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55 WirtschaftslenkungNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung der Individualanträge auf Aufhebung von Teilen von Verordnungen betreffend die Festlegung eines Aufteilungsverfahrens für den Export von Rindfleisch mangels Legitimation; Erwirkung von Ausfuhrbewilligungen - auch in Form von Teilbescheiden - zumutbar; wirtschaftliche Auswirkungen kein Eingriff in die RechtssphäreSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Die antragstellende Gesellschaft betreibt nach eigener Darstellung einen Schlachthof, einen Fleischmarkt und einen Vieh- und Fleischexporthandel. In ihrem auf Art139 Abs1 B-VG gestützten Antrag begehrt sie, "die Verordnung (öffentliche Bekanntmachung) betreffend ein allgemeines Aufteilungsverfahren zum Export von Rindfleisch männlicher Rinder in Länder der EG der Agrarmarkt Austria vom 14. Juli 1993 in ihrem Punkt 4.5.3. lite) und die Verordnung (öffentliche Bekanntmachung) betreffend ein allgemeines Aufteilungsverfahren zum Export von Rindfleisch weiblicher Rinder in Länder der EG der Agrarmarkt Austria vom 14. Juli 1993 in ihrem Punkt 5.5.3. lite) als gesetzwidrig aufzuheben".
2. Mit der 1. bzw. der 3. Öffentlichen Bekanntmachung vom 13. Juli 1993, kundgemacht im "Verlautbarungsblatt der Agrarmarkt Austria für den Bereich Vieh und Fleisch" vom 14. Juli 1993,
1. Stück, wurde ein allgemeines Aufteilungsverfahren für den Export von Rindfleisch von männlichen bzw. weiblichen Rindern in Länder der EG erlassen. Unter Punkt 4. bzw. 5. dieser Öffentlichen Bekanntmachungen wurden die Zuteilungskriterien festgelegt und gewichtet, wobei Punkt 4.5.3. lite bzw. Punkt
5.5.3. lite als Kriterium jeweils die "Belieferung des Lebendrindermarktes St. Marx" vorsieht.
Am 19. Juli 1993 stellte die antragstellende Gesellschaft Anträge auf Erteilung von Ausfuhrbewilligungen. Im Rahmen einer mündlichen Einvernahme sei sie "gezwungen" worden, die Anträge "auf eine von der Agrarmarkt Austria bestimmte geringere Menge einzuschränken, für die dann die Ausfuhrbewilligung erteilt wurde". Dies sei "mit der Argumentation (erreicht worden), daß andernfalls ein längeres Ermittlungsverfahren eingeleitet werden müßte und der nur teilweise stattgebende Bescheid nicht mehr rechtzeitig für die nach den Verordnungsbestimmungen bis längstens 7. September 1993 zu erfolgenden Exporte ergehen könnte, ein später ergehender Bescheid aber für den Antragsteller nutzlos wäre".
3. Zur Begründung der Antragslegitimation führt die antragstellende Gesellschaft aus, daß sie "durch das ... Vorgehen der Agrarmarkt Austria auf Grund des auf ihr lastenden wirtschaftlichen Druckes de facto nie die Möglichkeit (habe), ein ordentliches Rechtsmittel gegen die Bescheide der Agrarmarkt Austria zu ergreifen". "Da die Ware ohne Ausfuhrbewilligung von den Zollämtern nicht abgefertigt wird und daher ein Export unmöglich wäre", greife die angefochtene Verordnung in die Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaft unmittelbar und aktuell ein, ohne daß es hiefür einer behördlicher Entscheidung bedürfe. Erhalte die antragstellende Gesellschaft die erforderlichen Ausfuhrbewilligungen nicht oder nicht im beantragten Ausmaß, so sei ihr die Fortsetzung ihrer gewerblichen Tätigkeit unmöglich bzw. erheblich erschwert.
II. Der Antrag ist unzulässig.
1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Verordnung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art139 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 10481/1985). Entgegen der Ansicht der antragstellenden Gesellschaft ist hier ein solcher Weg gegeben.
2. Wie sich auch aus den Ausführungen der antragstellenden Gesellschaft selbst ergibt, steht ihr die Möglichkeit offen, ein Ausfuhrbewilligungsverfahren durch einen Antrag einzuleiten. Gemäß §6 Abs1 Viehwirtschaftsgesetz bedürfen die Einfuhren bestimmter Waren einer Bewilligung der Kommission. Normiert ein Gesetz ein Bewilligungsverfahren, demzufolge unter bestimmten tatbestandlichen Voraussetzungen eine Bewilligung bescheidmäßig zu erteilen ist, so greift erst der die Bewilligung versagende Bescheid unmittelbar in die Rechtssphäre des Normadressaten ein (so schon VfSlg. 8009/1977, S. 161). Selbst wenn die Behörde über den Antrag in zwei Teilbescheiden abspricht und sich in einem - innerhalb der Geltungsdauer einer Verordnung zu erlassenden - Teilbewilligungsbescheid den Abspruch über den Restantrag vorbehält, steht es der antragstellenden Gesellschaft frei, gegen einen solchen - teilabweisenden - Bescheid nach Erschöpfung des verwaltungsbehördlichen Instanzenzuges Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes zu erheben. Im Verfahren vor diesen Gerichtshöfen kann die von Amts wegen zu veranlassende Überprüfung der Verordnung auf ihre Gesetzmäßigkeit angeregt werden.
Daraus ergibt sich, daß der antragstellenden Gesellschaft durchaus ein zumutbarer Weg zur Verfügung steht, über die Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gegen die auf der Grundlage der angefochtenen Verordnungen erlassenen Bescheide die Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der von ihr bekämpften Normen zu erreichen (VfSlg. 8118/1977, 9132/1981, 9773/1983).
3. Soweit die antragstellende Gesellschaft durch die angefochtenen Verordnungen einen Eingriff in ihre Rechtssphäre wegen Beeinträchtigung ihrer wirtschaftlichen Interessen behauptet, fehlt es daran von vornherein. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat (vgl. VfSlg. 8670/1979, 9100/1981, 9221/1981), handelt es sich bei solchen wirtschaftlichen Auswirkungen nur um faktische Reflexwirkungen, nicht aber um Eingriffe in die Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaft.
4. Der Antrag ist daher gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Wirtschaftslenkung, Viehwirtschaft, Bescheid Trennbarkeit, AusfuhrbewilligungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:V67.1993Dokumentnummer
JFT_10069072_93V00067_00