TE Vwgh Erkenntnis 1995/11/8 95/01/0009

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Veröffentlicht am 08.11.1995
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §7 Abs4;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art144 Abs3;
VwGG §26 Abs1;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des B in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. September 1994, Zl. 4.344.727/1-III/13/94, betreffend Asylgewährung und Ausstellung einer Bescheinigung gemäß § 7 Abs. 4 Asylgesetz 1991, beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird, soweit sie die Ausstellung einer Bescheinigung gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 1991 betrifft, zurückgewiesen, im übrigen jedoch als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das Bundesasylamt hat mit Bescheid vom 5. Juli 1994 1. den am 7. Juni 1994 gestellten Antrag des Beschwerdeführers - eines Staatsangehörigen "der Jugoslawischen Föderation" - auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft zurückgewiesen, 2. den am selben Tag gestellten Antrag des Beschwerdeführers auf Asylgewährung gemäß § 3 AsylG 1991 abgewiesen, 3. den - im Zusammenhang mit seinem weiteren Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 1991 lediglich hilfsweise gestellten - Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG abgewiesen und 4. die aufschiebende Wirkung der Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG ausgeschlossen.

In seiner dagegen erhobenen Berufung beantragte der Beschwerdeführer 1. die "Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend, daß ausgesprochen wird, daß Österreich dem Betroffenen Asyl gewährt", 2. die "Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend, daß festgestellt wird, daß der Betroffene Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 des AsylG 1991 ist", 3. die "Entscheidung dahingehend, daß dem Antrag des Betroffenen auf Ausstellung einer Bescheinigung über seine vorläufige Aufenthaltsberechtigung im Sinne des § 7 (1) und (4) AsylG 1991 entsprochen wird", und 4. die "ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides insoweit, als in diesem ausgesprochen wurde, daß einer Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt wird".

Mit dem Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. September 1994 wurde sowohl 1. diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als auch 2. der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Bescheinigung über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 1991 abgewiesen.

Die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde enthielt einleitend die Erklärung des Beschwerdeführers, gegen den genannten Bescheid, dessen spruchmäßiger Inhalt vollständig wiedergegeben wurde, Beschwerde zu erheben, und im Sinne der von ihm bezeichneten Beschwerdepunkte den abschließenden Antrag, "es wolle der angefochtene Bescheid infolge Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte des Beschwerdeführers und/oder weil dieser auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht, aufgehoben werden". In Ausführung der Beschwerdegründe hat aber der Beschwerdeführer ausschließlich die Verletzung seines Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nach Art. 83 Abs. 2 B-VG und eine Gleichheitswidrigkeit insoweit geltend gemacht, als ihm die Gewährung von Asyl wegen Heranziehung des Ausschließungsgrundes der Verfolgungssicherheit gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 versagt worden sei. In diesem Sinne heißt es auch in seinem gleichzeitig gestellten Eventualantrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof lediglich, daß diesem gegenüber geltend gemacht werde, "durch den angefochtenen Bescheid in seinem gesetzlichen Recht, in Österreich Asyl gewährt zu erhalten, verletzt zu sein", wobei sich die daran anschließende Begründung - ungeachtet dessen, daß sich der Beschwerdeführer "eine Ausführung der verwaltungsrechtlichen Beschwerdegründe" vorbehalten hat und der Antrag ohne Einschränkung auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof lautet - ebenfalls nur auf die Abweisung seines Asylantrages (einerseits wegen Verneinung seiner Flüchtlingseigenschaft, andererseits wegen der Annahme seiner Verfolgungssicherheit in anderen Staaten) bezieht.

Daraus ergibt sich zweifelsfrei, daß der Beschwerdeführer den gegenständlichen Bescheid der belangten Behörde innerhalb der Beschwerdefrist nicht auch hinsichtlich der Abweisung seiner Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 5. Juli 1994, betreffend die Zurückweisung seines Antrages auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft und - sofern man überhaupt die Auffassung vertritt, daß auch dieser Spruchpunkt Gegenstand der Berufung war - die Abweisung seines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, sowie hinsichtlich der Abweisung seines Antrages auf Ausstellung einer Bescheinigung gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 1991 bekämpft hat. Wenn sich nun der Beschwerdeführer demgegenüber in dem nach Abtretung der Beschwerde erstatteten ergänzenden Schriftsatz vom 6. Juli 1995 bei Bezeichnung der Beschwerdepunkte nicht nur "in seinem Recht, daß ihm Österreich Asyl gewährt", sondern darüber hinaus auch in dem Recht, "daß ihm gem. § 7 Abs. 4 AsylG die vorläufige Aufenthaltsberechtigung bescheinigt wird", verletzt erachtet, so erweist sich die damit vom Beschwerdeführer im Rahmen der Sukzessivbeschwerde vorgenommene Ausdehnung des Streitgegenstandes - von der demnach trotz Fehlens einer Beschwerdebegründung in diesem Punkt ausgegangen werden muß - als unzulässig. Das hat zur Folge, daß in Ansehung des nachträglich erweiterten Streigegenstandes der Behandlung der Beschwerde das Prozeßhindernis der Versäumung der Beschwerdefrist entgegensteht (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Februar 1992, Zl. 91/10/0238, und vom 28. Juni 1995, Zl. 94/01/0741).

Aus diesem Grunde war somit die vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 5. Dezember 1994, B 2098/94, nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene Beschwerde, soweit sie die Abweisung des Antrages auf Ausstellung einer Bescheinigung gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 1991 betrifft, gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen. Bemerkt wird, daß auch nach dem Inhalt des die Beschwerde ergänzenden Schriftsatzes kein Hinweis dafür besteht, daß der Beschwerdeführer den Bescheid der belangten Behörde in dem die Abweisung der Berufung betreffenden Punkten, soweit sie sich nicht auf die Verweigerung des Asyls beziehen, angefochten hat.

Im übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof über die vorliegende Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat - wie schon die Erstbehörde - dem Beschwerdeführer nicht nur deshalb kein Asyl gewährt, weil sie seine Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991 verneint hat, sondern auch aufgrund ihrer Annahme, daß der Beschwerdeführer vor seiner Einreise nach Österreich bereits in Bulgarien, Rumänien und Ungarn vor Verfolgung sicher gewesen sei und daher der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 vorliege. Die von ihr vorgenommene Auslegung des Begriffes der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der zuletzt genannten Gesetzesstelle steht im wesentlichen im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, an der der Beschwerdeführer zu Unrecht Kritik übt. Er wird diesbezüglich insbesondere auf das Erkenntnis vom 6. September 1995, Zl. 95/01/0030, mit zahlreichen weiteren Judikaturhinweisen, in dem sich der Gerichtshof mit der vom selben Beschwerdevertreter für seinen Standpunkt gebrauchten Argumentation ausführlich auseinandergesetzt hat, verwiesen. Der Beschwerdeführer zeigt keine maßgeblichen, neuen Gesichtspunkte auf, die ein Überdenken dieser Rechtsprechung erforderlich machen würden, weshalb auch aufgrund dieses Beschwerdefalles in weiterer Folge keine Veranlassung besteht, davon abzugehen.

Der Beschwerdeführer wendet sich auf dem Boden dieser Rechtslage in tatsächlicher Hinsicht nicht gegen die Annahme der belangten Behörde, er sei in den drei angeführten Staaten bereits vor Verfolgung sicher gewesen. Da jegliches Vorbringen fehlt, daß es ihm objektiv unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, bereits in diesen Staaten Asyl zu beantragen, und mangels gegenteiliger Behauptungen des Beschwerdeführers, daß diese Staaten die sich aus ihrer Mitgliedschaft zur Genfer Flüchtlingskonvention - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht nur aus deren Art. 33 - ergebenden Verpflichtungen (siehe BGBl. Nr. 260/1994 bezüglich Rumänien und Ungarn sowie BGBl. Nr. 806/1993 bezüglich Bulgarien) nicht erfüllt hätten, vermag der Verwaltungsgerichtshof dieser Annahme nicht entgegenzutreten. Demnach war aber darauf, ob der Beschwerdeführer als Konventionsflüchtling anzusehen gewesen wäre, nicht mehr einzugehen (vgl. u.a. außer dem schon zitierten Erkenntnis vom 6. September 1995, Zl. 95/01/0030, noch jenes vom selben Tag, Zl. 95/01/0041, und die dort angeführte weitere Judikatur).

Da sich somit die Beschwerde insoweit als unbegründet erweist, war sie in diesem Punkt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Gegenseitige Beziehung: VwGH - VfGH Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995010009.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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