Index
32/05 VerbrauchsteuernNorm
B-VG Art18 Abs1Leitsatz
Keine Bedenken gegen den – im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum liegenden – Ausschluss von Dienstleistungsbetrieben von der Energieabgabenvergütung; keine Anmeldepflicht für die Allgemeine GruppenfreistellungsV bei der Europäischen Kommission; Kurzbeschreibung der Beihilfenmaßnahme und Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union ausreichend; keine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips durch die ausreichend bestimmte Regelung, nur Betrieben, die vorwiegend körperliche Wirtschaftsgüter herstellen, eine Energieabgabenvergütung zu gewährenSpruch
I. Die beschwerdeführende Partei ist durch die angefochtenen Erkenntnisse weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
II. Die Beschwerden werden abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die beschwerdeführende Partei durch die angefochtenen Erkenntnisse in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerden und Vorverfahren
1. Der zu E1749/2020 protokollierten Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
1.1. Mit Antrag vom 22. Mai 2013 begehrte die beschwerdeführende Partei die Vergütung von Energieabgaben aus dem Betrieb eines Krankenhauses für die Kalenderjahre 2011 und 2012.
1.2. Mit Bescheid vom 9. Juli 2013 gab das Finanzamt Salzburg-Stadt dem Antrag für das Jahr 2011 teilweise Folge und wies den Antrag für das Jahr 2012 zur Gänze ab. Begründend führt das Finanzamt im Wesentlichen aus, dass gemäß §2 EAVG idF BGBl I 111/2010 ein Anspruch auf Vergütung der Energieabgaben nur für Betriebe bestehe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter bestehe. §2 EAVG idF BGBl I 111/2010 sei mit 1. Februar 2011 in Kraft getreten, weshalb der erklärte Jahresbetrag für 2011 mit einem Zwölftel des Jahresbetrages zur Berücksichtigung gelangt sei, wobei Mittel aus dem Salzburger Gesundheitsfonds als steuerbare Umsätze bei der Berechnung des Nettoproduktionswertes zu berücksichtigen seien.
1.3. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde gab das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom 17. April 2020 hinsichtlich des Jahres 2011 teilweise Folge und setzte die Höhe des Vergütungsbetrages für das Jahr 2011 neu fest, hinsichtlich des Jahres 2012 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Begründend führt das Bundesfinanzgericht unter Hinweis auf die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 2019, Ro 2016/15/0041 sowie Ro 2019/15/0013 im Wesentlichen aus, dass §2 EAVG idF BGBl I 111/2010, wonach ein Anspruch auf Vergütung der Energieabgaben nur für Betriebe bestehe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter bestehe, mit 1. Februar 2011 in Kraft getreten sei. Die beschwerdeführende Partei führe einen Betrieb, dessen Schwerpunkt unstrittig nicht in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter bestehe. Damit stehe ein Anspruch auf Vergütung von Energieabgaben nur für den Zeitraum Jänner 2011 zu. Der Vergütungsbetrag für Jänner 2011 sei mit einem Zwölftel des Jahresbetrages anzuerkennen. Betreffend das Jahr 2012 sei die Beschwerde abzuweisen.
2. Der zu E1743/2020 protokollierten Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
2.1. Mit Antrag vom 28. Juni 2018 begehrte die beschwerdeführende Partei die Vergütung von Energieabgaben aus dem Betrieb eines Krankenhauses für den Zeitraum Jänner bis Juni 2013.
2.2. Mit Bescheid vom 4. Dezember 2018 wies das Finanzamt Salzburg-Stadt den Antrag mit der Begründung ab, gemäß §2 EAVG idF BGBl I 111/2010 bestehe ein Anspruch auf Vergütung der Energieabgaben nur für Betriebe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter bestehe.
2.3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom 28. April 2020 als unbegründet ab.
Begründend führt das Bundesfinanzgericht unter Hinweis auf die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 2019, Ro 2016/15/0041 sowie Ro 2019/15/0013 im Wesentlichen aus, dass gemäß §2 EAVG idF BGBl I 111/2010 ein Anspruch auf Vergütung der Energieabgaben nur für Betriebe bestehe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter bestehe, worunter der Betrieb eines Krankenhauses nicht falle. §2 EAVG idF BGBl I 111/2010 sei gemäß §4 Abs7 EAVG vorbehaltlich der Genehmigung durch die Europäische Kommission auf Vergütungsanträge anzuwenden, die sich auf einen Zeitraum nach dem 31. Dezember 2010 bezögen. Das Bundesfinanzgericht schließe sich der Beurteilung durch den Verwaltungsgerichtshof in den zitierten Entscheidungen an, wonach §2 EAVG idF BGBl I 111/2010 – im Hinblick auf die erfolgte, in der AGVO 2008 vorgesehene Mitteilung an die Europäische Kommission und die Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union – mit 1. Februar 2011 in Kraft getreten sei. Der Zeitraum Jänner bis Juni 2013 liege nach der Veröffentlichung der Regelung im Amtsblatt der Union am 30. September 2011 und sei vom darin bekanntgegebenen Zeitraum bis 31. Dezember 2013 umfasst. Der Antrag auf Energieabgabenvergütung sei daher abzuweisen.
3. Gegen diese Entscheidungen richten sich die vorliegenden, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden, in denen die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art7 B-VG) sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Erkenntnisse, in eventu die Abtretung der Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird.
Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
3.1. Zum einen erfülle die Anwendung der AGVO 2008 anstelle eines Anmeldeverfahrens nach Art108 AEUV nicht die Inkrafttretensvoraussetzung des §4 Abs7 EAVG:
§4 Abs7 EAVG sei so auszulegen, dass nur ein Anmeldeverfahren nach Art108 AEUV die Voraussetzung für das Inkrafttreten des §2 Abs1 EAVG erfülle. Da kein Anmeldeverfahren nach Art108 AEUV durchgeführt worden sei, sondern stattdessen eine Mitteilung an die Europäische Kommission nach der AGVO 2008 ergangen sei, sei die Bedingung des Inkrafttretens nicht erfüllt worden und §2 Abs1 EAVG nicht in Kraft getreten. Der Verwaltungsgerichtshof (18.12.2019, Ro 2016/15/0041 ua) verkenne, dass eine Mitteilung des Mitgliedstaates nach der AGVO 2008 von der Europäischen Kommission ungeprüft im Amtsblatt der Union veröffentlicht werde und somit kein "positiver Entscheid" der Europäischen Kommission vorliege. Außerdem erfolge eine Veröffentlichung im Amtsblatt der Union im Rahmen von Art108 AEUV als "Genehmigung" (entsprechend dem Wortlaut von §4 Abs7 EAVG), während eine Mitteilung iSd AGVO 2008 als "Information der Mitgliedstaaten" veröffentlicht werde. Es sei daher evident, dass die Inkrafttretensbestimmung ein Anmeldeverfahren nach Art108 AEUV vor Augen gehabt habe, das nicht durchgeführt worden sei.
3.2. Zum anderen seien die Voraussetzungen der AGVO 2008 bzw der AGVO 2014 nicht erfüllt:
Im Gesetz werde nicht auf die AGVO 2008 hingewiesen (und zwar weder im Bundesgesetzblatt noch in den Materialien), was nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH 21.7.2016, C-493/14, Dilly’s Wellnesshotel) jedoch zwingend erforderlich sei. Damit sei die an die Europäische Kommission erstattete Mitteilung nichtig und die Bedingung des Inkrafttretens des §4 Abs7 EAVG nicht erfüllt worden. Zwar sehe die AGVO 2014 die ausdrückliche Nennung der Verordnung bei der Erlassung der Beihilfenbestimmung nicht mehr vor und gelte die AGVO 2014 auch für Einzelbeihilfen, die vor ihrem Inkrafttreten gewährt worden seien. Es könne aber nicht davon ausgegangen werden, dass eine (erst) nach der Rechtslage im Jahr 2014 unionsrechtskonforme Mitteilung ein Inkrafttreten des §2 Abs1 EAVG im Jahre 2011 ermöglichen könne.
In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend das Energieabgabenvergütungsgesetz fänden sich zudem keine Hinweise auf eine umweltrelevante Zielsetzung der Regelung. Es könne sich daher bei der Regelung nicht um eine gegebenenfalls in den Anwendungsbereich der AGVO 2008 bzw der AGVO 2014 fallende Umweltschutzbeihilfe handeln.
Außerdem seien die Voraussetzungen der AGVO 2008 bzw der AGVO 2014 nicht erfüllt, da die zwingend erforderliche Befristung der Beihilferegelung im Energieabgabenvergütungsgesetz selbst nicht geregelt sei (eine solche ergebe sich nur aus der Mitteilung an die Europäische Kommission).
Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (30.1.2013, 2012/17/0469; 18.12.2019, Ro 2016/15/0041), wonach es für das Inkrafttreten der Regelung auf die Erfüllung der Bedingungen für die Anwendung der AGVO 2008 nicht ankomme, sei unrichtig. Es könne nämlich dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er eine rechtsunwirksame Veröffentlichung einer Mitteilung iSd AGVO 2008 im Amtsblatt der Europäischen Union zur Erfüllung der Inkrafttretensbedingung ausreichen lassen wollte.
3.3. Betreffend den Zeitpunkt des Inkrafttretens wird in den Beschwerden im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:
Nach §4 Abs7 EAVG sei die gesetzlich vorgesehene Einschränkung auf Produktionsbetriebe mit 1. Jänner 2011 anzuwenden, wenn die Änderung des Energieabgabenvergütungsgesetzes von der Europäischen Kommission als erlaubte staatliche Beihilfe genehmigt worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof gehe davon aus, dass §2 Abs1 EAVG mit 1. Februar 2011 in Kraft getreten sei, da der Europäischen Kommission (vom Bundesminister für Finanzen) die Laufzeit 1. Februar 2011 bis 31. Dezember 2013 gemeldet worden sei. Ein Inkrafttreten am 1. Februar 2011 sei aber aus dem Gesetz nicht abzuleiten. Der Verwaltungsgerichtshof habe ohne gesetzliche Grundlage einen Stichtag des Inkrafttretens "erfunden". Das einzige Dokument, aus dem der 1. Februar 2011 als Stichtag abzuleiten sei, sei die Mitteilung des Bundesministers für Finanzen an die Europäische Kommission vom 7. Februar 2011. Im Ergebnis habe der Bundesminister für Finanzen faktisch einen gesetzgeberischen Akt gesetzt, der ihm nicht zukomme.
Darüber hinaus sei die Mitteilung an die Europäische Kommission erst am 7. Februar 2011 erfolgt und die Mitteilung am 30. September 2011 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden, weshalb §2 Abs1 EAVG – wenn man die Bedingung für das Inkrafttreten überhaupt als erfüllt ansehen würde – frühestens am 30. September 2011 in Kraft treten hätte können.
Das Energieabgabenvergütungsgesetz enthalte jedoch keine spezifischen Vorschriften zum Tag des Inkrafttretens, es enthalte weder eine Legisvakanz noch eine Bestimmung zum rückwirkenden Inkrafttreten per 1. Februar 2011 (nach Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union). Das nach dem Gesetz einzig mögliche Inkrafttretensdatum sei der 1. Jänner 2011. Die Genehmigung durch die Europäische Kommission hätte daher tatsächlich am 1. Jänner 2011 vorliegen müssen, damit §2 Abs1 EAVG in Kraft treten hätte können.
Das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes sei daher gesetzlos ergangen, da §2 Abs1 EAVG nie in Kraft getreten sei.
3.4. Außerdem verstoße §2 Abs1 EAVG gegen den Gleichheitssatz, da Betriebe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter bestehe, zu denen die beschwerdeführende Partei nicht zähle, eine Vergütung erhielten, während die Anträge der beschwerdeführenden Partei unter Berufung auf §2 Abs1 EAVG abgewiesen würden.
3.5. Die Regelungen des §2 Abs1 und des §4 Abs7 EAVG verletzten darüber hinaus das Bestimmtheitsgebot: Zum einen sei die Wortfolge "körperlicher Wirtschaftsgüter" bzw "Betriebe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht" in §2 Abs1 EAVG zu unbestimmt. Zum anderen sei §4 Abs7 EAVG zu unbestimmt. Selbst der Unabhängige Finanzsenat habe im Jahr 2012 beim Bundesminister für Finanzen anfragen müssen, ob und wie die "Genehmigung durch die Europäische Kommission" erfolgt sei. Der Gesetzgeber habe damit der breiten Öffentlichkeit den Inhalt seines Gesetzesbeschlusses nicht in klarer und erschöpfender Weise zur Kenntnis gebracht, wie es der Bestimmtheitsgrundsatz verlange.
4. Das Finanzamt Salzburg-Stadt hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift wurde Abstand genommen.
5. Das Bundesfinanzgericht hat die Gerichtsakten vorgelegt, auf die Erstattung einer Gegenschrift wurde verzichtet.
II. Rechtslage
Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
1. §1 des Bundesgesetzes über die Vergütung von Energieabgaben (Energieabgabenvergütungsgesetz [im Folgenden: EAVG]), BGBl 201/1996, idF BGBl I 92/2004 lautet:
"§1. (1) Die entrichteten Energieabgaben auf die in Abs3 genannten Energieträger sind für ein Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) auf Antrag insoweit zu vergüten, als sie (insgesamt) 0,5 % des Unterschiedsbetrages zwischen
1. Umsätzen im Sinne des §1 Abs1 Z1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994 und
2. Umsätzen im Sinne des §1 Abs1 Z1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994, die an das Unternehmen erbracht werden, übersteigen (Nettoproduktionswert).
(2) 1. Als Umsätze im Sinne von Abs1 Z2 gelten auch Umsätze, die, wären sie im Inland erbracht worden, Umsätze im Sinne des §1 Abs1 Z1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994 wären und im Zusammenhang mit steuerbaren Umsätzen stehen.
2. Nicht als Umsätze im Sinne von Abs1 Z2 gelten Umsätze aus der Gestellung von Arbeitskräften.
(3) In die Energieabgabenvergütung sind folgende Energieträger einzubeziehen:
– elektrische Energie im Sinne des Elektrizitätsabgabegesetzes (Position 2716 der Kombinierten Nomenklatur)
– Erdgas im Sinne des Erdgasabgabegesetzes (Unterposition 2711 21 00 der Kombinierten Nomenklatur)
– Kohle im Sinne des Kohleabgabegesetzes (Positionen 2701, 2702, 2704, 2713 und 2714 der Kombinierten Nomenklatur)
– Mineralöle im Sinne des Mineralölsteuergesetzes:
Heizöl Extraleicht (gekennzeichnetes Gasöl Unterpositionen 2710 19 41, 2710 19 45, 2710 19 49 der Kombinierten Nomenklatur) Heizöl leicht, mittel, schwer (Unterpositionen 2710 19 61, 2710 19 63, 2710 19 65, 2710 19 69 der Kombinierten Nomenklatur) Flüssiggas (Unterpositionen 2711 12, 2711 13, 2711 14, 2711 19 der Kombinierten Nomenklatur)
(4) Kombinierte Nomenklatur im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Warennomenklatur nach Art1 der Verordnung (EWG) Nr 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 (ABl. EG Nr L 256 S. 1) in der jeweils geltenden Fassung."
2. §2 EAVG idF BGBl I 111/2010 lautet:
"§2. (1) Ein Anspruch auf Vergütung besteht nur für Betriebe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht und soweit sie nicht die in §1 Abs3 genannten Energieträger oder Wärme (Dampf oder Warmwasser), die aus den in §1 Abs3 genannten Energieträgern erzeugt wurde, liefern.
(2) 1. Über Antrag des Vergütungsberechtigten wird je Kalenderjahr ([Wirtschaftsjahr]) der Betrag vergütet, der den in §1 genannten Anteil am Nettoproduktionswert übersteigt. Der Antrag hat die im Betrieb verbrauchte Menge an den in §1 Abs3 genannten Energieträgern und die in §1 genannten Beträge zu enthalten. Er ist spätestens bis zum Ablauf von fünf Jahren ab Vorliegen der Voraussetzungen für die Vergütung zu stellen. Der Antrag gilt als Steuererklärung. Der Antrag ist mit Bescheid zu erledigen und hat den Vergütungsbetrag in einer Summe auszuweisen.
2. Bei der Berechnung des Vergütungsbetrages gilt entweder die Grenze von 0,5 % des Nettoproduktionswertes oder die folgenden Selbstbehalte, wobei der niedrigere Betrag gutgeschrieben wird:
– für elektrische Energie 0,0005 €/kWh
– für Erdgas der Unterposition 2711 21 00 der Kombinierten Nomenklatur 0,00598 €/Normkubikmeter
– für Kohle der Positionen 2701, 2702, 2704, 2713 und 2714 der Kombinierten Nomenklatur 0,15 €/Gigajoule
– für Heizöl Extraleicht (gekennzeichnetes Gasöl Unterpositionen 2710 19 41, 2710 19 45, 2710 19 49 der Kombinierten Nomenklatur) 21 €/1000 Liter
– für Heizöl leicht, mittel, schwer (Unterpositionen 2710 19 61, 2710 19 63, 2710 19 65, 2710 19 69 der Kombinierten Nomenklatur) 15 €/1000 kg
– für Flüssiggas (Unterpositionen 2711 12, 2711 13, 2711 14, 2711 19 der Kombinierten Nomenklatur) 7,5 €/1000 kg. Der Vergütungsbetrag wird abzüglich eines allgemeinen Selbstbehaltes von 400 € gutgeschrieben.
3. Betriebe, die im vorangegangenen Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) einen Anspruch auf Energieabgabenvergütung geltend gemacht haben, können nach Ablauf von sechs Monaten nach Beginn des folgenden Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) einen Antrag auf Vergütung von 5 % der Vergütungssumme des vorangegangenen Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) stellen. Der entsprechende Betrag wird bei der Vergütung für das gesamte Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) abgezogen.
(3) Ein Anspruch auf Vergütung besteht auch insoweit, als für einen Produktionsprozess Wärme (bzw Dampf oder Warmwasser) bezogen wird und die Erzeugung dieser Wärme (bzw des Dampfes oder des Warmwassers) aus den in §1 Abs3 genannten Energieträgern erfolgt und die verwendete Menge an den in §1 Abs3 genannten Energieträgern vom Lieferer der Wärme (bzw des Dampfes oder des Warmwassers) dem Empfänger mitgeteilt wird.
(4) Die Vergütung obliegt dem für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt."
3. §3 EAVG idF BGBl I 111/2010 lautet:
"§3. Kein Anspruch auf Vergütung besteht:
1. insoweit die in §1 Abs3 genannten Energieträger für die Erzeugung von Wärme, Dampf oder Warmwasser verwendet wird, ausgenommen unmittelbar für einen Produktionsprozess.
2. insoweit Anspruch auf Vergütung der Erdgasabgabe gemäß §3 Abs2 des Erdgasabgabegesetzes, auf Vergütung der Kohleabgabe gemäß §3 Abs2 des Kohleabgabegesetzes oder auf Vergütung der Mineralölsteuer nach dem Mineralölsteuergesetz 1995 besteht oder der Energieträger als Treibstoff verwendet wird."
4. §4 EAVG idF BGBl I 111/2010 lautet:
"§4. […]
(7) Die §§2 und 3, jeweils in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl I Nr 111/2010, sind vorbehaltlich der Genehmigung durch die Europäische Kommission auf Vergütungsanträge anzuwenden, die sich auf einen Zeitraum nach dem 31. Dezember 2010 beziehen."
5. Art3 der Verordnung (EG) Nr 800/2008 zur Erklärung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt in Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag (allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung [im Folgenden: AGVO 2008]) lautet:
"Artikel 3
Freistellungsvoraussetzungen
(1) Beihilferegelungen, die alle Voraussetzungen des Kapitels I erfüllen sowie den einschlägigen Bestimmungen des Kapitels II entsprechen, sind im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar und von der Anmeldepflicht nach Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag freigestellt, wenn alle Einzelbeihilfen auf der Grundlage solcher Regelungen ebenfalls alle Voraussetzungen dieser Verordnung erfüllen und die Regelungen einen ausdrücklichen Verweis auf diese Verordnung unter Angabe des Titels sowie einen ausdrücklichen Verweis auf die Fundstelle im Amtsblatt der Europäischen Union enthalten.
(2) Einzelbeihilfen auf der Grundlage einer unter Absatz 1 genannten Regelung sind im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar und von der Anmeldepflicht nach Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag freigestellt, wenn diese Einzelbeihilfemaßnahmen alle Voraussetzungen des Kapitels I erfüllen sowie den einschlägigen Bestimmungen des Kapitels II entsprechen und einen ausdrücklichen Verweis auf die einschlägigen Bestimmungen dieser Verordnung unter Angabe der einschlägigen Bestimmungen, des Titels dieser Verordnung sowie der Fundstelle im Amtsblatt der Europäischen Union enthalten.
(3) Ad-hoc-Beihilfen, die alle Voraussetzungen des Kapitels I erfüllen sowie den einschlägigen Bestimmungen des Kapitels II entsprechen, sind im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar und von der Anmeldepflicht nach Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag freigestellt, wenn diese Beihilfen einen ausdrücklichen Verweis auf die einschlägigen Bestimmungen dieser Verordnung unter Angabe der einschlägigen Bestimmungen, des Titels dieser Verordnung sowie der Fundstelle im Amtsblatt der Europäischen Union enthalten."
6. Art58 der Verordnung (EU) Nr 651/2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden: AGVO 2014) lautet:
"Artikel 58
Übergangsbestimmungen
1. Diese Verordnung gilt für vor ihrem Inkrafttreten gewährte Einzelbeihilfen, sofern diese alle Voraussetzungen dieser Verordnung, ausgenommen Artikel 9, erfüllen.
2. Beihilfen, die nicht nach dieser Verordnung oder früher geltenden, nach Artikel 1 der Verordnung (EG) Nr 994/98 erlassenen Verordnungen von der Anmeldepflicht nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV freigestellt sind, werden von der Kommission anhand der einschlägigen Rahmen, Leitlinien, Mitteilungen und Bekanntmachungen geprüft.
3. Einzelbeihilfen, die vor dem 1. Januar 2015 im Einklang mit den zum Zeitpunkt ihrer Gewährung geltenden, nach Artikel 1 der Verordnung (EG) Nr 994/98 erlassenen Verordnungen gewährt wurden, sind mit dem Binnenmarkt vereinbar und von der Anmeldepflicht nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV freigestellt; dies gilt nicht für Regionalbeihilfen. Risikokapitalbeihilferegelungen zugunsten von KMU, die vor dem 1. Juli 2014 eingeführt wurden und nach der Verordnung (EG) Nr 800/2008 von der Anmeldepflicht nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV freigestellt sind, bleiben bis zum Außerkrafttreten der Finanzierungsvereinbarung freigestellt und mit dem Binnenmarkt vereinbar, sofern die Bindung der öffentlichen Mittel für den geförderten Private-Equity-Fonds vor dem 1. Januar 2015 auf der Grundlage einer solchen Vereinbarung erfolgte und die anderen Freistellungsvoraussetzungen weiterhin erfüllt sind.
4. Nach Ablauf der Geltungsdauer dieser Verordnung bleiben nach dieser Verordnung freigestellte Beihilferegelungen noch während einer Anpassungsfrist von sechs Monaten freigestellt; dies gilt nicht für Regionalbeihilferegelungen. Die Freistellung von Regionalbeihilferegelungen endet am Tag des Außerkrafttretens der betreffenden genehmigten Fördergebietskarte. Die Freistellung von Risikofinanzierungsbeihilfen nach Artikel 21 Absatz 2 Buchstabe a endet mit Ablauf der in der Finanzierungsvereinbarung vorgesehenen Frist, sofern die Bindung der öffentlichen Mittel für den geförderten Private-Equity-Fonds innerhalb von 6 Monaten nach Ablauf der Geltungsdauer dieser Verordnung auf der Grundlage einer solchen Vereinbarung erfolgte und alle anderen Freistellungsvoraussetzungen weiterhin erfüllt sind."
III. Erwägungen
Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:
1. Die – zulässigen – Beschwerden sind nicht begründet.
2. Das Schwergewicht des Beschwerdevorbringens geht dahin, dass die mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 vorgesehene Regelung des §2 Abs1 EAVG, mit der eine Einschränkung der Energieabgabenvergütung auf Betriebe, deren Schwerpunkt in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht (und damit ein Ausschluss von Dienstleistungsbetrieben), erfolgte, mangels der gemäß §4 Abs7 EAVG vorausgesetzten Genehmigung durch die Europäische Kommission nie in Kraft getreten sei. Damit sei weiterhin die Rechtslage vor dem Budgetbegleitgesetz 2011 anzuwenden und stehe der beschwerdeführenden Partei als Dienstleistungsbetrieb die Energieabgabenvergütung für die Jahre 2011 und 2012 sowie für Jänner bis Juni 2013 zu.
Nach Auffassung der beschwerdeführenden Partei erfülle nur ein Anmeldeverfahren nach Art108 AEUV die Bedingung des §4 Abs7 EAVG. Ein solches Verfahren sei aber nicht durchgeführt worden, sondern nur eine Mitteilung an die Europäische Kommission iSd AGVO 2008 ergangen. Zusammengefasst vertritt die beschwerdeführende Partei, dass die vom Verwaltungsgerichtshof (30.1.2013, 2012/17/0469; 18.12.2019, Ro 2016/15/0041) – in der am 30. September 2011 im Amtsblatt der Europäischen Union erfolgten Veröffentlichung einer Mitteilung des Bundesministers für Finanzen – erkannte Erfüllung des Genehmigungsvorbehaltes auf Grund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH 21.7.2016, Rs C-493/14, Dilly's Wellnesshotel) "zu einem Nullum" geworden sei, womit der vom Verwaltungsgerichtshof mit 1. Februar 2011 bestimmte Stichtag des Inkrafttretens ohne gesetzliche Grundlage sei. Die vom Verwaltungsgerichtshof unter Berücksichtigung der AGVO 2008 vorgenommene Auslegung erscheine nicht nachvollziehbar und sei unions- und verfassungsrechtlich bedenklich. Aus dem Gesetz ergebe sich als Tag des Inkrafttretens der 1. Jänner 2011 und eine Änderung dieses Tages wäre nur durch eine zwingend im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichende Gesetzesänderung zu erreichen gewesen. Da aber am 1. Jänner 2011 eine Genehmigung nicht vorgelegen sei, sei die Regelung nie in Kraft getreten.
Gegen §4 Abs7 EAVG bestünden überdies verfassungsrechtliche Bedenken, weil die Vorschrift nicht den Grad der Determinierung aufweise, den Art18 B-VG für eine ordnungsgemäße Anwendung des Gesetzes vorschreibe.
Schließlich sei die Differenzierung zwischen Produktionsbetrieben und Dienstleistungsbetrieben sachlich weder rechtfertigbar noch gesetzlich ordnungsgemäß implementiert worden, weswegen auch der Gleichheitssatz verletzt sei.
3. Mit diesen Bedenken vermag die beschwerdeführende Partei weder eine Verfassungswidrigkeit des §4 Abs7 EAVG aufzuzeigen noch ist zu erkennen, dass das entscheidende Gericht bei Anwendung dieser Bestimmung Willkür geübt und somit gegen den Gleichheitssatz verstoßen hätte:
3.1. Mit dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl I 111/2010, hat der Gesetzgeber Dienstleistungsbetriebe von der Energieabgabenvergütung ausgeschlossen, indem er in §2 Abs1 EAVG bestimmte, dass ein Anspruch auf Vergütung nur für Betriebe besteht, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht und soweit sie nicht die in §1 Abs3 EAVG genannten Energieträger oder Wärme, die aus den in §1 Abs3 EAVG genannten Energieträgern erzeugt wurde, liefern. Nach §4 Abs7 EAVG ist diese Vorschrift vorbehaltlich der Genehmigung durch die Europäische Kommission auf Vergütungsanträge anzuwenden, die sich auf einen Zeitraum nach dem 31. Dezember 2010 beziehen. Das Budgetbegleitgesetz 2011 wurde mit BGBl I 111/2010 am 30. Dezember 2010 kundgemacht.
3.2. Der Gesetzgeber hat somit in §4 Abs7 EAVG die Genehmigung durch die Europäische Kommission als Bedingung für die Anwendung des §2 Abs1 EAVG festgelegt. Nach den Materialien (RV 981 BlgNR 24. GP, 141) sollte für die Anwendung der geänderten Bestimmung "die Zustimmung der Europäischen Kommission" Voraussetzung sein. Entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Partei ist damit aber dem Gesetz keinesfalls zu entnehmen, dass eine Anmeldung nach der Vorschrift des Art108 Abs3 AEUV zu erfolgen hätte.
3.2.1. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass nach der im Jahr 2011 geltenden Rechtslage gemäß Art3 Abs1 AGVO 2008 Beihilferegelungen unter bestimmten Voraussetzungen von der Anmeldepflicht gemäß Art88 Abs3 EG-Vertrag (nunmehr Art108 Abs3 AEUV) freigestellt werden konnten und das spezifische Verfahren für die betreffenden Fälle an die Stelle eines Anmeldeverfahrens nach Art108 Abs3 AEUV getreten ist.
3.2.2. Demgemäß hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg 19.678/2012 festgehalten, dass die unionsrechtliche Voraussetzung des §4 Abs7 EAVG auch dadurch erfüllt werden kann, dass der Mitgliedstaat nach den Bestimmungen der AGVO 2008 eine Kurzbeschreibung der Beihilfemaßnahme der Europäischen Kommission binnen 20 Arbeitstagen ab Inkrafttreten der Regelung übermittelt und diese von der Europäischen Kommission im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wird. Nach diesem Erkenntnis findet diese Auslegung ihre Begründung darin, dass es sich bei der AGVO 2008 um eine Verordnung der Europäischen Kommission handelt, mit der diese bestimmte Beihilfen von vornherein für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt und von der Anmeldepflicht freistellt, wobei die gemeldeten Beihilfemaßnahmen regelmäßig zu überprüfen sind (Art10 Abs1 AGVO 2008).
Im Erkenntnis VfSlg 19.678/2012 ist der Verfassungsgerichtshof daher vom nicht denkunmöglichen Vorliegen dieser Voraussetzungen ausgegangen, zumal in der Veröffentlichung durch die Europäische Kommission vom 30. September 2011 betreffend die Angaben der Mitgliedstaaten über staatliche Beihilfen, die auf der Grundlage der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung gewährt werden, auch die Angaben Österreichs zur Energieabgabenvergütung auf Grund der Gesetzesnovelle BGBl I 111/2010 angeführt wurden (Abl. 2011 C 288, 21). Dieser Information zufolge war die Beihilfe auf den Zeitraum 1. Februar 2011 bis 31. Dezember 2013 befristet. Der Verfassungsgerichtshof ist in diesem Zusammenhang daher in VfSlg 19.678/2012 davon ausgegangen, dass die Beihilfe die Voraussetzungen der AGVO 2008 erfüllte. Ob der Ausschluss von der Vergütung bereits mit 1. Jänner 2011 oder erst mit 1. Februar 2011 wirksam wurde, konnte aus Anlass dieses Verfahrens dahinstehen.
3.3. Entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Partei ist aus dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 21. Juli 2016, Rs C-493/14, Dilly's Wellnesshotel auch nicht abzuleiten, dass die Bedingung der Genehmigung durch die Europäische Kommission nicht eingetreten und somit §2 Abs1 EAVG – bis zum heutigen Tag – nicht in Kraft getreten sei.
3.3.1. Im Urteil vom 21. Juli 2016, Rs C-493/14, Dilly's Wellnesshotel hat der Gerichtshof der Europäischen Union ausgesprochen, dass Art3 Abs1 AGVO 2008 dahin auszulegen sei, dass das Fehlen eines ausdrücklichen Verweises auf die Verordnung unter Angabe des Titels sowie eines Verweises auf die Fundstelle im Amtsblatt der Europäischen Union in einer Beihilferegelung wie der vorliegenden der Annahme entgegensteht, dass diese Regelung gemäß dieser Verordnung die Voraussetzungen für eine Freistellung von der in Art108 Abs3 AEUV vorgesehenen Anmeldepflicht erfüllt.
3.3.2. Damit hat der Gerichtshof der Europäischen Union aber lediglich ausgesprochen, dass das Vorgehen nach der AGVO 2008 nicht den Vorgaben der Verordnung entsprochen hat. Dieses Urteil berührt somit nicht den Umstand, dass die Europäische Kommission das Gruppenfreistellungsverfahren tatsächlich angewendet hat.
3.3.3. Geht man davon aus, dass durch das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 21. Juli 2016, Rs C-493/14, Dilly's Wellnesshotel lediglich zum Ausdruck gebracht wird, dass die in einem weiten Sinn verstandene Genehmigung durch die Europäische Kommission in Form der Veröffentlichung der Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Union nicht den Vorgaben des Unionsrechts entsprochen hat, und das Gruppenfreistellungsverfahren nach dem Zweck der Regelung des §4 Abs7 EAVG einer Genehmigung durch die Europäische Kommission gleichzuhalten ist (vgl oben), ist zu folgern, dass mit der Durchführung dieses Verfahrens die Bedingung für die Anwendbarkeit der Beihilferegelung eingetreten ist. Dass die Anwendung dieses Verfahrens im Zeitpunkt seiner Durchführung nicht den Vorgaben des Unionsrechts entsprach (vgl EuGH 14.11.2019, Rs C-585/17, Dilly's Wellnesshotel [II], wonach die Übergangsbestimmung des Art58 Abs1 AGVO 2014 diesen Mangel rückwirkend heilen kann), ändert nichts an der Tatsache, dass mit der Veröffentlichung der Mitteilung die "Genehmigung" durch die Europäische Kommission vorlag und damit die in §4 Abs7 EAVG geregelte Bedingung für die Anwendung des §2 Abs1 EAVG eingetreten war (vgl auch VwGH 18.12.2019, Ro 2016/15/0041).
3.4. §4 Abs7 EAVG bestimmt, dass die §§2 und 3 EAVG vorbehaltlich der Genehmigung durch die Europäische Kommission auf Vergütungsanträge anzuwenden sind, die sich auf einen Zeitraum nach dem 31. Dezember 2010 beziehen. Nach den Materialien sollte bei Genehmigung durch die Europäische Kommission die Einschränkung auf Produktionsbetriebe ab 1. Jänner 2011 angewendet werden. Sollte die Änderung von der Europäischen Kommission nicht genehmigt werden, so sollte die bis dahin geltende Rechtslage unverändert bleiben und sollten somit auch Dienstleistungsbetriebe einen Vergütungsanspruch haben (vgl RV 981 BlgNR 24. GP, 141).
3.4.1. Der Gesetzgeber hat sohin mit §4 Abs7 EAVG eine Regelung geschaffen, die gewährleisten sollte, dass die Einschränkung der Beihilfe auf Produktionsbetriebe nur im Fall deren Genehmigung durch die Europäische Kommission in Kraft tritt. Der zeitliche Anwendungsbereich der Vorschrift bezieht sich in diesem Fall "auf einen Zeitraum nach dem 31. Dezember 2010". Wenngleich §4 Abs7 EAVG den zeitlichen Anwendungsbereich des §2 EAVG nicht exakt festlegt, ist dieser doch insofern bestimmbar, als die Vorschrift dahingehend ausgelegt werden kann, dass der Beginn des zeitlichen Anwendungsbereiches der Vorschrift durch den von der Europäischen Kommission bestimmten Genehmigungszeitraum festgelegt wird (vgl in diesem Sinn auch VwGH 18.12.2019, Ro 2016/15/0041).
3.4.2. Vor diesem Hintergrund vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu erkennen, dass die Regelung des §4 Abs7 EAVG den Gleichheitssatz verletzen würde. Auch steht der Gleichheitssatz einer Auslegung des §4 Abs7 EAVG nicht entgegen, die das Inkrafttreten der Regelung des §2 Abs1 EAVG mit dem Beginn des Genehmigungszeitraumes festlegt.
3.4.3. Zwar ist die Mitteilung an die Europäische Kommission im Amtsblatt der Europäischen Union erst am 30. September 2011 veröffentlicht worden und insofern ein für die Zeit bis zur Mitteilung angewachsener Vergütungsanspruch gleichsam rückwirkend für die Zeit ab 1. Februar 2011 ausgeschlossen worden. Es ist aber vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur rückwirkenden Inkraftsetzung von Abgabenbelastungen (vgl VfSlg 12.186/1989) nicht zu erkennen, dass diese mit der Veröffentlichung der Mitteilung durch die Europäische Kommission allenfalls eingetretene Verschlechterung der Rechtsposition der beschwerdeführenden Partei gegen den Gleichheitssatz verstoßen hätte.
Selbst wenn von einem Eingriff von erheblichem Gewicht auszugehen wäre, ist im gegebenen Zusammenhang zu berücksichtigen, dass für den Rechtsunterworfenen schon aus §4 Abs7 EAVG, der mit BGBl I 111/2010 am 30. Dezember 2010 kundgemacht wurde, die unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Europäische Kommission stehende Einschränkung der Beihilfe für Zeiträume ab dem 1. Jänner 2011 zu gewärtigen war. Ungeachtet der Frage, ob eine rückwirkende Regelung vorliegt, musste auf Grund des in der Regelung enthaltenen Hinweises auf den Genehmigungsvorbehalt jedenfalls ab Inkrafttreten des Gesetzes von einem solchen – den Anspruch ausschließenden – Regelungsinhalt ausgegangen werden. Eine berechtigte Erwartung, der Vergütungsanspruch würde für steuerpflichtige Dienstleistungsbetriebe bis auf weiteres auch 2011 unbeeinträchtigt fortbestehen, liegt somit aber nicht vor.
4. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich aus Anlass der Beschwerden auch nicht dazu veranlasst, von seiner Rechtsprechung abzugehen, dass die Beschränkung der Energieabgabenvergütung auf Produktionsbetriebe (und damit der Ausschluss von Dienstleistungsbetrieben) im Hinblick auf die Unterschiede zwischen diesen Arten von Betrieben in der Wettbewerbssituation im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des einfachen Bundesgesetzgebers liegt (vgl VfSlg 16.771/2002, 19.678/2012).
5. Auch liegt eine Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes nicht vor:
5.1. Das im Art18 Abs1 B-VG verankerte Rechtsstaatsprinzip gebietet, dass Gesetze einen Inhalt haben müssen, durch den das Verhalten der Behörde vorherbestimmt ist. Ob eine Norm diesem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot entspricht, richtet sich aber nicht nur nach ihrem Wortlaut, sondern auch nach ihrer Entstehungsgeschichte, dem Gegenstand und dem Zweck der Regelung (vgl VfSlg 15.447/1999). Bei der Ermittlung des Inhaltes einer gesetzlichen Regelung sind alle zur Verfügung stehenden Auslegungsmöglichkeiten auszuschöpfen: Nur wenn sich nach Heranziehung aller Interpretationsmethoden nicht beurteilen lässt, was im konkreten Fall rechtens ist, verletzt die Norm die in Art18 B-VG statuierten rechtsstaatlichen Erfordernisse (vgl VfSlg 8395/1978, 14.644/1996, 15.447/1999, 16.137/2001 und 18.738/2009).
5.2. Der Wortlaut "Betriebe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht" in §2 Abs1 EAVG ist einer Auslegung zugänglich (vgl etwa VwGH 18.12.2019, Ro 2015/15/0021) und daher im Hinblick auf Art18 B-VG hinreichend bestimmt. Auch §4 Abs7 EAVG ist entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Partei einer Auslegung zugänglich.
6. Auch sonst sind aus der Sicht der Beschwerdefälle und des Prüfungsmaßstabes des Verfassungsgerichtshofes (vgl VfSlg 14.886/1997) keine Bedenken gegen die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsvorschriften entstanden.
IV. Ergebnis
1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die beschwerdeführende Partei in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
2. Die Beschwerden sind daher abzuweisen und gemäß Art144 Abs3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten (zum System der Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof durch den Verfassungsgerichtshof nach Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 vgl VfSlg 19.867/2014).
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Energieabgaben, Abgaben, Rechtspolitik, Auslegung eines Gesetzes, Geltungsbereich (zeitlicher) eines Gesetzes, Rechtsstaatsprinzip, Determinierungsgebot, EU-Recht Richtlinie, Rückwirkung, KrankenanstaltenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:E1743.2020Zuletzt aktualisiert am
28.03.2023