TE Vwgh Erkenntnis 1995/11/9 95/19/0267

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Veröffentlicht am 09.11.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §7 Abs1;
AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 95/19/0264 E 19. Oktober 1995 95/19/0265 E 19. Oktober 1995 95/19/0266 E 19. Oktober 1995

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte

Dr. Holeschofsky,Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der A in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. Mai 1995, Zl. 301.095/4-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von S 565,-- binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der am 6. Juli 1994 gestellte Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 und 6 FrG abgewiesen. Begründend nahm die belangte Behörde an, die Antragsstellerin sei sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet eingereist. Der vorliegende Antrag diene der Verlängerung ihres damit begonnenen Aufenthaltes. Dadurch sei - unter anderem - der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG verwirklicht, die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sei nach § 5 Abs. 1 AufG ausgeschlossen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und des Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin tritt der maßgeblichen Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, wonach der gegenständliche Antrag der Verlängerung eines mit sichtvermerksfreier Einreise begonnenen Aufenthaltes im Inland dienen soll, nicht entgegen, fügt aber den Tatsachenannahmen der belangten Behörde folgende Sachverhaltsdarstellung hinzu:

Ihr Vater habe von Ende 1989 bis März 1992 in Deutschland gearbeitet. Seit 8. Juli 1993 arbeite er nunmehr in Österreich. Die Beschwerdeführerin, ihre beiden Geschwister und ihre Mutter seien bosnische Staatsangehörige. Nach Ausbruch des bewaffneten Konfliktes sei sie mit ihrer Mutter und den Geschwistern am 2. Mai 1992 von Gojcin nach Zivinice geflüchtet. Das Wohnhaus der Beschwerdeführerin sei Mitte Mai 1992 als Folge der Kriegshandlungen vollständig abgebrannt. Ihre Mutter, ihre Geschwister und sie hätten die Absicht verfolgt, zu ihrem Vater nach Österreich nachzukommen. Ohne Dokumente hätten sie am 8. Juni 1994 die Reise antreten müssen und wären mit einem Bus über den Grenzübergang Kamensko nach Kroatien gefahren, wo sie am 11. Juni 1994 eingetroffen seien. In der Folge hätten sie sich bei der Vertretungsbehörde in Zagreb bosnische Reisepässe besorgt. Danach hätte der Vater für ihre Mutter, ihre Geschwister und für sie selbst am 6. Juli 1994 bei der österreichischen Botschaft in Zagreb Erstanträge auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen zum Zweck der Familienzusammenführung abgegeben. In weiterer Folge habe die deutsche Botschaft am 14. Juli 1994 deutsche Visas mit einer Geltungsdauer bis 13. August 1994 ausgestellt. Damit sei die Beschwerdeführerin am 15. Juli 1994 beim Grenzübergang Spielfeld-Autobahn in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Über den Grund der Einreise sei sie nicht befragt worden. Sie habe daraufhin in W Unterkunft genommen.

Damit vermag die Beschwerdeführerin aber keine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Ihre Darlegungen, wonach sie keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit darstellen würde, gehen ins Leere, weil eine solche Gefährdung für die Verwirklichung des Sichtvermerksversagungsgrundes nach § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG nicht gefordert ist.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin, daß es die (erstinstanzliche) Behörde unterlassen habe, sie auf die Möglichkeit, einen Asylantrag zu stellen, hinzuweisen. Die Relevanz dieses behaupteten Verfahrensmangels ist jedoch nicht gegeben. Zutreffend verweist die Beschwerdeführerin darauf, daß sie - bei Vorliegen der in § 7 Abs. 1 AsylG 1991 genannten Voraussetzungen - gemäß § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG keine Bewilligung benötigen würde. Ob in diesem Fall die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung (für den Fall des Ablaufes der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Abs. 1 AsylG 1991) überhaupt zulässig wäre, kann hier dahingestellt bleiben, zumal der Erwerb einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 1991 die Anwendung des Sichtvermerksversagungsgrundes nach § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG im Verfahren zur Erteilung einer (regulären) Aufenthaltsberechtigung nicht hindern würde (vgl. für den Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 7 FrG das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 1994, Zl. 94/18/0326).

Ergänzend sei noch angemerkt, daß sich die Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Zustellung des angefochtenen Bescheides am 8. Mai 1995 jedenfalls nicht auf § 2 der - am 10. Juni 1995 in Kraft getretenen - Verordnung der Bundesregierung über das Aufenthaltsrecht von kriegsvertriebenen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, BGBl. Nr. 389/1995, berufen könnte. Ob diese Bestimmung der Anwendung des Sichtvermerksversagungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG im Wege stehen würde, kann daher dahingestellt bleiben. Unter § 2 der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides in Geltung stehenden Verordnung der Bundesregierung über das Aufenthaltsrecht von kriegsvertriebenen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, BGBl. Nr. 1038/1994, fällt die Beschwerdeführerin im Hinblick auf ihre Einreise nach dem 1. Juli 1993 jedenfalls nicht. Soweit der Beschwerdeführerin nach § 1 Abs. 2 der genannten Verordnung ein vorläufiges Aufenthaltsrecht zukommen sollte, würde in dieses durch den angefochtenen Bescheid nicht eingegriffen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1994, Zl. 94/18/0104).

Aus den genannten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 47 f VwGG im Zusammenhang mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995190267.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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