplatzerklärungsbescheides als präkludiert erschienen. Im angefochtenen Bescheid werde allerdings zugegeben, daß die Bauplatzerklärung nicht dem Gesetz entspreche. Aus der Verhandlungsschrift vom 8. Juni 1971 könne entnommen werden, daß die Beischaffung des Bauplatzerklärungsaktes mit allen dessen Unterlagen beantragt worden sei. Dabei hätten die Beschwerdeführer festgestellt, daß nicht alle Erfordernisse für ein Ansuchen um die Erteilung der Baubewilligung nach §§ 5 ff der Salzburger Landesbauordnung 1968 vorgelegen seien. Damit sei nach Auffassung der Beschwerdeführer genügend klar zum Ausdruck gebracht worden, daß Voraussetzung für eine Baubewilligung auch eire rechtsgültige, dem Gesetz entsprechende Bauplatzerklärung sei. Es sei sohin unrichtig, daß sich die Beschwerdeführer mit den Ausführungen, die sich in den späteren Schriftsätzen mit dieser Bauplatzerklärung befaßten, präkludiert hätten.
Die Beschwerde ist schon aus den zuletzt angeführten Gründen berechtigt. Die Beschwerdeführer hatten im gegenständlichen Verwaltungsverfahren die Rechtsstellung von Nachbarn, sodaß sich die Überprüfung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof auf die allfällige Verletzung ihrer subjektiven Nachbarrechte beschränken muß. Da die Beschwerdeführer zur Bauverhandlung unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen nach § 42 AVG 1950 geladen waren, eine im Verwaltungsverfahren eingetretene Präklusion aber auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu beachten ist, wie dieser bereits in einer Reihe von Entscheidungen zum Ausdruck brachte (siehe etwa das Erkenntnis vom 12. September 1966, Slg. N. F. Nr. 6980/A), können im vorliegenden Beschwerdeverfahren nur jene Nachbarrechte der Beschwerdeführer zum Tragen kommen, bezüglich welcher sie bei der Bauverhandlung eine Einwendung erhoben. hatten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1973, Zl. 1418/72).
Gemäß § 12 Abs. 4 des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes vom 27. Juni 1968, LGBl. Nr. 69, ist nur der Eigentümer des in Betracht kommenden Grundstückes Partei im Bauplatzerklärungsverfahren, nicht aber etwa auch der Nachbar. Dieser kann erst im Baubewilligungsverfahren einwenden, daß und welche Nachbarrechte durch die Erteilung einer Baubewilligung im Hinblick auf die Bauplatzerklärung verletzt worden seien (vgl. ebenfalls das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1973, Zl. 1418/72). Der Nachbar muß aber gemäß § 42 AVG 1950 spätestens bei der mündlichen Verhandlung in seiner Einwendung auch das Recht anführen, dessen Verletzung behauptet wird, wenn auch nicht zugleich die Gründe, auf die sich diese Behauptung stützt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1970, Slg. N. F. Nr. 7932/A). Im vorliegenden Fall ist die Beantwortung der von der belangten Behörde verneinten Frage entscheidend, ob die Beschwerdeführer in Beziehung auf die Bauplatzerklärung diese Verpflichtung erfüllten.
Der belangten Behörde ist recht zu geben, daß die Einwendungen der Beschwerdeführer hauptsächlich die Verletzung der Abstandvorschriften zum Inhalt hatten. Unter diesem Gesichtspunkt bestritten die Beschwerdeführer bei der mündlichen Verhandlung am 8. Juni 1971 jedoch auch die Erklärungen des damals anwesenden bautechnischen Amtssachverständigen mit der Begründung, dieser sei offenbar der Ansicht, daß der Bauplatzerklärungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Johann i. Pongau vom 1. März 1971 Angaben für die Errechnung des zulässigen Nachbarabstandes enthalte. Im Hinblick auf das unter Punkt 1.) der Einwendungen gemachten Vorbringen der Beschwerdeführer, wonach nicht alle Erfordernisse für ein Ansuchen um die Erteilung der Baubewilligung nach der Salzburger Landesbauordnung 1968 vorlägen und daher das Verhältnis des Gebäudes zur Straße nicht ersichtlich sei (Schnitt), welche Mängel der Amtssachverständige nicht erkannt habe, ist die Annahme gerechtfertigt, daß die Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der behaupteten Verletzung des Seitenabstandes auch gegen die Bauplatzerklärung Einwendungen erhoben.
Aus den dargelegten Gründen war daß diesbezügliche Berufungsvorbringen der Beschwerdeführer nicht wegen Präklusion unzulässig. Die Gemeindevertretung hätte sich daher in ihrem Berufungsbescheid damit auseinandersetzen und - wie auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid - die erforderlichen Konsequenzen ziehen müssen. Dies wäre seitens der belangten Behörde die Aufhebung des mit Vorstellung bekämpften Bescheides der Gemeindevertretung der Gemeinde U vom 8. August 1972 und die Rückverweisung der Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde wegen Verletzung von subjektiven öffentlichen Nachbarrechten der Beschwerdeführer gewesen. Dies umso mehr deshalb, weil die belangte Behörde - wie sie in der Begründung des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck brachte - erkannte, daß die bescheidmäßige Ergänzung der Bauplatzerklärung der Bezirkshauptmannschaft St. Johann i. Pongau vom 1. März 1971 nicht dem Gesetz entsprach, weil bei Festlegung der Höchsthöhe die Bezugnahme auf das verglichene Niveau der Verkehrsfläche fehlt und außerdem weder eine Höchsthöhe für den höchsten Punkt des Baues noch überhaupt Mindesthöhen festgelegt wurden. Die belangte Behörde ging jedoch bei der Beantwortung der gegenständlichen Präklusionsfrage von einer unrichtigen Rechtsanschauung aus. Sie belastete daher den angefochtenen Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2. lit. a VwGG 1965 aufgehoben werden mußte.
Der Verwaltungsgerichtshof findet es schließlich für angebracht, bezüglich der Berechnung des Seitenabstandes bei einer Hanglage, worauf wegen des dargelegten Aufhebungsgrundes nicht mehr einzugehen war, auf die im hg. Erkenntnis vom 8. April 1975, Zl. 1341/73, dargelegte Auslegung der in Betracht kommenden Bestimmungen der §§ 11 und 25 des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes hinzuweisen.
Der Ausspruch über die Verfahrenskosten stützt sich auf die §§ 47 ff (insbesondere § 53 Abs. 1) VwGG 1965 sowie auf die Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 4/1975, die gemäß ihrem Art. IV Abs. 2 auf den Beschwerdefall anzuwenden ist. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil in den Pauschalbeträgen dieser Verordnung die Umsatzsteuer bereits berücksichtigt wurde.
Wien, am 9. Dezember 1975
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1975:1974000871.X00Im RIS seit
30.03.2023Zuletzt aktualisiert am
30.03.2023