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L0060 Volksabstimmung, Volksbefragung, VolksbegehrenNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Abweisung eines Antrags auf Durchführung einer Volksbefragung betreffend die Beibehaltung der Widmung für Photovoltaik in Güssing mangels Klarheit der Fragestellung iSd Bgld GemeindevolksrechteG; Möglichkeit von Volksbefragungen nur in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinden; Fragestellung lässt Beurteilung, ob der Gegenstand der Volksbefragung eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde ist, nicht zuRechtssatz
Mangelnde Klarheit der Fragestellung der Volksbefragung:
Die Fragestellung nimmt auf eine Widmung "Photovoltaik - GPv" Bezug und führt dazu an, dass diese im Landesamtsblatt Nr 51/2021 kundgemacht worden sei. Im Landesamtsblatt Nr 51/2021 findet sich jedoch nicht die Kundmachung dieser Widmung, sondern die Genehmigung der Landesregierung im Hinblick auf "die Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Güssing vom 16. Juli 2021, mit der der Digitale Flächenwidmungsplan geändert wird (24. Änderung)". Die in der Fragestellung angesprochene Widmung "Photovoltaik - GPv" dürfte sich somit auf die Ausweisung im Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Güssing beziehen. Anders als in der Fragestellung dargestellt, wurde der Flächenwidmungsplan bzw dessen Änderung aber nicht im Landesamtsblatt, sondern durch Anschlag an der Amtstafel der Stadtgemeinde Güssing vom 27.12.2021 bis 11.01.2022 kundgemacht. Ungeachtet dessen bleibt auch offen, um welche Grundstücke es sich konkret handelt.
In der Fragestellung wird weiters ausgeführt, dass die Widmung "Photovoltaik - GPv" in der "Photovoltaik-Eignungszone Güssing, Landesgesetzblatt Nr 60/2021, Anlage 3" ausgewiesen sei. In LGBl 60/2021 wurde die Verordnung der Burgenländischen Landesregierung vom 13.07.2021, mit der Eignungszonen für die Errichtung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen im Burgenland festgelegt werden, kundgemacht. Gestützt auf §53a Abs3 Bgld RPG 2019 werden darin - im Rahmen der überörtlichen Raumplanung durch Verordnung der Landesregierung - Eignungszonen gemäß Abs2 leg cit festgesetzt, wobei die in Anlage 3 der Verordnung ausgewiesene Eignungszone die Stadtgemeinde Güssing betrifft.
Die Frage nimmt somit auf die Ausweisung als Grünfläche nicht landwirtschaftlicher Nutzung mit ausgewiesener Verwendung nach §40 Abs2 Bgld RPG 2019 im Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Güssing Bezug, wenn sie die "Widmung 'Photovoltaik - GPv'" anspricht. Demgegenüber bezieht sie sich ausdrücklich auch auf die Ausweisung als Eignungszone durch die Verordnung der Landesregierung, LGBl 60/2021. Vor diesem Hintergrund ist nicht eindeutig, welche konkreten Fragen gestellt werden und worauf die Fragestellung abzielt. Gegenstand der Frage könnte die Beibehaltung der Widmung im Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Güssing sein, die Beibehaltung der Ausweisung der Flächen als Eignungszone in Anlage 3 der Verordnung der Landesregierung, LGBl 60/2021, oder auch die Beibehaltung sowohl der Ausweisung als Eignungszone als auch der Widmung im Flächenwidmungsplan.
Die Beurteilung, ob der beantragte Gegenstand der Volksbefragung eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde ist, ist auf Grund der Fragestellung nicht möglich: Es ergibt sich aus der Fragestellung nicht, welcher Akt Gegenstand der Volksbefragung sein soll. Daran anknüpfend ist es anhand der Formulierung der Frage nicht möglich, zu beurteilen, ob die Voraussetzungen nach §8 Abs1 Bgld GemVG erfüllt sind. Eine dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zugehörige Angelegenheit wäre im vorliegenden Fall anzunehmen, wenn die Erlassung bzw Änderung des Flächenwidmungsplanes der Stadtgemeinde Güssing den Gegenstand der Volksbefragung bilden sollte, zumal diese Angelegenheit in §23 Abs1 Bgld RPG 2019 ausdrücklich als Teil der örtlichen Raumplanung qualifiziert und dem eigenen Wirkungsbereich zugewiesen wird. Die Festlegung von Eignungszonen gemäß §53a Abs3 Bgld RPG 2019 hingegen erfüllt diese Voraussetzung schon deswegen nicht, weil sie der Landesregierung vorbehalten ist und in Abs4 leg cit zudem ausdrücklich der überörtlichen Raumplanung zugeordnet wird.
In der Fragestellung wird allerdings auf die Flächenwidmung und auch auf die Ausweisung als Eignungszone in einer Weise Bezug genommen, die nicht hinreichend klar erkennen lässt, welcher Akt bzw die (unveränderte) Beibehaltung welches Aktes Gegenstand der Befragung sein soll. Aus diesem Grund kann auch nicht beurteilt werden, ob Gegenstand der Volksbefragung eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde sein soll. Auch unter diesem Aspekt vermag die vorliegende Fragestellung die Voraussetzungen des §8 Abs1 Bgld GemVG nicht zu erfüllen.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Volksbefragung, Raumplanung örtliche, Raumordnung, Wirkungsbereich eigener, Gemeinderecht, Selbstverwaltungsrecht, EnergierechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2023:E3130.2022Zuletzt aktualisiert am
20.03.2023