TE Vwgh Erkenntnis 1995/11/9 95/19/0023

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.11.1995
beobachten
merken

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §16;
AsylG 1991 §20 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. August 1994, Zl. 4.336.515/5-III/13/94, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger Ghanas und am 29. August 1991 in das Bundesgebiet eingereist. Am 30. August 1991 stellte er den Antrag, ihm Asyl zu gewähren. Mit Bescheid vom 16. April 1992 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes (1968) sei.

Mit dem Bescheid vom 26. August 1994 wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer führte anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme am 7. April 1992 vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich entscheidungswesentlich aus, daß er im Juni 1991 auf der Farm seines Onkels zu arbeiten begonnen habe, da sein Onkel die Absicht gehabt habe, diese Farm ihm zu vererben. Die Farm sei in der Nähe der Grenze zur Elfenbeinküste gelegen gewesen. Am 10. Juli 1991, seien Soldaten zur Farm gekommen und hätten den Onkel und den Beschwerdeführer festgenommen, da sie auf der Farm eine Kiste mit Waffen gefunden hätten. Der Beschwerdeführer sei in ein Gefängnis gebracht und dort verhört worden. Während des Verhörs sei ihm am zweiten Tag der Haft, sohin am 11. Juli 1991, die Flucht gelungen. Er habe deshalb eine sich bietende Gelegenheit zur Flucht ergriffen, da er Angst gehabt habe, in seinem Heimatstaat jahrelang ohne Gerichtsurteil gefangen gehalten zu werden.

In seiner Berufung brachte der Beschwerdeführer weiters vor, daß er und sein Onkel zusammen mit anderen Männern gefangen genommen worden sei, wobei ihm wie den anderen der Vorwurf der Rebellion gemacht worden sei. Bei den angeblich von den Behörden seines Heimatstaates sicher gestellten Waffen habe es sich - nach den ihm gemachten Vorhaltungen - um ein Waffenlager der Rebellen gehandelt. Die Flucht aus dem Gefängnis sei ihm während eines bewaffneten Angriffes (unter anderem mit Granatwerfern) der Rebellen auf das Gefängnis gelungen; Ziel dieses Angriffes sei es gewesen, die Mitgefangenen zu befreien. Aufgrund dieses Geschehens werde er in seinem Heimatstaat "inoffiziell" der Rebellion beschuldigt.

Der Beschwerdeführer geht vor dem Gerichtshof selbst davon aus, daß ein Mangel des Verfahrens in erster Instanz nicht vorliege; seine dort gemachten Angaben seien - wenn auch sehr knapp und nur in gedrängter Form - zutreffend protokolliert worden. Er habe diese in seiner Berufung "ergänzt und erläutert". Damit aber wird nicht aufgezeigt, warum die belangte Behörde nicht gemäß § 20 Abs. 1 AsylG 1991, das sie gemäß § 25 Abs. 2 leg. cit. anzuwenden hatte, die Ermittlungsergebnisse des erstinstanzlichen Verfahrens ihrer Entscheidung zugrundezulegen hatte, zumal - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in zahlreichen Erkenntnissen ausgesprochen hat - der Umfang der Ermittlungspflicht der Asylbehörden durch § 16 AsylG 1991 bestimmt wird. Danach hat die Behörde den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen und daher im Rahmen ihrer Ermittlungspflicht allenfalls vorhandene Zweifel über den Inhalt und die Bedeutung des Vorbringens eines Asylwerbers durch entsprechende Erhebungen, insbesondere durch ergänzende Befragung, zu beseitigen, wenn - und nur dann - das Vorbringen eines Asylwerbers einen hinreichend deutlichen Hinweis auf einen Sachverhalt enthält, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Konvention in Betracht kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juli 1995, Zl. 95/20/0010, mwN). Auf das durch überschießende Tatsachenbehauptungen "ergänzte und erläuterte" Berufungsvorbringen ist daher die belangte Behörde zu Recht nicht näher eingegangen.

Der Bundesminister für Inneres hatte auch eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens nicht schon deshalb anzuordnen, weil der Berufungswerber im Berufungsverfahren ein Schreiben seines Schwagers vom Oktober 1991 vorlegte, hat doch der Beschwerdeführer nicht dargelegt, warum er dieses Schreiben nicht bereits im erstinstanzlichen Verfahren den Behörden übermittelt hat.

Legt man aber - wie dies die belangte Behörde gemäß § 20 Abs. 1 AsylG 1991 zu Recht tat - das erstinstanzliche Vorbringen des Beschwerdeführers zugrunde, so erweist sich die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde als nicht rechtsirrig: Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Der Beschwerdeführer hat nun im erstinstanzlichen Verfahren nur vorgebracht, im Zusammenhang mit dem Fund von Waffen auf dem Gelände der Farm seines Onkels verfolgt worden zu sein. Darin kann für sich allein keine Verfolgung aus einem der im § 1 Z. 1 AsylG 1991 genannten Gründe gesehen werden (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 20. Juni 1995, Zl. 95/19/0043 und vom 28. März 1995, Zl. 94/19/1417, je mit weiteren Nachweisen).

Die belangte Behörde ist somit im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 ist, so daß auf das weitere Beschwerdevorbringen im Zusammenhang mit dem Asylausschlußgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 (Verfolgungssicherheit in Elfenbeinküste) nicht näher eingegangen werden muß.

Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995190023.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten