TE Vfgh Erkenntnis 2023/2/28 G66/2022

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Veröffentlicht am 28.02.2023
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Index

66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze

Norm

B-VG Art 7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 Z1 lita
StGG Art2
GSVG §25 Abs7, §25a, §113
VfGG §7 Abs2
  1. B-VG Art. 7 heute
  2. B-VG Art. 7 gültig ab 01.08.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2013
  3. B-VG Art. 7 gültig von 01.01.2004 bis 31.07.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  4. B-VG Art. 7 gültig von 16.05.1998 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/1998
  5. B-VG Art. 7 gültig von 14.08.1997 bis 15.05.1998 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/1997
  6. B-VG Art. 7 gültig von 01.07.1988 bis 13.08.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 341/1988
  7. B-VG Art. 7 gültig von 01.01.1975 bis 30.06.1988 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  8. B-VG Art. 7 gültig von 19.12.1945 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  9. B-VG Art. 7 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. B-VG Art. 140 heute
  2. B-VG Art. 140 gültig ab 01.01.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2013
  3. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.2008 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2008
  5. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  6. B-VG Art. 140 gültig von 06.06.1992 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 276/1992
  7. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.1991 bis 05.06.1992 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  8. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.1988 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 341/1988
  9. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.1976 bis 30.06.1988 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 302/1975
  10. B-VG Art. 140 gültig von 19.12.1945 bis 30.06.1976 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 140 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. GSVG § 25 heute
  2. GSVG § 25 gültig ab 01.01.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2017
  3. GSVG § 25 gültig von 01.01.2016 bis 31.12.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 162/2015
  4. GSVG § 25 gültig von 01.01.2016 bis 31.12.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 118/2015
  5. GSVG § 25 gültig von 15.08.2015 bis 31.12.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 162/2015
  6. GSVG § 25 gültig von 01.01.2015 bis 14.08.2015 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 288/2014
  7. GSVG § 25 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 434/2013
  8. GSVG § 25 gültig von 01.01.2013 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 441/2012
  9. GSVG § 25 gültig von 01.01.2013 bis 31.12.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 35/2012
  10. GSVG § 25 gültig von 01.01.2012 bis 31.12.2012 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 398/2011
  11. GSVG § 25 gültig von 01.01.2011 bis 31.12.2011 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 403/2010
  12. GSVG § 25 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 62/2010
  13. GSVG § 25 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 450/2009
  14. GSVG § 25 gültig von 18.06.2009 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 52/2009
  15. GSVG § 25 gültig von 01.01.2009 bis 17.06.2009 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 346/2008
  16. GSVG § 25 gültig von 01.01.2009 bis 31.12.2008 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 289/2008
  17. GSVG § 25 gültig von 01.01.2008 bis 31.12.2008 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 359/2007
  18. GSVG § 25 gültig von 01.01.2007 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 532/2006
  19. GSVG § 25 gültig von 01.01.2006 bis 31.12.2006 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 446/2005
  20. GSVG § 25 gültig von 01.01.2005 bis 31.12.2005 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 531/2004
  21. GSVG § 25 gültig von 01.01.2005 bis 31.12.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 142/2004
  22. GSVG § 25 gültig von 01.07.2004 bis 31.12.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 105/2004
  23. GSVG § 25 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2003
  24. GSVG § 25 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 611/2003
  25. GSVG § 25 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 71/2003
  26. GSVG § 25 gültig von 01.01.2003 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 279/2002
  27. GSVG § 25 gültig von 01.01.2003 bis 31.12.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 141/2002
  28. GSVG § 25 gültig von 01.01.2002 bis 31.12.2002 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 475/2001
  29. GSVG § 25 gültig von 01.01.2002 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2001
  30. GSVG § 25 gültig von 01.01.2002 bis 31.07.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 67/2001
  31. GSVG § 25 gültig von 01.08.2001 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2001
  32. GSVG § 25 gültig von 18.04.2001 bis 31.07.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2001
  33. GSVG § 25 gültig von 01.01.2001 bis 17.04.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2000
  34. GSVG § 25 gültig von 01.01.2000 bis 31.12.2000 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 175/1999
  35. GSVG § 25 gültig von 01.01.2000 bis 31.12.1999 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 139/1998
  36. GSVG § 25 gültig von 01.01.2000 bis 31.12.1999 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 139/1997
  37. GSVG § 25 gültig von 20.08.1999 bis 31.12.1999 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 175/1999
  38. GSVG § 25 gültig von 01.01.1999 bis 19.08.1999 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 139/1998
  39. GSVG § 25 gültig von 01.01.1998 bis 31.12.1998 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 139/1998
  40. GSVG § 25 gültig von 01.01.1998 bis 31.12.1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 139/1997
  41. GSVG § 25 gültig bis 31.12.1997
  1. VfGG § 7 heute
  2. VfGG § 7 gültig ab 22.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 16/2020
  3. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 21.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  4. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 92/2014
  5. VfGG § 7 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  6. VfGG § 7 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  7. VfGG § 7 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. VfGG § 7 gültig von 01.10.2002 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2002
  9. VfGG § 7 gültig von 01.01.1991 bis 30.09.2002 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 329/1990
  10. VfGG § 7 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 311/1976

Leitsatz

Kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz durch eine Bestimmung des GSVG betreffend die Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte; keine Geltung des Grundsatzes der Äquivalenz von Beitrags- und Versicherungsleistung in der gesetzlichen Pensionsversicherung; Möglichkeit der Änderung der vorläufigen Beitragsgrundlage auf Antrag des Versicherten gesetzlich vorgesehen

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B-VG gestützten Antrag begehrt das Bundesverwaltungsgericht, §25 Abs7 des Bundesgesetzes vom 11. Oktober 1978 über die Sozialversicherung der in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätigen (Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz – GSVG), BGBl 560, idF BGBl I 139/1998 als verfassungswidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):

§25, §25a und §113 GSVG lauten:

"Beitragsgrundlage

§25. (1) Für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte gemäß §2 Abs1 sind, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die im jeweiligen Kalenderjahr auf einen Kalendermonat der Erwerbstätigkeit im Durchschnitt entfallenden Einkünfte aus einer oder mehreren Erwerbstätigkeiten, die der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz, unbeschadet einer Ausnahme gemäß §4 Abs1 Z5, unterliegen, heranzuziehen; als Einkünfte gelten die Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988. Als Einkünfte aus einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit gelten auch die Einkünfte als Geschäftsführer und die Einkünfte des zu einem Geschäftsführer bestellten Gesellschafters der Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

(2) Beitragsgrundlage ist der gemäß Abs1 ermittelte Betrag,

2. zuzüglich der vom Versicherungsträger im Beitragsjahr im Durchschnitt der Monate der Erwerbstätigkeit vorgeschriebenen Beiträge zur Kranken-, Arbeitslosen- und Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz; letztere nur soweit sie als Betriebsausgaben im Sinne des §4 Abs4 Z1 lita EStG 1988 gelten;

3. vermindert um die auf einen Sanierungsgewinn oder auf Veräußerungsgewinne nach den Vorschriften des EStG 1988 entfallenden Beträge im Durchschnitt der Monate der Erwerbstätigkeit; diese Minderung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Versicherte es beantragt und bezüglich der Berücksichtigung von Veräußerungsgewinnen überdies nur soweit, als der auf derartige Gewinne entfallende Betrag dem Sachanlagevermögen eines Betriebes des Versicherten oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an der der Versicherte mit mehr als 25% beteiligt ist, zugeführt worden ist; diese Minderung ist bei der Feststellung der Ausnahme von der Pflichtversicherung gemäß §4 Abs1 Z5 nicht zu berücksichtigen; ein Antrag auf Minderung ist binnen einem Jahr ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Fälligkeit des ersten Teilbetrags (§35 Abs3) der endgültigen Beiträge für jenen Zeitraum, für den eine Verminderung um den Veräußerungsgewinn oder Sanierungsgewinn begehrt wird, zu stellen.

(3) Hat der Pflichtversicherte Einkünfte aus mehreren die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Erwerbstätigkeiten, so ist die Summe der Einkünfte aus diesen Erwerbstätigkeiten für die Ermittlung der Beitragsgrundlage heranzuziehen.

(4) Die Beitragsgrundlage nach Abs2 beträgt für jeden Beitragsmonat mindestens den für das jeweilige Beitragsjahr geltenden Betrag nach §5 Abs2 ASVG (Mindestbeitragsgrundlage).

(5) Die Beitragsgrundlage darf die Höchstbeitragsgrundlage nicht überschreiten. Höchstbeitragsgrundlage für den Beitragsmonat ist der gemäß §48 jeweils festgesetzte Betrag.

(6) Die endgültige Beitragsgrundlage tritt an die Stelle der vorläufigen Beitragsgrundlage, sobald die hiefür notwendigen Nachweise vorliegen.

(6a) Auf Antrag sind die Beitragsgrundlagen in der Pensionsversicherung im Kalenderjahr des erstmaligen Eintrittes einer Pflichtversicherung nach §2 Abs1 Z1 bis 4 und den darauf folgenden zwei Kalenderjahren auf die für diese Kalenderjahre geltenden Höchstbeitragsgrundlagen zu erhöhen (Höchstbeitragsgrundlagen aus Anlass von Betriebsgründungsinvestitionen). Ein solcher Antrag ist vom/von der Versicherten bzw Hinterbliebenen spätestens gleichzeitig mit dem Pensionsantrag bzw innerhalb einer vom Versicherungsträger eingeräumten längeren Frist zu stellen, wobei eine der zeitlichen Lagerung der Beitragszahlung entsprechende Aufwertung (§108c ASVG) zu erfolgen hat.

(7) Vorläufige Beitragsgrundlagen gemäß §25a, die gemäß Abs6 zum Stichtag (§113 Abs2) noch nicht nachbemessen sind, gelten als Beitragsgrundlagen gemäß Abs2.

(9) Beitragsgrundlage für die gemäß §3 Abs2 und 5 Pflichtversicherten ist das Dreißigfache des Betrages gemäß §44 Abs6 lita des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes.

(10) Als Beitragsmonat gilt jeweils der Kalendermonat, für den Beiträge zu entrichten sind.

Vorläufige Beitragsgrundlage

§25a. (1) Die vorläufige monatliche Beitragsgrundlage ist, ausgenommen in den Fällen des Abs4,

1. wenn eine Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz im drittvorangegangenen Kalenderjahr nicht bestanden hat, die monatliche Beitragsgrundlage nach §25 Abs4. Bestehen in einem Kalendermonat Pflichtversicherungen nach §2 Abs1 Z1 bis 3 sowie nach §2 Abs1 Z4, so ist §359 Abs3a anzuwenden.

2. in allen anderen Fällen die Summe der gemäß §25 Abs2 für das drittvorangegangene Kalenderjahr festgestellten Beitragsgrundlagen, geteilt durch die Zahl der Beitragsmonate der Pflichtversicherung in diesem Kalenderjahr, vervielfacht mit dem Produkt aus der Aufwertungszahl (§47) des Kalenderjahres, in das der Beitragsmonat (§25 Abs10) fällt, und aus den Aufwertungszahlen der beiden vorangegangenen Kalenderjahre. Dieser Betrag ist auf Cent zu runden. Konnte die Beitragsgrundlage gemäß §25 für das drittvorangegangene Kalenderjahr noch nicht festgestellt werden, weil der für die Beitragsbemessung maßgebende Einkommensteuerbescheid oder Einkommensnachweis noch nicht vorliegt, sind die Beitragsgrundlagen des Kalenderjahres heranzuziehen, in dem die Beitragsbemessung gemäß §25 Abs6 erfolgt ist. Bei der Vervielfachung ist das Produkt der Aufwertungszahlen entsprechend zu ergänzen.

Die vorläufige Beitragsgrundlage darf die in §25 Abs4 und 5 genannten Beträge nicht unter- oder überschreiten.

(3) Die vorläufige Beitragsgrundlage ist, sofern nichts anderes bestimmt ist, in Anwendung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes der Beitragsgrundlage gemäß §25 gleichzuhalten.

(4) Für die ersten beiden Kalenderjahre einer Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach §2 Abs1 Z1 bis 3 gilt der Betrag nach §25 Abs4 als vorläufige und endgültige Beitragsgrundlage (Neuzugangsgrundlage in der Krankenversicherung), wenn innerhalb der letzten 120 Kalendermonate vor Beginn dieser Pflichtversicherung keine solche in der Pensions- und/oder Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz bestanden hat. §25 Abs6 ist nicht anzuwenden.

(5) Die vorläufige Beitragsgrundlage ist auf Antrag der versicherten Person zu ändern (Herab- oder Hinaufsetzung), wenn sie glaubhaft macht, dass ihre Einkünfte im laufenden Kalenderjahr wesentlich von den Einkünften im drittvorangegangenen Kalenderjahr abweichen. Eine Herabsetzung ist nur so weit zulässig, als dies nach den wirtschaftlichen Verhältnissen der versicherten Person gerechtfertigt erscheint. Die herabgesetzte Beitragsgrundlage darf die jeweils anzuwendende Mindestbeitragsgrundlage nach den §§25 Abs4 und 359 Abs3a nicht unterschreiten, die hinaufgesetzte Beitragsgrundlage darf die Höchstbeitragsgrundlage nach §48 nicht überschreiten. Der Antrag auf Änderung der vorläufigen Beitragsgrundlage kann bis zum Ablauf des jeweiligen Beitragsjahres gestellt werden. Eine neuerliche Antragstellung ist zulässig, wenn sich die Einschätzung der Höhe der Einkünfte ändert.

Eintritt des Versicherungsfalles; Stichtag

§113. (1) Der Versicherungsfall gilt als eingetreten:

1. bei Leistungen aus den Versicherungsfällen des Alters mit der Erreichung des Anfallsalters;

2. bei Leistungen aus dem Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit mit deren Eintritt, wenn aber dieser Zeitpunkt nicht feststellbar ist, mit der Antragstellung;

3. bei Leistungen aus dem Versicherungsfall des Todes mit dem Tod.

(2) Der Stichtag für die Feststellung, ob der Versicherungsfall eingetreten ist und auch die anderen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, sowie in welchem Ausmaß eine Leistung gebührt, ist bei Anträgen auf eine Leistung nach Abs1 Z1 oder 2 der Tag der Antragstellung, wenn dieser auf einen Monatsersten fällt, sonst der dem Tag der Antragstellung folgende Monatserste. Bei Anträgen auf eine Leistung nach Abs1 Z3 ist der Stichtag der Todestag, wenn dieser auf einen Monatsersten fällt, sonst der dem Todestag folgende Monatserste."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht war im Zeitraum vom 23. November 1999 bis 31. März 2018 Inhaber mehrerer Gewerbeberechtigungen, die er am 31. März 2018 zurückgelegt hat. Seit 27. März 2003 ist er Inhaber der – weiterhin aufrechten – Gewerbeberechtigung "Musikverlag" (er ist nach wie vor als Musiklehrer selbständig erwerbstätig). Seit 1. April 2018 ist der Beschwerdeführer in Pension und bezieht eine Pension iHv monatlich € 2.120,56 (14 Mal jährlich). Am 3. Mai 2018 beantragte der Beschwerdeführer die Ausnahme für Kleinunternehmer ab 1. April 2018. Diesem Antrag gab die belangte Behörde im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht statt und nahm ihn ab 1. April 2018 vorläufig von der Pensions- und Krankenversicherung aus.

Zum Zeitpunkt des Eintrittes seiner Pensionierung am 1. April 2018 war die endgültige Bemessungsgrundlage für das Jahr 2015 auf Grund des am 23. Jänner 2018 übermittelten Einkommensteuerbescheides an die Stelle der vorläufigen Bemessungsgrundlage getreten, während die Beitragsgrundlagen für die Jahre 2016 bis 2018 noch nicht nachbemessen waren und auf vorläufigen Bemessungsgrundlagen basierten. Diese beliefen sich auf Grund der Anträge des Beschwerdeführers auf Anpassung auf € 16.000,– in den Kalenderjahren 2016 und 2017 bzw € 20.000,– im Jahr 2018. Am 12. November 2018 wurde der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft ein auf Grund der Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem Finanzamt Innsbruck berichtigter Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015 übermittelt, in dem die Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv € 10.020,68 (zzgl. Hinzurechnungsbeiträge, statt € 55.000,– zzgl. Hinzurechnungsbeiträge) ausgewiesen sind.

Zunächst mit Rückstandsausweis vom 12. Juni 2019 wies die (damalige) Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft für den Zeitraum vom 1. Mai 2015 bis 31. März 2019 einen Betrag iHv € 22.098,39 mit Fälligkeit zum 28. Februar 2019 aus, wogegen der Beschwerdeführer Einwendungen erhob und die Ausstellung eines Bescheides beantragte.

Mit Bescheid vom 29. November 2019 verpflichtete die belangte Behörde im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer, rückständige Beiträge zur Sozialversicherung für den Zeitraum vom 1. Mai 2015 bis 31. März 2019 iHv € 21.640,24, rückständige Kostenanteile iHv € 103,– sowie Verzugszinsen und Nebengebühren bis 10. Juni 2019 iHv € 355,15 und für die Dauer des Zahlungsverzuges ab 11. Juni 2019 Verzugszinsen "im gesetzlichen Ausmaß" aus dem Kapital iHv € 19.474,55 zu zahlen. Begründend wurde im Bescheid – neben einer rechnerischen Darstellung der Beträge – im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner Gewerbeberechtigungen jedenfalls im Zeitraum vom 1. Mai 2015 bis 31. März 2018 nach §2 Abs1 Z1 GSVG der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung und im Zeitraum vom 1. Mai 2015 bis 31. März 2019 nach §8 Abs1 Z3 lita erster Teilstrich ASVG in der Unfallversicherung unterlegen sei. Die Nachbemessung der vorläufigen Beitragsgrundlage für das Kalenderjahr 2015 sei an Hand der Einkünfte des entsprechenden Einkommensteuerbescheides erfolgt, der vor dem Pensionsstichtag des Beschwerdeführers übermittelt worden war. Für die Kalenderjahre 2016 bis 2018 seien die vorläufigen Beitragsgrundlagen mit Pensionsstichtag 1. April 2018 zu endgültigen Beitragsgrundlagen "versteinert" worden, weil bis zu diesem Zeitpunkt in Ermangelung des Vorliegens der Einkommensteuerbescheide dieser Kalenderjahre noch keine Nachbemessung erfolgen habe können.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde. Dabei führte er im Wesentlichen aus, seine Gewerbeberechtigung lautend auf "Musikverlag" sei nach wie vor aufrecht; er sei weiterhin selbständig erwerbstätig, weshalb die Beitragsgrundlagenermittlung nach §25 Abs6 GSVG greife und die endgültige Beitragsgrundlage an die Stelle der vorläufigen Beitragsgrundlage trete, sobald die hiefür notwendigen Nachweise vorliegen würden.

Im Zuge des Verfahrens nahm die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft auf Grund der Wiederaufnahme des Verfahrens des Finanzamtes Innsbruck, aus dem ein berichtigter Einkommensteuerbescheid 2015 resultierte, eine Korrektur zugunsten des Beschwerdeführers hinsichtlich der Sozialversicherungsbeträge betreffend das Kalenderjahr 2015 vor. Der seitens des Beschwerdeführers im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 15. Juni 2020 in Vorlage gebrachte und rechtskräftige Einkommensteuerbescheid 2016 weist ein Einkommen iHv € 9.185,26 bei einem Einkommen iHv € 9.245,26 aus Gewerbebetrieb aus, jener von 2017 ein Einkommen iHv € 6.995,27 bei einem Einkommen iHv € 7.055,27 aus Gewerbebetrieb sowie jener von 2018 ein Gesamteinkommen iHv € 15.356,99 bei einem Negativ-Einkommen iHv € 2.278,– aus Gewerbebetrieb.

Mit Erkenntnis vom 17. Juni 2020 gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde Folge und behob den angefochtenen Bescheid unter Zulassung der Revision mit der Begründung, dass auf Grund der selbständigen Erwerbstätigkeit und Pflichtversicherung des Beschwerdeführers nicht von einer Versteinerung der vorläufigen Beitragsgrundlagen für die Jahre 2016 bis 2018 iSd §25 Abs7 GSVG auszugehen sei, sondern wieder die Beitragsgrundlagenermittlung nach §25 Abs6 leg cit greife, weshalb auch für die Jahre 2016 bis 2018 die endgültigen Beitragsgrundlagen entsprechend den Einkommensteuerbescheiden festzusetzen seien. Daneben sei im Hinblick auf das Jahr 2015 der rechtskräftige Einkommensteuerbescheid vom 14. September 2018 heranzuziehen.

Dieses Erkenntnis wurde durch den Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 20. September 2021, Ro 2020/08/0008, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Begründend wurde dargelegt, dass bereits der eindeutige Gesetzeswortlaut alleine darauf abstelle, dass die vorläufigen Beitragsgrundlagen "noch nicht nachbemessen" seien. Zum Zeitpunkt des Stichtages 1. April 2018 sei zwar ein Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015, es seien jedoch keine Einkommensteuerbescheide für die folgenden Jahre vorgelegen, weshalb gemäß §25 Abs7 GSVG die vorläufigen Beitragsgrundlagen nach §25a leg cit als Beitragsgrundlagen iSd §25 Abs2 GSVG anzusehen seien. Die spätere Vorlage der Einkommensteuerbescheide 2016 bis 2018 führe zu keiner Nachbemessung iSd §25 Abs6 GSVG. Die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes finde im Gesetzeswortlaut keine Deckung und entspreche auch nicht seinem Zweck, zum Pensionsstichtag jedenfalls das Vorhandensein endgültiger Beitragsgrundlagen für die Pensionsbemessung zu gewährleisten.

Im Hinblick auf die Aufhebung des Erkenntnisses durch den Verwaltungsgerichtshof hat das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Anlassfall neuerlich zu entscheiden.

2. Das Bundesverwaltungsgericht legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar:

"[…] Vorab gilt festzuhalten, dass im Bereich der Sozialversicherung das Versicherungsprinzip (vgl zum Versicherungsprinzip VwGH 1.05.1988, 86/08/0004) im Fokus liegt. Im Falle eines (individuellen) Eintritts eines versicherten Risikos bei einem Versicherten soll aus einem 'Pool' an laufend gezahlter Beiträgen der der Risikogemeinschaft angehörenden Versicherten zurückgegriffen werden können. Wesentlich dabei ist, dass sich die Höhe der Versicherungsbeiträge bzw Beitragsgrundlage nach der Leistungsfähigkeit der Versicherten, und war nach der Höhe des Einkommens bzw der Einkünfte des jeweils Versicherten richtet und nicht nach dem zu versichernden Risiko.

Dabei bildet die Grundlage der vom Versicherten zu leistenden Beiträge zur Versicherung die Höhe der individuell erzielten Einkünfte bzw des Einkommens des jeweiligen Jahres. Ein nach fiktivem Einkommen oder fiktiv erzielten Einkünften oder nach Einkommen bzw Einkünften, welche(s) in grauer Vorzeit, nicht aber im jeweils für die Versicherung relevanten Jahr erwirtschaftet wurde(n), ist dagegen nicht Bemessungsgrundlage der Beiträge zur Versicherung, da ansonsten das Versicherungsprinzip verlassen wird.

Diese Überlegungen gelten auch für die Versicherung nach dem GSVG. Dort besteht das Problem, dass die Einkünfte bei selbständig Erwerbstätigen regelmäßig nicht 'tagesaktuell' feststehen. Die Einkünfte werden regelmäßig erst lange im Nachhinein, nach erfolgter Einkommenssteuerveranlagung definitiv bestimmt. Es liegt somit – anders als bei unselbständig Erwerbstätigen – regelmäßig hinsichtlich der definitiven Beitragsgrundlage, auf deren Basis die Beiträge zur Sozialversicherung im jeweiligen Jahr geleistet werden, eine Ex-Post-Betrachtung vor. Diese kann sich häufig über längere Zeiträume erstrecken. Es ist nicht die Regel, dass kurz nach Abschluss des vorangegangenen Jahres bereits über dieses Jahr ein Einkommenssteuerbescheid vorliegt.

Diesem Problem begegnet das Gesetz durch das Prinzip der permanenten Nachverrechnung. Im laufenden Jahr werden auf Basis einer vorläufigen (nach dem letzten Einkommenssteuerbescheid bemessenen) Beitragsgrundlage Beiträge entrichtet und die für dieses Jahr definitiven Beiträge aufgrund der nach Vorlage des Einkommenssteuerbescheides des betreffenden Jahres gebildeten definitiven Beitragsgrundlage im Nachhinein festgesetzt und beglichen. Hierbei kann die Nachverrechnung zeitlich deutlich später erfolgen, wenn die Veranlagung zur Einkommenssteuer zB erst zwei Jahre nach Abschluss des betreffenden Jahres erfolgt. Somit wird die definitive Bemessungsgrundlage häufig erst Jahre später, rückwirkend für betreffende Jahr, für das die Beitragsgrundlage (und darauf die zu leistenden Beiträge) zu bemessen sind, festgesetzt.

Das System der Beitragsvorschreibung nach dem GSVG operiert regelmäßig mit vorläufigen Beitragsgrundlagen, um für das jeweils laufende Beitragsjahr zumindest vorläufig Beiträge zur Sozialversicherung der Selbständigen festsetzen zu können und berichtigt diese Beitragsgrundlage und Beiträge im Nachhinein, wenn die Beitragsgrundlage aufgrund eines Einkommenssteuerbescheides für das jeweilige Jahr definitiv feststeht. Diese vorläufige Beitragsgrundlage beruht auf den letzten definitiven Daten, somit der letzten definitiven Beitragsgrundlage. Die vorläufige Beitragsgrundlage geht von der Annahme aus, dass das zuletzt erreichte Niveau weiterhin als Maßstab gelten wird. Nun kann sich dieses Niveau aber verändern, im positiven Fall wird mehr, im negativen Fall wird weniger erwirtschaftet. Plötzlich auftretende wirtschaftliche Probleme, wie zB Umsatzeinbrüche udgl oder auch das gezielte Abarbeiten von bereits erteilten Aufträgen ohne neue einzuwerben, weil der selbständig Erwerbstätige in Kürze in Pension gehen wird, können die Einkünfte des selbständig Erwerbstätigen im konkreten Beitragsjahr, in dem noch eine vorläufige Beitragsgrundlage gilt, stark verändern und zu einer gegenüber der vorläufigen Beitragsgrundlage gänzlich anderen (definitiven) Beitragsgrundlage gemäß §25 Abs2 GSVG (und damit anderen Beitragspflichten) führen.

Dieses System der permanenten Nachbemessung endet mit dem Pensionsantritt aufgrund der Bestimmung des §25 Abs7 GSVG. Gemäß dem Erkenntnis VwGH 20.09.2021, Ro 2020/08/0008, endet die Nachbemessung ungeachtet des Umstandes, dass Gewerbeberechtigungen auch nach Pensionsantritt noch aufrecht bleiben und ausgeübt werde, sodass auch weiterhin Einkünfte aus Gewerbebetrieb erwirtschaftet werden können, die – stünde dem nicht §25 Abs7 GSVG aufgrund des Pensionsantritts entgegen – zu einer Nachbemessung der Beitragsgrundlage und Beiträge bei Vorliegen des entsprechenden Einkommenssteuerbescheides führen müssten. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes regelt §25 Abs7 GSVG abschließend die Höhe der Beitragsgrundlage zum Stichtag (Pensionsantritt).

[…] §25 Abs7 GSVG, sieht für jenen Fall, dass vorläufige Beitragsgrundlagen, welche bis zum Stichtag (§113 Abs2) noch nicht nachbemessen sind, eine 'Versteinerung' zu endgültigen Beitragsgrundlagen vor.

Diese Bestimmung wurde durch die 23. Novelle zum GSVG (BG, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird), BGBI I Nr 139/1998, in der jetzigen Form erlassen. Den EBRV (1235 BIgNR 20. GP, 23) zufolge sollte mit dieser Bestimmung eine notwendige Adaptierung an das durch das Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetz 1997, BGBI I Nr 139/1997, eingeführte System der ständigen Nachbemessung erfolgen. Diese Bestimmung sehe vor, dass zum Stichtag noch nicht nachbemessene vorläufige Beitragsgrundlagen als endgültige Beitragsgrundlagen gelten.

Telos dieser Bestimmung ist somit die Herstellung einer endgültigen Beitragsgrundlage zum Pensionsstichtag, sodass eine nachträgliche Anpassung der Beitragsgrundlage nicht mehr erforderlich ist.

Dieser Vorteil wird mit dem (erheblichen) Nachteil erkauft, dass Versicherte, deren vorläufige (gemäß §25a Abs1 Z2 GSVG auf der Beitragsgrundlage des drittvorangegangenen Jahres errechnete[)] Beitragsgrundlage hoch ist und der aktuellen (schlechteren) Einkommenssituation vor dem Pensionsbeginn nicht entspricht, da Einkommensbescheide, die erst nach Pensionsstichtag bei der SVS einlangen, nicht zu einer Korrektur der bereits 'versteinerten' vorläufigen Beitragsgrundlage führen. Eine Korrektur ist nicht mehr möglich, sodass der Versicherte es sich gefallen lassen muss, deutlich über seiner Leistungsfähigkeit, welche sich am tatsächlich erwirtschafteten Einkommen orientiert, Beiträge zahlen zu müssen, was dem Versicherungsprinzip klar widerspricht.

[…] §25 Abs7 GSVG berücksichtigt in keiner Weise Umstände, die gegenüber der versteinerten (und vor Pensionsantritt noch vorläufigen) Beitragsgrundlage zu einer gänzlich anderen (definitiven) Beitragsgrundlage (und damit zu einer anderen Beitragsbelastung) führen würde.

Dabei missachtet diese Bestimmung insbesondere, dass im Falle einer anstehenden Pensionierung selbständig Erwerbstätige typischerweise ihr wirtschaftliches Tun auf diese Pensionierung ausrichten: Im Hinblick auf die anstehende Pensionierung werden bereits die letzten Jahre vor der Pension weniger oder gar keine neuen Aufträge mehr angenommen, es werden vor allem noch erteilte Aufträge abgearbeitet; kommt es infolge der Pensionierung zur Betriebseinstellung, werden vorausschauend Dienstnehmer abgebaut, was ebenfalls auf die Einkommenssituation durch reduziertes Umsatzvolumen eine Auswirkung auf die Beitragsgrundlage haben kann. Wirtschaftlich betrachtet wird ein selbständig Erwerbstätiger im Hinblick auf seine unmittelbar bevorstehende Pension in aller Regel nicht mehr mit derselben Kraft wirtschaften, als eine Person, die noch Jahre zum Pensionsantritt hat. Damit wirkt sich dieses typische Verhalten einer demnächst in Pension gehenden Person auf die für die Beitragsgrundlage nach §25 Abs2 GSVG maßgeblichen Parameter jedenfalls aus. Während die vorläufige Beitragsgrundlage noch aus einer Zeit stammt, in der der selbständig Erwerbstätige sich voll einsetzte und alle Chancen, die sich ihm boten nutzte, wird dies unmittelbar vor seiner Pension anders sein. Dennoch soll nach §25 Abs7 GSVG die mit dem Tatsächlichen nicht in Einklang zu bringende vorläufige Beitragsgrundlage und nicht die nach den tatsächlichen Verhältnissen gebildete Beitragsgrundlage des §25 Abs2 GSVG zur Anwendung kommen.

[…] Gerade in Hinblick auf die Einstellung einer selbständigen Tätigkeit erscheint es immanent, dass es in den letzten Jahren vor der Pensionierung zu einem 'Rückfahren' des Betriebes – schlussendlich bis null – kommt. Damit zusammenhängend ergibt sich zwingend auch der Bezug eines geringeren Einkommens, welches nach dem System der Sozialversicherung als Basis zur Errechnung der Sozialversicherungsbeiträge dient. Wenn nun aber die Veranlagung der Einkommenssteuer der Vorjahre zum Pensionsantrittszeitpunkt noch offen ist, findet die vorbeschriebene stattgefundene Verringerung des Einkommens keine Berücksichtigung, da die vorläufige Beitragsgrundlage, die auf Basis einer nicht mehr den tatsächlichen Leistungsverhältnissen des Versicherten zum Pensionsantritt entsprechenden Beitragsgrundlage versteinert. In der Konsequenz leistet der Versicherte damit mehr Beiträge, als er leisten müsste, stünde ihm nach Pensionsantritt weiterhin die Möglichkeit einer Anpassung der Beitragsgrundlage, wie sie vor Pensionsantritt erfolgt, offen. Der Pensionist wird damit nicht entsprechend seiner Leistungsfähigkeit mit Beiträgen zur Sozialversicherung belastet, sondern regelmäßig mit überhöhten, in keiner Relation zu seiner Leistungsfähigkeit stehenden Beitragsforderung aufgrund der versteinerten Beitragsgrundlage konfrontiert.

Damit werden gleiche Sachverhalte aber ungleich behandelt, da aktive Gewerbetreibende, die aufgrund vorläufiger Beitragsgrundlagen im Verhältnis zur jeweils definitiven Beitragsgrundlage überhöhte Beiträge leisten, diese gutgeschrieben bzw rückerstattet erhalten, wenn die definitive Beitragsgrundlage feststeht, während dies bei Gewerbetreibenden nach ihrem Pensionsantritt nur aufgrund des Pensionsantritts nicht mehr möglich ist, selbst wenn sie – wie im Anlassfall – weiterhin ein Gewerbe ausüben und Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen. Versicherte nach dem GSVG, die ihre Pension antreten, werden zu diesem Stichtag nicht mehr nach ihrer Leistungsfähigkeit mit Beiträgen für Zeiträume ihrer aktiven Tätigkeit belastet, sondern nach einer – fiktiven – Beitragsgrundlage, die eine längere Zeit zurückliegende, nicht mehr die Jahre, für die eine vorläufige Beitragsgrundlage bestand, entsprechende Leistungsfähigkeit aufzeigt. Dagegen werden nach dem GSVG Versicherte, die demgegenüber nicht die Pension antreten, stets nach ihrer effektiven Leistungsfähigkeit für ihre Tätigkeit als Gewerbetreibende mit Beiträgen belastet. Damit werden Gewerbetreibende für dieselben Zeiträume beitragsmäßig unterschiedlich behandelt, im einen Fall nach einer fiktiven, nicht der Leistungsfähigkeit entsprechenden Beitragsgrundlage, im anderen nach einer der tatsächlichen Leistungsfähigkeit des Versicherten entsprechenden Beitragsgrundlage. Ein sachlicher Grund dafür, die Einkünfte aus der gewerblichen Tätigkeit nur deshalb anders und zwar auf einer nicht seinem tatsächlichen Einkommen entsprechenden 'versteinerten' Beitragsgrundlage beitragsmäßig zu behandeln, weil ein Versicherter die Pension antritt, ist nicht zu erkennen.

Insbesondere vermag das Argument, dass mit §27 Abs7 GSVG die Beiträge für den Pensionisten sofort bestimm- und damit kalkulierbar sind, nicht zu überzeugen, besteht doch regelmäßig – wie oben dargelegt – bei Versicherten, die in Kürze die Pension antreten werden, ein verringertes Einkommen, das durch die Versteinerung der Beitragsgrundlage nicht berücksichtigt werden kann. Damit wird der Versicherte gleichsam bestraft, wenn er in Pension geht, da es aufgrund des oben aufgezeigten Veranlagungsmodus der Einkommenssteuer im Nachhinein keinen Fall geben kann, bei dem nicht eine vorläufige Beitragsgrundlage aufgrund des Pensionsantritts versteinert wird. Im Endeffekt läuft dieser Umstand auf die Vorschreibung von Beiträgen zur Sozialversicherung hinaus, die bei Versicherten nach dem GSVG, die ihre Pension antretenden, stets dem Leistungsprinzip nicht entsprechen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis VwGH 20.09.2021, Ro 2020/08/0008, aufzeigt, besteht auch keine Möglichkeit ein – wie im Anlassfall – gravierendes Missverhältnis zwischen der zum Pensionsstichtag noch nicht nachbemessener (und daher versteinerter) Beitragsgrundlagen nach §25a GSVG bei Feststehen eines deutlich niedrigeren Einkommens im Sinn des §25 Abs6 GSVG nachzubemessen. Dies führt im Fall des Beschwerdeführers des dem Bundesverwaltungsgerichts vorliegenden Anlassfalls dazu, dass dieser Beiträge abzuführen hat, die sein tatsächlich erwirtschaftetes Einkommen in den jeweiligen Beitragsjahren in absoluten Zahlen bei weitem übersteigen, was dem Leistungsprinzip einer Sozialversicherung widerspricht.

Da eine solche Konsequenz der starren Versteinerungsautomatik des §25 Abs7 GSVG geschuldet ist, liegt im Falle des Beschwerdeführers vielleicht ein besonders krasser Fall, aber kein Einzelfall vor, sodass die etwaige Argumentation, dass es dem Gesetzgeber nicht verwehrt ist, einfach zu handhabende Regelungen zu schaffen, nicht überzeugt.

[…] Dadurch, dass §25 Abs7 GSVG eine 'Versteinerung' vorläufiger Beitragsgrundlagen vorsieht, welche bis zum Stichtag noch nicht nachbemessen sind, wird diesem – eine Vielzahl an Personen betreffenden, den Beschwerdeführer aber in einem überaus gewichtigen Ausmaß – Umstand in keiner Weise Rechnung getragen. Im Ergebnis wird der Selbständige regelmäßig dadurch höhere Beiträge zu zahlen haben, als er – würde man der Beitragsbemessung schließlich die rechtskräftigen Einkommenssteuerbescheide zugrunde legen – eigentlich müsste.

Dem Bundesverwaltungsgericht erscheint vor diesem Hintergrund die Regelung des §25 Abs7 GSVG nicht als sachlich begründet, zumal die Vorschreibung auf Basis von 'versteinerten Beitragsgrundlagen', welche in keiner Weise die Leistungsfähigkeit des Versicherten (welche sich aus dem versteuerten Einkommen jeweils ergibt) entspricht ohne jegliche Korrekturmöglichkeit einer (unzulässigen) Versicherungsabgabe gleicht und in seinem Kern ein Abgehen vom Gedanken des Versicherungsprinzips auf Basis des erwirtschaften Einkommens darstellt. Es besteht auch für die SVS bei der Feststellung der Beitragsgrundlage kein Ermessen (VwGH 20.09.2021, Ro 2020/08/0008).

[…] Vor dem Hintergrund des gesetzlichen Wortlautes des §25 Abs7 GSVG erscheint eine verfassungskonforme Auslegung als nicht erkennbar. Es ist gemäß der Auffassung des VwGH (20.09.2021, Ro 2020/08/0008) auch nicht einmal die Berücksichtigung der über den Pensionsantritt andauernden Gewerbetätigkeit möglich, womit ein solcher Gewerbetreibender gegenüber jenen, die nicht ihre Pension angetreten haben, ohne erkennbaren sachlichen Grund schlechter gestellt werden, da keine Nachbemessung vorläufiger (und mit Pensionsantritt versteinerter) Bemessungsgrundlagen beim Gewerbetreibenden mit Pensionsantritt erfolgen darf. Das Bundesverwaltungsgericht vertritt daher die Ansicht, dass §25 Abs7 GSVG damit dem Gleichheitsgrund[s]atz widerspricht und daher zur Gänze aufzuheben ist."

3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie die Zulässigkeit des Antrages in Zweifel zieht und den darin erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt:

"[…] zur Zulässigkeit:

[…]

[…] Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Normen bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrags nicht zu eng gewählt werden (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; VfGH 14.3.2017, G311/2016). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, die für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit b

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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