TE Vwgh Erkenntnis 1995/11/8 95/01/0078

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Veröffentlicht am 08.11.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Dolp und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des B in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Februar 1995, Zl. 4.345.770/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Februar 1995 wurde der am 24. Jänner 1995 gestellte Asylantrag des Beschwerdeführers - eines Staatsangehörigen "der Jugosl. Föderation" albanischer Nationalität - in Erledigung seiner Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24. Jänner 1995 abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde hat zum Ausdruck gebracht, daß die Erstbehörde in der Begründung ihres Bescheides "die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefaßt" habe und sie "sich den Ausführungen des Bundesasylamtes bezüglich der Fluchtgründe im angefochtenen Bescheid vollinhaltlich anschließt und diese zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erhebt". Damit wurde klargestellt, daß sie die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides insoweit, als zusätzlich der Ausschließungsgrund der Verfolgungssicherheit gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 herangezogen wurde, nicht übernommen hat. Es läßt aber auch die sonstige Begründung des angefochtenen Bescheides nicht erkennen, daß die belangte Behörde von diesem Ausschließungsgrund Gebrauch gemacht hat, sondern heißt es vielmehr darin abschließend, daß die Prüfung der Frage, ob der Beschwerdeführer in Italien vor Verfolgung sicher gewesen wäre oder nicht, im Hinblick darauf, daß sein gesamtes Vorbringen nicht den Schluß zulasse, daß er Flüchtling sei, obsolet sei. Die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen gehen daher von vornherein ins Leere.

Der Beschwerdeführer macht geltend, daß die belangte Behörde "richtigerweise den Sachverhalt einer eigenen Prüfung unterziehen und eine eigenständige rechtliche Beurteilung dazu hätte abgeben müssen" und der angefochtene Bescheid "auf Grund der Tatsache, daß die belangte Behörde in ihrer Bescheidbegründung die Begründungen des erstinstanzlichen Bescheides mit ihren eigenen Begründungen vermischt und diese nicht deutlich voneinander abgrenzt", mit Rechtswidrigkeit belastet sei. Dazu ist vorweg zu bemerken, daß die Berufungsbehörde ihrer Begründungspflicht allgemein mit der kurzen Verweisung auf die Gründe im Bescheid der Vorinstanz genügt, falls sie bezüglich des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes und dessen rechtlicher Beurteilung mit ihr einer Meinung ist und ihre keine durch die Begründung der Vorinstanz offen gelassene Frage vorgelegt worden ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Oktober 1995, Zl. 95/01/0045, mit weiteren Judikaturhinweisen). Die belangte Behörde hat sich nun veranlaßt gesehen, die von der Erstbehörde hinsichtlich der Frage der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers gegebene und von ihr "vollinhaltlich" übernommene Begründung durch weitere Ausführungen zu ergänzen. Den von ihr hiebei gebrauchten Formulierungen könnte nicht nur entnommen werden, daß sie auf dem Boden des vom Beschwerdeführer behaupteten Sachverhaltes die Auffassung vertritt, daß das Vorliegen wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung auf seiten des Beschwerdeführers von ihm nicht glaubhaft gemacht worden sei, sondern daß sein Vorbringen insgesamt nicht als glaubwürdig anzusehen sei, womit sie sich allerdings in Widerspruch zur Begründung des erstinstanzlichen Bescheides gesetzt hätte. Ein derartiger Verfahrensmangel wäre aber nicht wesentlich, weil für den Standpunkt des Beschwerdeführers jedenfalls, also auch dann, wenn der rechtlichen Beurteilung seine Angaben bei der niederschriftlichen Vernehmung am 24. Jänner 1995 zugrunde gelegt werden, nichts zu gewinnen ist.

Der Beschwerdeführer hat damals angegeben, den Kosovo verlassen zu haben, weil die Polizei am 10. Mai 1994 und am 5. August 1994 "eine Hausdurchsuchung nach Waffen durchführte". Dieser Grund sei ihm erst bei der zweiten Hausdurchsuchung genannt worden; er habe aber über keine Waffen verfügt. Bei der zweiten Hausdurchsuchung sei er "mitgenommen" und am Polizeirevier mißhandelt worden. Man habe ihn gefragt, wo er die Waffen versteckt habe, und ihm "mitgeteilt", daß man ihn, falls er die Waffen nicht bringen würde, umbringen werde. Am nächsten Morgen sei er freigelassen worden. Er habe große Angst gehabt und sich daraufhin bei seinem Schwiegervater, etwa 8 km von seinem Heimatdorf entfernt, aufgehalten. Seine Frau befinde sich nunmehr alleine zu Hause. "Dies" seien "die Probleme", weshalb er sein Heimatland verlassen habe; ansonsten könne er nichts anführen.

Unterzieht man diese Angaben (als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991) einer rechtlichen Beurteilung, so fällt auf, daß der Beschwerdeführer mit keinem Wort auf einen Zusammenhang zwischen den gegen ihn ergriffenen Maßnahmen und einem der im § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) taxativ angeführten Verfolgungsgründe hingewiesen hat. Selbst die von ihm behauptete Mißhandlung und Drohung, ihn allenfalls umzubringen, welche erst objektiv geeignet gewesen wären, bei ihm wohlbegründete Furcht vor weiterer Verfolgung hervorzurufen, wurden von ihm nicht in einen derartigen Zusammenhang gebracht und wären auch ohne einen solchen vorstellbar. Auch in diesem Falle wäre zwar die für die Annahme einer Verfolgung geforderte Intensität gegeben gewesen, jedoch wären keine Verfolgungshandlungen aus einem der für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft maßgeblichen Gründe vorgelegen, wobei dahingestellt bleiben kann, ob aus diesem Grunde die von der Erstbehörde (und damit auch von der belangten Behörde) gegebene Begründung, daß allfällige "Übergriffe" am 5. August 1994 (über die Hausdurchsuchung und die Festnahme im Rahmen der allgemeinen Strafrechtspflege wegen des Verdachtes auf den Besitz verbotener Waffen hinaus) den einzelnen Beamten, welche die Untersuchung durchführten, zuzuordnen seien und dieses Vorgehen keine vom Staat initiierte Verfolgungshandlung gegen den Beschwerdeführer darstelle, als schlüssig erachtet werden könnte. Die Beschwerdebehauptungen, auf Grund seines "Vorbringens im Verfahren" habe der Beschwerdeführer "glaubhafte Asylgründe dargelegt" und er habe "substantiiert und schlüssig dargestellt, warum" er "als Verfolgter im Sinne des Asylgesetzes anzusehen" sei, treffen daher nicht zu, und es fehlt im übrigen auch in der Beschwerde diesbezüglich ein klarer Bezug auf eine asylrechtlich relevante Verfolgung. Konkret hält nämlich der Beschwerdeführer der belangten Behörde - wie bereits der Erstbehörde in der Berufung - lediglich entgegen, daß sie mit ihren Ausführungen, Strafverfolgung stelle für sich allein keine begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention dar, "in ihrer Argumentation im abstrakten und allgemeinen verweilt" und er bei seiner Vernehmung "klar dargelegt" habe, daß man ihm "den Grund der ersten Hausdurchsuchung nicht mitteilte". "Im Sinne einer geordneten Strafrechtspflege, wie sie die Asylbehörde behauptet, hätte man" ihm "zumindest die Gründe der Hausdurchsuchung mitteilen müssen". "Da die Hausdurchsuchung von Beamten der Bundesrepublik Jugoslawien durchgeführt wurden, zumindest die erste sich als Willkürakt darstellt", seien "diese auch dem Staat zurechenbar" und "damit die Verfolgungssituation gegeben". Dabei übersieht der Beschwerdeführer, daß auch dann, wenn ihm bei der ersten Hausdurchsuchung deren Grund noch nicht bekanntgegeben worden sein sollte, ihm dieser, wovon er nunmehr ausgeht, nachträglich bewußt geworden wäre und sich dieser Umstand für ihn nicht nachteilig ausgewirkt hätte.

Aber auch wenn man demgegenüber der Ansicht wäre, daß im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer bei seiner Vernehmung erwähnte Zugehörigkeit zur albanischen Nationalität in seinem Heimatland in Verbindung mit der allgemein bekannten politischen Situation im Kosovo eine andere Betrachtungsweise geboten wäre, könnte der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers verneint hat. Denn es könnte - im Sinne der ergänzenden Begründung der belangten Behörde - nicht gesagt werden, daß die erst im Jänner 1995 erfolgte Ausreise des Beschwerdeführers noch in einem zeitlichen Konnex zu den Vorfällen am 5. August 1994 gestanden wäre. Der Beschwerdeführer hat sich zwar seiner Behauptung nach in der Zwischenzeit verborgen gehalten; ein Anhaltspunkt dafür, daß er während dieser Zeit oder auch später von der Polizei gesucht oder sonst der Versuch unternommen worden sei, gegen ihn irgendwelche weitere Maßnahmen zu ergreifen, besteht aber nicht.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995010078.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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