Index
L0350 GemeindewahlNorm
B-VG Art8 Abs1Leitsatz
Keine Stattgabe der Wahlanfechtungen der "Unbestechlichen Partei Österreichs" betreffend die Nichtveröffentlichung der Wahlvorschläge für die Bezirksvertretungswahl sowie die Gemeinderatswahl von Simmering mangels Beibringung der erforderlichen Unterstützungsunterschriften; keine unzulässige Zutrittsbeschränkung oder sonstige unrechtmäßige Behinderung an der Abgabe von Unterstützungserklärungen auf Grund der COVID-19 Pandemie; keine Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Kundmachung der Wahlausschreibung; keine Verletzung im Gleichheitsrecht durch den Ausschluss von Unionsbürgern von der Gemeinderatswahl; keine Bedenken gegen Informationen zur Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahl auf der Website der Stadt Wien in deutscher und kroatischer Sprache; "Unbestechlichen Partei Österreichs" keine Nachfolgepartei der "Freiheitlichen Partei Österreichs" mangels personeller Identität; keine Bedenken gegen die rechtmäßige Zusammensetzung der BezirksverwaltungsbehördeSpruch
I. Den Anfechtungen wird, soweit sie sich gegen die Nichtveröffentlichung der Wahlvorschläge der Anfechtungswerberin bei der Bezirksvertretungswahl für den 11. Wiener Gemeindebezirk sowie bei der Wiener Gemeinderatswahl für den Wahlkreis Simmering und für das zweite Ermittlungsverfahren richten, nicht stattgegeben.
II. Im Übrigen werden die Anfechtungen zurückgewiesen.
III. Kosten werden nicht zugesprochen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Anfechtungen und Vorverfahren
1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu den Zahlen WI13/2020 und WI15/2020 zwei jeweils auf Art141 B-VG gestützte Anfechtungen anhängig, denen folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
1.1. Am 11. Oktober 2020 fanden – unter anderem auch im hier maßgeblichen 11. Wiener Gemeindebezirk – die vom Bürgermeister der Bundeshauptstadt Wien gemäß §3 Abs1 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 (im Folgenden: GWO 1996), durch Verlautbarung im Amtsblatt der Stadt Wien, Ausgabe 27A vom 30. Juni 2020, ausgeschriebenen Wahlen der Mitglieder des Gemeinderates und der Bezirksvertretungen statt. Die Anfechtungswerberin "UNBESTECHLICHE PARTEI ÖSTERREICHS (UPÖ)" ist als wahlwerbende Partei aufgetreten und hat am 7. August 2020 gemäß §43 Abs1 GWO 1996 gesondert ihre Wahlvorschläge für die Wahl der Mitglieder des Gemeinderates für den Wahlkreis Simmering und für die Wahl der Bezirksvertretung für den 11. Wiener Gemeindebezirk der zuständigen Bezirkswahlbehörde sowie gemäß §87 Abs3 GWO 1996 einen Stadtwahlvorschlag der Stadtwahlbehörde vorgelegt. Weder der Kreiswahlvorschlag für die Wahl der Mitglieder des Gemeindesrates für den Wahlkreis Simmering noch der Bezirkswahlvorschlag für den 11. Wiener Gemeindebezirk wurden mit unterstützenden Unterschriften eingebracht. Mit Schreiben vom 19. August 2020 verständigte die Bezirkswahlbehörde den zustellungsbevollmächtigten Vertreter der Anfechtungswerberin gemäß §47 Abs3 GWO 1996 davon, dass der Kreis- und der Bezirkswahlvorschlag mangels Beifügung der jeweils erforderlichen Unterstützungserklärungen nicht den Bestimmungen der §§43 Abs3 iVm 44 Abs1 bzw Abs2 GWO 1996 entsprechen und daher als nicht eingebracht gelten. Weiters wurde darüber informiert, dass der an die Bezirkswahlbehörde für den 11. Wiener Gemeindebezirk gerichtete Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Amtsenthebung der Beisitzer und Vertrauenspersonen der Wählergruppe "Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ)" wegen Befangenheit auf Grund von Unzuständigkeit zurückgewiesen wurde. In der Veröffentlichung der Wahlvorschläge durch die Bezirkswahlbehörde am 28. September 2020 (§50 GWO 1996) waren die Wahlvorschläge der Anfechtungswerberin nicht enthalten.
1.2. Die Namen der gewählten Bewerber und der Ersatzbewerber sowie die Zahl der Restmandate wurden – wie den vorgelegten Wahlakten zu entnehmen ist – von der Bezirkswahlbehörde für den 11. Wiener Gemeindebezirk durch Anschlag an der Amtstafel am 13. Oktober 2020, im Amtsblatt der Stadt Wien, Ausgabe 45A vom 5. November 2020, sowie am 4. November 2020 im Internet gemäß §85 Abs6 GWO 1996 verlautbart. Das Ergebnis des zweiten Ermittlungsverfahrens wurde – wie ebenfalls den Wahlakten zu entnehmen ist – von der Wiener Stadtwahlbehörde durch Anschlag an der Amtstafel am 20. Oktober 2020, im Amtsblatt der Stadt Wien, Ausgabe 45A vom 5. November 2020, sowie am 4. November 2020 im Internet gemäß §88 Abs3 GWO 1996 verlautbart.
2. Mit ihren jeweils auf Art141 B-VG gestützten Anfechtungen beantragt die Anfechtungswerberin durch ihren zustellungsbevollmächtigten Vertreter unter anderem, der Verfassungsgerichtshof möge die gesamten Verfahren der Wiener Gemeinderatswahl und der Bezirksvertretungswahl für den 11. Wiener Gemeindebezirk vom 11. Oktober 2020, in eventu die gesamten Verfahren der Wiener Gemeinderatswahl und der Bezirksvertretungswahl für den 11. Wiener Gemeindebezirk vom 11. Oktober 2020 ab dem Zeitpunkt der Prüfung der Wahlvorschläge sowie jedenfalls die der Wiener Gemeinderatswahl und der Bezirksvertretungswahl für den 11. Wiener Gemeindebezirk vom 11. Oktober 2020 zugrunde liegenden Wahlentscheidungen der Stadt- und Bezirkswahlbehörde aufheben und für nichtig erklären. Begründend führt die Anfechtungswerberin im Wesentlichen Folgendes aus:
2.1. Die GWO 1996 sei gleichheitswidrig, weil der Wahltermin auf Grund der für Herbst 2020 erwarteten zweiten COVID-19 Welle auf einen anderen Termin hätte verschoben werden müssen und es keine gesetzliche Bestimmung gebe, einen Wahltermin in Notstandszeiten zu verschieben. Personen, die Unterstützungserklärungen hätten abgeben wollen, sowie Wahlberechtigte seien auf Grund der Pandemie abgeschreckt gewesen, Unterstützungserklärungen abzugeben bzw zu wählen. Zudem sei die GWO 1996 verfassungswidrig, weil sie keine rechtliche Grundlage beinhalten würde, Personen, die unter Quarantäne gestellt wurden, die Abgabe von Unterstützungserklärungen zu ermöglichen.
2.2. Darüber hinaus sei die Kundmachung der Wahlausschreibung der Wiener Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahl rechtswidrig erfolgt, zumal die Wahl zwar im Amtsblatt der Stadt Wien ausgeschrieben, der Anschlag gemäß §3 Abs5 GWO 1996 aber – auf Grund mangelnder Leserlichkeit und zu kurzer Anschlagsdauer – nicht rechtskonform gewesen sei. Die Wahlberechtigten seien dadurch fälschlicherweise von einem Wahltermin am 1. Oktober 2020 ausgegangen.
2.3. Die Anfechtungswerberin macht weiters geltend, dass in dem Zeitraum, in dem eine Wählergruppe Unterstützungserklärungen sammeln konnte, die Magistratischen Bezirksämter (und somit auch die Wahlreferate) rechtswidriger Weise von Sicherheitspersonal kontrolliert worden seien und nur mit Zutrittsgenehmigung (die nach Terminvereinbarung erteilt wurde) betreten hätten werden dürfen. Angehörige von Wahlberechtigten, die unter Quarantäne gestanden seien, hätten Fragen an die Wahlbehörden stellen wollen, ihnen sei jedoch der Zutritt in das Amtshaus Wien Simmering-Enkplatz durch Sicherheitspersonal auf Grund der COVID-19 Pandemie verwehrt worden.
2.4. Ferner sei es zu einer Diskriminierung aller nicht kroatisch-sprachigen wahlberechtigten Unionsbürger gekommen, weil die Webseite des Magistrates der Stadt Wien betreffend die Bezirksvertretungswahlen lediglich in Deutsch und Kroatisch abrufbar gewesen sei.
2.5. Dass Unionsbürger bei der Wiener Gemeinderatswahl 2020 nicht wählen durften, widerspreche nach Ansicht der Anfechtungswerberin dem gewaltenteilenden Grundprinzip. Die Richtlinie 94/80/EG über die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Kommunalwahlen für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen (im Folgenden: Kommunalwahlrichtlinie), ABl. 1994 L 368, 38, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2013/19/EU, ABl. 2013 L 158, 231, würde festlegen, dass in Wien nur Bezirke dem Wahlrecht für Unionsbürger zugänglich seien. Dies würde Art40 GRC, der im Stufenbau der Rechtsordnung übergeordnet sei, widersprechen. Der Ausschluss der Unionsbürger von der Wiener Gemeinderatswahl sei sachlich nicht gerechtfertigt und verletze deren Grundrechte. Zudem sei die Identität von Gemeinderat und Landtag in Wien baugesetzwidrig. Vor diesem Hintergrund regt die Anfechtungswerberin an, ein Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH einzuleiten.
2.6. Nach Auffassung der Anfechtungswerberin seien "§1 (1) der Covid-19-Maßnahmenverordnung idF vom 01.07.2020", der einen 1-Meter-Abstand vorgesehen habe, sowie das "LGBl.-Nummer 39/2020", das eine Vorverlegung der Frist gemäß §43 GWO 1996 bewirkt habe, verfassungswidrig. Es sei zu einer überraschenden und verfassungswidrigen Verkürzung von Fristen gekommen, und es hätten keine Unterstützungserklärungen abgegeben werden können.
2.7. Weiters seien in der Bezirkswahlbehörde die von der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) nominierten Mitglieder Paul Stadler und *** vertreten gewesen, obwohl die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) bei der Wahl am 11. Oktober 2020 nicht unter dieser Bezeichnung kandidiert habe und die beiden Mitglieder auf der "Liste Bezirksvorsteher Paul Stadler" kandidiert hätten. Dadurch sei die Bezirkswahlbehörde rechtswidrig zusammengesetzt gewesen und die Anfechtungswerberin in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter gemäß Art83 Abs2 B-VG verletzt worden. Außerdem sei die Parteibezeichnung "Liste Bezirksvorsteher Paul Stadler" irreführend, weil sie suggeriere, dass Paul Stadler direkt als Bezirksvorsteher gewählt werden könne.
2.8. Schließlich sei die rechtliche Beurteilung der Bezirkswahlbehörde, wonach die erforderlichen Unterstützungserklärungen gefehlt hätten, falsch und rechtswidrig. Auf Grund eines Beschlusses der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) vom 6. August 2020 sei eine Spaltung der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) erfolgt, wodurch die Anfechtungswerberin als Nachfolgepartei bzw als Teil der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) gelte und es lediglich zu einer Namensänderung gekommen sei. Die Spaltung sei europarechtlich zwingend gewesen, weil sich die bisherige Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) öffentlich gegen die Effektivität der europäischen Vergaberichtlinien ausgesprochen habe. Die Anfechtungswerberin hätte daher gemäß §43 Abs3 GWO 1996 keine Unterstützungserklärungen beizubringen gehabt und zur Wahl zugelassen werden müssen. Demgegenüber hätte die "Liste Bezirksvorsteher Paul Stadler", die nicht als Nachfolgepartei bzw als Teil der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) gelte, Unterstützungserklärungen beizubringen gehabt. Diese Vorgehensweise der Wahlbehörde widerspreche Art14 EMRK sowie Art7 B-VG.
2.9. Die genannten Rechts- und Verfassungswidrigkeiten hätten einzeln und in Summe Einfluss auf das Wahlverfahren gehabt.
2.10. Abschließend regt die Anfechtungswerberin die amtswegige Einleitung eines Normenprüfungsverfahrens hinsichtlich der §§43 und 44 GWO 1996 sowie des "LGBl Nr 39/2020" (insbesondere der Fristvorverlegung) an. Begründend führt sie aus, dass die §§43 und 44 GWO 1996 verfassungswidrig und nicht "pandemiekonform" seien und dass auf Grund der Verfassungswidrigkeit (insbesondere der Ansteckungsmöglichkeit) Wahlberechtigte abgeschreckt gewesen seien, für die Anfechtungswerberin Unterstützungserklärungen abzugeben und sie zu wählen.
3. Die Wiener Stadtwahlbehörde und die Bezirkswahlbehörde für den 11. Wiener Gemeindebezirk legten die Wahlakten vor und erstatteten gemäß §68 Abs2 VfGG inhaltsgleiche Gegenschriften zur Wiener Gemeinderatswahl.
3.1. In diesen führen sie aus, dass die Anfechtungswerberin im Hinblick auf das erste Ermittlungsverfahren der Wiener Gemeinderatswahl ausschließlich zur Anfechtung der Wahl für den Wahlkreis Simmering legitimiert sei, weil sie bloß für diesen Wahlkreis einen Wahlkreisvorschlag eingebracht habe. Betreffend die anderen Wahlkreise sei die Anfechtungswerberin nicht anfechtungslegitimiert. Außerdem sei die Anfechtungswerberin, als von der Teilnahme an der Wahl ausgeschlossene Wählergruppe, lediglich hinsichtlich der Frage der Gültigkeit des von ihr eingebrachten Wahlvorschlages zur Anfechtung des Wahlverfahrens legitimiert, nicht jedoch darüber hinaus.
3.2. Ergänzend führen die Stadt- und Bezirkswahlbehörde aus, dass auf Grund der gestellten Eventualanträge unklar bleibe, welche Teile des Wahlverfahrens aufgehoben und für nichtig erklärt werden sollten. Weiters fehle es den Anfechtungen in zentralen Punkten an der erforderlichen Substantiierung, weshalb die Anfechtung zurückzuweisen sei. Es würden vielfach bloße Behauptungen aufgestellt und in etlichen Punkten sei nicht erkennbar, auf welche Rechtsvorschriften sich die Anfechtungswerberin stütze. So würde in zahlreichen Passagen von "Verfassungswidrigkeiten" und "verfassungswidrigem Vorgehen" gesprochen werden, ohne darauf einzugehen, gegen welche Verfassungsnorm verstoßen werde. Auch der Sitz der behaupteten Verfassungswidrigkeiten sei nicht erkennbar, weil entweder überhaupt keine Paragraphen der GWO 1996 genannt oder diese nicht durch Nennung der bedenklichen Stellen spezifiziert worden seien.
3.3. Zur behaupteten unionsrechtlichen Diskriminierung bestimmter Staatsangehöriger durch Führung der Webseite des Magistrates betreffend die Wahl ausschließlich auf Deutsch und Kroatisch sei anzumerken, dass sich diese Aussage wohl auf die allgemeine Webseite der Stadt Wien beziehe, auf der gewisse Informationen nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Englisch, Bosnisch, Serbisch und Türkisch enthalten seien. Die Informationen zur Wiener Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahl seien demgegenüber auf einer eigenen Webseite ausschließlich auf Deutsch angeführt gewesen, was den verfassungsrechtlichen Vorgaben (die Deutsch als Staatssprache vorsehen würden) entspreche. Außerdem gehöre Wien nicht zu jenen Gebieten, in denen sprachliche Minderheitenrechte für bestimmte Volksgruppen bestehen würden und liege keine unionsrechtswidrige Diskriminierung vor, weil ein Recht auf Gebrauch einer Fremdsprache iZm politischen Rechten weder primär- noch sekundärrechtlich (insbesondere nicht in der Kommunalwahlrichtlinie) vorgesehen sei.
3.4. Betreffend die Ansicht der Anfechtungswerberin, die GWO 1996 sei nicht pandemiekonform und verfassungswidrig, hielten die Stadt- und Bezirkswahlbehörde fest, dass die Anfechtungswerberin es verabsäumt habe offenzulegen, welche konkreten wahlrechtlichen Bestimmungen gegen welche Verfassungsnormen verstoße. Es würden Fakten verfehlter Weise als Maßstab für die Rechtmäßigkeit von Normen angenommen. Zur behaupteten Hinderung an der Abgabe von Unterstützungserklärungen und Stimmen durch Gesundheitsgefahren sei auszuführen, dass in dem Zeitraum, in dem eine Abgabe von Unterstützungserklärungen möglich war (30. Juni 2020 bis 14. August 2020), die Gefahr einer Infektion mit COVID-19 in Österreich sehr gering gewesen sei. Abgesehen davon hätten für die Unterfertigung von Unterstützungserklärungen zum Ausschluss eines allfälligen Restrisikos in den Amtsräumlichkeiten der MA 62 sowie der Magistratischen Bezirksämter umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen bestanden. Schließlich hätten in diesem Zeitraum auch keine Ausgangsbeschränkungen gegolten.
Eine Notwendigkeit, den Wahltag zu verschieben, sei nicht gegeben gewesen, weil zwar am Wahltag die Zahl der Neuinfektionen vergleichsweise höher gewesen sei, aber auf Grund der Wr. COVID-19-Gemeindewahlverordnung, LGBl 56/2020, umfangreiche besondere Schutzvorkehrungen bestanden hätten und darüber hinaus jeder Wahlberechtigte aus gesundheitlichen Gründen per Briefwahl wählen hätte können. Unklar sei angesichts des wellenförmigen Verlaufes der Pandemie zudem, auf welchen Termin die Wahl hätte verschoben werden sollen. Eine Vorverlegung der Wahl hätte zu einer Verkürzung der (von der Anfechtungswerberin ohnehin bereits als zu kurz monierten) Frist für die Abgabe von Unterstützungserklärungen geführt; eine Verschiebung auf einen späteren Termin dazu, dass die Wahl nicht rechtzeitig im verfassungsrechtlich vorgesehenen Abstand zur vorhergehenden Wahl stattgefunden hätte. Völlig unbeantwortet sei geblieben, aus welchen Gründen Verstöße gegen den Gleichheitssatz vorliegen würden.
3.5. Die Ausführungen der Anfechtungswerberin, wonach Angehörige von Wahlberechtigten, die unter Heimquarantäne gestanden seien, das Amtshaus Wien Simmering-Enkplatz aufsuchen hätten wollen, um dort Fragen zu stellen, aber durch Sicherheitspersonal am Zutritt zum Amtshaus gehindert worden seien, würden unbeantwortet lassen, inwieweit dies einen Einfluss auf das Wahlergebnis hätte haben können. Abgesehen davon würden die Behauptungen der Anfechtungswerberin nicht den Tatsachen entsprechen, weil der Einsatz von Sicherheitspersonal lediglich der Sicherstellung der Abstandsregeln und der Maskenpflicht beim Betreten des Amtsgebäudes gedient hätte und eine Hinderung am Zutritt zum Amtsgebäude nicht erfolgt sei. Zudem hätte jederzeit die Möglichkeit bestanden, Fragen per E-Mail oder telefonisch an das Wiener Stadtservice zu richten.
3.6. Bezüglich der Bedenken, dass unter Quarantäne gestellte Personen keine Möglichkeit gehabt hätten, Unterstützungserklärungen abzugeben, sei anzumerken, dass die Dauer einer Quarantäne zunächst 14 Tage und ab 27. Juli 2020 zehn Tage betragen habe und somit viel kürzer gewesen sei als der eineinhalbmonatige Zeitraum für die Unterfertigung von Unterstützungserklärungen. Somit sei – auch trotz Quarantäne – regelmäßig genug Zeit zur Unterstützung einer wahlwerbenden Partei geblieben. Krankheitsbedingte und sonstige Verhinderungen würden auch außerhalb der COVID-19 Pandemie auftreten können, weshalb alternativ zum Erscheinen vor dem Magistrat die Möglichkeit einer gerichtlichen oder notariellen Beglaubigung der Unterschrift bestehe.
3.7. Zur Auffassung der Anfechtungswerberin, dass keine rechtskonforme Kundmachung der Wahlausschreibung erfolgt sei, weil das Kundmachungsdokument hinter Metallstäben angebracht, nicht entspiegelt und somit nicht leserlich gewesen sei, sei anzumerken, dass das zur Untermauerung dieses Vorbringens beigelegte Foto (das sich, mangels näherer Angaben wohl auf das Amtshaus Wien Simmering-Enkplatz beziehe) aus einem offenbar bewusst gewählten, unnatürlichen und ungünstigen Blickwinkel aufgenommen worden sei und dennoch die zentralen Daten der Wahl zeige. Selbst eine gegenteilige Sicht würde nach Auffassung der Stadt- und Bezirkswahlbehörde an der Rechtmäßigkeit der Kundmachung nichts ändern, zumal das Foto lediglich einen zusätzlichen Aushang an der Außenseite des Gebäudes zeige und sich einen Meter weiter, an der Glaseingangstüre des Gebäudes, eine Kundmachung ohne Gitterstäbe befunden habe. Im Übrigen sei der Anschlag im Amtshaus Wien Simmering-Enkplatz nicht für die rechtlich gebotene Kundmachung gemäß §3 Abs5 GWO 1996 maßgeblich gewesen. Gleichartige Anschläge seien im Wiener Rathaus, in sämtlichen Magistratischen Bezirksämtern sowie in allen Wiener Polizeidienststellen erfolgt.
Nicht ersichtlich sei, inwiefern ein anderer Wahltermin zu mehr Unterstützungserklärungen für die Anfechtungswerberin hätte führen können. Wäre die Anfechtungswerberin von einem Wahltermin am 1. Oktober 2020 ausgegangen, hätte sie von einem früheren Ablauf der Frist ausgehen und sich somit früher um den Erhalt von Unterstützungserklärungen bemühen müssen. Angesichts des Umstandes, dass es der Anfechtungswerberin aber nicht einmal bei einem vergleichsweise zehn Tage später stattfindenden Wahltermin gelungen sei, eine einzige Unterstützungserklärung zu sammeln, fehle es in diesem Punkt an der Möglichkeit eines Einflusses auf das Wahlergebnis.
Darüber hinaus sei die fälschliche Annahme eines anderen Wahltermins schon deshalb auszuschließen, weil die Wahlberechtigten mittels persönlicher Verständigung und durch Kundmachung per Anschlag in den Häusern vom Wahltermin am 11. Oktober 2020 verständigt worden seien.
3.8. Die Anfechtungswerberin habe weiters behauptet, der Eintritt in das Magistratische Bezirksamt (mangels näherer Ausführungen sei wohl das Magistratische Bezirksamt für den 11. Wiener Gemeindebezirk gemeint) sei im Zeitraum für die Unterfertigung von Unterstützungserklärungen von bewaffnetem Sicherheitspersonal kontrolliert und eine Zutrittsgenehmigung nur nach telefonischer Terminvereinbarung erteilt worden. Dazu sei festzuhalten, dass das Betreten des Amtsgebäudes zu sämtlichen mit der Wahl in Zusammenhang stehenden Zwecken ohne Terminvereinbarung zulässig und das Sicherheitspersonal darüber informiert gewesen sei. Es habe keine einzige diesbezügliche Beschwerde gegeben. Abgesehen davon seien Terminvereinbarungen jederzeit kurzfristig und ohne Erfüllung von Voraussetzungen möglich gewesen.
Die Bezugnahme der Anfechtungswerberin auf "rechtswidrige Verordnungen des Bundes bezüglich Sicherheitsabstände im öffentlichen Raum" entbehre jeglicher Substantiierung.
3.9. Zur behaupteten Diskriminierung durch Ausschluss von Unionsbürgern von der Gemeinderatswahl sei anzumerken, dass dieser Umstand der Sonderstellung Wiens als Gemeinde und Land geschuldet sei. Der Verfassungsgerichtshof habe betont, dass Unionsbürgern kein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Teilnahme an der Wahl des Wiener Gemeinderates zukomme. Nicht nachvollziehbar sei die Behauptung, dass dies dem gewaltenteilenden Grundprinzip widerspreche. Betreffend die Aussage, die Identität von Landtag und Gemeinderat sei baugesetzwidrig, sei auszuführen, dass das gewaltenteilende Grundprinzip personelle Identitäten zwischen Organen der Gesetzgebung und Vollziehung nicht generell ausschließe, wie sich anhand des Art56 Abs2 B-VG zeige. Die Sonderstellung der Organe der Stadt Wien würde bereits der Stammfassung des B-VG 1920 zugrunde liegen, welche die nach ihr zu ermittelnden Baugesetze mit konstituieren würde. Die behauptete Baugesetzwidrigkeit erscheine daher denkunmöglich. Der Verfassungsgerichtshof habe sich in zahlreichen Entscheidungen mit der besonderen verfassungsrechtlichen Stellung Wiens beschäftigt und dabei nie Bedenken im Hinblick auf deren Grundprinzipienkonformität geäußert.
Soweit die Anfechtungswerberin behauptet, dass die Kommunalwahlrichtlinie Art40 GRC widerspreche, verkenne sie, dass auf Grund der Sonderstellung von Wien als Bundesland und Gemeinde bloß bei Bezirksvertretungswahlen von Kommunalwahlen gesprochen werden könne. Der Verfassungsgerichtshof betone den Umstand, dass in Wien die Bezirksvertretungen die entsprechenden vorgesehenen Repräsentationsorgane darstellen würden, und hege keine Bedenken gegen die sekundärrechtliche Rechtslage. Der Verfassungsgerichtshof habe ausgesprochen, dass sich die grundsätzliche Beschränkung des Wahlrechts auf österreichische Staatsbürger aus dem demokratischen Grundprinzip ergebe, wovon das Wahlrecht der Unionsbürger bei Bezirksvertretungen die einzige Ausnahme bilde.
3.10. Die Behauptung, wonach "§1 (1) der Covid-19-Maßnahmenverordnung", der einen Mindestabstand von einem Meter beim Betreten öffentlicher Orte gegenüber nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen normiert habe, verursachte, dass die Anfechtungswerberin die erforderliche Zahl an Unterstützungserklärungen nicht erlangen konnte, sei völlig unbegründet geblieben und ein Zusammenhang mit der wahlrechtlichen Rechtsstellung der Anfechtungswerberin nicht ersichtlich.
Ebenfalls offen geblieben und nicht substantiiert vorgebracht worden sei, gegen welche verfassungsgesetzliche Norm und aus welchen Gründen die Vorverlegung der Frist für die Abgabe von Unterstützungserklärungen gemäß §43 GWO 1996 verstoßen würde. Inhaltlich sei anzumerken, dass zwar der Zeitraum zwischen dem Fristablauf und dem Wahltermin um eine Woche erweitert, der Zeitraum für die Unterfertigung von Unterstützungserklärungen aber nicht reduziert worden sei und dass dies der Rechtslage nach der NRWO entsprechen würde. Der Zeitraum für die Abgabe von Unterstützungserklärungen habe 46 Tage betragen und sei damit angemessen und mehr als ausreichend gewesen. Im Vergleich dazu habe der Zeitraum für die Unterfertigung von Unterstützungserklärungen bei der Nationalratswahl 2019 lediglich 31 Tage betragen. Zudem habe der Verfassungsgerichtshof die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer gesetzlichen Friständerung bejaht. Hinzuweisen sei schließlich darauf, dass die erfolgte Friständerung auf Grund der abzusehenden Verdoppelung der Wahlkartenanträge gegenüber der letzten Wiener Gemeinderatswahl erforderlich gewesen und dadurch eine Angleichung an die NRWO erfolgt sei.
3.11. Betreffend die Ausführungen, wonach Unterstützungserklärungen nicht notwendig gewesen seien, weil die Anfechtungswerberin eine Spaltungs- und Nachfolgepartei der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) sei und diese ihren Namen auf Unbestechliche Partei Österreichs (UPÖ) geändert habe, sei die entsprechende Judikatur des Verfassungsgerichtshofes heranzuziehen. Nach dieser sei anhand einer wertenden Gesamtschau aller einschlägigen Aspekte zu ermitteln, ob es sich bei einer wahlwerbenden Partei um die Nachfolgerin einer zuletzt im allgemeinen Vertretungskörper vertretenen Partei handelt. In diesem Sinne sei etwa die "Liste Sebastian Kurz – Die neue Volkspartei" (ÖVP) als Nachfolgepartei der bei der vorhergehenden Nationalratswahl angetretenen wahlwerbenden Partei "Österreichische Volkspartei" (ÖVP) gewertet worden. Im vorliegenden Fall sei jedoch die Partei- und Kurzbezeichnung eine gänzlich andere, personelle Identität würde ausschließlich hinsichtlich einer Person in Frage kommen und es stehe nicht dieselbe politische Partei dahinter. Zur öffentlichen Aussprache der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) gegen die Effektivität der Europäischen Vergaberichtlinie sei anzumerken, dass diese vergaberechtliche Frage nicht in die Kompetenz des Wiener Gemeinderates falle. Ebenso wenig sei Unionsrecht auf Fragen der Rechtspersönlichkeit österreichischer wahlwerbender Parteien anwendbar. Aus der Judikatur ergebe sich zudem, dass bei der Abspaltung von Parteien keine Rechtsnachfolge des "Spaltungsprodukts" anzunehmen sei. Eine materielle Identität zwischen der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) und der Anfechtungswerberin würde schon deswegen ausscheiden, weil Ing. Mag. Andreas Radl zum Zeitpunkt der behaupteten Spaltung bzw Namensänderung lediglich Mitglied der Bezirksvertretung für den 11. Wiener Gemeindebezirk und nicht des Wiener Gemeinderates gewesen sei und sich die behauptete Spaltung bzw Umbenennung somit bloß auf die Bezirksebene beziehen hätte können. Eine Identität mit der auf Gemeindeebene nach wie vor unter demselben Namen im Gemeinderat vertretenen Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) könne keinesfalls angenommen werden.
Mit der Behauptung, ihre Nicht-Zulassung zur Wahl widerspreche Art14 EMRK, verkenne die Anfechtungswerberin, dass Art14 EMRK nur iVm einem konkreten Konventionsrecht verletzt sein könne; ein solches sei aber in der Anfechtung nicht genannt worden. Im Übrigen setze Art14 EMRK eine Ungleichbehandlung ohne objektive und vernünftige Rechtfertigung voraus. Der EGMR betone die Zulässigkeit des Erfordernisses von Unterstützungserklärungen für den Antritt zu Wahlen. Da die Nicht-Zulassung der Anfechtungswerberin zur Wahl auf Grund des Fehlens von Unterstützungserklärungen erfolgte und nicht auf Grund ihrer politischen Anschauung, sei es zu keiner Diskriminierung iSd Art14 EMRK gekommen. Aus denselben Gründen scheide auch ein Verstoß gegen Art7 B-VG aus.
3.12. Der von der Anfechtungswerberin behaupteten rechtlichen Relevanz fehle es an der erforderlichen Substantiierung, weil es sich dabei um rein spekulative und völlig unrealistische Behauptungen handle, für die weder Gründe noch Belege angeführt worden seien. Es liege außerhalb jeder Lebenserfahrung, dass die Anfechtungswerberin bei einem eine Woche längeren Zeitraum für die Einholung von Unterstützungserklärungen (wobei noch einmal anzumerken sei, dass die Frist überhaupt nicht verkürzt wurde) die erforderlichen Unterstützungserklärungen hätte beibringen können. Nicht plausibel sei weiters, dass im Falle einer Wahlberechtigung von Unionsbürgern die notwendige Anzahl an Personen für die Anfechtungswerberin unterschrieben hätte. Die behaupteten Rechtswidrigkeiten hätten somit keinen Einfluss auf das Wahlergebnis haben können.
3.13. Aus der Anregung zur amtswegigen Einleitung eines Normenprüfungsverfahrens in Bezug auf §§43 und 44 GWO 1996 sei nicht erkennbar, welche konkreten Teile der genannten Rechtsvorschriften aus welchen Gründen geprüft werden sollten. Auch sei offen geblieben, inwieweit die zitierten Bestimmungen präjudiziell seien.
3.14. Die von der Anfechtungswerberin gestellten Anträge seien widersprüchlich und auf Grund der Anfechtungslegitimation der Anfechtungswerberin zum Teil zurückzuweisen. Für den beantragten Kostenersatz bestehe keine gesetzliche Grundlage.
4. Nach Einsichtnahme in die der Akteneinsicht unterliegenden Teile des beim Verfassungsgerichtshof aufliegenden Wahlaktes brachte die Anfechtungswerberin am 15. April 2021 eine Stellungnahme ein, in der sie den Ausführungen der Gegenschriften der Stadt- und Bezirkswahlbehörde entgegentrat und zum Teil neues Vorbringen erstattete.
5. Die Bezirkswahlbehörde für den 11. Wiener Gemeindebezirk legte weitere Wahlakten vor und erstattete gemäß §68 Abs2 VfGG eine Gegenschrift zur Bezirksvertretungswahl für den 11. Wiener Gemeindebezirk, in der sie – zusätzlich zu ihrem Vorbringen in der Gegenschrift zur Wiener Gemeinderatswahl – Folgendes vorbrachte:
5.1. Zur Behauptung, die Bezirkswahlbehörde sei nicht rechtmäßig zusammengesetzt gewesen und die Bezeichnung "Liste Bezirksvorsteher Paul Stadler" sei irreführend, sei zunächst zu erwähnen, dass die erwähnte Liste tatsächlich "Liste Bezirksvorsteher Paul Stadler – Freiheitliche Partei Österreichs" mit der Kurzbezeichnung "FPÖ" gelautet habe. Bereits aus dem Wort "Liste" würde sich ergeben, dass es sich nicht um die Wahl eines monokratischen Organs handle. Derartige Parteibezeichnungen seien üblich und würden keinen Bedenken begegnen. Für die Frage der Besetzung der Bezirkswahlbehörde sei die Kandidatur bei den Wiener Bezirksvertretungswahlen 2020 nicht von Relevanz, weil sich die Besetzung der Bezirkswahlbehörde nach den Ergebnissen der vorangehenden Gemeinderatswahl richte. Voraussetzung des Vorschlagsrechtes hinsichtlich der Beisitzer in der Bezirkswahlbehörde sei, dass die wahlwerbende Partei bereits nach der vergangenen Gemeinderatswahl im Gemeinderat vertreten war. Da offenkundig sei, dass die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) diese Voraussetzung erfülle, sei sie berechtigt gewesen, Paul Stadler und *** als Beisitzer der Bezirkswahlbehörde vorzuschlagen. Aus verfassungsrechtlicher Sicht sei es nicht geboten, dass der Wahlbehörde Vertreter aller wahlwerbenden Parteien, die einen Wahlvorschlag erstattet haben, angehören.
5.2. Hinsichtlich des Vorbringens, dass die GWO 1996 verfassungswidrig sei, weil Unterstützungswillige auf Grund der COVID-19 Pandemie abgeschreckt gewesen seien, Unterstützungserklärungen abzugeben, sei auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen. Danach sei das Erfordernis des persönlichen Erscheinens einer unterstützungswilligen Person vor der Behörde nicht unsachlich, weil es sich dabei um einen der Wahlentscheidung zuzurechnenden Formalakt handle, der den Unterstützungswillen der wahlberechtigten Person der zuständigen Behörde verbindlich zur Kenntnis bringt. Darüber hinaus komme den Wahlberechtigten alternativ zum persönlichen Erscheinen vor der Behörde die Möglichkeit zu, ihre Unterschrift gerichtlich oder notariell beglaubigen zu lassen.
5.3. Zur Behauptung, dass die GWO 1996 verfassungswidrig sei, weil Menschen, die sich in Quarantäne befunden hätten, keine Möglichkeit zur Abgabe von Unterstützungserklärungen gehabt hätten, sei auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Februar 2021, WI14/2020, zu verweisen. In dieser habe der Verfassungsgerichtshof betont, dass der Zeitraum einer allfälligen Quarantäne kürzer gewesen sei als der eineinhalbmonatige Zeitraum für die Unterfertigung von Unterstützungserklärungen, und daraus die Sachlichkeit der Regelung abgeleitet.
5.4. Die Aussage der Anfechtungswerberin, wonach auf Grund der Führung der Webseite auf Deutsch und Kroatisch Unionsbürger diskriminiert worden seien und die diskriminierten Unionsbürger andernfalls die Anfechtungswerberin mit (ausreichend) Unterstützungserklärungen versehen und gewählt hätten, sei spekulativ, unplausibel und statistisch nahezu unmöglich. Es sei zudem davon auszugehen, dass die in Österreich lebenden Unionsbürger Kenntnisse der deutschen Sprache hätten. Abgesehen davon ginge die Frage, wen die Unionsbürger gewählt hätten, über die Anfechtungsbefugnis der Anfechtungswerberin hinaus.
6. Die – nicht bei der Bezirksvertretungswahl für den 11. Wiener Gemeindebezirk angetretene – Wählergruppe "VOLT Österreich" brachte am 30. April 2021 eine Stellungnahme ein, in der sie sich von den Anschuldigungen der Anfechtungswerberin distanzierte und ihre Wahrnehmung zu einzelnen von der Anfechtungswerberin angeführten Punkten während der Wahlkampfzeit und dem Wahltag wiedergab.
II. Rechtslage
Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes über die Gemeindewahlordnung der Stadt Wien (Wiener Gemeindewahlordnung 1996 – GWO 1996), LGBl 16/1996, idF LGBl 39/2020 lauten auszugsweise wie folgt:
"Artikel I
Wiener Gemeindewahlordnung 1996 – GWO 1996
I. HAUPTSTÜCK
Allgemeines, Wahlausschreibung, Wahlbehörden
[…]
2. Abschnitt
Wahlausschreibung
§3. (1) Die Wahl der Mitglieder des Gemeinderates und der Bezirksvertretungen wird vom Bürgermeister durch Verlautbarung im Amtsblatt der Stadt Wien ausgeschrieben.
[(2) …
(3) …
(4) …]
(5) Die Wahlausschreibung ist durch öffentlichen Anschlag und im Internet kundzumachen.
[…]
3. Abschnitt
Wahlbehörden
§12. (1) Die Beisitzer und Ersatzbeisitzer der Stadtwahlbehörde und der Bezirkswahlbehörden werden vom Vorsitzenden der Stadtwahlbehörde, die der Sprengelwahlbehörden vom Bezirkswahlleiter berufen.
(2) Die Beisitzer (Ersatzbeisitzer) werden auf Grund der Vorschläge der Parteien verhältnismäßig nach den bei der letzten Wahl des Gemeinderates auf die einzelnen Parteien im ganzen Gemeindegebiet entfallenen Stimmen unter Anwendung des d'Hondtschen Höchstzahlenverfahrens aufgeteilt.
[(3) …
(4) …]
[…]
II. HAUPTSTÜCK
Wahlrecht, Erfassung der Wahlberechtigten
1. Abschnitt
Wahlrecht, Stichtag
§16. (1) Wahlberechtigt sind alle Männer und Frauen, die am Wahltag (§3 Abs2) das 16. Lebensjahr vollendet haben und am Stichtag (§3 Abs4)
1. die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen,
2. vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen sind und
3. im Gemeindegebiet von Wien ihren Hauptwohnsitz haben.
(2) Wahlberechtigt zu den Bezirksvertretungswahlen sind auch Unionsbürger, die abgesehen von der österreichischen Staatsbürgerschaft die Bedingungen des Abs1 erfüllen.
[…]
III. HAUPTSTÜCK
Wählbarkeit, Wahlwerbung
[…]
2. Abschnitt
Wahlwerbung
§43. (1) Wahlwerbende Parteien haben ihre Wahlvorschläge, gesondert für den Gemeinderat und für die Bezirksvertretungen, spätestens am 58. Tag vor dem Wahltag bis 13 Uhr den Bezirkswahlbehörden unter Beachtung der Zuständigkeitsregelung des §6 Abs2 vorzulegen (Kreis- und Bezirkswahlvorschläge). Der Bezirkswahlleiter hat nach sofortiger Überprüfung des Wahlvorschlages auf offensichtliche Mängel auf diesem den Tag und die Uhrzeit seines Einlangens zu vermerken. Fallen dem Bezirkswahlleiter an einem rechtzeitig vorgelegten Wahlvorschlag offensichtliche Mängel auf, so hat er der wahlwerbenden Partei über ihr Verlangen die Möglichkeit zur Verbesserung einzuräumen, wobei die Wiedervorlage des verbesserten Wahlvorschlages gleichfalls innerhalb der für die Einbringung von Wahlvorschlägen vorgeschriebenen Frist erfolgen muss, und erst danach den Eingangsvermerk anzubringen.
[(2) …]
(3) Wahlvorschlägen, welche von einer wahlwerbenden Partei eingebracht werden, die nicht aufgrund des Ergebnisses der letzten Gemeinderatswahl im Gemeinderat vertreten ist, sind Unterstützungserklärungen beizulegen, für welche §44 die näheren Vorschriften enthält. Bezirkswahlvorschläge solcher wahlwerbender Parteien, die aufgrund des Ergebnisses der letzten Bezirksvertretungswahl in der Bezirksvertretung des betreffenden Bezirkes vertreten sind, bedürfen in diesem Bezirk keiner Unterstützungserklärung. Desgleichen bedarf ein Kreis- oder Bezirkswahlvorschlag, welcher von wenigstens fünf Mitgliedern des Nationalrates unterschrieben ist, keiner Unterstützungserklärung.
[(4) …]
§44. (1) Kreiswahlvorschläge für den Gemeinderat müssen von jeweils wenigstens 100 Personen, die am Stichtag in den entsprechenden Wahlkreisen als zum Gemeinderat wahlberechtigt in den von der Gemeinde nach bundesgesetzlichen Vorschriften zu führenden ständigen Evidenzen der Wahlberechtigten eingetragen waren, unterstützt sein. Hiebei sind dem Kreiswahlvorschlag die nach Muster der Anlage 6 ausgefüllten und gemäß Abs3 eigenhändig unterfertigten Unterstützungserklärungen anzuschließen.
(2) Bezirkswahlvorschläge für die Bezirksvertretung müssen von wenigstens 50 Personen, die am Stichtag im entsprechenden Gemeindebezirk als zur Bezirksvertretung wahlberechtigt (§16) in den von der Gemeinde nach bundesgesetzlichen Vorschriften zu führenden ständigen Evidenzen der Wahlberechtigten oder in der Wählerevidenz für Unionsbürger gemäß §19a Abs1 eingetragen waren, unterstützt sein. Hiebei sind dem Bezirkswahlvorschlag die nach Muster der Anlage 7 ausgefüllten und gemäß Abs3 eigenhändig unterfertigten Unterstützungserklärungen anzuschließen.
(3) Die Unterstützungserklärung hat die Bestätigung des Magistrates zu enthalten, dass die in der Erklärung bezeichnete Person am Stichtag in einer von der Gemeinde nach bundesgesetzlichen Vorschriften zu führenden ständigen Evidenz der Wahlberechtigten des Wahlkreises (Bezirkes) oder in der Wählerevidenz für Unionsbürger der Wahlberechtigten des Wahlkreises (Bezirkes) gemäß §19a Abs1 eingetragen war. Diese Bestätigung ist vom Magistrat zu erteilen, wenn die Unterstützungserklärung die Angaben über Vor- und Familien- oder Nachname, Geburtsdatum und Wohnadresse sowie die Bezeichnung des Wahlvorschlages enthält und die eigenhändige Unterschrift der die Unterstützungserklärung abgebenden Person entweder vor dem Magistrat geleistet wurde oder gerichtlich oder notariell beglaubigt ist. Im Falle des persönlichen Erscheinens beim Magistrat hat der Betreffende seine Identität durch eine mit Lichtbild ausgestattete öffentliche Urkunde (z. B. Reisepass, Personalausweis, Führerschein nachzuweisen.
[(4) …]
[…]
§47. (1) Die Bezirkswahlbehörde überprüft unverzüglich, ob die Wahlvorschläge von der erforderlichen Zahl der Wahlberechtigten unterstützt und die in den Parteilisten vorgeschlagenen Wahlwerber wählbar sind.
[(2) …]
(3) Weist ein Wahlvorschlag nicht die erforderliche Anzahl von Unterstützungserklärungen auf, entspricht er nicht den Voraussetzungen gemäß §43 Abs2 oder wurde der Beitrag zu den Kosten des Wahlverfahrens nicht gemäß §43 Abs4 fristgerecht in voller Höhe entrichtet, so gelten die Wahlvorschläge als nicht eingebracht. Hievon ist der zustellungsbevollmächtigte Vertreter (Stellvertreter) der Partei zu verständigen. Bewerber, die nicht wählbar sind, werden im Wahlvorschlag gestrichen. Auch in diesem Falle ist der zustellungsbevollmächtigte Vertreter (Stellvertreter) der wahlwerbenden Partei zu verständigen.
[…]
V. HAUPTSTÜCK
Ermittlungsverfahren
[…]
3. Abschnitt
Zweites Ermittlungsverfahren
§87. (1) Die in den Niederschriften der Bezirkswahlbehörden ausgewiesenen Restmandate des Gemeinderates werden nach Maßgabe der Größe der Reststimmensummen auf die einzelnen Parteien aufgeteilt.
(2) Zu diesem Zweck wird bei der Stadtwahlbehörde ein zweites Ermittlungsverfahren durchgeführt.
(3) Den wahlwerbenden Parteien steht es frei, spätestens am 55. Tag vor dem Wahltag bei der Stadtwahlbehörde durch einen zustellungsbevollmächtigten Vertreter (Stellvertreter), der bereits auf einem ihrer Kreiswahlvorschläge als solcher ausgewiesen ist, einen besonderen Wahlvorschlag (Stadtwahlvorschlag) einzubringen. […]
(4) Am zweiten Ermittlungsverfahren nehmen nur Parteien (Wahlparteien) teil, die im ersten Ermittlungsverfahren in einem Wahlkreis wenigstens ein Mandat im Gemeinderat erlangt oder im ganzen Gemeindegebiet mindestens 5 % der für die Wahl des Gemeinderates abgegebenen gültigen Stimmen erhalten haben.
[(5) …
(6) …
(7) …
(8) …]
§88. (1) Sofern Parteien, die im zweiten Ermittlungsverfahren weitere Mandate zugeteilt erhalten, einen Stadtwahlvorschlag eingebracht haben, werden die auf sie entfallenden weiteren Mandate den in diesem Stadtwahlvorschlag enthaltenen Bewerbern in der Reihenfolge des Wahlvorschlages zugewiesen. Hat aber einer der in der Kundmachung (§87 Abs3) aufscheinenden Kandidaten eine Anzahl an Vorzugsstimmen erhalten, die zumindest dem 1,25 fachen der laut §87 festgestellten Wahlzahl entspricht, ist er als ers