Entscheidungsdatum
06.10.2022Index
90/02 KraftfahrgesetzNorm
KFG 1967 §48a Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin HR Mag. Dr. Sprachmann über die Beschwerde der A B GmbH, Ö, Ö, vertreten durch Mag. C D, Rechtsanwältin, Astraße, I-D, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 11.07.2022, GZ: 11.1-106/2022,
z u R e c h t e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird der Beschwerde
Folge gegeben
und dem Antrag der Beschwerdeführerin, auf Reservierung des Wunschkennzeichens ****, stattgegeben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz
(im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 11.07.2022, GZ: 11.1-106/2022, wurde der Antrag der Firma A B GmbH vom 07.06.2022 auf Reservierung des Wunschkennzeichens ****, wegen Anstößigkeit gemäß § 48a KFG, abgewiesen.
Begründend führte die Behörde aus, dass die Buchstabenkombination „BH“ entsprechend des Erlasses BMVIT-179.493/0011-IV/ST4/2015 anstößig sei, da man diese Kombination in rechtsextremen Kreisen als Code-Verwendung finden würde. Auch wenn es sich bei der verwendeten Buchstabenkombination um Initialen des Firmeneigentümers handeln würde, sei der wesentliche Zweck des Codes erreicht.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht durch ihre rechtsfreundliche Vertretung Beschwerde und führte darin im Wesentlichen aus, dass im vorliegenden Fall keinerlei Anhaltspunkte bestehen würden, dass die Beschwerdeführerin rechtsextreme Codes verwenden wolle. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass die Buchstabenkombination „BH“ in der Öffentlichkeit als „Blood and Honour“ verstanden werde, zumal in Österreich grundsätzlich Deutsch gesprochen werde. Die Beschwerdeführerin verwende die Buchstabenkombination „BH“ bereits seit Einführung des Wunschkennzeichens und sei im gesamten Umkreis der Beschwerdeführerin bekannt, dass es sich dabei um die Initialen des Firmeninhabers handeln würde und um keinen verdeckten Code. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin betreibe seit Jahrzenten ein angesehenes und bekanntes Holzschlägerungsunternehmen und habe keinerlei Bezug zu irgendwelchen rechtsextremen Kreisen. Die Beschwerdeführerin habe seit Einführung des Wunschkennzeichens immer die Bezeichnung „BH“ mit einer jeweiligen Ziffer verwendet und sei die Buchstabenkombination ausschließlich auf den Namen des Geschäftsführers E F abgestellt. Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum nunmehr bekrittelte Wunschkennzeichen während des Gültigkeitszeitraumes dennoch weiterverwendet werden dürfen, auch wenn sie nach der neuen Regelung nicht mehr bewilligt werden könnten. Ebenfalls ging die Beschwerdeführerin in der Beschwerde, auf den Erlass des BMVIT vom 23.07.2015, welcher am 22.12.2016 ergänzt wurde, ein.
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat wie folgt erwogen:
Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG konnte das Landesverwaltungsgericht von einer Verhandlung absehen, da die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung, weder Art. 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin eine solche Verhandlung auch nicht beantragt.
Nachstehender Sachverhalt konnte festgestellt werden:
Die Beschwerdeführerin A B GmbH betreibt seit Jahren ein Holzschlägerungsunternehmen. Der Geschäftsführer der Firma A B GmbH ist E F und hat die Firma seit Jahren als Wunschkennzeichen für ihre Fahrzeuge die Buchstabenkombination „BH“ verbunden mit der jeweiligen Ziffer. Bei der Buchstabenkombination „BH“ handelt es sich um die Initialen des Geschäftsführers E F. Aktuell sind sechs Fahrzeuge des Unternehmens mit dieser Buchstabenkombination zugelassen.
Am 07.06.2022 beantragte die Beschwerdeführerin gemäß § 48a KFG die Reservierung des Kennzeichens ****.
Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der Behörde, sowie dem Gegenstandsakt und dem durchgeführten Ermittlungsverfahren des Landesverwaltungsgerichtes. Aus dem E-Mail der belangten Behörde vom 27.09.2022 ist zu entnehmen, dass derzeit sechs Fahrzeuge der Firma A B GmbH mit der Buchstabenkombination „BH“ zugelassen sind, sowie mehrere erstmalige Reservierungen bestehen, deren Frist teilweise schon abgelaufen ist. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark erachtet es zweifelsfrei als erwiesen, dass bereits seit Jahren betreffend der Beschwerdeführerin Wunschkennzeichen der Buchstabenkombination „BH“ verbunden mit der jeweiligen Ziffer verwendet werden und dass diese Wunschkennzeichen und auch die nunmehr beantragte Reservierung des Wunschkennzeichens ****, auf den Initialen des Geschäftsführers E F verbunden, mit der jeweiligen Ziffer, zurückzuführen ist.
Rechtliche Beurteilung:
„(1) Die nicht behördenbezogenen Teile eines Kennzeichens (Vormerkzeichen) können nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen frei gewählt werden (Wunschkennzeichen).“
§ 48a Abs 2 lit. d KFG:
„(2) Auf schriftlichen Antrag ist ein Wunschkennzeichen zuzuweisen oder zu reservieren, wenn
d) es nicht eine lächerliche oder anstößige Buchstabenkombination oder Buchstaben-Ziffernkombination enthält oder in Kombination mit der Behördenbezeichnung eine lächerliche oder anstößige Buchstaben- oder Buchstaben-Ziffernkombination ergibt.“
Dieser § 48a Abs 2 lit d KFG wurde im Zuge einer Novelle des Kraftfahrgesetzes, BGBI Nr. 72/2015, geändert und die Frage der Beurteilung der Zulässigkeit eines Wunschkennzeichens neu geregelt, wobei in den Erläuterungen dazu Folgendes ausgeführt wurde:
„Die derzeitige Regelung betreffend die Anstößigkeit oder Lächerlichkeit eines Wunschkennzeichens bezieht sich lediglich auf die Buchstabenkombination und nicht auch auf die Behördenbezeichnung bzw. die Ziffern. Aktuelle Fälle zeigen, dass es in Verbindung der Behördenbezeichnung mit der gewählten Buchstabenkombination anstößige oder lächerliche Kennzeichen geben kann. Weiters gibt es Ziffernkombinationen, die in rechtsextremen Kreisen als Codes verwendet werden. Daher wird die Regelung erweitert und soll auch Kombinationen ausgewählter Buchstabenkombination und Behördenbezeichnung sowie Kombinationen aus Buchstaben und Ziffern umfassen."
Mit dem Erlass des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 23.07.2015, GZ: BMVIT-179.493/0011/IV-ST4/2015, betreffend anstößige oder lächerliche Wunschkennzeichen wurde unter Punkt 3 wie folgt ausgeführt:
„Die in diesem Punkt genannten Kombinationen sind jedenfalls anstößig iSd § 48a Abs 2 lit. d KFG. Es handelt sich um keine abschließende Aufzählung. Für alle genannten Kombinationen gilt, dass sie auch dann anstößig sind, wenn sie sich erst unter Einbeziehung der Behördenbezeichnung ergeben.“
Das erkennende Gericht stellt fest, dass einem Erlass (als eine generelle Weisung an untergeordnete Behörden) Rechtsnormqualität nicht zukommt. Ein derartiger Erlass gehört somit nicht zu den von einem Verwaltungsgericht bei der Beurteilung des ihm vorgelegten Falles anzuwendenden Rechtsnormen (vgl. VwGH vom 27.09.2018, Ro 2018/10/0031, VwGH vom 04.04.2019, Ra 2017/11/0302). Der oben angeführte Erlass des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 23.07.2015 ist daher für das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich nicht als Rechtsnorm anzuwenden (LVwG Niederösterreich vom 06.01.2022, GZ: LVwG-AV-1327/001-2021; vgl. auch LVwG Niederösterreich vom 01.07.2021, GZ: LVwG-AV-396/001-2021).
§ 48 Abs 2 lit d KFG rechtfertigt eine Abweisung des Antrages, wenn Buchstabenkombinationen bzw. Buchstaben-Ziffern-Kombinationen, somit Kombinationen aus Buchstaben und Ziffern (jeweils in Verbindung mit der Behördenbezeichnung) anstößig bzw. lächerlich sind.
Wie bereits oben ausgeführt hat das durchgeführte Ermittlungsverfahren zweifelsfrei ergeben, dass die beantragte Reservierung des Wunschkennzeichens **** betreffend der Buchstabenkombination sich auf den Familiennamen des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin begründet sowie, dass sich die Zahl * aus der jeweiligen Folgeziffer des Fahrzeuges gründet. Das erkennende Gericht kann gegenständlich in keinster Weise feststellen, warum von einem Durchschnittsbetrachter, auf welchem bei Sichtung des Kennzeichens abzustellen ist, auch nach vielen Jahrzenten nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, das beantragte Wunschkennzeichen von einer nicht unbeträchtlichen Anzahl von Personen, eben den Durchschnittsbetrachter, als „Blood and Honour“ wahrgenommen werden könnte (vgl. LVwG Niederösterreich vom 01.07.2021, GZ: LVwG-AV-396/001-2021). Im Übrigen werden zahlreiche amtliche Kennzeichen mit der Buchstabenkombination „BH“ ausgegeben (vgl. Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 01.07.2021, GZ: LVwG-AV-396/001-2021). Des Weiteren liegen auch keine Anhaltspunkte vor, dass die Beschwerdeführerin – welche in ihrer Firma seit Jahren in ihrer Fahrzeugflotte diese Buchstabenkombination als Wunschkennzeichen trägt – mit dem Antrag auf Reservierung des beantragten Wunschkennzeichens einen anstößigen oder lächerlichen Zweck verfolgen wollte.
Es war somit der Beschwerde Folge zu geben und dem Antrag der Beschwerdeführerin stattzugeben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Verkehrsrecht, Kraftfahrrecht, Wunschkennzeichen, Anstößigkeit, Lächerlichkeit, BuchstabenkombinationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGST:2022:LVwG.41.26.6752.2022Zuletzt aktualisiert am
27.03.2023