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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §13Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und die Hofräte Dr. Fasching sowie Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., über die Revision des W F in W, vertreten durch MMag. Florian Horn, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Weihburggasse 18-20/50, gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 28. August 2022, Zl. VGW-101/092/10192/2022-2, betreffend eine Angelegenheit nach dem Personenstandsgesetz 2013 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 2. Juni 2022 wies der Magistrat der Stadt Wien (in der Folge: Magistrat) den Antrag des Revisionswerbers auf Berichtigung seines Familiennamens im Zentralen Personenstandsregister (ZPR) gemäß § 42 Abs. 1 Personenstandsgesetz 2013 (PStG 2013) ab.
2 Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde, beantragte gemäß § 28 Abs. 2 und 3 erster Satz VwGVG die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides, in eventu dessen Abänderung und wendete unter anderem die mangelnde Zuständigkeit des Magistrats ein. Gemäß § 3 Abs. 1 PStG 2013 iVm Art. 119 Abs. 2 B-VG und § 79 Abs. 1 Wiener Stadtverfassung (WStV) sei nicht der Magistrat, sondern der Bürgermeister der Stadt Wien (in der Folge: Bürgermeister) zuständig.
3 Daraufhin hob der Bürgermeister mit als „Beschwerdevorentscheidung“ bezeichneter Entscheidung vom 11. Juli 2022, dem Revisionswerber rechtswirksam zugestellt am 15. Juli 2022, den „Bescheid vom 02.06.2022 des Standesamtes Wien mit der Fertigungsklausel ‚Für den Abteilungsleiter‘ ... wegen Unzuständigkeit der Behörde“ auf und wies den Antrag des Revisionswerbers auf Berichtigung seines Familiennamens im ZPR gemäß § 42 Abs. 1 PStG 2013 ab. Die Fertigung dieser Entscheidung erfolgte „Für den Bürgermeister“.
4 Die Aufhebung des Bescheides des Magistrats stützte der Bürgermeister sowohl im Spruch als auch in der Begründung auf § 14 Abs. 1 VwGVG. Um einen in einer Angelegenheit des übertragenen Wirkungsbereiches der Gemeinde ergangenen Bescheid dem hierfür zuständigen Bürgermeister zurechnen zu können, müsse nach näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Bezeichnung des Bürgermeisters aus der Bescheidausfertigung ersichtlich sein. Im Bescheid vom 2. Juni 2022 sei zwar der Magistrat als Hilfsorgan bezeichnet worden, jedoch sei die Bezeichnung des zuständigen Bürgermeisters nicht aus der Bescheidausfertigung hervorgegangen, weshalb der Magistrat seine behördliche Kompetenz überschritten habe. Der Bescheid sei daher aufzuheben und „die vorliegende Entscheidung“ zu erlassen.
Die Abweisung des Antrags des Revisionswerbers auf Berichtigung seines Familiennamens im ZPR begründete der Bürgermeister wortident wie der Magistrat im Bescheid vom 2. Juni 2022.
In der der Entscheidung angeschlossenen Rechtsmittelbelehrung verwies der Bürgermeister auf das Recht zur schriftlichen Erhebung einer Beschwerde an das Verwaltungsgericht innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Zustellung „dieses Bescheides“. Eine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags binnen zwei Wochen enthielt die Entscheidung nicht.
5 Gegen diese Entscheidung erhob der Revisionswerber mit Schriftsatz vom 11. August 2022 eine „Bescheidbeschwerde“. Darin ging der Revisionswerber davon aus, dass „es sich allenfalls nur in seinem ersten Teil um eine Beschwerdevorentscheidung der mit dieser ersten Bescheidbeschwerde vom 04.07.2022 belangten Behörde“ handle, „beim zweiten Teil“ hingegen „jedenfalls um einen neuen Bescheid einer neuen Behörde, nämlich des hier belangten Bürgermeisters der Stadt Wien“. Neben der Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragte der Revisionswerber „2. gemäß § 28 Abs 2 und Abs 3 erster Satz VwGVG den angefochtenen Bescheid vom 11.07.2022, ..., im zweiten Teil des Spruchs beginnend mit ‚Der Antrag von ...‘ ersatzlos [zu] beheben und das Verfahren ein[zu]stellen, oder in eventu den Bescheid dahingehend ab[zu]ändern, dass festgestellt werde, dass der Name des Beschwerdeführers richtig lautet: ...“ und „3. gemäß § 28 Abs 2 und Abs 3 erster Satz VwGVG den angefochtenen Bescheid vom 11.07.2022, ..., auch im ersten Teil des Spruches wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde zur Fassung des Aufhebungsbeschlusses auf[zu]heben und zusätzlich in Erledigung der Bescheidbeschwerde vom 04.07.2022 den Bescheid vom 02.06.2022, ... auf[zu]heben“.
6 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) die Beschwerde als unzulässig zurück (Spruchpunkt I.) und sprach aus, dass eine Revision unzulässig sei (Spruchpunkt II.).
Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, gemäß § 15 VwGVG sei „der einzig gegen eine Beschwerdevorentscheidung bestehende Rechtsbehelf ein ‚Vorlageantrag‘, somit der Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen“. Die vom Revisionswerber erhobene Bescheidbeschwerde sei daher unzulässig.
Die Beschwerde könne auch nicht (bloß infolge Vergreifens in der Bezeichnung) zu einem Vorlageantrag umgedeutet werden, weil sie keinen Antrag enthalte, die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen. Darüber hinaus wäre sie offensichtlich verspätet eingebracht, sei der Vorlageantrag doch gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG binnen zwei Wochen nach Zustellung der Bescheidbeschwerde bei der Behörde einzubringen, die sie erlassen habe. Daran könne die verfehlte Rechtsmittelbelehrung in der Beschwerdevorentscheidung nichts ändern. Auf § 33 Abs. 2 VwGVG werde hingewiesen.
7 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Der Bürgermeister als belangte Behörde erstattete in dem vom Verwaltungsgerichtshof eingeleiteten Vorverfahren keine Revisionsbeantwortung.
8 Die vom Revisionswerber gegen den angefochtenen Beschluss beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde lehnte dieser mit Beschluss vom 28. November 2022, E 2725/2022-6, ab.
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 Zunächst ist festzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Verhältnis zwischen Ausgangsbescheid und Beschwerdevorentscheidung im Anwendungsbereich des VwGVG die Beschwerdevorentscheidung dem Ausgangsbescheid endgültig derogiert. Das gegen eine Beschwerdevorentscheidung vorgesehene Rechtsmittel ist gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG der Antrag, dass die Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Das Rechtsmittel, über welches das Verwaltungsgericht zu entscheiden hat, bleibt jedoch im Fall eines zulässigen Vorlageantrags die Beschwerde; der Vorlageantrag richtet sich nämlich (nur) darauf, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht vorgelegt wird, mag er auch eine (zusätzliche) Begründung enthalten (vgl. VwGH 24.11.2022, Ra 2022/08/0098, Rn. 12, mwN; 17.12.2015, Ro 2015/08/0026). Mit der Beschwerdevorlage geht die Zuständigkeit zur Entscheidung, auch was die Wahrnehmung von Zurückweisungsgründen in Bezug auf den Vorlageantrag betrifft, endgültig auf das Verwaltungsgericht über (vgl. VwGH 18.5.2021, Ra 2020/08/0196, Rn. 13, mwN).
13 In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. für viele VwGH 20.4.2022, Ra 2022/01/0018, mwN). Eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG wird demnach nicht schon durch die pauschale Behauptung des Abweichens von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgezeigt. Auch mit dem Zitat einer vermeintlich im Widerspruch stehenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes wird noch keine konkrete Rechtsfrage dargestellt, wenn das Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision nicht auch konkret ausführt, inwiefern das angefochtene Erkenntnis einen dieser Entscheidung widersprechenden Inhalt aufweist (vgl. VwGH 11.4.2018, Ra 2017/08/0099 bis 0106, Rn. 12, mwN).
14 Diesem Erfordernis wird die Revision nicht gerecht, soweit sie in ihrem Zulässigkeitsvorbringen eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darin erblickt, dass sich das Verwaltungsgericht mit ihrer Rechtsansicht im angefochtenen Beschluss, „eine andere als die belangte Behörde eines Beschwerdeverfahrens [könne] einen Bescheid in Form einer Beschwerdevorentscheidung nach § 14 VwGVG erlassen“ und dies mache „das Rechtsmittel der Beschwerde gegen diesen Bescheid unzulässig“, „in Widerspruch zur herrschenden Rechtsprechung des VwGH (zB Ra 2019/08/0135)“ und zum „Willen des historischen Gesetzgebers (RV 2009 BlgNR 24. GP, 5), die dieses Recht nur bei der belangten Behörde sehen“, setze.
15 In dem im Zulässigkeitsvorbringen zitierten Beschluss vom 9. Juni 2020, Ra 2019/08/0135, setzt sich der Verwaltungsgerichtshof mit der vorliegend nicht wesentlichen Stellung der eine Beschwerdevorentscheidung erlassenden Behörde als belangte Behörde und deren Legitimation nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG zur Erhebung einer Revision gegen ein über einen Vorlageantrag ergangenes Erkenntnis auseinander, nicht jedoch mit der Rechtsfrage, ob gegen eine von einer unzuständigen Behörde erlassene Beschwerdevorentscheidung eine Beschwerde zulässig sei.
16 Überdies ist dem Zulässigkeitsvorbringen entgegenzuhalten, dass sich das Verwaltungsgericht auf Grund der Zurückweisung der Beschwerde vorliegend gar nicht mit der Frage der Zuständigkeit des Bürgermeisters zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung über die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Magistrats vom 2. Juni 2022 auseinandergesetzt hat, sondern lediglich davon ausgegangen ist, dass es sich bei der vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Entscheidung des Bürgermeisters um eine Beschwerdevorentscheidung handelt, die mit Vorlageantrag und nicht mit Beschwerde zulässig bekämpft werden kann.
17 Infolge Zurückweisung der gegen die Beschwerdevorentscheidung des Bürgermeisters vom Revisionswerber erhobenen Beschwerde setzte sich das Verwaltungsgericht auch nicht mit den Rechtswirkungen der angefochtenen Entscheidung des Bürgermeisters auseinander, insbesondere misst das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss entgegen dem weiteren Zulässigkeitsvorbringen „einer Beschwerdevorentscheidung einer anderen als der belangten Behörde also einer unzuständigen Behörde“ nicht die Rechtswirkung zu, „den Bescheid einer anderen Behörde außer Kraft zu setzen“.
18 Soweit die Revision im Zulässigkeitsvorbringen moniert, es „wäre zumindest neben einer Zurückweisung des Rechtsmittels gegen diesen Nicht-Akt dessen Nichtigkeit auszusprechen gewesen“, „wenn das VwG Wien ... davon ausgegangen ist, dass eine Beschwerdevorentscheidung einer dafür unzuständigen Behörde und damit ein Nicht-Akt vorliegt“, ist sie auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach auch das Aufgreifen der Rechtswidrigkeit der Unzuständigkeit der Behörde durch das Verwaltungsgericht ein zulässiges Rechtsmittel an dieses voraussetzt (vgl. VwGH 24.6.2021, Ro 2021/09/0004, Rn. 27, mwN). Nur sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (§ 28 Abs. 1 VwGVG).
19 Des Weiteren bringt die Revision zu ihrer Zulässigkeit vor, es fehle klarstellende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage, „ob [in] einem binnen einer in der Rechtsbelehrung genannten Frist als Bescheidbeschwerde eingebrachten Schriftsatz auch die Rechtswirkung eines Vorlageantrages zu sehen“ seien und „diese Umdeutung generell der Fall“ sei „oder ob der Formalismus eines zusätzlichen Antrages auf Vorlage der Beschwerde (über die entschieden werden soll) notwendig“ sei, „weil eine formell korrekt gearbeitete Beschwerde immer das Begehren“ enthalte, „dass über die angefochtene Entscheidung (gleich ob diese nun Bescheid oder Beschwerdevorentscheidung sei) entschieden werden“ solle.
20 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommen, wenn sie über den Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. So wirft eine vertretbare Auslegung eines Schriftstücks oder einer Parteierklärung keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf. Die Auslegung einer Erklärung im Einzelfall würde nur dann zu einer grundsätzlichen Rechtsfrage führen, wenn dem Verwaltungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (vgl. etwa VwGH 7.5.2020, Ra 2018/16/0042, Rn. 13, mwN).
21 Die unrichtige Bezeichnung eines Rechtsmittels vermag nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs allein dessen Unzulässigkeit nicht zu begründen; für die Beurteilung des Charakters einer Eingabe sind vielmehr ihr wesentlicher Inhalt, der sich aus dem gestellten Antrag erkennen lässt, und die Art des in diesem Antrag gestellten Begehrens maßgeblich. Eine Umdeutung der unrichtig bezeichneten Eingabe in das vom Gesetz vorgesehene Rechtsmittel käme nur dann nicht in Betracht, wenn sich aus der Rechtsmittelerklärung und dem Rechtsmittelantrag unmissverständlich das Begehren der Partei nach einer Entscheidung über das (unzulässige) Rechtsmittel - insbesondere durch eine im Instanzenzug unzuständige Behörde - ergäbe (vgl. VwGH 30.6.2011, 2009/07/0151, mwN).
22 Der Vorlageantrag ist gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG auf die Vorlage der Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid an das Verwaltungsgericht zur Entscheidung gerichtet. Einen solchen Antrag enthält die als unzulässig zurückgewiesene Beschwerde nicht.
23 Die Revision legt demnach in ihrem Zulässigkeitsvorbringen keine krasse Fehlbeurteilung im Hinblick auf die oben dargelegten Grundsätze zur Auslegung eines Rechtsmittelschriftsatzes in Bezug auf jenen des Revisionswerbers gegen die Beschwerdevorentscheidung des Bürgermeisters dar.
24 Im Übrigen wäre im Fall einer Umdeutung der Beschwerde in einen Vorlageantrag Letzterer gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG verspätet.
25 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes scheidet zwar die Qualifikation eines Bescheides als Beschwerdevorentscheidung im Sinne von § 14 VwGVG nicht schon deswegen aus, weil dieser nicht ausdrücklich als Beschwerdevorentscheidung bezeichnet ist. Für eine Einordnung als Beschwerdevorentscheidung ist es vielmehr erforderlich, dass aus dem Bescheidinhalt und den Umständen hinreichend deutlich erkennbar ist, dass die Behörde unter Inanspruchnahme ihrer Befugnis zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung über die Beschwerde gegen einen Bescheid entschieden hat (vgl. VwGH 22.2.2022, Ra 2021/08/0044, Rn. 24).
26 Unter Bedachtnahme auf diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zeigt die Revision mit ihrem abschließenden Zulässigkeitsvorbringen, der Wille des Bürgermeisters, selbst einen Bescheid zu erlassen, sei bereits darin ersichtlich, dass der Entscheidung die volle Rechtsmittelbelehrung für Bescheide angefügt sei, der Bürgermeister „ja gerade in der Entscheidung den Bescheid der ersten Behörde aufgrund deren Unzuständigkeit (!) aufzuheben suchte und ... schließlich die Bescheidbeschwerde ohne weiteres dem VwG Wien zur Entscheidung vorlegte“, weshalb das Verwaltungsgericht „den Revisionswerber unzulässigerweise vom nach den §§ 7 ff VwGVG Rechtsmittel der Beschwerde gegen diesen Bescheid“ abschneide, ebenfalls keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf. Eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung stellt allenfalls einen Wiedereinsetzungsgrund im Sinne des § 33 Abs. 2 VwGVG dar, kann jedoch für sich keine krasse Fehlbeurteilung des Verwaltungsgerichts in Bezug auf die Qualifikation der Entscheidung des Bürgermeisters als Beschwerdevorentscheidung darlegen.
27 In der Revision werden vor diesem Hintergrund keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 17. Februar 2023
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022010342.L00Im RIS seit
21.03.2023Zuletzt aktualisiert am
21.03.2023