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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des M D, BA, in W, vertreten durch die Lansky, Ganzger, Goeth, Frankl & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Biberstraße 5, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 15. November 2021, VGW-021/021/13981/2020-8, betreffend Übertretung des TNRSG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 3. September 2020 wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe als Inhaber eines Gastgewerbes in der Betriebsart „Kaffeehaus“ an einer näher genannten Adresse in W und damit als Inhaber von Räumen und Einrichtungen gemäß § 12 Abs. 1 Z 4 Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz (TNRSG) am 2. November 2019 um 22:50 Uhr insofern entgegen § 13c Abs. 2 Z 1 TNRSG nicht dafür Sorge getragen, dass in den Räumen dieses Gastronomiebetriebs keine Wasserpfeifen bzw. keine verwandten Erzeugnisse geraucht werden würden, als in dem an den Verein V vermieteten Raum links neben der Schank acht Gäste anwesend gewesen seien, die Shishas konsumiert hätten. Die Shishas würden in einem Vorbereitungsraum von MitarbeiterInnen des Gastronomiebetriebs vorbereitet und in den Clubraum gebracht werden, und die Vereinsmitglieder zahlten den Preis für die Shishas an den anwesenden Kellner des Gastronomiebetriebs, weshalb die Vermietung des Lokals an den Verein eine Umgehung im Sinn des § 12 Abs. 3 letzter Satz TNRSG darstelle, weshalb auch in diesem Raum das absolute Rauchverbot gelte (dem Rauchverbot unterlägen auch vollumfänglich Vereine, die ihren Sitz in einem Gastronomiebetrieb hätten). Der Revisionswerber habe dadurch § 14 Abs. 4 iVm. § 12 Abs. 1 Z 4 und Abs. 3 und Abs. 5 iVm. § 13c Abs. 2 Z 1 TNRSG verletzt. Über ihn wurde gemäß § 14 Abs. 4 erster Strafsatz TNRSG eine Geldstrafe in der Höhe von € 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Stunden) verhängt, und es wurde ihm ein Beitrag zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens in der Höhe von € 50,-- auferlegt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers gemäß § 50 VwGVG als unbegründet ab und bestätigte das behördliche Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass in dessen Spruch im zweiten Satz der Tatumschreibung die Wortfolge „und in den Clubraum gebracht“ zu entfallen habe. Für das verwaltungsgerichtliche Beschwerdeverfahren wurde dem Revisionswerber ein Kostenbeitrag in der Höhe von € 100,-- vorgeschrieben. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
3 Auf das Wesentliche zusammengefasst führte das Verwaltungsgericht in der Begründung seiner Entscheidung näher aus, weshalb es aufgrund der insbesondere im Rahmen einer mündlichen Verhandlung gewonnenen Ermittlungsergebnisse davon ausgehe, dass die in Rede stehende Überlassung des in dem gegenständlichen Gastgewerbebetrieb befindlichen „Vereinsraums“ an den Verein V und dessen Mitglieder eine Umgehung des TNRSG darstelle. Im Hinblick auf diese Umgehungskonstruktion liege fallbezogen eine Übertretung des TNRSG vor.
4 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 19. September 2022, E 4624/2021-5, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
5 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Begründung der Zulässigkeit unter der Überschrift „Zum Fehlen einschlägiger Rechtsprechung - Kein Rauchverbot in Vereinsräumlichkeiten (Shisha-Verein)“ geltend gemacht, es fehle hg. Rechtsprechung zur Frage, ob das Rauchverbot auch in Räumen eines Gastronomiebetriebs gelte, in denen Vereinstätigkeiten nicht im Beisein von Kindern und Jugendlichen ausgeübt und auch keine Veranstaltungen abgehalten werden würden und die nicht den Gästen des Gastronomiebetriebs, sondern ausschließlich Mitgliedern des Vereins zugänglich seien und nur diesen zur Verfügung stünden. Weiters fehle Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage, ob in einer derartigen Konstellation, in der in dem Vereinslokal auch keine Speisen und Getränke verabreicht und konsumiert würden, von einer Umgehungsabsicht ausgegangen werden könne. Das Verwaltungsgericht habe bei seiner Beurteilung nicht berücksichtigt, dass nach dem in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers eine Umgehung des Rauchverbots insbesondere bei vereinsinternen Tätigkeiten, wie z.B. im Fall eines Zigarrenclubs, nicht vorliege. Solche Tätigkeiten seien daher nach wie vor zulässig. Wenn somit das Rauchen von Zigarren in Zigarrenclubs zulässig sei, könne das Dampfen einer Wasserpfeife im Vereinslokal eines Shishavereins nicht verboten sein. Schließlich stelle sich die Frage, ob die Auslegung der Verbots- und Straftatbestände des TNRSG anhand der betriebsanlagenrechtlichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 rechtmäßig sei.
Die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG liegen nicht vor:
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen (VwGH 27.4.2020, Ra 2019/11/0045, mwN).
9 Da sich schon aus dem eindeutigen Wortlaut des § 12 Abs. 3 letzter Satz TNRSG ergibt, dass das Rauchverbot auch für Vereine gilt, wenn durch die Vereinsaktivitäten eine Umgehung der Bestimmungen gemäß § 12 Abs. 1 und 2 leg. cit. erfolgt, wird mit dieser Zulässigkeitsbegründung der Revision keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt (vgl. zum Nichtvorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bei eindeutiger Rechtslage vgl. VwGH 1.2.2022, Ra 2019/11/0210 bis 0212).
10 Dass die auf Basis der Ergebnisse einer mündlichen Verhandlung getroffene einzelfallbezogene Beurteilung des Verwaltungsgerichts Wien, der zufolge gegenständlich von einer verpönten Umgehungshandlung auszugehen sei, gemessen am Prüfmaßstab des Verwaltungsgerichtshofs zu beanstanden wäre, legt die Revision, die im Übrigen in der Darstellung des Sachverhalts selbst darauf hinweist, dass die in Rede stehende Nutzung eines ehemaligen „Raucherraums“ des gegenständlichen Gastronomiebetriebs durch den Verein V in unmittelbarem Zusammenhang mit dem am 1. November 2019 in Kraft getretenen generellen Rauchverbot in Gastronomiebetrieben steht, nicht dar (vgl. auch VwGH 14.7.2022, Ra 2021/11/0186; 5.9.2022, Ra 2021/11/0078).
11 Da somit die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 9. Februar 2023
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023110009.L00Im RIS seit
21.03.2023Zuletzt aktualisiert am
21.03.2023