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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten betreffend einen Staatsangehörigen von Somalia; mangelhafte Auseinandersetzung mit der Situation von Rückkehrern in die Herkunftsregion sowie mit der Rückkehr des kranken Beschwerdeführers in die Region der innerstaatlichen Fluchtalternative (Bundeshauptstadt Mogadischu)Rechtssatz
Der genaue Herkunftsort des Beschwerdeführers konnte im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht eruiert werden. Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) erörtert, dass er "in einem nicht näher festgestellten Dorf in Küstennähe (in zwischen 120 bis 300 km Entfernung zur Bundeshauptstadt Mogadischu), welches in der Region Shabelle Dhexe/Middle Shabelle" liege, gelebt habe. Die allgemeinen Ausführungen des BVwG, wonach sich "die Küstenorte von Middle Shabelle [...] unter der Kontrolle von Regierungskräften und AMISOM befinden", worauf es eine mögliche Rückkehr des Beschwerdeführers wesentlich stützt, genügen - vor dem Hintergrund der Berichtslage zu Somalia und des Umstandes, dass sich die Situation im Herkunftsstaat je nach Region unterschiedlich darstellt - den Anforderungen, sich konkret mit der aktuellen allgemeinen Lage in jener Region auseinanderzusetzen, aus der der Beschwerdeführer stammt, nicht. Insbesondere die Feststellungen des BVwG, wonach al-Schabaab ihre Präsenz in der Region Middle Shabelle ausweite, und die Darstellung der Kontrollgebiete in Somalia, wonach Middle Shabelle weitestgehend unter die Kategorie "mixed, unclear, and/or local control" falle, stehen zur Annahme des BVwG im Widerspruch.
Alternativ verweist das BVwG (daher) auch auf "eine Rückkehr in [den] Herkunftsstaat, jedenfalls in die Bundeshauptstadt Mogadischu", die es für möglich und zumutbar hält.
Wie das BVwG zur Schlussfolgerung gelangt, dass der gesundheitliche Zustand des Beschwerdeführers nicht gegen eine Rückkehr spräche, ist aus der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses aber nicht nachvollziehbar. Insbesondere lässt es - obwohl es feststellt, dass der Beschwerdeführer medikamentös behandelt wird (laut Medikamentenliste vom 09.09.2019: Gastroloc, Candesartan/Amlodipin, Oleovit, Ibuprofen und Simvastatin) - eine konkrete Erörterung zur Verfügbarkeit von Medikamenten in Mogadischu vermissen. Auch fehlt eine Auseinandersetzung mit der Frage, welche Auswirkungen es für den Beschwerdeführer hätte, wenn er seine Medikamente nicht weiter einnehmen würde. Damit lässt das BVwG bei der rechtlichen Beurteilung auch seine eigenen Feststellungen zur medizinischen Versorgung, die im gesamten Herkunftsstaat äußerst mangelhaft sei, außer Acht und setzt diese nicht mit der individuellen Situation des Beschwerdeführers in Bezug (laut Arztbrief vom 17.09.2018 leide der Beschwerdeführer an chronischer Gastritis, Lumboischialgie, dext Thrombozytose, Status post Bakteriurie und Moktionsbeschwerden, Hypercholesterinämie, Vitamin-D-Mangel, rezidivierenden Thoraxschmerzen, Anpassungsstörungen, Angstzuständen und Schlafstörung und klage außerdem über Stenocardie, Erstickungsgefühl, das Elektrokardiogramm sei abnormal, zeige ST-Abnormalität und Ischämie-Zeichen).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Asylrecht / Vulnerabilität, Entscheidungsbegründung, RückkehrentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:E3791.2020Zuletzt aktualisiert am
28.03.2023