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L9200 Sozialhilfe, Grundsicherung, MindestsicherungNorm
B-VG Art17Leitsatz
Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zur Entscheidung über die Kostenübernahme für die Unterbringung in einer Einrichtung nach dem Krnt MindestsicherungsG; kein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf eine - im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung des Landes gewährte - Unterbringung; Zuständigkeit des Landes als Träger von Privatrechten und nicht der Bezirksverwaltungsbehörde zur Entscheidung über eine Unterbringung als nichtbehördliche AufgabeSpruch
I. Zur Entscheidung über den von der antragstellenden Partei geltend gemachten Anspruch auf (Kostenübernahme für die) Unterbringung in einer Einrichtung gemäß §11 Abs1 Kärntner Mindestsicherungsgesetz sind die ordentlichen Gerichte zuständig.
II. Die entgegenstehenden Beschlüsse des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 6. März 2019, Z23 C 36/19p, und des Landesgerichtes Klagenfurt vom 3. April 2019, Z4 R 82/19d, werden aufgehoben.
III. Der Bund (Bundesministerin für Justiz) ist schuldig, der antragstellenden Partei zuhanden ihrer Rechtsvertreter die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Antrag und Vorverfahren
1. Mit ihrem auf Art138 Abs1 B-VG gestützten Antrag begehrt die antragstellende Partei die Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonfliktes zwischen dem Landesgericht Klagenfurt und der Kärntner Landesregierung.
Diesem Begehren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
1.1. **************, die Pensionsleistungen bezog, war vom 29. November 2016 bis zu ihrem Tod am 26. Jänner 2020 im Pflegeheim ******** in Klagenfurt stationär – zunächst als Selbstzahlerin – untergebracht. Im Jänner 2018 stellte ihr Enkelsohn bei der Kärntner Landesregierung den Antrag, "ab 1.1.2018 die Unterbringungskosten zu Lasten der Kärntner Mindestsicherung zu übernehmen", weil es keine unterhaltspflichtigen Angehörigen mehr gebe. Auch seitens der Pflegeeinrichtung wurde die Übernahme der Betreuungskosten aus öffentlichen Mitteln des Landes Kärnten begehrt. Der Antrag wurde mit einem Schreiben der Kärntner Landesregierung vom 24. Jänner 2019 abgelehnt, weil zwischen ************** und ihrem Enkelsohn ein Übergabsvertrag bestehe, wonach sich der Enkelsohn "[l]aut Pkt. 'Zweitens Gegenleistungen' litb […] verpflichtet [hat] für die Kosten des Aufenthalts in einem standesgemäßen Pflegeheim inklusive Einzelzimmer aufzukommen, sofern die eigenen Mittel und zwar die Pension und das Pflegegeld […] nicht ausreichen". Frau ****** habe daher keinen Anspruch auf Mindestsicherung in Form einer Kostenübernahme in der Langzeitpflege. Die Kärntner Landesregierung teilte dies auch dem Pflegeheim mit und wies darauf hin, dass ************** (bzw ihre Angehörigen) weiterhin selbst für die Kosten aufzukommen hätten.
1.2. Mit Klage vom 1. März 2019 begehrte ************** beim Bezirksgericht Klagenfurt, die beklagte Partei, das Land Kärnten, schuldig zu erkennen, ihr "die soziale Mindestsicherung für die stationäre Einrichtung gemäß §11 Abs1 K-MSG [Gesetz vom 14. Dezember 2006 über die soziale Mindestsicherung in Kärnten (Kärntner Mindestsicherungsgesetz – K-MSG)] durch Zuzahlung für den Heimplatz […] zu gewähren". Diese Klage wies das Bezirksgericht Klagenfurt mit Beschluss vom 6. März 2019, 23 C 36/19p, zurück, weil das Landesgericht Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht zuständig sei.
Dem dagegen erhobenen Rekurs gab das Landesgericht Klagenfurt mit Beschluss vom 3. April 2019, 4 R 82/19d, keine Folge. Begründend führte es aus, dass Leistungen der sozialen Mindestsicherung einen Antrag voraussetzen würden, aber auch ohne einen solchen anzubieten seien, wenn Umstände bekannt werden würden, die eine Leistung erforderlich machen würden. Solche Anträge dürften bei der Gemeinde, der Bezirksverwaltungsbehörde oder dem Sozialzentrum, in dessen Wirkungsbereich sich die hilfesuchende Person aufhalte, oder bei der Landesregierung eingebracht werden (§52 K-MSG). Auf das Verfahren über die Leistungen sozialer Mindestsicherung würden die Vorschriften des AVG Anwendung finden, soweit das K-MSG nichts anderes bestimme. Nach §49 K-MSG seien lediglich Ersatzansprüche des Landes Kärnten gegenüber Dritten für gewährte Mindestsicherungsleistungen nach den §§47 und 48 K-MSG – die hier nicht vorlägen – im Zivilrechtsweg geltend zu machen. Über den Anspruch nach §11 K-MSG sei im Verwaltungsweg zu entscheiden, sodass es sich um eine Rechtssache handle, die der Entscheidung durch die ordentlichen Gerichte entzogen sei. Die Zurückweisung der Klage durch das Erstgericht sei somit im Ergebnis zu Recht erfolgt.
1.3. Die darüber hinaus – auf Grund des Beschlusses vom Bezirksgericht Klagenfurt, wonach das Landesgericht Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht zuständig sei – auch beim Landesgericht Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht eingebrachte Klage wies dieses mit Beschluss vom 18. Juni 2019, 34 Cgs 138/19v, mit Bezugnahme auf die Entscheidungen des Bezirksgerichtes Klagenfurt (6.3.2019, 23 C 36/19p) und des Landesgerichtes Klagenfurt (3.4.2019, 4 R 82/19d) ebenfalls zurück; über die Leistungen sei im Verwaltungsweg zu entscheiden. Es handle sich um keine Sozialrechtssache im Sinne des §65 ASGG und es fehle auch die für Sozialrechtssachen erforderliche sukzessive Kompetenz, da kein zu bekämpfender Bescheid eines Sozialversicherungsträgers vorliege.
1.4. Den von ************** am 8. Oktober 2019 gestellten Antrag – auf Erlassung eines Bescheides über die Ablehnung der Mindestsicherung in Form der Kostenübernahme in einer stationären Pflegeeinrichtung gemäß §11 Abs1 K-MSG – wies die Kärntner Landesregierung mit Bescheid vom 5. Dezember 2019, 05-P-AHPH-27079/36-2019, als unzulässig zurück. Gemäß §11 Abs1 K-MSG bestehe auf die Unterbringung, Verpflegung, Betreuung und Hilfe in (teil-)stationären Einrichtungen (Pflegeheimen) kein Rechtsanspruch. Das Land Kärnten sei gemäß §61 Abs1 lity K-MSG bei der Vollziehung bestimmter Maßnahmen, wie der Unterbringung von Hilfesuchenden in Einrichtungen gemäß §11 Abs1 K-MSG, Träger von Privatrechten. Das K-MSG regle als Bereich der sozialen Mindestsicherung unter anderem die soziale Mindestsicherung zum Lebensunterhalt gemäß §8 Abs1 lita K-MSG, die auch die Unterbringung in (teil-)stationären Einrichtungen nach §11 Abs1 K-MSG umfasse. Die hoheitlich zu vollziehenden Aufgaben seien ausdrücklich in §8 Abs2 K-MSG geregelt, wonach ein Rechtsanspruch nur auf jene dort genannten Leistungen bestehe und somit im Bereich des §11 K-MSG nur ein Anspruch auf Taschengeldleistungen gemäß §11 Abs2 K-MSG bestehe. E contrario sei die Unterbringung in (teil-)stationären Einrichtungen keine Leistung mit Rechtsanspruch und damit als nichthoheitliche Verwaltung anzusehen. ln §61 Abs1 lity K-MSG sei ausdrücklich parallel dazu geregelt, dass das Land Kärnten als Träger von Privatrechten für die Unterbringung von Hilfesuchenden in Einrichtungen gemäß §11 leg cit zuständig sei. Die behördlich zu vollziehenden Aufgaben seien ausdrücklich in §60 K-MSG geregelt. §53 K-MSG normiere die Anwendbarkeit des AVG, jedoch nur, soweit im K-MSG nicht anderes bestimmt sei. Zufolge der eindeutigen gesetzlichen Vorschriften in §§8 Abs2, 11 Abs1, 60 und 61 K-MSG sei eine Abgrenzung in behördliche und nichtbehördliche Aufgaben im K-MSG deutlich erkennbar. Auf Grund ausdrücklicher gesetzlicher Vorschriften im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung (§11 Abs1 iVm §61 Abs1 lity K-MSG) bleibe für die Erlassung eines Bescheides mangels Rechtsgrundlage kein Raum.
1.5. Mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2019 hatte ************** beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag gemäß Art138 Abs1 B-VG gestellt, weil in derselben Sache ein Gericht (Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt vom 3. April 2019, 4 R 82/19d) und eine Verwaltungsbehörde (Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 5. Dezember 2019, 05-P-AHPH-27079/36-2019) die Zuständigkeit abgelehnt hätten. Mit Schriftsatz vom 28. Mai 2020 teilte die antragstellende Partei – nunmehr die Verlassenschaft nach ************** – mit, dass die Angelegenheit zwischenzeitig durch eine neuerliche Klage vom 16. Dezember 2019 [wohl gemeint: 18. Dezember 2019] beim Bezirksgericht Klagenfurt zur Zahl 40 C 979/19i angenommen worden sei und schränkte ihr Begehren auf die Verfahrenskosten ein. Da diese Erklärung einer Zurückziehung des Antrags gleichkam, wurde das Verfahren mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Juni 2020, KI24/2019, eingestellt.
1.6. Nachdem der Antrag von der Kärntner Landesregierung mit Bescheid vom 5. Dezember 2019, 05-P-AHPH-27079/36-2019, zurückgewiesen wurde, wies das Bezirksgericht Klagenfurt mit Beschluss vom 13. August 2020, 40 C 979/19i, die neuerliche Klage vom 18. Dezember 2019 wegen rechtskräftig entschiedener Rechtssache zurück (inklusive Kostenentscheidung). Der nach dem Tod von ************** am 26. Jänner 2020 bestellte Verlassenschaftskurator habe das Verfahren fortgesetzt und das Klagebegehren auf Kosten eingeschränkt. Die Zurückweisung der am 1. März 2019 erhobenen Klage sei in Rechtskraft erwachsen; dies stelle ein Prozesshindernis dar.
Dem dagegen erhobenen Rekurs gab das Landesgericht Klagenfurt mit Beschluss vom 14. September 2020, 4 R 233/20m, nicht Folge (inklusive Kostenentscheidung und Ausspruch der Unzulässigkeit des Revisionsrekurses).
1.7. Mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2020 stellte die antragstellende Partei beim Verfassungsgerichtshof erneut einen Antrag gemäß Art138 Abs1 B-VG, weil in derselben Sache ein Gericht und eine Verwaltungsbehörde die Zuständigkeit abgelehnt hätten. Mit Klage vom 1. März 2019 sei vor dem Bezirksgericht Klagenfurt die Feststellung begehrt worden, dass das Land Kärnten schuldig sei, die soziale Mindestsicherung nach §11 Abs1 K-MSG zu gewähren. Die Klage sei wegen sachlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen und dem dagegen erhobenen Rekurs vom Landesgericht Klagenfurt nicht Folge gegeben worden (3.4.2019, 4 R 82/19d), weil es sich um keinen Anspruch handle, der auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen sei. Vor Einbringung der Klage sei ein Antrag bei der Kärntner Landesregierung gestellt worden, der zunächst informell und dann mit Bescheid zurückgewiesen worden sei (5.12.2019, 05-P-AHPH-27079/36-2019), weil die Streitigkeit vor den Zivilgerichten zu klären sei. Es würden daher in derselben Rechtssache zwei negative Entscheidungen über die Zuständigkeit vorliegen. Nach Ansicht der antragstellende Partei handle es sich um eine Gerichtszuständigkeit: Gemäß §61 Abs1 lity K-MSG trete das Land Kärnten hinsichtlich der Unterbringung von Hilfesuchenden in Einrichtungen gemäß §11 K-MSG als Träger von Privatrechten auf. Die Angelegenheiten hingegen, auf die ein Rechtsanspruch bestehe und die daher im Verwaltungsweg zu klären wären, seien ausdrücklich in §8 Abs2 K-MSG geregelt. Das Land Kärnten trete hier aber im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung auf, weshalb die Angelegenheit nicht im Verwaltungsweg zu klären sei.
Zudem weist die antragstellende Partei auf die parallel zum Antrag nach Art138 B-VG erhobene, neuerliche Klage beim Bezirksgericht Klagenfurt hin. Das Bezirksgericht Klagenfurt habe sich der Rechtsmeinung der beklagten Partei – es handle sich um res iudicata und die Entscheidung des Landesgerichtes Klagenfurt zu 4 R 82/19d sei in Rechtskraft erwachsen – angeschlossen und die Klage zurückgewiesen. Dem dagegen erhobenen Rekurs habe das Landesgericht Klagenfurt keine Folge gegeben (14.9.2020, 4 R 233/20m).
2. Das Landesgericht Klagenfurt übermittelte zu 4 R 82/19d und 4 R 233/20m die bezughabenden Akten, die sich jeweils auf eine Ausfertigung seiner Entscheidung beschränkten.
3. Die Kärntner Landesregierung legte den bezughabenden Akt vor und erstattete eine Äußerung:
"Zur Lösung des vorliegenden Kompetenzkonflikts wird zunächst auf die Begründung des obzit. Bescheides verwiesen und darüber hinaus zur Frage der Zuständigkeit in Angelegenheiten gemäß §11 Abs1 K-MSG Folgendes ausgeführt:
1. Grundsätzliches
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes können hoheitliche Befugnisse nur durch Gesetz begründet werden (vgl etwa VfSlg 3183/1957, 5432/1966, 7717/1975, 12.279/1990). Nach dem Erkenntnis VfSlg 3262/1957 wird die Hoheitsverwaltung durch Gesetz konstituiert, wobei die gesetzlich bereitgestellten rechtstechnischen Mittel maßgeblich sind. Soweit hoheitliche Befugnisse nicht verliehen werden, liegt Handeln im Rahmen der Privatautonomie vor (vgl etwa VfSlg 7717/1975, 10.948/1986). Im Zweifel spricht die Vermutung dafür, dass das Gesetz die Verwaltung nicht zu hoheitlichem Handeln ermächtigt (vgl erstmals VfSlg 3183/1957 im Anschluss an die Lehre; ferner OGH 13.02.1984, Bkv 5/83; vgl Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung, 1993, 195 f.).
Bei der Beurteilung eines Einzelaktes der Verwaltung kommt es darauf an, ob eine gesetzliche Ermächtigung zu hoheitlichem Handeln besteht sowie ob — wenn auch zu Unrecht — von einer hoheitlichen Handlungsform im konkreten Fall Gebrauch gemacht wird (vgl Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung, 1993, 16 ff.). Bedient sich die Verwaltung nicht einer bestimmten typisierten Form eines Hoheitsaktes (insbesondere Bescheid, Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder Verordnung), so kann nach Raschauer (Allgemeines Verwaltungsrecht4, 2013, Rz 704) 'nur auf Grund einer konkreten Interpretation der rechtlichen Zusammenhänge' beurteilt werden, ob ein bestimmtes Verwaltungshandeln als Akt der (dann: 'schlichten') Hoheitsverwaltung zu werten ist: Besteht eine Ermächtigung zur Setzung von Hoheitsakten, ist der betreffende 'Bereich' der Hoheitsverwaltung zuzuzählen; fehlt dagegen eine solche Ermächtigung, so ist der betreffende 'Bereich' nicht als hoheitlich einzustufen (a.a.O., Rz 701 ff.). In diesem Sinn lassen sich daher auch 'Realakte' im Bereich der 'Privatwirtschaftsverwaltung' (d.h. nicht-hoheitlichen Verwaltung) 'aus der Zuordnung zum rechtlichen Kontext' identifizieren (so Raschauer, a.a.O., Rz 719). Erst auf dem Boden einer kontextuellen Betrachtungsweise ist es überhaupt möglich, auch ein 'Nicht-Handeln' der Verwaltung juristisch einzuordnen (vgl Raschauer, a.a.O, Rz 701, zum Phänomen 'hoheitlichen Unterlassens').
Zur Abgrenzung zwischen der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte und jener der Verwaltungsbehörden vertritt der Oberste Gerichtshof folgende Ansicht (siehe zusammenfassend OGH 30.08.2016, Ob116/16i):
'Für die Zulässigkeit des Rechtswegs vor den ordentlichen Gerichten im Sinn der Art82 ff B-VG ist in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus der Klagssachverhalt (die Klagsbehauptungen) maßgebend. Es kommt auf die Natur, das Wesen des geltend gemachten Anspruchs an. Danach ist zu beurteilen, ob ein privatrechtlicher Anspruch im Sinn des §1 JN erhoben wurde, über den die Zivilgerichte zu entscheiden haben (stRsp; RIS-Justiz RS0045584; RS0045718; RS0005896; Mayr in Rechberger ZPO4 Vor §1 JN Rz 6). Unerheblich ist, ob der behauptete Anspruch berechtigt ist, weil hierüber erst in der Sachentscheidung abzusprechen ist (RIS-Justiz RS0045491; RS0045718).
Unter bürgerlich-rechtlichen Ansprüchen sind im Sinn des §1 JN jene anspruchsbegründenden rechtlichen Regelungen zu verstehen, die auf Gleichordnung beruhende Rechtsbeziehungen zwischen beliebigen Rechtssubjekten zum Gegenstand haben. Über Zivilrechtsansprüche können nach der durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (BGBI I 2012/51) geschaffenen Rechtslage sowohl die ordentlichen Gerichte als auch Verwaltungsbehörden entscheiden (1 Ob 246/14d mwN). Die Kompetenz der ordentlichen Gerichte hängt davon ab, ob ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch geltend gemacht wird, der nicht ausdrücklich durch das Gesetz vor eine andere Behörde verwiesen wird (§1 JN; RIS-Justiz RS0045584 [732]). Im Einzelfall wird die Zuweisung zum Bereich des Privatrechts oder des öffentlichen Rechts in der Regel durch gesetzliche Bestimmungen getroffen, die entweder das betreffende Rechtsgebiet ausdrücklich als öffentliches Recht bezeichnen oder eine Zuweisung an die Verwaltungsbehörden oder Gerichte zum Ausdruck bringen (RIS-Justiz RS0045438 [T7]); im Zweifel müssen bürgerliche Rechtssachen gemäß §1 JN mangels ausdrücklicher anderer Anordnung durch die Gerichte entschieden werden (RIS-Justiz RS0045456). Soll von der Zuständigkeit der Gerichte eine Ausnahme geschaffen werden muss sie in den hiefür erforderlichen 'besonderen Gesetzen' klar und unzweideutig zum Ausdruck gebracht werden. Eine ausdehnende Auslegung von Vorschriften, die eine Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde normieren, ist unzulässig (RIS-Justiz RS0045474).
Die Frage, ob eine bestimmte Aufgabe zu ihrer Wahrnehmung der Hoheitsverwaltung oder der Privatwirtschaftsverwaltung übertragen ist, ist ausschließlich nach den maßgeblichen Rechtsvorschriften zu beurteilen; es ist daher unter Ausschöpfung aller Interpretationsmöglichkeiten zu ermitteln, welche Vollzugsform der Gesetzgeber angewendet wissen will (vgl RIS-Justiz RS0102497 [T3]). Für die Abgrenzung kommt es unter anderem darauf an, ob mit dem zu beurteilenden Handeln staatlicher Verwaltungseinrichtungen typisch staatliche Aufgaben erfüllt werden und ob dieses Verwaltungshandeln rechtstechnisch auf hoheitlicher Grundlage (Verordnung, Bescheid, etc) beruht. Dabei sind insbesondere auch die dem Verwaltungshandeln zugrundeliegenden konkreten Rechtsvorschriften und die mit diesen verfolgten Ziele zu beachten (1 Ob 183/15s mwN = RIS-Justiz RS0102497 [T7]; vgl RS0049882 [T8, T14]).'
2. Einfachgesetzliche Rechtslage
Zu unterscheiden ist zwischen den materiell-rechtlichen Regelungen gemäß dem 3. Abschnitt ('Bereiche und Leistungen der sozialen Mindestsicherung') des K-MSG, den Zuständigkeitsbestimmungen gemäß den §§60 und 61 K-MSG und den Verfahrensbestimmungen gemäß dem 8. Abschnitt des K-MSG.
§8 K-MSG idF der Novelle LGBl Nr 107/2020 — als Eingangsbestimmung des 3. Abschnittes des Gesetzes — normiert in seinem Abs2, dass ein Rechtsanspruch auf Leistungen der sozialen Mindestsicherung — ausschließlich — nach §11 Abs2 (Taschengeld), §14 Abs1 und 2 (Soziale Mindestsicherung für Hilfe Suchende mit Anspruch auf Leistungen nach §11 Abs2: Leistung von Krankenversicherungsbeiträgen für Versicherte und von Zahlungen in der Höhe der Ausgleichszulage für Nichtversicherte im Rahmen der sozialen Mindestsicherung bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung sowie Unterbringung von Hilfe Suchenden in psychiatrischen Krankenanstalten sowie in geriatrischen Krankenanstalten) besteht. Bis zum Inkrafttreten des Kärntner Sozialhilfegesetzes 2021, LGBl Nr 107/2020, normierte §8 Abs2 K-MSG (aF) zudem einen Rechtsanspruch auf Leistungen nach §12 Abs2 bis 4 (einmalige Geldleistungen bei kurzdauernder Hilfsbedürftigkeit oder laufende monatliche Geldleistungen zum Lebensunterhalt), §12a (Geldleistungen zur Deckung des Mindeststandards der älteren Generation), und §16 Abs1 K-MSG (Maßnahmen für die erforderliche Erziehung und entsprechende Schul- und Berufsausbildung von Minderjährigen).
Der mit der Überschrift 'Soziale Mindestsicherung in stationären und teilstationären Einrichtungen' (bis zur Novelle LGBl Nr 107/2020: 'Soziale Mindestsicherung in stationären Einrichtungen und Unterbringung zu Wohnzwecken') versehene §11 K-MSG regelt in seinem Abs1 Folgendes: 'Soziale Mindestsicherung kann mit Zustimmung der Hilfe suchenden Person durch Unterbringung, Verpflegung sowie Betreuung und Hilfe in stationären oder teilstationären Einrichtungen, soweit es sich nicht um Anstalten im Sinne der Kärntner Krankenanstaltenordnung 1999 handelt, sowie in Einrichtungen zur Unterbringung von nicht mehr als sechs Personen, die nicht überwiegend der Betreuung und Hilfe bedürfen und nicht Angehörige des Bewilligungswerbers sind, zu Wohnzwecken geleistet werden, wenn andere Formen sozialer Mindestsicherung nicht möglich sind oder mit einem unangemessenen Mehraufwand verbunden wären. Diese Leistung darf nur in Einrichtungen erbracht werden, die nach dem Kärntner Heimgesetz bewilligt sind und mit denen entweder Vereinbarungen nach §61 Abs5 und 7 getroffen worden sind oder die von einem Sozialhilfeverband errichtet und betrieben werden.' Aus der Zusammenschau mit §8 Abs2 K-MSG ergibt sich, dass auf Leistungen gemäß §11 Abs1 K-MSG kein Rechtsanspruch eingeräumt ist (siehe dazu OGH 27.09.2016, 1Ob64/16t).
Auch soziale Mindestsicherung gemäß §11 Abs1 K-MSG darf entsprechend dem Subsidiaritätsgrundsatz gemäß §5 K-MSG nur soweit geleistet werden, als der jeweilige Bedarf nicht oder nicht ausreichend durch den Einsatz eigener Mittel und Kräfte gedeckt werden kann und auch nicht oder nicht ausreichend durch Leistungen Dritter gedeckt ist. Für den Einsatz der eigenen Mittel und den Kostenbeitrag gelten nach §6 K-MSG spezifische Regeln (siehe Abs2a litb und d, Abs6 und Abs9 lita). So hat der Hilfe Suchende zu den Kosten für soziale Mindestsicherung in stationären oder teilstätionären Einrichtungen oder iZm der Unterbringung zu Wohnzwecken gemäß §11 Abs1 K-MSG entsprechend seiner finanziellen Leistungskraft beizutragen.
Der Wille des Gesetzgebers, dass 'die Unterbringung von Hilfe Suchenden in Einrichtungen gemäß §11 [K-MSG]' eine Maßnahme des Landes in seiner Eigenschaft als 'Träger von Privatrechten' ist, kommt in §61 Abs1 und Abs1a lity K-MSG eindeutig zum Ausdruck; zudem führt §61 K-MSG die Überschrift 'Nichtbehördliche Aufgaben' (vgl dazu OGH 27.09.2016, 1Ob64/16t). Demgegenüber ist in dem — ebenfalls im 9. Abschnitt ('Zuständigkeiten und Kostentragung') befindlichen — Katalog der 'Behördlichen Aufgaben' gemäß §60 K-MSG keine Regelung enthalten, die die Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde in Angelegenheiten gemäß §11 Abs1 K-MSG begründet.
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass §60 Abs1 litb K-MSG 'in Fällen einer Unterbringung nach §11 [...] die Entscheidung über sonstige erforderliche Maßnahmen des 3. Abschnittes', der Landesregierung als Verwaltungsbehörde überträgt: Wie oben dargestellt, besteht nach §8 Abs2 K-MSG kein Rechtsanspruch auf die Unterbringung, Verpflegung sowie Betreuung und Hilfe gemäß §11 Abs1 K-MSG, sondern auf bestimmte andere Leistungen. Ferner kann aus der subsidiären Zuständigkeitsbestimmung des §60 Abs2 K-MSG eine behördliche Befugnis der Bezirksverwaltungsbehörde in einer Angelegenheit gemäß §11 Abs1 K-MSG nicht abgeleitet werden: Die sachliche Zuständigkeit gemäß §60 Abs2 lita K-MSG knüpft an die Gewährung von Leistungen an, auf die ein Rechtsanspruch iSd §8 Abs2 K-MSG besteht, soweit §60 Abs1 K-MSG die Zuständigkeit nicht der Landesregierung vorbehält. Die sachliche Zuständigkeit gemäß §60 Abs2 litb K-MSG betrifft alle (sonstigen) behördlichen Maßnahmen, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist. Dass der Zuständigkeitstatbestand des §60 Abs1 litb K-MSG nur an Fälle einer Unterbringung nach §11 K-MSG anknüpft, nicht jedoch diese Leistung selbst zum Gegenstand hat, bestätigt den Befund, dass die Unterbringung von Hilfe Suchenden in Einrichtungen gemäß §11 K-MSG nicht zu den behördlichen Aufgaben, sondern zu den nichtbehördlichen — vom Land als Träger von Privatrechten zu besorgenden — Aufgaben zu zählen ist.
Über Leistungen sozialer Mindestsicherung, auf die ein Rechtsanspruch besteht (§8 Abs2 K-MSG), über die für diese einzusetzenden eigenen Mittel sowie über Rückerstattungspflichten (§59 Abs3 K-MSG) und die Einstellung der Leistungen (§59 Abs5 K-MSG) ist nach §57 Abs4 K-MSG grundsätzlich mit schriftlichem Bescheid abzusprechen. Die behördliche Entscheidungsfrist nach §57 Abs2 K-MSG bezieht sich ebenfalls auf 'Leistungen sozialer Mindestsicherung, auf die ein Rechtsanspruch besteht'. Wie sich aus einer Zusammenschau mit §8 Abs2 K-MSG ergibt, kommen die Verpflichtungen nach §57 Abs2 und 4 K-MSG — im Umkehrschluss — nicht in Angelegenheiten gemäß §11 Abs1 K-MSG zum Tragen. Schließlich scheidet die Anwendung des §57 Abs1 K-MSG betreffend Erlassung eines Mandatsbescheides (§57 AVG) aus, weil sich diese Bestimmung auf eine 'Gefährdung des Lebensunterhaltes' und damit auf die bisherigen Fälle gemäß dem (mit Novelle LGBl Nr 107/2020 entfallenen) §12 K-MSG bezieht (zur Unterscheidung zwischen der Unterbringung einerseits und der Geldleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes andererseits als verschiedene Formen der sozialen Mindestsicherung vgl OGH 27.09.2016, 1Ob64/16t).
Auf das Verfahren über die Leistung sozialer Mindestsicherung finden nach §53 K-MSG die Vorschriften des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 Anwendung, soweit dieses Gesetz nicht anderes bestimmt. §57 K-MSG, der sich wie §53 K-MSG im selben Abschnitt unter der Überschrift 'Verfahrensbestimmungen' befindet, sieht allerdings — wie bereits oben dargestellt — vor, dass nicht in allen Fällen der Gewährung sozialer Mindestsicherung ein Bescheid zu erlassen ist, sondern nur in Fällen, in denen ein Rechtsanspruch auf Leistung besteht (siehe Abs1, 2, 4 und 5). In Angelegenheiten gemäß §11 Abs1 K-MSG sind demnach keine Bescheide zu erlassen.
Nach den näheren Bedingungen des §61 Abs5 und 5a K-MSG darf das Land als Träger von Privatrechten für einzelne der nichtbehördlichen Aufgaben Träger der freien Wohlfahrtspflege zur Besorgung heranziehen. Nach §61 Abs6 K-MSG unterliegen Träger der freien Wohlfahrtspflege, die vom Land zur Besorgung von Aufgaben nach Abs5 herangezogen werden, der (näher geregelten) Fachaufsicht der Landesregierung. Die in §11 Abs4 bis 6 K-MSG speziell für Fälle des §11 Abs1 K-MSG normierte Aufsicht der Landesregierung hat zum Ziel, die ordnungsgemäße Betreuung und Versorgung (fachgerechte Pflege) eines Hilfe Suchenden zu gewährleisten. Sie besteht in regelmäßigen, mindestens zweijährlichen Vor-Ort-Überprüfungen in den betreffenden Einrichtungen, wobei die Wahrnehmung der Aufsicht tunlichst mit jener nach dem Kärntner Heimgesetz zu koordinieren ist. Die Unterbringung eines Hilfe Suchenden in Einrichtungen nach §11 Abs1 K-MSG ist durch Bescheid zu untersagen, wenn die fachgerechte Pflege nicht mehr gewährleistet ist oder mehr als zweimal gegen die Verpflichtung zur Gewährung von Zutritt oder Einsicht von schriftlichen Unterlagen oder die Erteilung von Auskunft verstoßen worden ist (§11 Abs5 K-MSG). Die genannte Aufsichtstätigkeit kommt im Verhältnis zwischen Landesregierung und Träger einer Einrichtung, in der die Unterbringung gemäß §11 Abs1 K-MSG erfolgt, zum Tragen.
3. Zur Genese
Die Vorläuferbestimmungen zum K-MSG (siehe das Kärntner Sozialhilfegesetz 1996— K-SHG, LGBl Nr 30/1996, zuletzt in der Fassung des Gesetzes LGBl Nr 44/2006) normierten für die 'Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes' mit den dazu geregelten Leistungen einen Rechtsanspruch und wiesen die Gewährung von Leistungen betreffend Unterbringung ausdrücklich als behördliche Aufgabe aus (vgl §55 K-SHG unter der Überschrift 'Behördliche Aufgabe'; zur Deckung des Lebensbedarfs durch Heimunterbringung nach der früheren Rechtslage und der Ausgestaltung als Rechtsanspruch siehe Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht, 1989, S. 371 ff.). Demgegenüber hat die Stammfassung des K-MSG, LGBl Nr 15/2007, für die Unterbringung einer Hilfe suchenden Person gemäß §11 Abs1 keinen Rechtsanspruch eingeräumt und diese Angelegenheit — in Ermangelung eines Rechtsanspruchs hierauf — nicht als behördliche Aufgabe ausgewiesen, während die Durchsetzung des Rechtsanspruchs auf Taschengeld der Hoheitsverwaltung vorbehalten worden ist (zur Darstellung der Rechtslage siehe unter Abschnitt 2.). Demnach umfasste nach dem vormaligen §8 Abs1 lita K-MSG idF LGBl Nr 15/2007 die 'soziale Mindestsicherung zum Lebensunterhalt (§§12, 12a, 13, 10 und 11)' sowohl Leistungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, als auch Leistungen der Privatwirtschaftsverwaltung.
Erläuterungen zur Stammfassung des K-MSG — dessen Beschlussfassung auf einen Initiativantrag zurückgeht — bestehen nicht.
Die Änderungen, die aus dem mit 1. Jänner 2021 in Kraft getretenen Gesetz vom 22. Oktober 2020, mit dem das Gesetz über die Leistungen der Sozialhilfe in Kärnten (Kärntner Sozialhilfegesetz 2021 — K-SHG 2021) erlassen und das Kärntner Chancengleichheitsgesetz, das Kärntner Kinder- und Jugendhilfegesetz und das Kärntner Mindestsicherungsgesetz geändert werden, LGBl Nr 107/2020, resultieren, beziehen sich im Bereich des K-MSG hauptsächlich auf die Neuregelung der sog 'offenen Sozialhilfe' in einem neuen Gesetz und die Berücksichtigung des Entfalls des Pflegeregresses (vgl ErIRV zu ZI. 01-VD-LG-1906/73-2020, 1f). Die im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Bestimmungen sind durch die Novelle LGBl Nr 107/2020 zwar teilweise in ihrer Bezeichnung, jedoch nicht in ihrem Inhalt geändert worden.
4. Argumente für die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte
Wie aus der obigen Darstellung der Rechtslage ersichtlich, ist das Leistungsregime nach §11 Abs1 K-MSG nicht hoheitlich ausgestaltet: Gesetzlich ist nicht vorgesehen, dass sich die Verwaltung in diesen Angelegenheiten der hoheitlichen Handlungsform des Bescheides bedienen darf (siehe §8 Abs2, §57 Abs1, 2, 4 und 5, §60 und §61 Abs1a lity K-MSG).
Das Leistungsregime nach §11 Abs1 K-MSG gegenüber Hilfe Suchenden ist vom Aufsichtsregime nach §11 Abs4 bis 6 K-MSG gegenüber Einrichtungen zur Unterbringung klar zu unterscheiden: Ersteres bezieht sich auf eine bestimmte Form der Mindestsicherung gegenüber Hilfe Suchenden, Letzteres hat die aufsichtspolizeiliche Gewährleistung eines rechtskonformen Handelns durch unterbringende Einrichtungen zum Gegenstand. Adressat des behördlichen Handelns nach §§11 Abs4 bis 6 K-MSG ist demnach die Einrichtung, nicht die untergebrachte Person.
Die Anwendbarkeit des AVG setzt nach ArtI Abs1 iVm. Abs2 Z1 EGVG voraus, dass eine 'behördliche Aufgabe', ein 'behördliches Verfahren' bzw eine 'Verwaltungsbehörde' vorliegt. Zwar bleibt es dem Landesgesetzgeber unbenommen, für das Ermittlungsverfahren zur Erledigung in privatwirtschaftlichen Angelegenheiten verfahrensrechtliche Bestimmungen vorzusehen. Dass jedoch in Angelegenheiten gemäß §11 Abs1 K-MSG keine Befugnis zur hoheitlichen Erledigung begründet und damit die Landesregierung insoweit nicht mit einer Hoheitsaufgabe betraut wird, machen insbesondere §57 Abs1, 2, 4 und 5 iVm. §8 Abs2 sowie §61 Abs1a lity K-MSG deutlich. Aus der landesgesetzlichen Anordnung der Anwendung des AVG kann nicht darauf geschlossen werden, dass — entgegen dem Wortlaut des §8 Abs2 K-MSG — ein Rechtsanspruch auf Leistung gemäß §11 Abs1 K-MSG besteht und — entgegen dem Wortlaut des §61 Abs1a lity K-MSG — die Unterbringung von Hilfe Suchenden in stationären oder teilstationären Einrichtungen oder die Unterbringung zu Wohnzwecken zum Kreis der behördlichen Aufgaben zählt.
Aufgrund des Ergebnisses einer grammatikalischen und systematischen Auslegung der genannten gesetzlichen Bestimmungen können an der Zuordnung der Leistungsangelegenheiten gemäß §11 Abs1 K-MSG zur Privatwirtschaftsverwaltung keine Zweifel bestehen. Selbst wenn solche Zweifel wegen Mehrdeutigkeit der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen aufkommen sollten, spricht die Vermutung dafür, dass das Gesetz die Verwaltung nicht zu hoheitlichem Handeln ermächtige (siehe die oben unter Pkt. 1 wiedergegebene Rechtsprechung).
Das Landesgericht Klagenfurt als Rekursgericht vermeinte, in Angelegenheiten gemäß §11 Abs1 K-MSG wäre die Zuständigkeit zur Entscheidung im Verwaltungsweg deshalb gegeben gewesen, weil §49 K-MSG —noch bezogen auf die Fassung dieser Bestimmung vor der Novelle LGBl Nr 107/2020 — den Zivilrechtsweg lediglich für den Fall vorgesehen hat, dass das Land Kärnten Ersatzansprüche gemäß §§47 Abs1 litb und c sowie Abs2 und gemäß §48 Abs1, 4 und 7 K-MSG geltend macht. Das Rekursgericht verkennt, dass §49 K-MSG die Klage des Landes gegenüber ehemaligen Empfängern sozialer Mindestsicherung sowie gegenüber Dritten betrifft, nicht jedoch die zivilprozessuale Passivlegitimation des Landes zum Gegenstand hat und diese etwa in Angelegenheiten gemäß §11 Abs1 K-MSG ausschließt. Gegen die Ansicht, aus §49 K-MSG könne argumento e contrario auf die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden in allen sonstigen Angelegenheiten des K-MSG geschlossen werden, sprechen die erwähnte 'Zweifelsregel' des Verfassungsgerichtshofes und der Umstand, dass hoheitliches Verwaltungshandeln jedenfalls einer dem Art18 Abs1 B-VG entsprechenden Determinierung bedarf.
Der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte in bürgerlichen Rechtssachen nach §1 JN steht nicht entgegen, dass §8 Abs2 K-MSG für Leistungen nach §11 Abs1 K-MSG keinen gesetzlichen Rechtsanspruch einräumt: Entsprechend der höchstgerichtlichen Judikatur zu Förderungen bzw zur Verteilung von Geld oder geldwerten Leistungen aus Gemeinschaftsmitteln zur Beförderung von Gemeinschaftsanliegen ist im Lichte des Gleichheitssatzes und der Anforderungen des Sachlichkeitsgebotes anzunehmen, dass mit Beginn des Verteilungsvorganges ein besonderes gesetzliches (vorvertragliches) Schuldverhältnis zwischen potenziellem Empfänger und vergebender Stelle entsteht (OGH 26.01.2000, 7 Ob 187/99x; OGH 26.01.1995, 6 Ob 514/95)." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)
4. Mit Schriftsatz vom 2. März 2021 ergänzte die antragstellende Partei ihren Antrag dahingehend, dass der Verfassungsgerichtshof erkennen möge, dass die Rechtsstreitigkeiten gemäß §11 Abs1 K-MSG den ordentlichen Zivilgerichten zur Entscheidung zugewiesen und dass der Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt vom 3. April 2019, 4 R 82/19d, sowie der Beschluss des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 6. März 2019, 23 C 36/19p, aufgehoben werden. Zudem wurde Kostenersatz beantragt.
II. Rechtslage
Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes vom 14. Dezember 2006 über die soziale Mindestsicherung in Kärnten (Kärntner Mindestsicherungsgesetz – K-MSG) laut(et)en auszugsweise wie folgt (§§8, 9, 11, 60, 61 K-MSG, LGBl 15/2007, idF LGBl 16/2012, §§49, 52 K-MSG, LGBl 15/2007, idF LGBl 97/2010, §53 K-MSG, LGBl 15/2007 und §57 K-MSG, LGBl 15/2007, idF LGBl 85/2013; die Bestimmungen wurden teilweise mit LGBl 107/2020 geändert):
"3. Abschnitt
Bereiche und Leistungen
sozialer Mindestsicherung
§8
Allgemeines
(1) Soziale Mindestsicherung wird in folgenden Bereichen geleistet:
a) soziale Mindestsicherung zum Lebensunterhalt (§§12, 12a, 13, 10 und 11),
b) soziale Mindestsicherung bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung (§14),
c) soziale Mindestsicherung durch Pflege (§15),
d) soziale Mindestsicherung zur Schaffung und Sicherung einer Lebensgrundlage (§16),
e) soziale Mindestsicherung für Menschen in besonderen Lebensverhältnissen (§17),
f) soziale Mindestsicherung bei Gewaltbedrohung (§18),
g) soziale Mindestsicherung bei Schuldenproblemen (§19),
h) soziale Mindestsicherung bei Wohnungslosigkeit und anderen außerordentlichen sozialen Schwierigkeiten (§20),
i) soziale Mindestsicherung in sonstigen Fällen (§§34 bis 35).
(2) Ein Rechtsanspruch besteht auf Leistungen der sozialen Mindestsicherung nach §§11 Abs2, 12 Abs2 bis 4, 12a, 14 Abs1 und 2 und 16 Abs1.
(3) Ansprüche auf Leistungen sozialer Mindestsicherung dürfen weder gepfändet noch verpfändet werden. Die rechtswirksame Übertragung von Ansprüchen nach diesem Gesetz ist bei sonstiger Unwirksamkeit nur mit Zustimmung der für die Entscheidung über den jeweiligen Anspruch zuständigen Behörde möglich. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn und solange die Übertragung im Interesse der Hilfe suchenden Person liegt und der Erfolg der Leistungen sozialer Mindestsicherung nicht gefährdet wird.
(4) Leistungen sind an Dritte zu erbringen, wenn durch die Leistung an die anspruchsberechtigte Person die widmungsgemäße Verwendung nicht gewährleistet erscheint und dies mit dem Zweck der Leistung vereinbar ist, soweit in diesem Gesetz nicht anderes bestimmt wird.
(5) Ein Anspruch auf Leistungen gemäß §§12 und 12a besteht ab einem errechneten Mindestbetrag von zehn Euro monatlich.
§9
Leistungsformen
(1) Als Leistungen sozialer Mindestsicherung kommen persönliche Hilfe, Geldleistungen und Sachleistungen in Betracht.
(2) Zu persönlicher Hilfe zählen:
a) Hauskrankenpflege,
b) Hilfe zur Weiterführung des Haushaltes,
c) allgemeine und spezielle Beratungsdienste,
d) Erholungsangebote für Familien, einschließlich der Lebensgefährten und eingetragenen Partner sowie der Verwandten in gerader Linie und der Wahl- und Pflegekinder sowie Wahl- und Pflegeeltern des Hilfe Suchenden, und für ältere Menschen,
e) Dienste zur Förderung gesellschaftlicher und kultureller Teilhabe für ältere Menschen,
f) Kurzzeitpflege,
g) Maßnahmen zur Schulung und sonstigen Unterstützung von Personen aus dem sozialen Umfeld der Hilfe suchenden Person, die an deren Betreuung mitwirken oder mitwirken wollen (Pflegepersonen),
h) Dienste zur Begleitung Sterbender und ihrer Angehörigen, soweit sie nicht in den Aufgabenbereich der Krankenanstalten nach der Kärntner Krankenanstaltenordnung 1999, LGBl Nr 26, fallen.
(3) Als Geld- oder Sachleistungen zur sozialen Mindestsicherung kommen einmalige oder laufende Leistungen (Dauerleistungen) in Betracht. Dauerleistungen sind zu erbringen, wenn der Bedarf voraussichtlich für mehr als drei Monate besteht.
(4) Soziale Mindestsicherung in Form von Sachleistungen, die als Alternative zur Geldleistung gewährt werden, kommt nur in Betracht, wenn
a) der jeweilige Bedarf durch einmalige Leistungen gedeckt werden kann oder
b) dadurch den Zielen und Grundsätzen sozialer Mindestsicherung besser entsprochen werden kann als durch andere Leistungsformen. Dies gilt insbesondere, wenn die zweckmäßige, wirtschaftliche und sparsame Verwendung von Geldleistungen nicht gewährleistet ist und auch nicht durch Auszahlung in Teilbeträgen sichergestellt werden kann.
(5) Als Leistung sozialer Mindestsicherung gilt auch die Vorsorge für die Schaffung von Einrichtungen zur Durchführung von Krankentransporten.
§11
Soziale Mindestsicherung in stationären
Einrichtungen und Unterbringung zu Wohnzwecken
(1) Soziale Mindestsicherung kann mit Zustimmung der Hilfe suchenden Person durch Unterbringung, Verpflegung sowie Betreuung und Hilfe in stationären oder teilstationären Einrichtungen, soweit es sich nicht um Anstalten im Sinne der Kärntner Krankenanstaltenordnung 1999 handelt, sowie in Einrichtungen zur Unterbringung von nicht mehr als sechs Personen, die nicht überwiegend der Betreuung und Hilfe bedürfen und nicht Angehörige des Bewilligungswerbers sind, zu Wohnzwecken geleistet werden, wenn andere Formen sozialer Mindestsicherung nicht möglich sind oder mit einem unangemessenen Mehraufwand verbunden wären. Diese Leistung darf nur in Einrichtungen erbracht werden, die nach dem Kärntner Heimgesetz bewilligt sind und mit denen entweder Vereinbarungen nach §61 Abs5 und 7 getroffen worden sind oder die von einem Sozialhilfeverband errichtet und betrieben werden.
(2) Hilfe Suchende, die soziale Mindestsicherung nach Abs1 in einer stationären Einrichtung erhalten, haben Anspruch auf ein Taschengeld in Höhe von 18 vH des Mindeststandards nach §12 Abs2, soweit ihnen nicht nach §6 Abs6 ein Betrag ihres Einkommens verbleibt und wenn es sich nicht um die Unterbringung von Pflegekindern im Sinne des §13 des Kärntner Jugendwohlfahrtsgesetzes handelt.