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L6500 Jagd, WildNorm
B-VG Art10 Abs1 Z10Leitsatz
Kein Widerspruch einer Bestimmung des Tir JagdG 2004 betreffend die Wildschadensverhütung gegen die bundesstaatliche Kompetenzverteilung und die Rücksichtnahmepflicht des Landesgesetzgebers auf bundesgesetzliche VorschriftenRechtssatz
Keine Verfassungswidrigkeit des §52 Abs2 lita Tir JagdG 2004 - TJG 2004 idF LGBl 64/2015. Im Übrigen: Zurückweisung des Antrags des Landesverwaltungsgerichts Tirol (LVwG). §52 TJG 2004 wurde zuletzt durch die Novelle LGBl 64/2015 abgeändert und ist seither unverändert in dieser Fassung in Geltung. Aus diesem Grund ist für den VfGH unzweifelhaft erkennbar, dass die näher bezeichneten Teile des §52 Abs2 TJG 2004 in der Fassung LGBl 64/2015 angefochten werden sollen (Antrag auf Aufhebung idF LGBl 163/2019). Es ist denkunmöglich, dass das LVwG zur Beantwortung der Frage, inwieweit die gemäß §52 Abs2 lita TJG 2004 vorgeschriebenen Maßnahmen zur Hintanhaltung von Wildschäden zulässig sind, §52 Abs2 litc TJG 2004 anzuwenden hat, weil die Vorschreibung von Maßnahmen nach dieser Bestimmung gemäß §52 Abs4 letzter Satz TJG 2004 unzulässig gewesen wäre. §52 Abs4 letzter Satz TJG 2004 bestimmt, dass Maßnahmen nach Abs2 litc leg cit nur vorgeschrieben werden dürfen, wenn sich nach Abs1 oder Abs2 lita oder b leg cit vorgeschriebene Maßnahmen innerhalb eines Zeitraumes von vier Jahren als unzureichend erwiesen haben. Zwischen lita und c leg cit besteht auch kein untrennbarer Zusammenhang. Der Hauptantrag erweist sich daher als unzulässig, soweit er sich gegen §52 Abs2 litc TJG 2004 richtet. Hingegen ist nichts hervorgekommen, was an der Präjudizialität des §52 Abs2 lita TJG 2004 zweifeln ließe. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Hauptantrag in Bezug auf §52 Abs2 lita TJG 2004 als zulässig. Soweit das LVwG allerdings vermeint, die angefochtene Bestimmung würde gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des verstoßen, ist auf dieses Bedenken nicht einzugehen. Vor dem Hintergrund dieses Bedenkens bildet §52 Abs2 Satz 1 TJG 2004 zur Gänze eine untrennbare Einheit, weshalb sich der Antrag diesbezüglich als zu eng erweist. Dem VfGH ist daher ein Eingehen auf dieses Bedenken verwehrt. Da sich die weiteren Eventualanträge jeweils nur auf Teile des §52 Abs2 Satz 1 TJG 2004 beziehen, erübrigt sich ein Eingehen auf die Eventualanträge.
§52 Abs2 lita TJG 2004 entspricht weitgehend der Regelung des Gesetzesentwurfes, den der VfGH in seiner Entscheidung VfSlg 4348/1963 kompetenzrechtlich zu beurteilen hatte. Für den VfGH besteht daher kein Anlass, daran zu zweifeln, dass der Tiroler Landesgesetzgeber sich bei der Erlassung der angefochtenen Bestimmung auf Art15 Abs1 B-VG stützen konnte (VfSlg 20226/2017).
Der VfGH vermag auch nicht zu erkennen, dass dem Tiroler Landesgesetzgeber durch die Erlassung des §52 Abs2 lita TJG 2004 ein Verstoß gegen die der Bundesverfassung innewohnenden gegenseitigen Rücksichtnahmepflicht vorzuwerfen wäre. Dementsprechend darf das Jagdrecht nicht derart ausgestaltet werden, dass damit die im Forstgesetz 1975 verankerten und den dort wahrgenommenen Interessen dienenden Rechte und Pflichten praktisch unwirksam gemacht oder weitestgehend ausgehöhlt werden.
Der VfGH hat bereits in seiner Entscheidung VfSlg 4348/1963 festgehalten, dass auch die Berücksichtigung der Interessen der Land- und Forstwirtschaft Inhalt der jagdrechtlichen Vorschriften ist. Der Tiroler Landesgesetzgeber unterläuft mit dem angefochtenen §52 Abs2 lita TJG 2004 keine entgegenstehende Regelungsintention des Bundesgesetzgebers. Es sind keine Vorschriften des Bundes ersichtlich, die im Gegensatz zu §52 Abs2 lita TJG 2004 stünden, was auch durch §16 Abs2 litd und Abs5 Forstgesetz 1975 verdeutlicht wird.
Schlagworte
Jagdrecht, Forstwesen, Kompetenz Bund - Länder Jagdwesen, Berücksichtigungsprinzip, Wildschaden, VfGH / Gerichtsantrag, VfGH / PrüfungsumfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:G282.2020Zuletzt aktualisiert am
28.03.2023