TE Vwgh Beschluss 2023/2/24 Ra 2023/22/0012

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Veröffentlicht am 24.02.2023
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

B-VG Art133 Abs4
NAG 2005 §46
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. VwGG § 28 heute
  2. VwGG § 28 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. VwGG § 28 gültig von 01.01.2017 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 24/2017
  4. VwGG § 28 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  5. VwGG § 28 gültig von 01.07.2008 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  6. VwGG § 28 gültig von 01.08.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 89/2004
  7. VwGG § 28 gültig von 01.01.1991 bis 31.07.2004 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 330/1990
  8. VwGG § 28 gültig von 05.01.1985 bis 31.12.1990
  1. VwGG § 34 heute
  2. VwGG § 34 gültig ab 01.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2021
  3. VwGG § 34 gültig von 01.01.2014 bis 30.06.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  4. VwGG § 34 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  5. VwGG § 34 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  6. VwGG § 34 gültig von 01.08.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 89/2004
  7. VwGG § 34 gültig von 01.09.1997 bis 31.07.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 88/1997
  8. VwGG § 34 gültig von 05.01.1985 bis 31.08.1997

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pelant sowie Hofrat Dr. Schwarz und Hofrätin MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Thaler, in der Revisionssache des M W, vertreten durch Dr. Rudolf Mayer, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Währingerstraße 3/14, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 5. Oktober 2022, VGW-151/079/7833/2021-13, betreffend Wiederaufnahme eines Verfahrens nach dem NAG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid vom 14. April 2021 nahm der Landeshauptmann von Wien das rechtskräftig abgeschlossene Verfahren über den Antrag des Revisionswerbers, eines serbischen Staatsangehörigen, vom 24. Juli 2019 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot - Karte plus“ gemäß § 46 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit Abs. 3 AVG von Amts wegen wieder auf. Unter einem wurden der genannte Antrag gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 NAG sowie der Verlängerungsantrag vom 27. November 2020 mangels Vorliegens eines gültigen Aufenthaltstitels auch gemäß § 24 NAG abgewiesen.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 5. Oktober 2022 wies das Verwaltungsgericht Wien die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers - mit einer für den vorliegenden Fall nicht relevanten Maßgabe - als unbegründet ab. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3        Das Verwaltungsgericht stellte nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung auf das Wesentlichste zusammengefasst fest, die zwischen dem Revisionswerber und K W, einer daueraufenthaltsberechtigten serbischen Staatsangehörigen, am 1. August 2017 in Serbien geschlossene Ehe sei von einer weiteren Person über deren Social-Media-Kontakte vermittelt worden. K W sei bereits von August 2006 bis zu ihrer Scheidung im November 2012 in erster Ehe verheiratet gewesen. Aus dieser Ehe entstammten zwei, in den Jahren 2000 und 2003 geborene Söhne. Der Revisionswerber habe anlässlich der Eheschließung den vom geschiedenen Vorehegatten der K W abgeleiteten deutschen Familiennamen „W“ angenommen, weil dieser ihm für den künftigen Aufenthalt in Österreich vorteilhaft erschienen sei. Feierlichkeiten jeglicher Art anlässlich der Eheschließung hätten weder in Serbien noch in Österreich stattgefunden. Nach der Eheschließung seien der Revisionswerber und K W zwecks Antragstellung bei der belangten Behörde wieder nach Wien gereist und es sei der Revisionswerber erstmals mit 16. August 2017 (bis 10. November 2017) in der Wohnung von K W angemeldet worden. Anlässlich eines ersten konkreten Einreichversuches bei der belangten Behörde sei der Revisionswerber von der Behörde darauf aufmerksam gemacht worden, dass er erst 19 Jahre alt sei und daher das erforderliche Mindestalter für Ehegatten gemäß § 2 Abs. 1 Z 9 NAG nicht erfülle. Daraufhin hätten der Revisionswerber und K W den Kontakt weitgehend abgebrochen und vereinbart, das 21. Lebensjahr des Revisionswerbers abzuwarten und danach den Antrag gemäß § 46 NAG zu stellen. Am 24. Juli 2019 habe der Revisionswerber bei der Österreichischen Botschaft in Belgrad nunmehr den verfahrensgegenständlichen Erstantrag eingebracht. Am 20. Jänner 2020 sei ihm eine „Rot-Weiß-Rot - Karte plus“ mit Gültigkeit bis 14. Jänner 2021 ausgefolgt worden. Am selben Tag sei er wieder an der Adresse von K W angemeldet worden. Weder vor noch nach der formellen Eheschließung habe der Revisionswerber ein persönliches Interesse an einer ernsthaften Lebensgemeinschaft mit K W gehabt, sondern er sei die Ehe ausschließlich zur Herstellung und anschließenden Festigung eigener wirtschaftlicher Grundlagen in der Europäischen Union eingegangen. Seit Einleitung des Wiederaufnahmeverfahrens seien der Revisionswerber und K W „lediglich zu Beweiszwecken im laufenden Verfahren“ eine vorübergehende Wohngemeinschaft eingegangen.

4        In seiner ausführlichen Beweiswürdigung stützte sich das Verwaltungsgericht insbesondere auf widersprüchliche Aussagen der Eheleute zum Kennenlernen und zur Organisation der Eheschließung in Serbien. Die Feststellung, dass der Kontakt zwischen ihnen - nach dem ersten Versuch des Revisionswerbers zur Erlangung eines Aufenthaltstitels im Jahr 2017 - bis Juli 2019, weitgehend abgebrochen gewesen sei, begründete das Verwaltungsgericht ebenfalls mit „dem beidseitigen vagen und ausweichenden Antwortverhalten“. Demnach habe K W auf die Frage zur Aufrechterhaltung der Beziehung in diesem Zeitraum pauschal und ausweichend damit geantwortet, dass dies damals aufgrund ihrer Arbeit „sehr schlecht“ möglich gewesen sei und der Revisionswerber auch „zuhause zu tun“ gehabt hätte.

5        In seiner rechtlichen Beurteilung hielt das Verwaltungsgericht fest, der Revisionswerber habe die Ehe mit dem ausschließlichen Zweck initiiert und geschlossen, um auf dieser Grundlage einen langfristigen Aufenthalt in Österreich zu erschleichen und ein Aufenthaltsrecht zu erwirken. Da ein Ehe- und Familienleben iSd Art. 8 MRK weder zum Zeitpunkt der Antragstellung im Juli 2019 noch zum Zeitpunkt der Erledigung des Erstantrages im Jänner 2020 geführt worden sei, hätte sich der Revisionswerber nicht auf diese Ehe berufen dürfen. Schon der positiven Erledigung des Erstantrags sei daher das absolute Erteilungshindernis des § 11 Abs. 1 Z 4 NAG entgegengestanden. Da sich an der Qualifikation der formellen Ehe als Scheinehe nichts geändert habe, seien sowohl der Erstantrag als auch der Verlängerungsantrag negativ zu erledigen.

6        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       Die Revision wendet sich in ihrer Zulässigkeitsbegründung gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch wiederholt festgehalten, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG im Zusammenhang mit der Überprüfung der Beweiswürdigung nur dann vorliegt, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Die Beweiswürdigung ist nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorgangs, nicht aber um die konkrete Richtigkeit handelt, sowie wenn es darum geht, ob die in diesem Denkvorgang gewürdigten Beweisergebnisse in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind (vgl. etwa VwGH 29.11.2021, Ra 2021/22/0134, Rn. 8, mwN).

11       Eine derartige vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Unvertretbarkeit der verwaltungsgerichtlichen Beweiswürdigung zeigt die Revision nicht auf. Das Verwaltungsgericht gelangte auf Basis schlüssiger beweiswürdigender Überlegungen sowie gestützt auf die Ermittlungsergebnisse, die es u.a. im Rahmen einer mündlichen Verhandlung sowie nach Befragung des Revisionswerbers und dessen Ehegattin gewonnen hatte, zum Ergebnis, dass es sich bei der in Rede stehenden Ehe, auf deren Grundlage der Revisionswerber den Aufenthaltstitel gemäß § 46 NAG erlangt hatte, um eine Aufenthaltsehe handle. Soweit der Revisionswerber ins Treffen führt, das Verwaltungsgericht habe in der Begründung bloß jene Tatsachen angeführt, die „unstimmig“ seien, und insbesondere die vom Revisionswerber vorgelegten Beweismittel - wie das „Familienalbum“, darin ausgedruckte Fotos, Auszüge des Chatverlaufs sowie Auszüge aus Facebook - nicht ausreichend gewürdigt, ist ihm entgegenzuhalten, dass sich das Verwaltungsgericht mit den Aussagen der Eheleute auseinandersetzte und die für die Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen nachvollziehbar darstellte; dies gilt auch für die vom Revisionswerber vorgelegten Unterlagen.

12       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 24. Februar 2023

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023220012.L00

Im RIS seit

28.03.2023

Zuletzt aktualisiert am

28.03.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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