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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §905 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Baur und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des Ing. Mag. W in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 30. Dezember 1994, Zl. Wa-205/94, betreffend Versagung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsbescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 3. August 1994 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG. Mit diesem war gemäß § 17 Abs. 2 und § 18 des Waffengesetzes 1986 (im folgenden: WaffG) der Antrag des Beschwerdeführers vom 8. April 1994 auf Ausstellung eines Waffenpasses für eine Faustfeuerwaffe abgewiesen worden.
Die belangte Behörde führte in der Begründung des angefochtenen Bescheides im wesentlichen aus, es sei Aufgabe des Waffenpaßwerbers, einen Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen nachzuweisen und das Vorliegen einer besonderen Gefahrenlage glaubhaft zu machen. Der Beschwerdeführer habe diesen Bedarf damit begründet, daß er als Inhaber zweier Fahrschulen regelmäßig Außenkurse im Bezirk Amstetten durchführe und dabei gezwungen sei, mit großen Geldbeträgen ("bis zu S 500.000,--") in der Öffentlichkeit zu verkehren. Diese Geldbeträge würden in öffentlichen Gebäuden (Gasthöfen) kassiert und es sei daher dort allgemein bekannt, daß er mit diesen Bargeldbeträgen auch zu Fuß während der Nachtzeit unterwegs sei. Er sei als Geschäftsmann gezwungen, Bargeld entgegenzunehmen und es sei nicht möglich, sich des bargeldlosen Zahlungsverkehrs zu bedienen. Von den Kunden werde Barzahlung gewünscht und er sei verpflichtet, Bargeld entgegenzunehmen. Es sei daher unvermeidbar, daß er zu bestimmten Zeiten mit Geldbeträgen "bis zu S 500.000,--" während der Nachtzeit unterwegs sei. Weiters fühle sich der Beschwerdeführer bei nächtlichen Kontrollen seiner Übungsplätze sowie durch frustrierte Jugendliche, deren Lenkerprüfungen fehlgeschlagen seien, gefährdet. Die belangte Behörde ging davon aus, daß es dem Beschwerdeführer möglich sein werde, sich vermehrt des im heutigen Geschäftsverkehr auf breitester Basis eingeführten bargeldlosen Zahlungsverkehrs zu bedienen, wobei die Entgegennahme und der Transport von Bargeld nur in einigen Fällen nicht vermieden werden könne. Die vom Beschwerdeführer durchgeführten Bargeldtransporte in der belegten Höhe vermögen aber einen Bedarf zum Führen einer Faustfeuerwaffe nicht darzustellen. Größere Bargeldbeträge würden tatsächlich nur in seltenen Ausnahmefällen anfallen. Der unregelmäßige Transport von Bargeldbeträgen bis zu S 50.000,-- könne aber keine solche qualifizierte Gefahr darstellen, der am zweckmäßigsten durch den Gebrauch einer Faustfeuerwaffe wirksam begegnet werden könne. Es komme wohl auch im sonstigen, im Privat- wie im Geschäftsverkehr häufig vor, daß Geldbeträge in der angeführten Größenordnung oder Gegenstände von entsprechendem Wert transportiert werden müßten, ohne daß bereits von einem berechtigten Bedürfnis nach Bewaffnung mit einer Faustfeuerwaffe die Rede sein könne. Im übrigen wiesen die gegenständlichen Örtlichkeiten keine erhöhte Kriminalitätsrate oder sonstige schlechte Sicherheitsverhältnisse auf. Durch die befürchtete Gefährdung bei nächtlichen Kontrollen der Übungsplätze sowie durch den befürchteten Aggressionsabbau frustrierter Führerscheinwerber könne keine besondere Gefahrenlage glaubhaft gemacht werden. Die Angaben hiezu seien so allgemein gehalten, daß sie hinsichtlich der nächtlichen Kontrollen auf eine Unzahl anderer Einrichtungen, Betrieben etc. bzw. deren Inhabern zuträfen. Die Besorgnis des Beschwerdeführers, Ziel der Rache von Kursteilnehmern werden zu können, stelle sich als allgemeine Befürchtung dar, die der Beschwerdeführer in keiner Weise konkretisiert bzw. deren Grundlage er nicht glaubhaft gemacht habe. Insbesondere fehle jeder schlüssige Nachweis, daß es konkrete Anhaltspunkte für ein derartiges Verhalten von Kursteilnehmern gebe, oder daß es bereits zu solchen Vorfällen gekommen sei. Da die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Gründe nicht an einen Bedarf herankämen, und das öffentliche Interesse an der Geringhaltung der mit dem Führen von Faustfeuerwaffen verbundenen Gefahren die Interessen des Beschwerdeführers überwiege, habe die Behörde das ihr eingeräumte Ermessen nicht zugunsten des Beschwerdeführers üben können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und "in eventu" wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 2 WaffG hat die Behörde einer verläßlichen Person, die das 21. Lebensjahr vollendet hat, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und einen Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen nachweist, einen Waffenpaß auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verläßliche Personen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde; ebenso die Ausstellung an Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, soweit diese den Nachweis des beruflichen Bedarfes erbringen. Gemäß § 18 WaffG ist ein Bedarf in diesem Sinn insbesondere dann als gegeben anzunehmen, wenn eine Person glaubhaft macht, daß sie außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder ihrer eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann.
Dieser Umschreibung des Bedarfsbegriffes ist - worauf der Verwaltungsgerichtshof schon in einer Vielzahl von Erkenntnissen hingewiesen hat - zu entnehmen, daß vom Vorliegen besonderer Gefahren nur dann die Rede sein kann, wenn die Gefahren das Ausmaß der für jedermann bestehenden Gefahren erheblich übersteigen. Wenngleich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei Beurteilung der Erheblichkeit in diesem Zusammenhang auch kein übertrieben strenger Maßstab anzulegen ist, so muß für die Annahme des Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen als Voraussetzung für den Anspruch auf Ausstellung eines Waffenpasses immerhin das Vorhandensein einer Gefahrenlage gefordert werden, die sich vom Sicherheitsrisiko, dem jedermann namentlich außerhalb seines Wohn- oder Betriebsbereiches oder seiner eingefriedeten Liegenschaften ausgesetzt ist, deutlich erkennbar abhebt. Zudem setzt die Bejahung der Bedarfsfrage auch voraus, daß die Gefahr eine solche ist, daß ihr unter Berücksichtigung aller maßgebenden Umstände am zweckmäßigsten mit Waffengewalt, d.h. mit dem Einsatz von Faustfeuerwaffen, wirksam begegnet werden kann (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 1991, Zl. 91/01/0042, und die dort angeführte Judikatur).
Ausgehend von dieser Rechtslage ist es unbeschadet des im Bereich des Verwaltungsrechtes allgemein geltenden Grundsatzes der Amtswegigkeit allein Sache des Waffenpaßwerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 18 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage glaubhaft zu machen. Somit ist es Aufgabe des Beschwerdeführers, schon im Verwaltungsverfahren konkret und in substantieller Weise im einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableitet, daß diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwächst und daß es sich hiebei um eine solche qualifizierte Gefahr handelt, der am zweckmäßigsten durch den Gebrauch einer Faustfeuerwaffe entgegengetreten werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Mai 1986, Zl. 84/01/0182). Diesem Erfordernis ist der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren dadurch nachgekommen, daß er - unter Vorlage von Bankeinzahlungsbestätigungen - vorgebracht hat, des öfteren zur Nachtzeit allein mit Bargeldbeträgen in der Höhe von bis zu S 500.000,-- unterwegs zu sein. Die nächtlichen Geldtransporte seien deshalb nötig, weil er als Fahrschulinhaber Kurse in Gasthäusern in den Abendstunden abhalte und es üblich sei, die Kursgebühren bar zu erlegen.
Mit diesem Vorbringen hat der Beschwerdeführer nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes weder in hinreichender Weise konkret aufgezeigt, inwieweit die Entgegennahme und der Transport von wenn auch größeren Geldbeträgen unter anderem auch in den Abendstunden an abgelegenen Orten für ihn bei den gegebenen Sicherheitsverhältnissen eine akute, über das für jedermann bestehende Zufallsrisiko hinausgehende Gefahr bedeuten soll, noch dargetan, daß diese Gefahr eine solche ist, daß ihr am zweckmäßigsten nur durch den Gebrauch einer Faustfeuerwaffe wirksam begegnet werden könnte. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof in einer Vielzahl von Erkenntnissen in ähnlich gelagerten Fällen dargelegt, daß die Durchführung von Geldtransporten in den Abendstunden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1983, Zl. 81/01/0312) und selbst das Mitsichführen von S 1 Mill. übersteigenden Beträgen (vgl. abermals das hg. Erkenntnis vom 18. September 1991, Zl. 91/01/0042) nicht schon an sich eine solche Gefahr darstellt.
Der Beschwerdeführer hat auch nicht überzeugend darzulegen vermocht, daß das von ihm behauptete Risiko nicht etwa durch die von der belangten Behörde ins Treffen geführten Maßnahmen zweckmäßiger als durch den Gebrauch einer Faustfeuerwaffe verringert werden könnte.
Das öffentliche Interesse, die mit dem Führen von Faustfeuerwaffen auch durch verläßliche Personen verbundenen Gefahren möglichst gering zu halten, erfordert es, daß Einzelpersonen oder Unternehmen, die sich einer Gefährdung ausgesetzt erachten, zunächst im zumutbaren Rahmen auch sie belastende Maßnahmen ergreifen, um diese von ihnen als gegeben angenommenen Gefahren zu verringern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Mai 1992, Zl. 92/01/0405).
Gemäß § 905 Abs. 2 ABGB hat der Schuldner Geldzahlungen im Zweifel auf seine Gefahr und Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz (Niederlassung) zu übermachen. Hiebei bedeutet "übermachen" nicht überbringen, sondern übersenden. Das Zahlungsverlangen und der Schuldnerkonsens sind nach der Verkehrssitte so zu verstehen, daß Zahlungen auf ein laufendes Konto des Gläubigers gestattet sind, wobei selbst die nachträgliche einseitige Bestimmung der Zahlungsart durch den Gläubiger zulässig sein muß, sofern sie den Schuldner gegenüber § 905 bzw. einer getroffenen Vereinbarung nicht schwerer belastet. Die Verkehrssitte kann § 905 nicht verdrängen, da sie als solche keine Rechtsquelle ist und § 905 nicht darauf verweist (vgl. Reischauer in Rummel2, Rdz 15 zu § 905). Ausgehend von dieser Rechtslage ergibt sich, daß es grundsätzlich Aufgabe der im Rahmen der Fahrkurse des Beschwerdeführers Unterrichteten ist, diesem als Gläubiger die ihm gebührenden Zahlungen an seinen Wohnsitz bzw. seine Niederlassung zu übersenden. Gleichzeitig steht es den Fahrschülern als Schuldner auch frei, sofern nicht besondere Umstände dagegen sprechen, Zahlungen auf ein laufendes Konto des Beschwerdeführers zu leisten. Der Beschwerdeführer ist somit einerseits grundsätzlich verpflichtet, Zahlungen auf ein auf ihn lautendes Konto als schuldbefreiend anzuerkennen, andererseits steht es ihm aber auch frei, die letztgenannte Zahlungsart von vornherein ausdrücklich zu verlangen oder sogar nachträglich zu bestimmen. Damit hat es der Beschwerdeführer aber auch in der Hand, den Umfang der von ihm zu befördernden Bargeldmenge selbst zu bestimmen und somit die ihm - seiner Ansicht nach - aus dieser Beförderung erwachsende Gefahr zu verringern bzw. zu beseitigen.
Der Beschwerdeführer hat ins Treffen geführt, auf Grund der Werbung für seine in umliegenden Dörfern durchgeführten Fahrkurse und der Bekanntgabe der Prüfungstermine sowie des Umstandes, daß meist am Ende eines Kurses bezahlt würde, ergebe sich ein "wesentliches Gefährdungspotential", weil damit auch bekannt sei, zu welchem Zeitpunkt er besonders große Geldsummen zu befördern habe. Dem ist entgegenzuhalten, daß gerade bei der weiten Verbreitung und Üblichkeit des bargeldlosen Zahlungsverkehrs keineswegs von vornherein darauf geschlossen werden kann, daß ein Großteil der Fahrschüler erst am Ende eines Fahrschulkurses in bar bezahlen werde. Außerdem könnte der Beschwerdeführer auch diesem seiner Ansicht nach bestehenden Gefahrenelement durch entsprechende Hinweise auf von ihm gewünschte bargeldlose Zahlungsmodalitäten entgegenwirken.
Hinsichtlich der weiters vom Beschwerdeführer vorgebrachten Befürchtung, er könnte bei seinen nächtlichen Kontrollen auf den Übungsplätzen gefährdet sein oder von frustrierten jugendlichen Führerscheinwerbern, deren Lenkerprüfung negativ ausgefallen sei, bedroht werden, ist darauf hinzuweisen, daß bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung zur Dartuung einer Gefährdung nicht ausreichen, solange sich Verdachtsgründe nicht derartig verdichten, daß sich schlüssig eine KONKRETE Gefährdung ergibt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Oktober 1986, Zl. 85/01/0197, und vom 16. September 1993, Zl. 92/01/0797).
Auf Grund dieser Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtBegründungspflicht Manuduktionspflicht MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995200075.X00Im RIS seit
25.04.2001Zuletzt aktualisiert am
18.03.2009