Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des O in W, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Juli 1995, Zl. 111.993/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 11. Juli 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 2 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen.
Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, daß die vom Beschwerdeführer bei der "Interunfall" Versicherung AG abgeschlossene Krankenversicherung nicht einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz böte, weshalb der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG vorliege.
Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid erkennbar wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt, da er zu dem von der belangten Behörde erstmals gebrauchten Abweisungsgrund nicht gehört worden sei. Im Falle der Vermeidung dieses Verfahrensmangels hätte er - dies kann den Beschwerdeausführungen entnommen werden - auf die bei der Wiener Gebietskrankenkasse abgeschlossene Versicherung verwiesen.
"Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 erster Satz AVG ist die vor der Erstbehörde in Verhandlung gestandene, den Inhalt des Spruches ihres Bescheides bildende Angelegenheit, hier die Versagung der Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz. Im Rahmen dieser Sache war die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 zweiter Satz AVG berechtigt, den erstinstanzlichen Bescheid "nach jeder Richtung", also auch - wie geschehen - unter Heranziehung des von der Unterbehörde nicht angewendeten Versagungstatbestandes des § 10 Abs. 1 Z. 2 zweiter Fall FrG, abzuändern. Dies freilich nur unter der Voraussetzung der Einräumung von Parteiengehör im nach den Erfordernissen des konkreten Falles gebotenen Umfang (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. September 1995, Zl. 94/18/1137).
Im hier zu beurteilenden Fall ist die belangte Behörde jedoch aktenwidrig (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG) offensichtlich von der Annahme ausgegangen, der Beschwerdeführer sei allein bei dem erwähnten privaten Versicherer krankenversichert. Der Beschwerdeführer hat nämlich bereits in seinem Antrag vom 7. Juli 1994 hinsichtlich seines Krankenversicherungsschutzes auf die bei der Wiener Gebietskrankenkasse abgeschlossene freiwillige Selbstversicherung verwiesen (AS 24 verso des vorgelegten Verwaltungsaktes) und den Nachweis seiner Anmeldung zur Selbstversicherung in der Krankenversicherung bei der Wiener Gebietskrankenkasse vorgelegt (AS 43 des Verwaltungsaktes).
Da die belangte Behörde sohin bei Vermeidung der dargelegten Verfahrensmängel zu einem anderen (für den Beschwerdeführer günstigeren) Ergebnis hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a und c VwGG aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, wobei jedoch Ersatz für Bundestempel nur in dem zur Rechtsverfolgung nötigen Umfang zuzusprechen war.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995190563.X00Im RIS seit
02.05.2001