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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl und die Hofrätinnen Mag. Rossmeisel und Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Prendinger, in der Revisionssache des N K, in W, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 2021, W228 1424488-2/24E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Pakistans, stellte am 10. März 2011 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Mit Beschluss vom 26. Jänner 2015 stellte das Bundesverwaltungsgericht das Beschwerdeverfahren gemäß § 24 Abs. 2 AsylG 2005 ein.
2 Am 7. August 2017 stellte der Revisionswerber den gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, dass er zwischenzeitlich wieder nach Pakistan gereist sei, dort aber von der Familie seiner Frau mit dem Tod bedroht werde.
3 Mit Bescheid vom 8. Februar 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Folgeantrag ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest. Mit näherer Begründung ging die Behörde davon aus, dass der Revisionswerber Staatsangehöriger von Afghanistan sei.
4 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 11. November 2021 als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig. Es ging in seiner Begründung davon aus, dass der Revisionswerber pakistanischer Abstammung sei und legte seinem Erkenntnis auch die Länderfeststellungen ausschließlich zu Pakistan zu Grunde.
5 Die vorliegende ordentliche Revision richtet sich gegen dieses Erkenntnis.
6 Sie erweist sich jedoch unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B-VG als nicht zulässig:
7 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
9 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Revisionswerber auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet. Die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Kontrolle einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung stützt sich für außerordentliche und ordentliche Revisionen in gleicher Weise jeweils auf eine gesonderte Darlegung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Revision (vgl. etwa VwGH 26.9.2022 Ro 2022/20/0001, mwN).
10 Das Bundesverwaltungsgericht führte zur Frage der Zulässigkeit der Revision aus, dass in den Verfahren nach § 3 und § 8 AsylG 2005 über den Herkunftsstaat meritorisch abzusprechen sei. Ausgehend von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes zum Verfahrensgegenstand (Sache des Verfahrens) im Bereich Abfallwirtschaftsrecht, Arbeitslosenversicherungsrecht und Sozialversicherungsrecht, wonach der Verfahrensgegenstand durch den Antrag, den Bescheid und die Beschwerde gebildet werde, fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob der im Bescheid genannte Herkunftsstaat seitens des Bundesverwaltungsgerichts ausgetauscht werden könne.
11 Der Revisionswerber verweist in seiner Zulässigkeitsbegründung lediglich darauf, dass das Bundesverwaltungsgericht die Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG festgestellt habe. Zu der vom Verwaltungsgericht aufgeworfenen Rechtsfrage enthält die Revision keinerlei Ausführungen. Sie beschränkt sich vielmehr in ihrer Begründung vorwiegend auf die Darlegung von Ermittlungs- und Feststellungmängeln in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan, ohne dabei jedoch eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen. Sie lässt auch nicht erkennen, dass nach Ansicht des Revisionswerbers diese vom Bundesverwaltungsgericht angesprochene Rechtsfrage von diesem unrichtig gelöst wurde. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aber für die Entscheidung über die Revision präjudiziell und nach dem Vorbringen des Revisionswerbers vom Verwaltungsgericht unrichtig gelöst worden sein (vgl. VwGH 29.6.2021, Ro 2020/10/0014, mwN).
12 Auf eine Rechtsfrage, die das Verwaltungsgericht bei der Zulassung der ordentlichen Revision als grundsätzlich angesehen hat, ist vom Verwaltungsgerichtshof allerdings nicht einzugehen, wenn diese Rechtsfrage in der Revision nicht angesprochen wird (vgl. VwGH 17.3.2021, Ro 2019/15/0182 bis 0183; 5.10.2020, Ro 2020/10/0003 bis 0004; 27.3.2020, Ro 2019/05/0029; 13.7.2015, Ro 2015/20/0001, mwN).
13 Da die Revision somit zu der vom Verwaltungsgericht als grundsätzlich erachteten Rechtsfrage keine Ausführungen enthält und sie auch nicht gesondert darlegt, dass die Lösung des Falles von einer anderen Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt, eignet sie sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 22. Februar 2023
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2023:RO2022140001.J00Im RIS seit
28.03.2023Zuletzt aktualisiert am
28.03.2023