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63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;Norm
BDG 1979 §112 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des NN in S, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 27. Jänner 1994, Zl. 132.363/36-III/16/93, betreffend Entfall der Bezüge wegen ungerechtfertigter Abwesenheit vom Dienst, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.830,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1949 geborene Beschwerdeführer stand im beschwerdegegenständlichen Zeitraum als Mittelschulprofessor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund (wie sich aus dem hg. Beschwerdeverfahren Zl. 94/12/0310 ergibt, wurde der Beschwerdeführer mit Bescheid der belangten Behörde vom 30. Dezember 1994 gemäß § 14 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 mit Ablauf des 31. Jänner 1995 in den Ruhestand versetzt; weitere Verfahren betreffend das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschwerdeführers waren zu den hg. Zlen. 90/09/0001 bzw. 91/12/0295 anhängig). Die Dienststelle des Beschwerdeführers war das Bundesrealgymnasium X.
Mit Bescheid vom 2. April 1991 sprach der Landesschulrat für Salzburg als Dienstbehörde erster Instanz aus, daß der Beschwerdeführer gemäß § 51 Abs. 2 BDG 1979 seit 15. November 1989 nicht gerechtfertigt vom Dienst abwesend sei (erster Satz des Spruches), und daß dessen Bezüge gemäß § 13 Abs. 2 Z. 2 des "Gehaltsgesetzes 1955" (richtig wohl: 1956) ab dem 15. November 1989 eingestellt würden (zweiter Satz des Spruches). Begründet wurde dies zusammengefaßt damit, daß der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung, unverzüglich den Grund seiner Abwesenheit am 19. November 1990 seinem Vorgesetzten zu melden und seine Abwesenheit zu rechtfertigen, nicht nachgekommen sei und er gleichfalls seiner Verpflichtung, sich der zumutbaren Krankenbehandlung zu unterziehen bzw. der Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung seit dem 15. November 1989 nicht nachgekommen sei, weshalb das von ihm behauptete Krankheitsbild nicht nachvollziehbar sei. Deshalb gelte die Abwesenheit vom Dienst als nicht gerechtfertigt, sodaß auch ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden sei. Gemäß § 13 Abs. 3 Z. 2 GG 1956 entfielen die Bezüge, wenn der Beamte eigenmächtig länger als drei Tage dem Dienst fernbleibe, ohne einen ausreichenden Entschuldigungsgrund nachzuweisen, für die Gesamtdauer der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst. Der Beschwerdeführer sei seit 15. November 1989 ungerechtfertigt vom Dienst abwesend, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, die zunächst mit Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 29. September 1993 (zur Gänze) als unbegründet abgewiesen wurde. Dagegen erhob der Beschwerdeführer die zur Zl. 93/12/0313 protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof; das diesbezügliche Beschwerdeverfahren wurde über Erlassung des nun angefochtenen Bescheides mit Beschluß vom 13. April 1994 eingestellt.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde
1. den Berufungsbescheid vom 29. September 1993 gemäß § 68 Abs. 2 AVG aufgehoben und 2. die Berufung des Beschwerdeführers für den Zeitraum für den 15. November 1989 bis 7. Juli 1990 als unbegründet abgewiesen, hingegen in teilweiser Stattgebung der Berufung ausgesprochen, daß für die Zeit ab dem 8. Juli 1990 keine Einstellung der Bezüge einzutreten habe. Die Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides für den Zeitraum vom 15. November 1989 bis zum 7. Juli 1990 - das ist der nun beschwerdegegenständliche Zeitraum - wurde zusammengefaßt damit begründet, daß der Beschwerdeführer in diesem Zeitraum wegen behaupteter Erkrankung vom Dienst abwesend gewesen sei, die von ihm vorgelegten ärztlichen Bestätigungen für eine abschließende Beurteilung seiner Dienstfähigkeit durch die Dienstbehörde nicht ausreichend gewesen seien, der Beschwerdeführer sich aber der zumutbaren Vornahme einer abklärenden stationären Behandlung entzogen habe.
Mit der vorliegenden Beschwerde bekämpft der Beschwerdeführer diesen Bescheid insoweit, als seiner Berufung nicht Folge gegeben wurde (demnach für den Zeitraum vom 15. November 1989 bis zum 7. Juli 1990) und macht Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend.
Die belangte Behörde hat - lediglich - Teile ihrer Verwaltungsakten vorgelegt (die auch nur Ablichtungen von Teilen der bezughabenden Verwaltungsakten erster Instanz enthalten) und hat in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den bekämpften Teil des angefochtenen Bescheides in seinem gesetzlichen Recht auf ein gesetzmäßiges Verwaltungsverfahren, sowie auf gesetzmäßige Auszahlung seiner Bezüge insbesondere unter gesetzmäßiger Anwendung der Bestimmungen der §§ 51 Abs. 1 und 2 BDG 1979 und § 13 Abs. 3 Z. 2 GG 1956, verletzt.
Gemäß § 13 Abs. 3 Z. 2 entfallen die Bezüge, wenn der Beamte eigenmächtig länger als drei Tage dem Dienst fernbleibt, ohne einen ausreichenden Entschuldigungsgrund nachzuweisen, für die Gesamtdauer der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst.
Gemäß § 51 Abs. 1 BDG 1979 hat der Beamte, der vom Dienst abwesend ist, ohne vom Dienst befreit oder enthoben zu sein, den Grund seiner Abwesenheit unverzüglich seinem Vorgesetzten zu melden und seine Abwesenheit zu rechtfertigen.
Nach Abs. 2 hat der Beamte, wenn er durch Krankheit, Unfall oder Gebrechen an der Ausübung seines Dienstes verhindert ist, seinem Vorgesetzten eine ärztliche Bescheinigung über den Beginn der Krankheit und nach Möglichkeit über die voraussichtliche Dauer der Dienstverhinderung vorzulegen, wenn er dem Dienst länger als drei Arbeitstage fernbleibt oder der Vorgesetzte oder der Leiter der Dienststelle es verlangt. Kommt der Beamte dieser Verpflichtung nicht nach, entzieht er sich einer zumutbaren Krankenbehandlung oder verweigert er die zumutbare Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung, so gilt die Abwesenheit vom Dienst nicht als gerechtfertigt.
Im Beschwerdefall ist strittig, ob der Beschwerdeführer im Sinne des § 51 Abs. 2 BDG 1979 ungerechtfertigt vom Dienst abwesend war. Der Beschwerdeführer hat aber auch im Rahmen der Sachverhaltsdarstellung in der vorliegenden Beschwerde (ebenso im übrigen wie bereits in der Vorbeschwerde Zl. 93/12/0313) vorgebracht, daß er im Hinblick auf seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei der Dienstbehörde erster Instanz mit Antrag vom 31. August 1989 um die Gewährung einer Lehrpflichtermäßigung eingekommen sei. Diesem Antrag sei in erster Instanz nicht entsprochen worden. Statt dessen sei mit Bescheid vom 30. Oktober 1989 seine vorläufige Suspendierung vom Dienst ausgesprochen worden. Mit Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 6. Februar 1990 sei "die verhängte Suspendierung ausgesetzt" worden. Mit Bescheid vom 14. November 1989 habe die Disziplinarkommission für Bundeslehrer beim Landesschulrat für Salzburg seine Suspendierung vom Dienst beschlossen. Mit Berufungsbescheid vom 20. Februar 1990 habe die Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt seiner Berufung Folge gegeben und den bekämpften Suspendierungsbescheid aufgehoben.
Dieses Vorbringen ist rechtserheblich: Die Wirkung der Enthebung vom Dienst (der Supendierung) besteht nämlich darin, daß es dem hievon betroffenen Beamten verboten ist, die ihm obliegenden Aufgaben auszuüben. Soweit daher der Beschwerdeführer im beschwerdegegenständlichen Zeitraum vom Dienst enthoben war, konnte er schon begrifflich nicht ungerechtfertigt vom Dienst abwesend sein (siehe dazu auch den Wortlaut des § 51 Abs. 1 BDG 1979). Wenngleich der Beschwerdeführer zu diesem rechtlich erheblichen Aspekt nichts weiter ausgeführt hat, war diese Frage von Amts wegen aufzugreifen, weil der Verwaltungsgerichtshof nach der Anordnung des § 41 Abs. 1 VwGG im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes alle für die Entscheidung der Frage, ob das betreffende subjektive Recht des Beschwerdeführers verletzt worden ist oder nicht, maßgebenden Gründe zu beachten hat und daher eine für die Entscheidung über die Rechtswidrigkeit im Rahmen der Beschwerdepunkte maßgebende inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auch dann aufzugreifen ist, wenn sie vom Beschwerdeführer weder ausdrücklich noch nach dem Inhalt der Beschwerde geltend gemacht wurde (siehe dazu beispielsweise die in Dolp, die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 543 f wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). Zur Frage der Suspendierung und ihrer Dauer hat die belangte Behörde, die die Rechtserheblichkeit dieser Umstände offensichtlich verkannt hat, weder im angefochtenen Bescheid noch in der Gegenschrift etwas ausgeführt. Den von der belangten Behörde - ungeachtet des anläßlich der Einleitung des Vorverfahrens erfolgten Hinweises auf die Bestimmung des § 38 Abs. 2 und 3 VwGG - unvollständig vorgelegten Akten ist zwar zu entnehmen, daß eine Suspendierung erfolgte (Hinweis im erstinstanzlichen Bescheid) nicht aber, wann nun der Beschwerdeführer konkret im beschwerdegegenständlichen Zeitraum vom Dienst enthoben war. Im hg. Verfahren 90/09/0001 hat die dort belangte Behörde - die Disziplinarkommission für Bundeslehrer beim Landesschulrat für Salzburg - in ihrer Gegenschrift zwar vorgebracht, daß der Beschwerdeführer von der Dienstbehörde zunächst vorläufig suspendiert, und sodann von der Disziplinarkommission suspendiert wurde, wobei der diesbezügliche Bescheid von der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt aufgehoben wurde, ohne daß auch daraus eine zeitliche Fixierung möglich wäre. Ergänzend ist anzufügen, daß der Verwaltungsgerichtshof den vom Beschwerdeführer genannten Berufungsbescheid vom 20. Februar 1990 - Zl. 130/5-DOK/89 - beschafft hat; daraus ergibt sich, daß der Beschwerdeführer mit Bescheid der Dienstbehörde vom 13. Oktober 1989 vorläufig, und sodann mit Bescheid der Disziplinarbehörde erster Instanz vom 14. November 1989 gemäß § 112 Abs. 3 BDG 1979 suspendiert wurde, letzterer Bescheid aber mit dem genannten Berufungsbescheid aufgehoben wurde. Die diesbezüglichen, oben wiedergegebenen Angaben des Beschwerdeführers in der Beschwerde sind somit zutreffend. Dennoch ist aber insbesondere nicht ersichtlich, wann nun die Suspendierung konkret geendet hat.
Dadurch, daß die belangte Behörde diese rechtserhebliche Frage verkannte und auch der Zeitraum nicht feststeht, in welchem der Beschwerdeführer vom Dienst enthoben war, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994120061.X00Im RIS seit
20.11.2000