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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §69 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über den Antrag des Dr. J in W, vom 1. Oktober 1993 (ergänzt mit Schreiben vom 5. Juli 1994) auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 17. Dezember 1990, Zl. 89/12/0143, abgeschlossenen Verfahrens, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Gemäß § 45 Abs. 1 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Magistratsrat i.R. in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zur Stadt Wien und ist rechtskundig im Sinne des § 24 Abs. 2 VwGG.
Mit Bescheid des Wiener Stadtsenates vom 11. Juli 1989 wurde der 1941 geborene Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 2 lit. a der Dienstordnung 1966 (DO) wegen Dienstunfähigkeit auf Grund psychischer bzw. habitueller Ursachen (insbesondere wegen mangelnder Einordnungs- und Einsichtsfähigkeit in rechtliche Zusammenhänge, die zu einer Störung des Dienstbetriebes führten) in den Ruhestand versetzt.
Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene und unter Zl. 89/12/0143 protokollierte Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof am 17. Dezember 1990 als unbegründet abgewiesen.
Gegen die mit dem vorher genannten Bescheid vom 11. Juli 1989 erfolgte Ruhestandsversetzung des Antragstellers richten sich - genauso wie gegen die zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes - eine Reihe von Anträgen auf Wiederaufnahme des Verfahrens.
So hat der Antragsteller in dem unter Zlen. 91/12/0019, 0241, protokollierten Wiederaufnahmeverfahren nach § 45 Abs. 1 VwGG geltend gemacht, er habe erst am 19. Dezember 1990 im Rahmen eines Strafverfahrens Einsicht in einen Akt der Verwaltungsrevision erhalten, aus dem sich das Motiv für seine Pensionierung ergebe. Weiters wurde in diesem Zusammenhang Befangenheit der tätig gewordenen Verwaltungsorgane behauptet.
In einem bei der Verwaltungsbehörde angestrebten Wiederaufnahmeantrag brachte der Antragsteller mit Schreiben vom 7. Dezember 1992 vor, daß der Wiener Stadtsenat als Kollegialorgan seinerzeit seine Pensionierung gemeinsam mit 100 unstrittigen anderen Persionierungen beschlossen habe, und sah darin § 69 Abs. 1 AVG verwirklicht (vgl. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 93/12/0178).
Mit vorliegendem Wiederaufnahmeantrag bringt der Antragsteller im wesentlichen vor, "auf Grund Kenntnisnahme" von aus dem Akt Zl. 93/12/0178 unmittelbar zu entnehmenden Tatsachen und Beweismitteln, die ihm durch die am 28. September 1993 zugestellte Gegenschrift und Akteneinsichtnahme erst zugänglich geworden seien und seine bisherigen Annahmen in diesem Verfahren bestätigt hätten, sei der Verwaltungsgerichtshof in der Sache Zl. 89/12/0143 über die Tatsache, daß kein rechtsgültiger Beschluß über seine Pensionierung vorgelegen sei, in Irrtum geführt und belassen worden. Wie dem Akt Zl. 93/12/0178 zu entnehmen sei, sei der Wiener Stadtsenat mit einer am Freitag, dem 7. Juli 1989, erstellten Liste umfangreicher Tagesordnungspunkte für Dienstag, den 11. Juli 1989, eingeladen worden. Keines der eingeladenen Mitglieder habe vor der Sitzung sein Recht auf Einsichtnahme gemäß § 43 der Wiener Stadtverfassung praktisch ausüben können. Der Bürgermeister habe nicht in Abrede gestellt, daß die Mitglieder der Stadtsenatssitzung bei der Behandlung der Pensionsierungsfälle, besonders dem des Antragstellers, zum Gegenstand nicht das Wort ergriffen hätten, was lediglich die Uninformiertheit über den zugrundeliegenden Akteninhalt ausweise. Andererseits habe er keine Erklärung darüber abgegeben, wie die "Konkludenz eines Willensbeschlusses durch das Kollegialorgan" habe abgeleitet werden können, wenn sich auch die Vorsitzende des Kollegialorganes nicht in der Richtung geäußert habe, daß nach dem Vortrag des Berichters der spezielle Antrag wegen Nichterhebung des Wortes irgendeines der Mitglieder des Stadtsenates als angenommen erklärt worden sei. Im Wochen nach der Sitzung angefertigten veröffentlichten Protokoll finde sich lediglich der Hinweis, daß in Ansehung auch der Pensionierung des Antragstellers der Antrag genehmigt worden sei. Daß der Stadtsenat am 11. Juli 1989 autonom einen Bescheid beschlossen habe, gehe jedoch aus dem Sitzungsprotokoll vom 11. Juli 1989 nicht hervor. Auf Grund des Sitzungsprotokolles stehe unzweifelhaft fest, daß nur ein Antrag auf Pensionierung genehmigt worden sei. Ein Beschluß über den Bescheid selbst sei nicht gefaßt worden. Das Gesamtverhalten der belangten Behörde sei im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof in der Person des Herrn Bürgermeisters als die Gegenschrift jeweils Unterfertigenden hinreichend zuordenbar ausgewiesen und als tatsächlich geeignet gewesenes Erschleichen eines Erkenntnisses gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VwGG in der Sache Zl. 89/12/0143 zu beurteilen.
In einem ergänzenden Schreiben vom 5. Juli 1994 setzte sich der Antragsteller mit der Frage auseinander, daß im Pensionierungsbescheid nicht die letzte Zeit seiner Tätigkeit beim Magistrat berücksichtigt worden sei und bemängelt neuerlich die Art der Beschlußfassung im Kollegialorgan.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VwGG ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluß abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn das Erkenntnis oder der Beschluß durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits zur inhaltlich gleichlautenden Bestimmung des § 45 Abs. 1 lit. a VwGG 1965 dargelegt hat, setzt die Anwendung dieser Bestimmung voraus, daß die gerichtlich strafbare Handlung im Zuge des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof und nicht etwa im Zuge des verwaltungsbehördlichen Verfahrens gesetzt wurde; gleiches gilt für eine Erschleichungshandlung. Neue Tatsachen oder Beweismittel, die sich auf den Sachverhalt beziehen, bilden daher unter Umständen einen Wiederaufnahmegrund im Verwaltungsverfahren, aber nicht im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof über eine Beschwerde gegen einen Bescheid (vgl. den bereits vorher erwähnten Beschluß vom 29. Juli 1992, Zlen. 91/12/0019, 0241).
Das Vorbringen des Antragstellers ist damit, soweit es sich auf sachverhaltsbezogene Tatsachen oder Beweismittel im Verwaltungsverfahren bezieht, von vornherein unbeachtlich und verfehlt. Der Verwaltungsgerichtshof sieht aber auch in dem auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren Bezug habenden Vorbringen des Antragstellers keinen Anhaltspunkt dafür, daß Organwalter der seinerzeit belangten Behörde im Zuge des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof eine gerichtlich strafbare Handlung oder eine Erschleichungshandlung gesetzt hätten.
Der Wiederaufnahmeantrag erweist sich daher mangels Vorliegen der Voraussetzungen nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VwGG als unbegründet; es konnte dem Antrag daher nicht stattgegeben werden.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993120276.X00Im RIS seit
20.11.2000