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27 RechtspflegeNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung der die Abbuchung oder Einziehung von Gerichtsgebühren für Eingaben im Weg des elektronischen Rechtsverkehrs vorsehenden Bestimmung des GGG 1984 mangels Legitimation infolge Anhängigkeit eines BeschwerdeverfahrensSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. Der Antragsteller beantragt gemäß Art140 Abs1 B-VG die Aufhebung des §4 Abs4 Gerichtsgebührengesetz idF BGBl. 343/1989 wegen Verfassungswidrigkeit. Die genannte Bestimmung besagt, daß dann, wenn eine Eingabe im Weg des elektronischen Rechtsverkehrs (§§89a bis 89d GOG) eingebracht wird, die Gebühren durch Abbuchung und Einziehung (Abs2 Z2) zu entrichten sind und in diesem Fall ein höchstens abzubuchender Betrag nicht angegeben werden darf.
Der Antragsteller sei als Rechtsanwalt Teilnehmer an dem vom Bundesministerium für Justiz in Zusammenarbeit mit der Radio Austria AG eingerichteten "elektronischen Rechtsverkehr" (ERV); die Aufnahme des elektronischen Rechtsverkehrs erfolge durch einfache Anmeldung bzw. Abschluß einer Vereinbarung mit der Radio Austria AG, einer Rechtsperson des Privatrechtes, wobei eine bescheidmäßige Zulassung zum ERV nicht vorgesehen sei.
Die angefochtene Gesetzesbestimmung werde daher tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder Erlassung eines Bescheides, für den Antragsteller wirksam, da durch seine Teilnahme am "ERV" die angefochtene Bestimmung des GGG auf ihn zur Anwendung gelange.
II. 1. Der Verfassungsgerichtshof hat zu Individualanträgen auf Gesetzes- oder Verordnungsprüfung in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt eingenommen, daß bei Anhängigkeit eines Verfahrens, in dem Gelegenheit zur Anregung einer amtswegigen Prüfung besteht, ein Individualantrag nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände zulässig ist; andernfalls gelangte man zu einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes, die mit dem Charakter des Individualantrages als eines bloß subsidiären Rechtsbehelfes nicht in Einklang stünde (vgl. zB VfSlg. 10857/1986 sowie 11045/1986).
2. Der hier antragstellende Rechtsanwalt hat beim Verfassungsgerichtshof eine zu B70/91 protokollierte Beschwerde eingebracht, die sich gegen einen Bescheid der Datenschutzkommission vom 29. November 1990 wendet. Mit diesem Bescheid hat die Datenschutzkommission über ein Vorbringen des Einschreiters abgesprochen, welches unter anderem in der im Auftrag des Bundes von der Österreichischen Postsparkasse vorzunehmenden Abbuchung und Einziehung der Gerichtsgebühren einen unzulässigen Eingriff in den Datenschutz erblickt. Rechtsgrundlage der kritisierten Vorgangsweise war die Verordnung des Bundesministers für Justiz vom 4. Dezember 1989 über die Abbuchung und Einziehung der Gerichtsgebühren, BGBl. 599.
Diese Verordnung beruht unter anderem auf der hier angefochtenen Vorschrift des §4 Abs4 GGG, welche als "Grundlage des Gebühreneinzugsverfahrens" in der Begründung des genannten Bescheides der Datenschutzkommission auch ausdrücklich angeführt ist. Die mit dem vorliegenden Antrag bekämpfte Gesetzesbestimmung ist somit in diesem Beschwerdeverfahren präjudiziell im Sinne des Art140 Abs1 B-VG.
3. Da der Antragsteller also Gelegenheit hatte, auch seine Bedenken gegen §4 Abs4 GGG in der Beschwerde zu B70/91 vorzubringen und dies im übrigen auch getan hat (S 13f. der Beschwerde), ist der vorliegende Antrag mangels Legitimation zurückzuweisen.
Besondere Umstände, welche die unmittelbare Anfechtbarkeit ungeachtet dessen zulässig erscheinen ließen, sind nicht hervorgekommen.
Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren, Rechtsverkehr elektronischerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:G89.1991Dokumentnummer
JFT_10069072_91G00089_00