TE Vfgh Erkenntnis 2021/6/14 V6/2021

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Veröffentlicht am 14.06.2021
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Index

L1000 Gemeindeordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 Z2
Sbg GemeindeO 1994 §18, §33
Sbg RaumOG 2009 §71
GemeindeO der Stadtgmeinde Saalfelden §14 Abs10
Bebauungsplan der Stadtgemeinde Saalfelden vom 17.06.2015
VfGG §7 Abs1
  1. B-VG Art. 139 heute
  2. B-VG Art. 139 gültig ab 01.01.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2013
  3. B-VG Art. 139 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. B-VG Art. 139 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  5. B-VG Art. 139 gültig von 30.11.1996 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 659/1996
  6. B-VG Art. 139 gültig von 01.01.1991 bis 29.11.1996 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  7. B-VG Art. 139 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 302/1975
  8. B-VG Art. 139 gültig von 21.07.1962 bis 30.06.1976 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 205/1962
  9. B-VG Art. 139 gültig von 19.12.1945 bis 20.07.1962 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  10. B-VG Art. 139 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. VfGG § 7 heute
  2. VfGG § 7 gültig ab 22.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 16/2020
  3. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 21.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  4. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 92/2014
  5. VfGG § 7 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  6. VfGG § 7 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  7. VfGG § 7 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. VfGG § 7 gültig von 01.10.2002 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2002
  9. VfGG § 7 gültig von 01.01.1991 bis 30.09.2002 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 329/1990
  10. VfGG § 7 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 311/1976

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit eines Bebauungsplans einer Salzburger Gemeinde wegen gesetzwidriger Kundmachung auf Grund Nennung eines falschen verordnungserlassenden Organs

Spruch

I. Die 1. Abänderung sowie Anpassung an das Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 des Bebauungsplanes der Grundstufe für den Bereich "Schinking", beschlossen vom Bau- und Raumordnungsausschuss der Stadtgemeinde Saalfelden am 17. Juni 2015 (laut Kundmachung aber beschlossen von der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Saalfelden am 29. Juni 2015) und kundgemacht durch öffentlichen Anschlag von 7. bis 21. Juli 2015, war gesetzwidrig.

II. Die Salzburger Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt für Salzburg verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren

1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl E4572/2019 eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

1.1. Eine Genossenschaft (mitbeteiligte Partei) ist Eigentümerin der Grundstücke Nr 703/21, 703/22, 703/23 und 703/24, die im Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Saalfelden als Bauland "Reines Wohngebiet" ausgewiesen sind.

1.2. Mit Eingabe vom 18. Juli 2017 beantragte die mitbeteiligte Partei die Erteilung einer Baubewilligung für den Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses mit neun Wohneinheiten auf den Grundstücken Nr 703/23 und 703/24, je KG Farmach.

1.3. Mit weiterer Eingabe vom 18. Juli 2017 beantragte die mitbeteiligte Partei die Erteilung einer Baubewilligung für den Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses mit neun Wohneinheiten auf den Grundstücken Nr 703/21 und 703/22, je KG Farmach.

1.4. Die Grundstücke der Erst- bis Sechstbeschwerdeführer sind von den Fronten des Baus laut Bauvorhaben auf den Grundstücken Nr 703/23 und 703/24 (Bau-Nr 5542) weniger als 15 Meter entfernt. Die Grundstücke der Drittbeschwerdeführerin und der Siebt- bis Zehntbeschwerdeführer sind von den Fronten des Baus laut Bauvorhaben auf den Grundstücken Nr 703/21 und 703/22 (Bau-Nr 5541) weniger als 15 Meter entfernt, während das Grundstück der Sechstbeschwerdeführerin von den Fronten dieses Baus mehr als 15 Meter entfernt ist.

1.5. Mit zwei Bescheiden, je vom 28. Februar 2019, erteilte der Bürgermeister der Stadtgemeinde Saalfelden die beantragten Baubewilligungen unter Vorschreibung von Auflagen und Bedingungen sowie unter Zugrundelegung der Einreichpläne der mitbeteiligten Partei.

1.6. Gegen den Bescheid vom 28. Februar 2019 zu Bau-Nr 5542 erhoben die Erst- bis Sechstbeschwerdeführer Berufung. Gegen den Bescheid vom 28. Februar 2019 zu Bau-Nr 5541 erhoben die Drittbeschwerdeführerin und die Sechst- bis Zehntbeschwerdeführer Berufung.

1.7. Mit dem ersten Bescheid vom 5. Juli 2019 wies die Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Saalfelden die Berufung der Erst- bis Sechstbeschwerdeführer gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Saalfelden vom 28. Februar 2019, mit dem die Baubewilligung (Bau-Nr 5542) erteilt worden war, als unbegründet ab. Mit dem zweiten Bescheid vom 5. Juli 2019 wies die Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Saalfelden die Berufung der Drittbeschwerdeführerin sowie der Siebt- bis Zehntbeschwerdeführer gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Saalfelden vom 28. Februar 2019, mit dem die Baubewilligung (Bau-Nr 5541) erteilt worden ist, als unbegründet ab; hingegen wurde die Berufung der Sechstbeschwerdeführerin zurückgewiesen.

1.8. Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Salzburg. Dieses wies die Beschwerde mit Erkenntnis vom 5. November 2019 ab bzw zurück und führte im Wesentlichen aus:

1.8.1. Die Beschwerdeführer würden behaupten, dass den Bebauungsgrundlagen ein nicht nachvollziehbares, falsches Urgelände bzw gewachsenes natürliches Gelände zugrunde liege. Es sei dem Bebauungsplan 2015 unschlüssigerweise ein Urgelände aus 1995 zugrunde gelegt worden, an dessen Richtigkeit die Beschwerdeführer zudem zweifeln würden, da bezüglich des Urgeländes aus 1995 keine sachverständige Festlegung bzw Geometer-Höhenaufnahme existiere, sondern nur nachträgliche Einzeichnungen. Folglich sei keine gesetzmäßige Höhenfestlegung und Festlegung der Baufluchtlinien erfolgt, weswegen das Bauvorhaben sowohl die Vorschriften über die Höhe und Lage der Bauten im Bauplatz verletze als auch die gesetzlichen Nachbarabstände gemäß §25 Abs3 des Salzburger Gesetzes vom 27. Juni 1968 über die zweckmäßige Gestaltung der Grundstücke im Bauland, die Schaffung von Bauplätzen und die Lage der Bauten im Bauplatz (Bebauungsgrundlagengesetz – BGG, LGBl 69/1968 idgF). Überdies werde, so die Beschwerdeführer, die Verletzung des nachbarrechtlichen Immissionsschutzes geltend gemacht, da es durch die Verwendung der Stellplätze zu einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarn komme. Zudem sei der Bebauungsplan gesetzwidrig, da er 2015 nur zur Verwirklichung des Bauvorhabens der mitbeteiligten Partei geändert worden sei und von der Baubehörde keine sachverständigen Überlegungen für die projektbezogen vorgenommene Bebauungsplanung dargetan worden sei.

1.8.2. Das Bauvorhaben halte jedoch, so das Landesverwaltungsgericht Salzburg, unter Zugrundelegung des gewachsenen Geländes laut Bebauungsplan die gesetzlichen Mindestabstände zu den Bauplatzgrenzen gemäß §25 Abs3 BGG ein. Auch die Höchsthöhen und die Baufluchtlinie würden vom Bauvorhaben nicht überschritten werden. Den planlichen Darstellungen sei das gewachsene Gelände eindeutig zu entnehmen und die Höhenschichtlinien seien von staatlich befugten und beeideten Ziviltechnikern ermittelt und richtig eingezeichnet worden. Damit könnten die Höhenschichtlinien als Urgelände herangezogen werden. Das im Bebauungsplan 1998 angenommene Urgelände sei auch nach der Änderung des Bebauungsplanes im Jahr 2015 maßgeblich, da die Änderung von einzelnen Bebauungsgrundlagen in einem Bebauungsplan nicht zur Folge habe, dass das im Bebauungsplan angenommene gewachsene Gelände entfalle oder neu verordnet werden müsse. Das gewachsene Gelände sei nicht als unrichtig zu qualifizieren, weswegen auch den Ausführungen der Beschwerdeführer zu den Festlegungen der zulässigen Gebäudehöhen im Bebauungsplan und zur Festlegung der Baufluchtlinien nicht zu folgen sei. Betreffend die behauptete Verletzung des nachbarrechtlichen Immissionsschutzes seien keine konkreten Gründe genannt worden, weshalb nicht zu erwarten sei, dass vom Bauvorhaben unzumutbare Belästigungen ausgehen würden. Zudem handle es sich nicht um eine rein anlassfallbezogene Änderung des Bebauungsplanes, der ausschließlich die mitbeteiligte Partei begünstige.

1.8.3. Die Einsicht in die Verordnungsakten betreffend den Bebauungsplan und dessen Änderung sei den Beschwerdeführer zu Recht verweigert worden, da diesbezüglich kein Recht auf Akteneinsicht bestehe.

1.8.4. Insgesamt seien somit die Einwendungen der Beschwerdeführer nicht berechtigt. Ebenso sei die Zurückweisung der Berufung der Sechstbeschwerdeführerin gegen den zweiten Bescheid bzgl. Bau-Nr 5541 nicht zu beanstanden.

2. Bei der Behandlung der gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der Änderung des Bebauungsplanes der Grundstufe für den Bereich "Schinking" entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 10. Dezember 2020 beschlossen, diese Verordnungsbestimmung von Amts wegen auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.

3. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:

"1. Bei Behandlung der Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der 1. Abänderung sowie Anpassung an das Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 des Bebauungsplanes der Grundstufe für den Bereich 'Schinking', beschlossen vom Bau- und Raumordnungsausschuss der Stadtgemeinde Saalfelden am 17. Juni 2015 (laut Kundmachung der Änderung des Bebauungsplanes der Grundstufe 'Schinking' aber beschlossen von der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Saalfelden am 29. Juni 2015) und kundgemacht durch öffentlichen Anschlag von 7. bis 21. Juli 2015, entstanden.

2. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass die Beschwerde zulässig ist, dass das Landesverwaltungsgericht Salzburg bei der Erlassung der angefochtenen Entscheidung die in Prüfung gezogene Bestimmung zumindest denkmöglich angewendet hat und dass auch der Verfassungsgerichtshof diese Bestimmung bei seiner Entscheidung über die Beschwerde anzuwenden hätte.

3. Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen die hiemit in Prüfung gezogene Änderung des Bebauungsplanes der Grundstufe für den Bereich 'Schinking' der Stadtgemeinde Saalfelden folgende Bedenken:

3.1. Die Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Saalfelden hat mit Beschluss vom 30. Jänner 2012 die Geschäftsordnung der Gemeindevertretung, der Gemeindevorstehung und der Ausschüsse der Stadtgemeinde Saalfelden erlassen. Mit §14 Abs10 ZIII dieser Geschäftsordnung wurde iSd §33 Abs2 Sbg GdO 1994 der Bau- und Raumordnungsausschuss der Stadtgemeinde Saalfelden zur Beschlussfassung in Angelegenheiten der Bebauungsplanung an Stelle und im Namen der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Saalfelden ermächtigt.

3.2. Die Grundstücke Nr 703/21, 703/22, 703/23 und 703/24 der mitbeteiligten Partei sind Bestandteil des von der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Saalfelden am 21. September 1998 beschlossenen und mit Beschluss des Bau- und Raumordnungsausschusses vom 17. Juni 2015 der Stadtgemeinde Saalfelden abgeänderten Bebauungsplanes der Grundstufe für den Bereich 'Schinking'.

3.3. Die Änderung des Bebauungsplanes der Grundstufe für den Bereich 'Schinking' wurde von 13. April bis 12. Mai 2015 zur öffentlichen Einsicht aufgelegt. Am 7. Juli 2015 wurde gemäß §71 Abs7 Sbg ROG 2009 iVm §79 Abs1 und 2 Sbg GdO 1994 kundgemacht, dass die Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Saalfelden am 29. Juni 2015 die Änderung des Bebauungsplanes der Grundstufe für den Bereich 'Schinking' beschlossen habe.

3.4. Die hier maßgebliche Änderung des Bebauungsplanes wurde jedoch nicht am 29. Juni 2015 von der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Saalfelden beschlossen, sondern gemäß §33 Abs2 Sbg GdO 1994 iVm §14 Abs10 Z III der Geschäftsordnung der Stadtgemeinde Saalfelden vom Bau- und Raumordnungsausschuss der Stadtgemeinde Saalfelden in dessen Sitzung vom 17. Juni 2015, und zwar an Stelle und im Namen der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Saalfelden.

3.5. Der Verfassungsgerichtshof hegt daher das Bedenken, dass die Änderung des Bebauungsplanes der Grundstufe für den Bereich 'Schinking' gesetzwidrig kundgemacht wurde:

3.5.1. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu vergleichbaren Kundmachungsvorgängen ist die Nennung des verordnungserlassenden Organs ein Essential einer ordnungsgemäßen Kundmachung einer Verordnung (vgl bereits VfSlg 7281/1974, 7903/1976; weiters VfSlg 15.741/2000, 16.591/2002). Dies gilt auch dann, wenn bestehende besondere gesetzliche Kundmachungsvorschriften dieses Erfordernis nicht ausdrücklich enthalten. Es muss nämlich aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit dem Normunterworfenen aufgrund der Kundmachung einer Verordnung möglich sein, die Einhaltung der Zuständigkeitsvorschriften zu kontrollieren (vgl VfSlg 6555/1971). Es muss also dem von der Verordnung Betroffenen möglich sein, zu erkennen, welche Verwaltungsbehörde – entweder alleine oder allenfalls auch im Zusammenwirken mit einer anderen Verwaltungsbehörde – eine Verordnung erlassen hat (VfSlg 20.211/2017 mwN).

3.5.2. Der Verfassungsgerichtshof nimmt daher vorläufig an, dass §79 Abs1 Sbg GdO 1994 in verfassungskonformer Weise so zu verstehen ist, dass die Kundmachung von Verordnungen der Gemeindeorgane auch eine Nennung des verordnungsgebenden Organs verlangt. Eine dem entgegenstehende Kundmachung scheint daher dieser Bestimmung zu widersprechen (vgl VfSlg 18.801/2009 gerade zu §79 Abs1 Sbg GdO 1994).

Da die Kundmachung der in Rede stehenden Änderung des Bebauungsplanes eine andere als die verordnungserlassende Behörde nennt, dürfte sie gesetzwidrig sein."

4. Im Rahmen des vom Verfassungsgerichtshof eingeleiteten Vorverfahrens erstattete die verordnungserlassende Behörde (Bau- und Raumordnungsausschuss der Stadtgemeinde Saalfelden) eine Äußerung, in der sie ausführte, dass sie den vom Verfassungsgerichtshof erkannten und geäußerten Bedenken nicht entgegentreten könne. Der Formalfehler in der Kundmachungsverordnung vom 7. Juli 2015 sei passiert und es könne nicht mehr festgestellt werden, aus welchem Grund das in der Kundmachung und auf dem Deckblatt des Bebauungsplanes genannte Datum der Beschlussfassung vom tatsächlichen Datum der Beschlussfassung des Bau- und Raumordnungsausschusses vom 17. Juni 2015 abweiche. Höchstwahrscheinlich sei eine Unachtsamkeit im Gemeindeamt (Datumsverwechslung zweier zeitnaher Sitzungstermine) die Ursache gewesen, da ein Ausschussmitglied mit abweichender Stimme die Entscheidung zur weiteren Beratung und Beschlussfassung in die nächste Sitzung der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Saalfelden transferieren könne. Diese Sachlage habe beim Beschluss über die Änderung des Bebauungsplanes vom 17. Juni 2015 jedoch nicht vorgelegen, da dieser einstimmig erfolgt sei. Das Gremium der Gemeindevertretung sei gemäß den gesetzlichen Vorgaben für die vorliegende Entscheidung nicht für die Beschussfassung zuständig gewesen und habe den gegenständlichen Tagesordnungspunkt auch nicht zur Entscheidung und Beschlussfassung vom Fachausschuss wieder an sich gezogen. Die Gemeindevertretung sei mit der gegenständlichen Beschlussfassung niemals befasst gewesen. Der Fachausschuss habe den Bürgermeister der Stadtgemeinde Saalfelden ersucht, den Formfehler in der Kundmachung der Abänderung des Bebauungsplanes der Grundstufe für den Bereich "Schinking" zu korrigieren und den Beschluss des Bau- und Raumordnungsausschusses vom 17. Juni 2015 erneut gesetzmäßig kundzumachen. Diesem Ersuchen sei der Bürgermeister bereits nachgekommen. Die neue Verordnung sei am 25. Februar 2021 an der physischen und elektronischen Amtstafel der Stadtgemeinde Saalfelden kundgemacht worden.

Der Bau- und Raumordnungsausschuss der Stadtgemeinde Saalfelden legte die Verordnung des Bürgermeisters vom 25. Februar 2021, das neue Deckblatt auf dem Bebauungsplan der Grundstufe für den Bereich "Schinking" sowie den Protokollauszug des Bau- und Raumordnungsausschusses vom 17. Februar 2021 zur Bescheinigung der neuerlichen gesetzmäßigen Kundmachung der Änderung des Bebauungsplanes der Grundstufe für den Bereich "Schinking" vom 17. Juni 2015 vor.

5. Die Salzburger Landesregierung verzichtete auf eine Äußerung.

II. Rechtslage

1. §71 des Salzburger Raumordnungsgesetzes (Sbg ROG 2009), idF LGBl 30/2009, wie er zum Zeitpunkt der Änderung des Bebauungsplanes der Grundstufe für den Bereich "Schinking" in Kraft war, lautete:

"§71

Verfahren zur Aufstellung und Änderung von Bebauungsplänen ohne Änderung des Flächenwidmungsplans

(1) Die nachfolgenden Bestimmungen sind nur bei der Aufstellung oder Änderung von Bebauungsplänen auf Grund bereits gegebener Baulandwidmung anzuwenden.

(2) Der Bürgermeister oder die Bürgermeisterin hat die beabsichtigte Aufstellung oder Änderung des Bebauungsplans durch vierwöchigen Anschlag an der Amtstafel oder Verlautbarung im Amtsblatt der Gemeinde kundzumachen. In der Kundmachung ist das Planungsgebiet zu umschreiben. Sie hat weiters die Aufforderung an die Grundeigentümer, beabsichtigte Bauführungen im Planungsgebiet innerhalb von vier Wochen, gerechnet ab Beginn des Anschlags an der Amtstafel bzw Kundmachung im Amtsblatt, bekannt zu geben, und den Hinweis zu enthalten, dass innerhalb dieser Frist schriftliche Anregungen zur Erstellung des Entwurfs des Bebauungsplans eingebracht werden können.

(3) Der Entwurf des Bebauungsplans ist vom Bürgermeister oder von der Bürgermeisterin vier Wochen lang zur allgemeinen Einsicht während der für den Parteienverkehr bestimmten Amtsstunden aufzulegen. Die Auflage ist durch vierwöchigen Anschlag an der Amtstafel oder Verlautbarung im Amtsblatt der Gemeinde kundzumachen. Die Auflage- und Kundmachungsfrist beginnt mit dem Anschlag an der Amtstafel bzw Kundmachung im Amtsblatt. In der Kundmachung ist auf die Möglichkeit der Erhebung von schriftlichen Einwendungen (Abs4) hinzuweisen.

(4) Innerhalb der Auflagefrist können von den Trägern öffentlicher Interessen und von Personen, die ein Interesse glaubhaft machen, schriftliche Einwendungen zum Entwurf erhoben werden.

(5) Im Fall der Aufstellung oder Änderung eines Bebauungsplans der Aufbaustufe ist eine Stellungnahme des Gestaltungsbeirats zum Entwurf einzuholen.

(6) Die Gemeindevertretung beschließt den Bebauungsplan. Sie hat sich in den Beratungen mit den eingebrachten Einwendungen und Stellungnahmen auseinander zu setzen.

(7) Der beschlossene Bebauungsplan ist vom Bürgermeister oder von der Bürgermeisterin als Verordnung nach den gemeinderechtlichen Vorschriften kundzumachen. Der Bebauungsplan tritt mit dem auf den Beginn der Kundmachung folgenden Tag, in der Stadt Salzburg nach Maßgabe des §19 Abs3 des Salzburger Stadtrechts 1966, in Kraft. Gleichzeitig ist eine Ausfertigung des Bebauungsplans der Landesregierung vorzulegen.

(8) Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans der Grundstufe und der Aufbaustufe kann gleichzeitig durchgeführt werden."

2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Salzburger Gemeindeordnung 1994 (Sbg GdO 1994), LGBl 107/1994 idF LGBl 67/2010, wie sie zum Zeitpunkt der Erlassung der Geschäftsordnung der Gemeindevertretung, der Gemeindevorstehung und der Ausschüsse der Stadtgemeinde Saalfelden in Kraft waren, lauteten:

"Allgemeines

§18

(1) Organe der Gemeinde sind unbeschadet der in anderen Gesetzen vorgesehenen jedenfalls:

a) der Gemeinderat, welcher die Bezeichnung 'Gemeindevertretung' führt;

b) der Gemeindevorstand, welcher die Bezeichnung 'Gemeindevorstehung' führt;

c) der Bürgermeister;

d) im Fall der Ermächtigung durch die Gemeindevertretung die Ausschüsse.

(2) Hilfsorgan der Gemeinde ist das Gemeindeamt und gegebenenfalls eine gemäß §48 gebildete Verwaltungsgemeinschaft.

(3) Die Befugnisse und Aufgaben der Gemeindeorgane ergeben sich aus diesem Gesetz und den anderen Verwaltungsvorschriften.

[…]

Ausschüsse

§33

(1) Die Gemeindevertretung kann für bestimmte Aufgaben nach dem Verhältniswahlrecht aus ihrer Mitte Ausschüsse mit derselben Zahl an Mitgliedern wie die Gemeindevorstehung (§34 Abs1) bilden. In Gemeinden mit mehr als 5.000 Einwohnern oder mit einem ordentlichen Voranschlag von über 7,3 Mio € sind jedenfalls ein Ausschuss für die Bau-, die Raumplanungs- und die Umweltangelegenheiten und ein Ausschuss für die Vergabeangelegenheiten im Sozial- und Wohnungswesen einzurichten. Die Mitglieder (Ersatzmitglieder) werden von den betreffenden Parteien (Wählergruppen) namhaft gemacht und danach von der Gemeindevertretung berufen. Die im Ausschuß nicht vertretenen Fraktionen der Gemeindevertretung haben das Recht, je ein Mitglied (Ersatzmitglied) mit beratender Stimme, aber ohne Antrags- und Stimmrecht, namhaft zu machen. Die Aufteilung der Vorsitzführungen in den Ausschüssen auf die in den Ausschüssen vertretenen Fraktionen hat nach dem Verhältniswahlrecht zu erfolgen. Kommt eine Einigung über die Aufteilung der Vorsitzführungen zwischen den Fraktionen nicht zustande, so entscheidet darüber die Gemeindevertretung.

(2) Solchen Ausschüssen obliegt die Vorberatung und Antragstellung an die Gemeindevertretung; sie können auch, wenn dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit des Verfahrens und der Kostenersparnis gelegen ist, von der Gemeindevertretung zur Beschlußfassung an Stelle und im Namen der Gemeindevertretung in bestimmtem Rahmen ermächtigt werden, wobei jedoch die Gemeindevertretung in jeder Lage des Verfahrens die Beschlußfassung wieder an sich ziehen kann. Ausgenommen von einer solchen Ermächtigung sind

a) die Wahl des Bürgermeisters und der Gemeindevorstehung;

b) Beschlüsse, die zu ihrer Gültigkeit einer behördlichen Genehmigung bedürfen; c) Beschlüsse über Gemeindeabgaben;

d) die Erlassung ortspolizeilicher Verordnungen (§79 Abs4);

e) Angelegenheiten des Voranschlages;

f) Angelegenheiten der Jahresrechnung.

Ist ein Beschluß eines zur Vorberatung und Antragstellung ermächtigten Ausschusses nicht einstimmig zustandegekommen, so ist es den Mitgliedern des Ausschusses, die dem Beschluß nicht beigetreten sind, freigestellt, ihre Auffassung zum Verhandlungsgegenstand in einem abgesonderten Bericht und Antrag (Minderheitsantrag) an die Gemeindevertretung darzulegen.

(3) Die Gemeindevertretung kann die Ausschüsse mit Ausnahme des Überprüfungsausschusses (§54 Abs1) und der gemäß Abs1 zweiter Satz verpflichtend einzurichtenden Ausschüsse jederzeit auflösen.

(4) Die konstituierende Sitzung jedes Ausschusses ist vom Bürgermeister einzuberufen und bis nach der Wahl des Ausschußvorsitzenden und des VorsitzendenStellvertreters zu leiten. Der Ausschußvorsitzende wird vom Ausschuß aus seiner Mitte gewählt. Kommt im Ausschuß kein Beschluß über die Person des Ausschußvorsitzenden zustande, erfolgt die Wahl des Ausschußvorsitzenden durch die Gemeindevertretung. Die weiteren Sitzungen werden nach Absprache mit dem Bürgermeister durch den Ausschußvorsitzenden einberufen, der auch die Tagesordnung festlegt und den Vorsitz in den Sitzungen führt. Für die Kundmachung der Anberaumung der Sitzung gilt §28 Abs1 zweiter Satz. Bei Verhinderung oder Untätigkeit des Ausschußvorsitzenden hat der Vorsitzende Stellvertreter nach Absprache mit dem Bürgermeister die Sitzungen einzuberufen. Bleibt auch dieser untätig, dann erfolgt die Einberufung durch den Bürgermeister.

(5) Die einzelnen Verhandlungsgegenstände sind den Ausschüssen nach Maßgabe der ihnen übertragenen Aufgaben vom Bürgermeister zuzuweisen. Der Ausschußvorsitzende ist verpflichtet, die vom Bürgermeister dem Ausschuß zugewiesenen Angelegenheiten in die Tagesordnung der nächsten Sitzungen aufzunehmen.

(6) Ein Mitglied des Ausschusses hat, wenn es an der Teilnahme an einer Sitzung verhindert ist, für seine Vertretung durch ein Ersatzmitglied des betreffenden Ausschusses oder ein Mitglied oder Ersatzmitglied eines anderen Ausschusses Sorge zu tragen und hievon das Gemeindeamt rechtzeitig zu verständigen.

(7) Die Sitzungen der Ausschüsse sind öffentlich. Für den Ausschluß der Öffentlichkeit gilt §28 Abs2 sinngemäß. Mitglieder der Gemeindevertretung haben auch in diesem Fall das Recht, an den Sitzungen der Ausschüsse teilzunehmen. Andere Personen können als Sachverständige beigezogen werden. Ein Antragsund Stimmrecht ist damit nicht verbunden. Das Recht, von sich aus das Wort zu ergreifen, kommt nur dem Bürgermeister und jenen Mitgliedern der Gemeindevorstehung zu, die mit der Besorgung von Angelegenheiten gemäß §39 Abs1 beauftragt sind.

(8) Im Übrigen gelten für die Geschäftsführung der Ausschüsse die Bestimmungen für die Gemeindevertretung einschließlich deren Geschäftsordnung sinngemäß mit der Maßgabe, dass in der Geschäftsordnung für die Einberufung, die Erstellung der Tagesordnung und die Aufnahme einer Niederschrift einfachere Bestimmungen getroffen werden können.

(9) Anstelle der Bezeichnung 'Vorsitzender' kann auch die Bezeichnung 'Obmann' bzw 'Obfrau' gewählt werden.

[…]

Allgemein verbindliche Verwaltungsakte

§79

(1) Anordnungen der Organe der Gemeinde, die die Allgemeinheit oder einen nur nach Gattungsmerkmalen bestimmten Personenkreis betreffen, insbesondere auch die Ermächtigung von Ausschüssen gemäß §33 Abs2 oder die Übertragung von Angelegenheiten auf den Bürgermeister gemäß §40 Abs3, bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der ortsüblichen Kundmachung. Die Kundmachungsfrist beträgt zwei Wochen. Die Rechtswirksamkeit solcher Anordnungen beginnt, sofern in ihnen nichts anderes bestimmt wird, frühestens mit dem Tag nach Ablauf der Kundmachungsfrist; eine Rückwirkung solcher Anordnungen ist nur soweit zulässig, als dies durch Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist.

(2) Anordnungen (Verordnungen), deren Umfang oder Art als ortsübliche Kundmachung den Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde nicht zuläßt, können im Gemeindeamt zur öffentlichen Einsicht während der Amtsstunden innerhalb der Kundmachungsfrist aufgelegt werden. Die Auflegung ist nach Abs1 kundzumachen.

(3) Blinden oder Personen mit hochgradiger Sehbehinderung, die eines Vertreters entbehren, ist auf Verlangen der Inhalt von Anordnungen gemäß Abs1 durch Vorlesen oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten in sonst geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen. Durch Auflage kundgemachte Anordnungen sind solchen Personen auf Verlangen bestmöglich zu erklären.

(3a) Gemäß Abs1 kundgemachte Anordnungen sowie Kundmachungen über die Auflegung gemäß Abs2 zweiter Satz sind unbeschadet ihrer Verbindlichkeit auf Grund der so erfolgten Kundmachung soweit technisch ohne unverhältnismäßigem Aufwand möglich während ihrer Geltung auch im Internet unter der Webadresse der Gemeinde oder, wenn die Gemeinde über keine solche verfügt, unter www.salzburg.gv.at/gemeinden zur Abfrage bereitzuhalten. Die entsprechenden Internetseiten sind behindertengerecht zu gestalten.

(4) In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches hat die Gemeinde das Recht, durch die Gemeindevertretung ortspolizeiliche Verordnungen nach freier Selbstbestimmung zur Abwehr unmittelbar zu erwartender oder zur Beseitigung bestehender, das örtliche Gemeinschaftsleben störender Mißstände zu erlassen sowie deren Nichtbefolgung als Verwaltungsübertretung zu erklären. Solche Verordnungen dürfen nicht gegen bestehende Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes verstoßen.

(5) Die Gemeinde hat im eigenen Wirkungsbereich erlassene Verordnungen gleichzeitig mit der Veranlassung der Kundmachung der Aufsichtsbehörde mitzuteilen."

3. §14 Abs10 der Geschäftsordnung der Gemeindevertretung, der Gemeindevorstehung und der Ausschüsse der Stadtgemeinde Saalfelden auf Grund des Beschlusses der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Saalfelden vom 30. Jänner 2012 lautete (ohne die Hervorhebungen im Original):

"§14

Ausschüsse

§33 GdO 1994

[…]

(10) Die Gemeindevertretung ermächtigt gemäß §33 Abs2 GdO 1994 idgF die Ausschüsse zur Beschlussfassung an Stelle und im Namen der Gemeindevertretung, unter der Voraussetzung, dass eine Bedeckung im Jahresvoranschlag gegeben ist, in nachfolgenden Angelegenheiten:

I) Ausgaben bis zu einer Höhe von € 1.500,-- im Einzelfall

II) Zinszuschüsse zu Wohnbaudarlehen

III) Bebauungsplanung"

III. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Verfahrens

Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was an der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Änderung des Bebauungsplanes der Grundstufe für den Bereich "Schinking" zweifeln ließe. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich das Verordnungsprüfungsverfahren insgesamt als zulässig.

2. In der Sache

Das im Prüfungsbeschluss dargelegte Bedenken des Verfassungsgerichtshofes hat sich als zutreffend erwiesen:

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hegte in seinem Prüfungsbeschluss das Bedenken, dass die Änderung des Bebauungsplanes gesetzwidrig kundgemacht worden sei, weil die Kundmachung eine andere als die verordnungserlassende Behörde nenne. Wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgeführt hat (zB VfSlg 7281/1974, 7903/1976, 15.741/2000, 16.591/2002), ist die Nennung des verordnungserlassenden Organs ein Essential einer ordnungsgemäßen Kundmachung einer Verordnung. Es muss nämlich aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit dem Normunterworfenen auf Grund der Kundmachung einer Verordnung möglich sein, die Einhaltung der Zuständigkeitsvorschriften zu kontrollieren (vgl VfSlg 6555/1971). Es muss also dem von der Verordnung Betroffenen möglich sein, zu erkennen, welche Verwaltungsbehörde – entweder alleine oder allenfalls auch im Zusammenwirken mit einer anderen Verwaltungsbehörde – eine Verordnung erlassen hat (VfSlg 20.211/2017 mwN).

2.2. Die verordnungserlassende Behörde und die Salzburger Landesregierung traten dem im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken nicht entgegen.

2.3. Das Verordnungsprüfungsverfahren hat nichts ergeben, was das im Prüfungsbeschluss geäußerte Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen die Gesetzmäßigkeit der in Rede stehenden Verordnung zerstreut hätte.

2.4. Die Kundmachung der in Rede stehenden Änderung des Bebauungsplanes vom 7. Juli 2015 nennt als verordnungserlassende Behörde die Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Saalfelden und deren Beschluss vom 29. Juni 2015, obwohl diese Änderung gemäß §33 Abs2 Sbg GdO 1994 iVm §14 Abs10 ZIII der Geschäftsordnung der Stadtgemeinde Saalfelden vom Bau- und Raumordnungsausschuss der Stadtgemeinde Saalfelden am 17. Juni 2015 an Stelle und im Namen der Gemeindevertretung beschlossen wurde.

2.5. Nach der dargestellten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl auch VfSlg 20.211/2017) wurde daher die Änderung des Bebauungsplanes der Grundstufe für den Bereich "Schinking" am 7. Juli 2015 gesetzwidrig kundgemacht.

2.6. Am 25. Februar 2021 wurde die auf demselben Beschluss des Bau- und Raumordnungsausschusses vom 17. Juni 2015 beruhende Änderung des Bebauungsplanes der Grundstufe für den Bereich "Schinking" durch Anschlag an der physischen und elektronischen Amtstafel der Stadtgemeinde Saalfelden vom 25. Februar bis 11. März 2021 neuerlich kundgemacht. Aus (Punkt 3.) der Verordnung vom 25. Februar 2021 geht hervor, dass die neuerliche Kundmachung am folgenden Tag in Wirksamkeit treten sollte, somit am 26. Februar 2021. Die den Kundmachungsmangel aufweisende Änderung des Bebauungsplanes, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel von 7. bis 21. Juli 2015, steht somit nicht mehr in Geltung (vgl VfSlg 18.073/2007; vgl auch VfSlg 18.306/2007).

2.7. Gemäß Art139 Abs3 Z3 B-VG hat der Verfassungsgerichtshof dann, wenn er im Verordnungsprüfungsverfahren zur Auffassung gelangt, dass die gesamte Verordnung in gesetzwidriger Weise kundgemacht wurde, die ganze Verordnung aufzuheben. Art139 Abs4 B-VG bestimmt, dass der Verfassungsgerichtshof, wenn die Verordnung im Zeitpunkt der Fällung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes bereits außer Kraft getreten ist und das Verfahren von Amts wegen eingeleitet wurde, auszusprechen hat, ob die geprüfte Verordnung gesetzwidrig war; dabei gilt Abs3 leg. cit. sinngemäß.

2.8. Der festgestellte Kundmachungsmangel betrifft die Verordnung nicht nur insoweit, als sie im Anlassverfahren hinsichtlich der Grundstücke Nr 703/21, 703/22, 703/23 und 703/24, je KG Farmach, präjudiziell ist, sondern in ihrer Gesamtheit.

Die auf dem Beschluss des Bau- und Raumordnungsausschusses der Stadtgemeinde Saalfelden vom 17. Juni 2015 beruhende Änderung des Bebauungsplanes wurde vom 25. Februar bis 11. März 2021 neuerlich kundgemacht.

Es ist daher auszusprechen, dass die Verordnung zur Gänze gesetzwidrig war.

IV. Ergebnis

1. Die 1. Abänderung sowie Anpassung an das Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 des Bebauungsplanes der Grundstufe für den Bereich "Schinking", beschlossen vom Bau- und Raumordnungsausschuss der Stadtgemeinde Saalfelden am 17. Juni 2015 (laut Kundmachung aber beschlossen von der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Saalfelden am 29. Juni 2015) und kundgemacht durch öffentlichen Anschlag von 7. bis 21. Juli 2015, war gesetzwidrig.

2. Die Verpflichtung der Salzburger Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B-VG und §59 Abs2 VfGG iVm §2 Abs1 liti Salzburger Landes-Verlautbarungsgesetz.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Gemeinderecht Organe, Verordnung Kundmachung, Zuständigkeit, Bebauungsplan

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:V6.2021

Zuletzt aktualisiert am

28.03.2023
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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