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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §61;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Dolp als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über den Antrag des K in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung der Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde gemäß § 46 Abs. 1 VwGG und über die Beschwerde des Genannten gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. Mai 1995, Zl. 106.739/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, den Beschluß gefaßt:
Spruch
1.
Dem Wiedereinsetzungsantrag wird nicht stattgegeben.
2.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag wird vorgebracht, dem Antragsteller sei der Bescheid der belangten Behörde am 13. Juni 1995 zugestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt habe sich eine im Antrag namentlich genannte Person, welche sich um den Antragsteller angenommen hätte und ihm insbesondere unentgeltlich eine Wohnmöglichkeit und die für ihn notwendigen Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes zur Verfügung stellen würde, auf Urlaub befunden. Diese Person sei am Wochenende um den 15. und 16. Juli 1995 von diesem Urlaub zurückgekehrt. Der Antragsteller habe ihr den Bescheid der belangten Behörde, den er "nicht in allen Details verstanden" hätte, sofort gezeigt, worauf er gefragt worden sei, wann dieser Bescheid zugestellt worden wäre. Der Antragsteller habe seiner Meinung nach das richtige Zustelldatum (13. Juni 1995) genannt, allerdings sei es bei der Übermittlung des Datums offenbar zu einem Fehler gekommen, weil die erwähnte Person der Annahme war, der Bescheid sei am 13. Juli 1995 zugestellt worden. Wie es dazu gekommen sei, sei nicht mehr nachvollziehbar, es bestehe sowohl die Möglichkeit, daß der Antragsteller statt Juni unrichtigerweise das Wort Juli verwendet habe oder aber, daß die erwähnte Person statt Juni das Wort Juli verstanden hätte. Jedenfalls sei ihm mitgeteilt worden, daß ausgehende von der sechswöchigen Beschwerdefrist und der unrichtig mit 13. Juli 1995 angenommenen Zustellung die Beschwerdefrist erst gegen Ende August ablaufen würde. Dem Antragsteller sei sodann geraten worden, sich zur Erhebung der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof an einen Rechtsanwalt zu wenden und sei ihm Namen und Adresse seiner nunmehrigen Rechtsfreundin mitgeteilt worden. Bei einer Besprechung mit dieser am 3. August 1995 habe sich nach Bekanntgabe des richtigen Zustellungdatums (13. Juni 1995) herausgestellt, daß die sechswöchige Beschwerdefrist (gemeint des § 26 Abs. 1 VwGG) bereits am 25. Juli 1995 abgelaufen sei.
Durch das Mißverständnis bei der Übermittlung des Zustelldatums, welches für den Antragsteller ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis darstelle, hätte der Antragsteller die sechswöchige Beschwerdefrist des § 26 Abs. 1 VwGG versäumt.
Nach § 46 Abs. 1 VwGG ist, wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Unkenntnis des Gesetzes für sich allein nicht als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zu werten, das die Voraussetzung des § 46 Abs. 1 VwGG für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bilden könnte (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 648 f, angeführte Judikatur). Vorliegendenfalls bringt der Antragsteller vor, er habe den Bescheid der belangten Behörde "nicht in allen Details verstanden", womit im Hinblick auf das weitere Beschwerdevorbringen auch eine Unkenntnis über die Beschwerdemöglichkeit vor dem Verwaltungsgerichtshof und die dabei zu beachtende Frist gemeint ist. Die Versäumung der Beschwerdefrist ist also in Wahrheit auf die schon vor dem vom Antragsteller als Wiedereinsetzungsgrund i.S. des § 46 Abs. 1 gewerteten Mißverständnis vorgelegene Unkenntnis zurückzuführen, weshalb dieses Mißverständnis zwischen dem Antragsteller und einem Dritten für die Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bedeutungslos ist. Dazu kommt, daß der Antragsteller bei Unklarheit über die für ihn möglichen bzw. von ihm zu ergreifenden Maßnahmen gegen einen dem Instanzenzug nicht mehr unterliegenden Bescheid im Rahmen der ihm im konkreten Fall zumutbaren Sorgfaltspflicht gehalten gewesen wäre, diese Unklarheit durch Einholung von Informationen bei Rechtskundigen zu beseitigen (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 1990, Zl. 90/07/0012, welches zur Information angeschlossen ist). Es ergibt sich daher zusammenfassend, daß das vom Antragsteller geltend gemachte Ereignis keinen Wiedereinsetzungsgrund im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG darstellt.
Da eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattfindet, war die gleichzeitig mit dem diesbezüglichen Antrag eingebrachte Beschwerde wegen Versäumung der Einbringungsfrist gemäß § 34 Abs. 1 erster Fall VwGG durch denselben - hier gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a VwGG gebildeten - Senat ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.
Damit erübrigt sich auch eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, dieser Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995190637.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
28.01.2010