Entscheidungsdatum
03.11.2022Index
50/01 GewerbeordnungNorm
GewO 1994 §13 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Schopf über die Beschwerde der A. GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 01.06.2022, Zl. ..., betreffend eine Angelegenheit nach der Gewerbeordnung (GewO),
zu Recht erkannt:
I. Gemäß §§ 28 Abs. 1 iVm 29 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit angefochtenem Bescheid entzog die belangte Behörde gemäß § 91 Abs. 2 in Verbindung mit § 87 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 85 Z 2 und § 13 Abs. 3 GewO 1994 der beschwerdeführenden Gesellschaft, der A. GmbH, die Gewerbeberechtigung: Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe und Handelsagent im Standort Wien, B.-gasse.
Dagegen richtet sich die innerhalb offener Frist eingebrachte Beschwerde, mit welcher zusammengefasst geltend gemacht wird, es werde nicht bestritten, dass die Gewerbeausschlussgründe der § 13 Abs 1 und 3 GewO vorlägen. Hinsichtlich des Gewerbeausschlusses gemäß § 13 Abs 1 GewO sei richtig, dass der Geschäftsführer und Alleingesellschafter C. D. rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt worden sei. Der Verurteilung zugrunde sei ein Rechtsstreit mit einem Leasingunternehmen gelegen. Aufgrund einer von ihm vertretenen unrichtigen Rechtsansicht sei der Tatbestand verwirklicht worden, der schließlich zu dieser Verurteilung geführt habe. Allerdings sei darauf hinzuweisen, dass seit der Verurteilung bereits mehr als 4 Jahre verstrichen seien und insbesondere die Probezeit abgelaufen sei. C. D. habe sich seit der Verurteilung wohlverhalten und sei auch zuvor niemals straffällig geworden. Es handle sich also um einen Ausnahmefall. Aufgrund der Persönlichkeit des Verurteilten und auch der Eigenart der strafbaren Handlung sei die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes keinesfalls zu befürchten.
Die Abweisung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse sei lediglich aufgrund eines Verfahrensfehlers erfolgt. Schon der Umstand, dass C. D. Alleingesellschafter der A. GmbH sei, zeige dass dieser keinesfalls vermögenslos sei. Er sei weiters auch Gesellschafter der E. GmbH. Überdies habe der Bf seine finanziellen Verhältnisse geordnet. Er habe beim Finanzamt, der SVS und der Gebietskrankenkasse keine Schulden bzw. bestünden Ratenvereinbarungen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien wurde ergänzend vorgebracht, dass die Forderung der Leasingfirma mittlerweile vollständig beglichen worden sei. Herr C. D. gab als Zeuge einvernommen an, von einem Rechtsstreit sei insoweit zu sprechen, als der Mercedes das Fahrzeug eines Mitarbeiters gewesen sei. Dieser habe es geleast und um ihn an das Unternehmen zu binden sei man in den Leasingvertrag eingestiegen. Die Mehrzahlung habe aber dann der Mitarbeiter genommen und habe im Unternehmen gekündigt. Daraufhin sei das Fahrzeug abgestellt worden, ohne es zu benützen. Aufgrund dieses Sachverhaltes sei es dann zum gerichtlichen Strafverfahren und schlussendlich zur Verurteilung gekommen. Gegen den Mitarbeiter sei dann zivilrechtlich Klage erhoben worden. Beim Opel sei es so gewesen, dass 2016 von F. drei Fahrzeuge erworben worden seien, alle drei mit einem Leasingvertrag und alle drei seien ausgeliefert worden. Die Anzahlungen seien geleistet worden, hinsichtlich der Raten sei man erst nach sechs Monaten draufgekommen, dass diese für das dritte Fahrzeug nicht abgebucht worden seien. Da das Fahrzeug bereits angemeldet gewesen und benützt worden sei, sei eine Rückgabe nicht in Betracht gekommen. Im Sanierungsverfahren sei das Fahrzeug dann nicht zurückgenommen worden. Auch das Angebot zur Nachzahlung der Raten sei nicht angenommen worden. Dies deshalb, da ein Betrag von knapp 30.000,- Euro plus Fahrzeug gefordert worden sei und dies bereits vom Betrag her fast den gesamten Neuwert des Fahrzeuges ausmacht habe. Seine persönlichen Schulden bei der Gebietskrankenkasse und beim Finanzamt seien zum Teil beglichen (Krankenkassa zu 70%), zum Teil seien Ratenvereinbarungen getroffen worden. Bei den gerichtlichen Strafverfahren sei er nicht anwaltlich vertreten gewesen. Auch bei den Besprechungen mit der Leasingfirma habe er keinen Rechtsbeistand gehabt.
Die Beschwerdeführerin, die A. GmbH, ist Inhaberin der Gewerbeberechtigung Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe und Handelsagent im Standort Wien, B.-gasse. Herr C. D., geboren am ...1966, fungiert als handelsrechtlicher Geschäftsführer und Alleingesellschafter der A. GmbH, dem kraft dieser Funktionen ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte dieser Gesellschaft zukommt. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 17.08.2018, GZ: ..., rechtskräftig mit 21.08.2018, wurde Herr C. D. zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, bedingt nachgesehen unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. Es wurde in diesem Urteil festgestellt, dass Herr C. D. im September 2017 in Wien ein Gut, das ihm anvertraut worden war, nämlich ein Leasingfahrzeug Marke Mercedes Benz im Eigentum der G. Leasing GmbH stehend in einem EUR 5.000,00 übersteigenden Wert, sich mit dem Vorsatz zueignete, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, indem er die Raten für das Fahrzeug nicht bezahlte, es trotz mehrmaliger Aufforderung nicht herausgab und es einem Eigentümer gleich benutzte. Die Richterin stellte weiters fest, dass der Verurteilte ernsthaft mit der Verwirklichung des Tatbildes der Veruntreuung rechnete und sich damit abfand. Die Verhängung einer Geldstrafe sei nötig, um ihn vor weiteren strafrechtlichen Verfehlungen abzuhalten, wobei eine bloße Geldstrafe diese Warnfunktion verfehlt hätte. Mit Urteil des Bezirksgerichtes H. vom 19.02.2018, rechtskräftig am 22.02.2018 wurde C. D. eines Vergehens nach § 27 Abs. 1 Z. 1 1.2.Fall SMG, begangen im Zeitraum 09.09.2016 bis 09.11.2016 schuldig erkannt und eine Geldstrafe von EUR 750,00 verhängt. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 03.06.2019 wurde Herr C. D. schuldig erkannt, er habe am 17.11.2017 in Wien ein Gut, das ihm anvertraut worden war, nämlich ein Leasingfahrzeug Marke Opel ... im Eigentum der Firma F., nunmehr J. stehend in einem EUR 5.000,00 übersteigenden Wert, sich mit dem Vorsatz zueignete, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, indem er die Anzahlung sowie die Raten für das Fahrzeug nicht bezahlte, es trotz mehrmaliger Aufforderung nicht herausgab und es einem Eigentümer gleich benutzte. Wegen des Vergehens der Veruntreuung wurde unter Bedachtnahme auf die zitierten rechtskräftigen Verurteilungen eine Zusatz-Freiheitsstrafe von drei Monaten, bedingt nachgesehen unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verhängt.
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 24.08.2021, GZ: ..., wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Herrn C. D. mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet und ist der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in diesen Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen. Mit Verfahrensanordnung vom 16.02.2022, nachweislich am 18.02.2022 zugestellt, wurde die Gewerbeinhaberin aufgefordert, innerhalb einer Frist von zwei Monaten Herrn C. D. als Person mit maßgebendem Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zu entfernen. In diesem Auftrag vom 16.02.2022 wurde auf die strafgerichtliche Verurteilung vom 17.08.2018 sowie auf den Beschluss des Handelsgerichtes vom 24.08.2021 Bezug genommen, eine Frist von zwei Monates für die Entfernung gewährt sowie die Entziehung der Gewerbeberechtigung für den Fall der Nichtentsprechung angedroht. Diesem Auftrag ist die Gewerbeinhaberin innerhalb der gesetzten Frist nicht nachgekommen. Daraufhin wurde die Gewerbeberechtigung unter Bezugnahme auf die im Auftrag vom 16.02.2022 genannten Gründe entzogen.
Gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 hat die Behörde (§ 361), wenn der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eingetragene Personengesellschaft ist und sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe oder der in § 85 Z 2 angeführte Endigungsgrund sinngemäß auf eine natürliche Person beziehen, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, dem Gewerbetreibenden eine Frist bekanntzugeben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen.
Gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 sind natürliche Personen von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn
1. sie von einem Gericht verurteilt worden sind
b) wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen und
2. die Verurteilung nicht getilgt ist.
Gemäß § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde (§ 361 GewO 1994) zu entziehen, wenn auf den Gewerbeinhaber die Ausschlussgründe gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.
Gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1994 sind Rechtsträger von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen wenn
1. das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet oder aufgehoben wurde und
2. der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist.
Die Gewerbebehörde hat bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 13 Abs. 3 GewO 1994 nicht zu überprüfen, ob die diesbezügliche gerichtliche Entscheidung der Rechtslage entsprochen hat (Hinweis E vom 2. Februar 2012, 2011/04/0210 und 0211, bzw. - zur alten insolvenzrechtlichen Rechtslage - das E vom 9. Dezember 1997, 97/04/0218, jeweils mwN). Dies gilt auch für Entziehungsverfahren gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 (Hinweis E vom 16. Dezember 1998, 98/04/0205). Es besteht somit eine Bindung der Gewerbebehörden an die Beschlüsse des Insolvenzgerichtes (Hinweis E vom 17. April 2012, 2011/04/0201). Soweit die Revisionswerberin geltend macht, das Gericht habe den zugrunde liegenden insolvenzrechtlichen Beschluss nur getroffen, weil der damalige handelsrechtliche Geschäftsführer es verabsäumt habe, sich rechtzeitig zum Antrag zu äußern, ist dem entgegenzuhalten, dass die Umstände, die zur Abweisung des Insolvenzantrages geführt haben, unerheblich sind (VwGH 24.06.2015, Ro 2014/04/0038 mit Hinweis auf VwGH 28. März 2007, 2005/04/0282, mwN).
Bei der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 iVm § 13 Abs. 3 GewO 1994 handelt es sich um eine gebundene Entscheidung; sie liegt nicht im Ermessen der Behörde (VwGH 31.01.2013, 2013/04/0001).
Es besteht eine Bindung der Gewerbebehörden an Beschlüsse des Insolvenzgerichts. Zum einen dahin, dass es sich bei der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 iVm § 13 Abs. 3 GewO 1994 um eine gebundene Entscheidung handelt. Zum anderen dahin, dass ein gerichtlicher Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens von der Gewerbebehörde bis zur Erlassung des Entziehungsbescheides von Amts wegen zu beachten ist: Eine Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§§ 66 ff IO) vor Erlassung des Entziehungsbescheides hat nämlich zur Folge, dass die Gewerbebehörde nicht mehr vom Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzung nach § 13 Abs. 3 Z. 1 GewO 1994 ausgehen darf. Vielmehr steht eine Eröffnung des Insolvenzverfahrens einer Entziehung der Gewerbeberechtigung nach § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 entgegen, was von der Gewerbebehörde von Amts wegen zu berücksichtigen ist (VwGH 17.04.2012, 2011/04/0201).
Gegenständlich wurde die Verwirklichung dieses Tatbestandes nicht in Abrede gestellt, der Behauptung eines Verfahrensfehlers im Insolvenzverfahren kommt nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine rechtliche Bedeutung zu.
Gemäß § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn auf den Gewerbeinhaber die Ausschlussgründe gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.
Bei der Prognose ist auf die „Eigenart der strafbaren Handlung“ gleichermaßen wie auf die „Persönlichkeit des Verurteilten“ und eine allfällige positive Persönlichkeitsentwicklung Bedacht zu nehmen. Zu berücksichtigen sind alle äußeren Umstände die auf die Persönlichkeitsentwicklung – sei es im positiven oder negativen Sinn – von Einfluss sein können, wie zum Beispiel Schadenswiedergutmachung; unbescholtene Lebensführung seit Tatbegehung; Rückfall in neuerliche Straftaten; diese Umstände sind mit der Eigenart und Schwere begangene Straftaten sowie stets mit Blick auf die Frage abzuwägen, ob eine nachvollziehbare (begründete) Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein Antragsteller bei Ausübung des Gewerbes gleiche oder ähnliche Straftaten begehen wird. Diese Abwägung kann in der Regel aufgrund allgemeiner menschlicher Erfahrung vorgenommen werden (Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung³ (2011), § 26 RZ 10).
Die in § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 (Absehen von der Entziehung einer aufrechten Gewerbeberechtigung) geregelte Prognose hat nach höchstgerichtlichen Kriterien zu erfolgen. § 87 Abs. 1 Z 1 iVm § 13 Abs. 1 GewO 1994 dient hauptsächlich dem Schutz von Personen (potenziellen Kunden, Arbeitnehmern und sonstigen in Betracht kommenden Geschäftspartnern des Gewerbetreibenden) durch Hintanhaltung einer Begehung gleichartiger Straftaten bei einer erstmaligen bzw. der weiteren Gewerbeausübung.
Unter dem Aspekt der Eigenart der strafbaren Handlung ist, wie der einschlägigen Rechtsprechung des VwGH zu entnehmen ist, zunächst die Eignung des in Rede stehenden Gewerbes für die Begehung gleicher oder ähnlicher (iSv gegen die gleichen Rechtsgüter gerichteter) Straftaten zu bewerten.
Das Persönlichkeitsbild des Täters – ebenso wie die gesamte Befürchtung im Sinn des § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 – können sich nach der Rechtsprechung des VwGH bereits in der Art der strafgerichtlichen Verurteilung manifestieren (vgl. VwGH 9.9.2015, Ro 2014/04/0012; VwGH 8.5.2002, 2002/04/0030, mwV). Zu berücksichtigen sind insbesondere die Umstände der Straftaten, etwa ein aufwändig geplantes oder auffällig sorgloses Vorgehen, das Tatmotiv, ein langer Tatzeitraum oder die Höhe eines Schadensbetrags (vgl. etwa VwGH 11.11.1998, 97/04/0167). Ferner hat die Gewerbebehörde auch auf das Ausmaß Bedacht zu nehmen, in dem die verhängte Strafe die in § 13 Abs. 1 GewO 1994 genannte Grenze übersteigt (VwGH 9.9.2015, Ro 2014/04/0012; VwGH 11.12.2013, 2013/04/0151, mwV).
Auch ist festzustellen, dass zwar, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 3.9.2008, 2008/04/0025 ausgeführt hat, ein zwischenzeitliches Wohlverhalten von sieben Jahren ausreichend für eine günstige Prognose sein kann, dies ist aber nur bei Vorliegen besonderer Umstände (wie sie im Beschwerdefall vor dem Verwaltungsgerichtshof gegeben waren) möglich. Bei einem längeren Deliktszeitraum hat der Verwaltungsgerichtshof auch ein Wohlverhalten von sechseinhalb Jahren nicht als ausreichend erachtet (VwGH 28.9.2011, 2011/04/0148 sowie weiters 27.10.2014, 2013/04/0103).
Solche besonderen Umstände sind gegenständlich aber nicht festzustellen. Die Zeit des Wohlverhaltens seit Abschluss der gerichtlich sanktionierten Taten beträgt gerade knapp fünf Jahre, seit dem gerichtlichen Strafurteil sind gerade einmal vier Jahre verstrichen. Auch war im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass das Strafgericht selbst ausdrücklich ausgesprochen hat, zur Abhaltung des Täters von weiteren Straftaten sei eine Geldstrafe nicht ausreichend, weiters dass keine unrichtige Rechtsauffassung auf Seiten des Verurteilten vorlag, sondern dass der Verurteilte ernsthaft mit der Verwirklichung des Tatbildes der Veruntreuung rechnete und sich damit abfand. Nach den Feststellungen des Strafgerichtes bezahlte er die Raten für das Fahrzeug nicht, gab es trotz mehrmaliger Aufforderung nicht heraus und nutzte es einem Eigentümer gleich. Auch war bei der Beurteilung des Persönlichkeitsbildes und der darauf gestützten Zukunftsprognose darauf Bedacht zu nehmen, dass es sich bei der Schädigung des Leasingunternehmens in Zusammenhang mit einem Kraftfahrzeug um keine Einzeltat gehandelt hat und dass Herr C. D. entgegen der Behauptung in der Beschwerde auch vor der der Entziehung zu Grunde liegenden Straftat straffällig geworden ist und dabei auch in anderen Bereichen straffällig geworden ist, was es ausschließt, von einer nachhaltigen Veränderung des Persönlichkeitsbildes auszugehen, sodass die Befürchtung der Begehung der gleichen oder ähnlichen Tat „gar nicht besteht“ (VwGH 11.9.2013, 2013/04/0084).
Es ist unbestreitbar, dass das in Rede stehende Gewerbe (Handelsgewerbe) geeignet ist, eine weitere gleichartige Straftat mit einer finanziellen Schädigung von Lieferanten oder anderen Handelspartnern zu begehen.
Die Aufforderung an die Beschwerdeführerin gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 erging daher zu Recht. Da diese innerhalb der gesetzten Frist nicht befolgt wurde, war seitens der belangten Behörde mit Entziehung der Gewerbeberechtigung vorzugehen. Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Da die Rechtsfrage der Berechtigung einer Aufforderung nach § 91 Abs. 2 GewO 1994 an Hand umfangreicher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelöst werden konnte, war eine ordentliche Revision nicht zuzulassen.
Schlagworte
Gewerbeberechtigung; Entziehung; Ausschlussgrund; Insolvenzgericht; Bindung der Gewerbebehörde; Prognose; gleicharte StraftatEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2022:VGW.105.020.9513.2022Zuletzt aktualisiert am
15.03.2023