TE Lvwg Erkenntnis 2023/1/30 LVwG-AV-1105/001-2022

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Veröffentlicht am 30.01.2023
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Entscheidungsdatum

30.01.2023

Norm

GewO 1994 §353
  1. GewO 1994 § 353 heute
  2. GewO 1994 § 353 gültig ab 18.07.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 96/2017
  3. GewO 1994 § 353 gültig von 01.12.2004 bis 17.07.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 131/2004
  4. GewO 1994 § 353 gültig von 02.11.2002 bis 30.11.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2002
  5. GewO 1994 § 353 gültig von 01.08.2002 bis 01.11.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002
  6. GewO 1994 § 353 gültig von 01.07.1997 bis 31.07.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 63/1997
  7. GewO 1994 § 353 gültig von 19.03.1994 bis 30.06.1997

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Dissauer als Einzelrichterin über die Beschwerde der A GmbH, ***, ***, vertreten durch B Rechtsanwälte GesbR, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 31.07.2022, Zl. *** betreffend Zurückweisung eines Ansuchens zur Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage zu Recht:

1.   Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Absatz 1 und Absatz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) ersatzlos aufgehoben.

2.   Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich in Zusammenschau mit der Beschwerde nachstehender, entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

1.1.  Mit Antrag vom 24.06.2021 (Aktenseite 8 ff) ersuchten C, ***, ***, und D, ***, ***, bei der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen (in der Folge: belangte Behörde) um „Gewerbebehördliche Bewilligung für die Erweiterung der Tennishalle in ***, ***, auf dem Gst. *** EZ *** der KG ***.“ Diesem Antrag war eine Baubeschreibung, sowie ein Einreichplan angeschlossen.

1.2.  Mit Schreiben vom 23.07.2021 richtete die belangte Behörde eine Aufforderung zur Ergänzung an die A GmbH. z.H. C, D, ***, ***. Diese lautet auszugsweise wie folgt:

„Sehr geehrte Damen und Herren!

Sie haben mit Schreiben vom 29.06.2021 um die gewerbebehördliche Genehmigung

für das im Betreff genannte Projekt “Erweiterung der Tennishalle um einen Abstellraum” im Standort ***, ***, angesucht. Die vorliegenden Projektsunterlagen wurden technisch geprüft und wurde folgende fachliche Stellungnahme abgegeben:

Stellungnahme der Amtssachverständigen für Bautechnik:

„Die Projektunterlagen sind aus technischer Sicht nicht ausreichend beurteilbar,

nachstehend angeführte Ergänzungen sind für eine Beurteilung noch erforderlich:

Das vorliegende Projekt ist in die Anlage 2.0 der NÖ Bautechnikverordnung 2014

einzuordnen, die entsprechende Gebäudeklasse, brandschutztechnische Einordnung der Bauteile etc. ist zu ergänzen. Grundsätzlich wäre auch ein gleichwertiges Abweichen von den gesetzlichen Bestimmungen denkbar, z.B. mit Vorlage eines Brandschutzkonzepts und entsprechender Begründung.

Die beiden neuen Stiegen weisen im Projektplan Stufenabmessungen von 20

auf 25 auf. Diese sind entsprechend Anlage 4 als Haupttreppe (Treppe im Freien) nicht zulässig.

Es wird empfohlen zu ergänzen, wofür das „Plateau“ nordöstlich des Abstellraumes dient, welches durch die zwei neuen Treppen erschlossen wird (Absturzsicherung?).“

Wir fordern Sie daher auf, diese Angaben bzw. Projektsergänzungen in absehbarer Zeit vorzulegen, um eine umfassende Beurteilung durchführen zu können.

Legen Sie diese Angaben bzw. Ergänzungen nicht vor, müssen wir Ihr Ansuchen

zurückweisen.

Rechtsgrundlage:

§ 13 Abs.3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.“

1.3. Mit Schreiben vom 29.07.2021 wurde seitens der Antragsteller C und D eine „Stellungnahme Aufforderung zur Ergänzung“ an die belangte Behörde gerichtet und darin zusammengefasst ausgeführt wie folgt:

„- Die OIB 2.0 ist für Wohn- und Bürogebäude und besondere Bestimmungen für Land- und Forstwirtschaft, Schul- und Kindergärten, Beherbergunsstätten und

Verkaufsstätten. Da keiner der Vorgenannten Nutzungsarten zutrifft ist die Halle,

welche einen eigenen Brandabschnitt bildet, als einzige logische Folgerung der OIB

2.1 Brandschutz bei Betriebsbauten zu zuordnen.

- Die Treppen im Freien sind keine Haupttreppen da sie nicht zu Aufenthaltsräumen

bzw. Räumen der täglichen Nutzung führen.

- Das „Plateau“ wird nur für Wartungszwecke erreichbar gemacht damit kein

Wildwuchs mehr entsteht.“

1.4. Mit Schreiben vom 28.06.2022, gerichtet an die A GmbH, z.H. C, D, ***, ***, erging seitens der belangten Behörde eine neuerliche Aufforderung zur Ergänzung. In dieser neuerlichen Aufforderung finden sich im Wesentlichen gleichlautende Ausführungen, wie in der Aufforderung vom 23.07.2021, darüber hinaus wurde mit dieser ein Aktenvermerkt der Amtssachverständigen für Bautechnik übermittelt und erging an die A GmbH die Aufforderung die Angaben bzw. Projektsergänzungen bis spätestens 30.07.2022 vorzulegen, widrigenfalls das Ansuchen zurückzuweisen sei.

1.5. Mit E-Mail vom 25.07.2022 wurde seitens der Antragsteller C und D eine Stellungnahme abgegeben, in welcher darauf hingewiesen wurde, dass die Notstiege seit Jahrzenten im Bestand und nicht neu eingereicht worden sei. Es gehe bei gegenständlichem Ansuchen lediglich um den fensterlosen Zubau. Eine neue, zusätzliche, Stiege sei nicht eingereicht worden. Der nunmehr vorgelegte Aktenvermerk der Amtssachverständigen sei bereits durch zwei weitere Einreichungen bei der Gemeinde überholt.

1.6. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 31.07.2022, Zl. ***, wurde das Ansuchen um Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung vom 24.06.2021 für Erweiterung der Tennishalle um einen Abstellraum im Standort ***, ***, gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen und dies mit dem fruchtlosen Ablauf der im Verbesserungsauftrag vom 28.06.2022 gesetzten Frist begründet. Bescheidadressat dieser Entscheidung war die A GmbH, ***, ***.

1.7.  In der dagegen erhobenen Beschwerde wird zusammengefasst ausgeführt, die A GmbH habe keinen Antrag bei der belangten Behörde gestellt. Antragsteller im vorliegenden Verfahren seien C und D.

Aufgrund eines Ergänzungsauftrages der belangten Behörde seien die Vorgaben der Behörde in das Projekt bereits eingearbeitet worden, dem angefochtenen Bescheid liege jedoch offenbar noch die erste Einreichung zugrunde, welche mittlerweile aber zwei Mal adaptiert worden sei. Die Ergänzungen des Projektes seien anscheinend nicht an die belangte Behörde weitergeleitet worden.

2.   Rechtliche Erwägungen:

2.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Nach § 28 Abs. 2 leg. cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.       der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.       die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht

selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 353 GewO 1994 sind dem Ansuchen um Genehmigung einer Betriebsanlage (u.a.) eine Betriebsbeschreibung einschließlich eines Verzeichnisses der Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen (Z 1 lit a), die erforderlichen Pläne und Skizzen (Z 1 lit b) und nicht unter Z 1 fallende für die Beurteilung des Projekts und der zu erwartenden Emissionen der Anlage im Ermittlungsverfahren erforderliche technische Unterlagen (Z 2) anzuschließen.

Sowohl die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage als auch die Änderung einer solchen setzt ein Ansuchen voraus und ist damit ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt (vgl- hiezu u.a. VwGH vom 29. Mai 1990, Zl. 89/04/0263).

2.2 Durch die Einbringung eines Ansuchens um Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage oder um Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage wird für die Durchführung des Verwaltungsverfahrens ein verfahrensrechtliches Rechtsverhältnis zwischen der Verwaltungsbehörde und dem Antragsteller begründet. Will ein anderer Rechtsträger anstelle des ursprünglichen Konsenswerbers, der als solcher im Genehmigungsansuchen aufgetreten war, in das Verfahren in der Rechtsstellung als Konsenswerber eintreten, so bedarf dies einer ausdrücklichen, von der solcherart eintretenden Rechtsperson abgegebenen Erklärung, durch welche das Genehmigungsansuchen in Ansehung der Person des Konsenswerbers geändert wird (vgl. VwGH 30.10.1990, 89/04/0127).

Eine Genehmigung darf immer nur einer Person erteilt werden, die darum angesucht hat („Identität zwischen Antragsteller und Bescheidadressat“ – vgl. VwGH vom 15.10.1985, 84/07/0202). Bei der Erteilung eines Konsenses an eine Person, die gar nicht angesucht hat, mangelt es dem Bescheid an einem solchen Antrag (VwGH 15.11.1985, 85/04/0065). Eine mangelnde Identität zwischen Antragsteller und Bescheidadressat ist von Amts wegen aufzuklären (VwGH 20.10.1987, 87/04/0050, bzw. Stolzlechner/Müller/Seider/Vogelsang/Höllbacher, GewO4 [2020] § 353 Rz.8).

2.3. Im vorliegenden Fall wurde der Antrag vom 24.06.2021 (bei der belangten Behörde eingelangt am 29.06.2021) von den natürlichen Personen C und D, gestellt. Adressat des zurückweisenden Bescheides ist jedoch die A GmbH, ***, ***. Aus dem angefochtenen Bescheid vom 31.07.2022 ergibt sich ohne Zweifel, dass sich die Entscheidung der belangten Behörde auf die A GmbH bezieht, insbesondere scheint ausschließlich diese als Adressat, sowie auch im Betreff des Bescheides auf. Auch die Verbesserungsaufträge vom 23.07.2021, und vom 28.06.2022 wurden seitens der belangten Behörde bereits an die A GmbH, an die Adresse ***, ***, gerichtet. Eine Identität von Antragsteller und Bescheidadressat – im Sinne der zitierten Rechtsprechung des VwGH – liegt sohin gegenständlich nicht vor. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass aus dem Verwaltungsakt nicht ersichtlich ist, dass für die A GmbH eine Eintrittserklärung abgegeben worden wäre (dies wird in der Beschwerde auch ausdrücklich in Abrede gestellt).

Da bezüglich des erlassenen Bescheids im Hinblick auf den dort angeführten Adressaten sohin kein verfahrenseinleitender Antrag vorliegt, ist die behördliche Entscheidung wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde rechtswidrig (vgl. auch VwGH 27.3.2018, Ra 2015/06/0072, bzw. VwGH vom 27.3.2018, Ra 2015/06/0072, mwN, wonach die Unzuständigkeit auch darin liegen kann, dass ein für die verwaltungsbehördliche Entscheidung notwendiger Antrag fehlt).

Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde jedenfalls (auch) die Antragslegitimation der Antragsteller zu prüfen haben (vgl. VwGH 28.06.1990, 88/04/0009).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.   Zur Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, da sich die Entscheidung auf die zitierte und einheitliche Rechtsprechung bzw. die klare und eindeutige Rechtslage stützt (zur Unzulässigkeit der Revision bei klarer Rechtslage zB VwGH vom 15. Mai 2019, Ro 2019/01/0006). Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Verwaltungsgerichte in jenen Fällen, in denen die Verwaltungsbehörde, deren Entscheidung bekämpft wird, unzuständig war, allein dafür zuständig sind, diese Unzuständigkeit - unabhängig davon, ob der Beschwerdeführer dies im Verfahren vorgebracht hat - aufzugreifen und den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben (vgl. VwGH 27.3.2018, Ra 2017/06/0247; 25.5.2016, Ra 2015/06/0095, mwN und Hinweis auf die insoweit übertragbare Judikatur zur Rechtslage vor Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz). Die Unzuständigkeit kann auch darin liegen, dass ein für die verwaltungsbehördliche Entscheidung notwendiger Antrag fehlt (vgl. VwGH 27.3.2018, Ra 2015/06/0072, mwN).

Schlagworte

Gewerberecht; Betriebsanlage; Änderung; Verfahrensrecht; Antragsteller; Bescheidadressat;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2023:LVwG.AV.1105.001.2022

Zuletzt aktualisiert am

20.03.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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