TE Vwgh Erkenntnis 1995/11/10 95/17/0048

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Veröffentlicht am 10.11.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §21;
AVG §63 Abs3;
AVG §66 Abs4;
ZustG §13 Abs4;
ZustG §4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des Dr. J, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 10. Mai 1994, Zl. 16/33-3/1994, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit Übertretung des Tiroler Kurzparkzonenabgabegesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters von Innsbruck vom 2. Februar 1994 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am 22. April 1993 um 10.10 Uhr ein näher bezeichnetes Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone geparkt, es jedoch unterlassen, die Kurzparkzonenabgabe vorschriftsgemäß zu entrichten. Im vorliegenden Fall sei die Kurzparkzonenabgabe insofern verkürzt worden, als die Gültigkeit des Parkscheines abgelaufen gewesen sei (Gültigkeitszeitraum des Parkscheines: 08.16 bis 09.46 Uhr). Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 6 Abs. 1 lit. a) des Tiroler Kurzparkzonenabgabegesetzes, LGBl. Nr. 52/1981, iVm §§ 1 und 3 der Verordnung der Stadtgemeinde Schwaz vom 14. Dezember 1988 über die Einhebung einer Kurzparkzonenabgabe begangen. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- verhängt.

Der Bescheid enthielt eine Rechtsmittelbelehrung, wonach eine Berufung den Bescheid, gegen den sie sich richtet, zu bezeichnen und - ausgenommen bei mündlicher Berufung - einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten habe. Er wurde dem Beschwerdeführer an seiner Wohnadresse durch Hinterlegung zugestellt. Beginn der Abholfrist war der 24. Februar 1994.

Der Beschwerdeführer erhob eine als "1. Mitteilung,

2. Rechtsmittel" bezeichnete Eingabe folgenden Inhaltes:

"1. Es wird mitgeteilt, daß zum fraglichen Zeitpunkt der Beschuldigte das Fahrzeug benutzt hat.

2. Vorsichtshalber wird gegen einen etwaigen Bescheid/Verfügung/Erkenntnis

Rechtsmittel

erhoben.

Der vorgeworfene Sachverhalt wird bestritten und der

Antrag

gestellt, das Verfahren erforderlichenfalls nach ergänzender Beweisaufnahme einzustellen."

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unzulässig zurück. Begründend führte die belangte Behörde aus, das Straferkenntnis habe eine Rechtsmittelbelehrung enthalten, wonach eine schriftliche Berufung einen begründeten Berufungsantrag aufzuweisen habe. Der gegenständlichen Berufung könne nicht entnommen werden, weshalb der Berufungswerber sich nicht schuldig fühle. Die Voraussetzungen des § 63 Abs. 3 AVG seien daher nicht erfüllt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, nach Ablehnung der Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde, in der sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Sachentscheidung über seine Berufung verletzt erachtet. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides an seiner Wohnadresse sei unzulässig gewesen. Gemäß § 13 Abs. 4 ZustG sei ihm als Rechtsanwalt ausschließlich an seiner Kanzleiadresse zuzustellen. Dieser Argumentation ist jedoch die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach durch § 13 Abs. 4 ZustG eine Zustellung eines an einen Rechtsanwalt in eigener Sache gerichteten Schriftstückes an seiner Wohnadresse nicht ausgeschlossen ist (vgl. die in dieser Frage konformen hg. Erkenntnisse vom 22. Februar 1989, Zl. 88/02/0192, und vom 21. Februar 1990, Zl. 89/02/0161).

Gemäß der auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden Regelung des § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Weist der mit Berufung angefochtene Bescheid - wie hier - eine zutreffende Angabe über das Erfordernis eines begründeten Rechtsmittelantrages auf, so gilt sein Fehlen nicht als Formgebrechen im Sinn des § 13 Abs. 3 AVG (§ 61 Abs. 5 AVG).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat, soll bei der Auslegung des Merkmales eines "begründeten Berufungsantrages" kein strenger Maßstab angelegt werden, weil es sich um eine Vorschrift handelt, die sich auch an rechtsunkundige Parteien richtet. Einer Eingabe muß aber, um sie als Berufung im Sinn des § 63 AVG anzusehen, nicht nur entnommen werden können, daß der bezeichnete erstinstanzliche Bescheid angefochten wird, sondern es muß aus ihr auch ersichtlich sein, aus welchen Erwägungen die Partei die in Berufung gezogene Entscheidung bekämpft, was sie anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 2. Februar 1993, Zl. 90/05/0151; vom 16. Dezember 1992, Zl. 92/01/0854; vom 25. April 1990, Zl. 90/01/0050).

Der Beschwerdeführer führt (Seite 3 der Beschwerde) ausdrücklich aus, daß die unter Punkt 1. seiner Eingabe erfolgte Mitteilung eine Lenkerauskunft darstelle. Sie kann aufgrund dieser ausdrücklichen Klarstellung durch den Beschwerdeführer somit nicht als Teil des unter Punkt 2. erhobenen Rechtsmittels der Berufung aufgefaßt werden. Dieses selbst beschränkt sich auf die bloße Bestreitung des vorgeworfenen Sachverhaltes und enthält keine nachvollziehbaren oder auch nur überprüfbaren Argumente gegen die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Es weist daher nicht die erforderliche Begründung im Sinne des § 63 Abs. 3 AVG auf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Februar 1984, Zl. 83/03/0123).

Da die Rechtsmittelbelehrung des erstinstanzlichen Bescheides den ausdrücklichen Hinweis auf das Erfordernis eines begründeten Berufungsantrages enthält, hat die belangte Behörde im Hinblick auf § 61 Abs. 5 AVG zu Recht das Fehlen eines solchen Antrages als inhaltlichen, die Zurückweisung des Rechtsmittels nach sich ziehenden Mangel der Berufung gewertet.

Die sohin unbegründete Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Anspruch auf den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995170048.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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