TE Vfgh Beschluss 1993/9/28 V48/93

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.09.1993
beobachten
merken

Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
Bgld RaumplanungsG §18

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung der Änderung eines Flächenwidmungsplanes mangels Vorliegen einer generellen Norm; Beschluß des Gemeinderates weder durch die Landesregierung genehmigt noch kundgemacht

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die Beschwerdeführerinnen sind nach eigener Darstellung Eigentümerinnen der Liegenschaft EZ 510 und EZ 735, GB 30029 Zillingtal.

In dem als "Beschwerde gemäß Artikel 144 B-VG" bezeichneten, beim Verfassungsgerichtshof am 17. Juni 1993 eingelangten Antrag begehren sie die Aufhebung des "überarbeiteten und neu dargestellten Flächenwidmungsplan(es), genehmigt vom Gemeinderat der Gemeinde Zillingtal in der Sitzung vom 4.5.1993, kundgemacht am 5.5.1993, welcher auch die Liegenschaften der Beschwerdeführer und zwar zu 1. EZ 510, Grundbuch 30029 Zillingtal und zu

2. EZ 735, Grundbuch 30029 Zillingtal umfaßt".

Gegen diese Verordnung des Gemeinderates sei ein Rechtsmittel nicht zulässig. Die Beschwerdeführerinnen seien aber durch die Umwidmung und die dadurch ausgelöste Wertminderung ihrer Grundstücke in ihrem Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt.

2. Sowohl der Gemeinderat der Gemeinde Zillingtal als auch die Burgenländische Landesregierung begehren in den über Ersuchen des Verfassungsgerichtshofes abgegebenen Äußerungen die Zurückweisung der "Beschwerde".

II. Der Antrag ist unzulässig.

1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Verordnung die (rechtlich geschützten) Interessen der Antragsteller nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art139 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (VfSlg. 10481/1985).

2. §19 Abs4 Burgenländisches Raumplanungsgesetz sieht vor, daß "das Amt der Landesregierung ... von der beabsichtigten Änderung des Flächenwidmungsplanes unverzüglich in Kenntnis zu setzen (ist). Im übrigen ist für das Verfahren §18 Abs2 bis 12 sinngemäß anzuwenden." §18 Burgenländisches Raumplanungsgesetz bestimmt, daß der vom Gemeinderat beschlossene Flächenwidmungsplan der Landesregierung zur Genehmigung vorzulegen ist (Abs5). Die Genehmigung des Flächenwidmungsplanes erfolgt mit Bescheid der Landesregierung (Abs9). Gemäß Abs10 des §18 Burgenländisches Raumplanungsgesetz hat der Bürgermeister innerhalb von zwei Wochen nach Einlangen des genehmigten Flächenwidmungsplanes "diesen nach den Bestimmungen des §75 der Burgenländischen Gemeindeordnung ... kundzumachen". "Der Flächenwidmungsplan tritt nach Ablauf des Tages seiner Kundmachung in Kraft."

Wie sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten und aus den vom Gemeinderat der Gemeinde Zillingtal sowie der Burgenländischen Landesregierung erstatteten Äußerungen ergibt, wurde die am 4. Mai 1993 vom Gemeinderat der Gemeinde Zillingtal beschlossene Änderung des Flächenwidmungsplanes weder genehmigt noch kundgemacht. Vielmehr hat der Gemeinderat noch vor Genehmigung des Beschlusses vom 4. Mai 1993 durch die Burgenländische Landesregierung am 18. Juni 1993 einen "Korrekturbeschluß zur Überarbeitung und Neudarstellung des Flächenwidmungsplanes" gefaßt, wonach unter anderem auch die im Eigentum der Antragstellerinnen stehenden Grundstücke nicht von der Umwidmung erfaßt wurden. Diese Flächenwidmungsplanänderung wurde mit Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 15. Juli 1993, Z LAD-RO-3449/6-1993, genehmigt.

Der Beschluß des Gemeinderates der Gemeinde Zillingtal vom 4. Mai 1993 wurde also entgegen der Behauptung der Antragstellerinnen weder am 5. Mai 1993 "durch Anschlag an der Gemeindetafel" kundgemacht, noch wurde er später einem Akt unterworfen, der als Kundmachung angesehen werden kann.

3. Der Beschluß des Gemeinderates vom 4. Mai 1993 ist daher in die Rechtsordnung nicht eingegangen; er ist infolgedessen keine generelle Norm geworden und entfaltet auch keine Rechtswirkungen (VfSlg. 7375/1974, 8997/1980).

Eine als Bestandteil der Rechtsordnung nicht existente Verordnung kann aber nicht Gegenstand der Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 B-VG sein.

4. Der Antrag ist daher mangels Legitimation der Antragstellerinnen in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953).

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, VfGH / Prüfungsgegenstand, Flächenwidmungsplan, Verordnung Kundmachung, Verordnungsbegriff

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:V48.1993

Dokumentnummer

JFT_10069072_93V00048_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten