TE Vwgh Erkenntnis 1995/11/10 95/17/0219

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Veröffentlicht am 10.11.1995
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Index

L34003 Abgabenordnung Niederösterreich;
L37163 Kanalabgabe Niederösterreich;
L82303 Abwasser Kanalisation Niederösterreich;
30/01 Finanzverfassung;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §4 Abs1;
F-VG 1948 §8 Abs5;
KanalG NÖ 1977 §3a Abs1 idF 8230-1;
KanalG NÖ 1977 §3a Abs2 idF 8230-1;
LAO NÖ 1977 §3 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des MK in Matzen, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 20. April 1995, Zl. II/1-BE-112-9/1-94, betreffend Vorschreibung einer Vorauszahlung auf die Kanaleinmündungsabgabe (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Matzen-Raggendorf), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1.0. Aus der Beschwerde und den vorgelegten Bescheiden des Gemeinderates der Marktgemeinde Matzen-Raggendorf sowie der Niederösterreichischen Landesregierung ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Abgabenbescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Matzen-Raggendorf vom 17. November 1994 wurde gegenüber dem Beschwerdeführer für den Anschluß der Liegenschaft Matzen an den öffentlichen Mischwasserkanal bei einer Berechnungsfläche von 291,83 m2 und einem Einheitssatz von S 116,33 eine Kanaleinmündungsabgabe in der Höhe von S 33.948,58 festgesetzt. Von diesem Betrag wurden die gesetzlich vorgesehenen 80 % zuzüglich 10 % Umsatzsteuer, also insgesamt S 29.874,75 als Vorauszahlung gemäß § 3a des NÖ Kanalgesetzes 1977, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung LGBl. 8230-0 in der Fassung LGBl. 8230-2 (im folgenden: NÖ KanalG 1977), vorgeschrieben. Der Begründung dieses Bescheides zufolge habe der Beschwerdeführer in seiner Berufung ausgeführt, seine Rechtsvorgänger hätten mit der Gemeinde am 7. Juli 1967 einen Dienstbarkeitsvertrag abgeschlossen, wonach der damals in Rede stehende Kanal als Abwasserkanal Verwendung finden und durch die Parzelle des Beschwerdeführers verlegt werden solle; da nunmehr bauliche Veränderungen durchgeführt werden müßten (Putzschächte), habe der Beschwerdeführer in seiner Berufung um die Aufnahme neuer Verhandlungen ersucht; weitere Berufungsgründe seien nicht ausgeführt worden. Nach Auffassung der Abgabenbehörde zweiter Instanz sei die bloße Verweisung auf einen Dienstbarkeitsvertrag für die Festsetzung und Vorschreibung der Kanaleinmündungsabgabe ohne Relevanz.

Der Beschwerdeführer erhob Vorstellung.

1.2. Mit Bescheid vom 20. April 1995 wies die Niederösterreichische Landesregierung diese Vorstellung als unbegründet ab. Nach der Begründung dieses Bescheides sei der Bestand eines Dienstbarkeitsvertrages für die Festlegung und Vorschreibung der Kanaleinmündungsabgabe irrelevant.

1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen ihm nach dem ABGB und dem Dienstbarkeitsvertrag vom 29. Juni 1967 (abgeschlossen zwischen seinen Rechtsvorgängern und der Marktgemeinde Matzen) zustehenden Rechten verletzt. Der letzte Absatz des Punktes IV dieses Dienstbarkeitsvertrages, der einen Bestandteil des Abgabenaktes bilde, wird in der Beschwerde wie folgt wiedergegeben:

"An sämtlichen Leitungen und an dem Kanal sind Anschlußmöglichkeiten für die angrenzenden Objekte der Ehegatten K auf Kosten der Gemeinde Matzen vorzusehen."

Die mitbeteiligte Marktgemeinde sei dabei, so heißt es in der Beschwerde weiter, das Kanalnetz entsprechend auszubauen und vor allem auch die Oberflächenabwässer einzubeziehen. In diesem Rahmen sei die unter der Liegenschaft des Beschwerdeführers befindliche Rohrleitungsstrecke unverändert einbezogen worden. Wenn die servitutsberechtigte Marktgemeinde die Servitutsstrecke unverändert auch für das neue Kanalnetz in Betrieb genommen habe bzw. verwende, dann sei wohl davon auszugehen, daß die vertraglich vereinbarte kostenfreie Einleitung aus dem Grundstück des Beschwerdeführers auch nach Errichtung des neuen Kanalnetzes aufrecht weiter bestehen bleibe.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Gemäß § 1 Abs. 1 NÖ KanalG 1977 werden die Gemeinden gemäß § 8 Abs. 5 F-VG ermächtigt, Kanalerrichtungsabgaben (Kanaleinmündungs-, Kanalergänzungs-, Kanalsonderabgabe) und Kanalbenützungsgebühren nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen des Gesetzes zu erheben. Nach § 2 Abs. 1 leg. cit. ist für den Anschluß an die öffentliche Kanalanlage eine Kanaleinmündungsabgabe zu entrichten. Gemäß § 2 Abs. 2 leg. cit. ist eine Kanaleinmündungsabgabe auch für bereits an einen Kanal angeschlossene Liegenschaften, selbst wenn schon einmal eine Abgabe oder eine vergleichbare Leistung für den Kanalanschluß erbracht wurde, dann einzuheben, wenn ... b) ein Schmutzwasserkanal in einen Mischwasserkanal umgestaltet oder durch einen solchen ersetzt wird. § 3 Abs. 1 leg. cit. bestimmt, daß sich die Höhe der Kanaleinmündungsabgabe aus dem Produkt der Berechnungsfläche mit dem Einheitssatz ergibt.

§ 3a NÖ KanalG 1977 lautet auszugsweise:

"(1) Liegt für eine öffentliche Kanalanlage ein nach den gesetzlichen Vorschriften bewilligtes und vom Gemeinderat beschlossenes Projekt vor, so ist die Gemeinde berechtigt, unter sinngemäßer Anwendung des § 152 Abs. 1 NÖ Abgabenordnung, LGBl. 3400, aufgrund einer Verordnung des Gemeinderates, Vorauszahlungen auf die nach den §§ 2 und 3 zu entrichtende Kanaleinmündungsabgabe zu erheben.

(2) Die im Abs. 1 genannte Abgabe ist vom Zeitpunkt des Baubeginnes der Anlage an für jene Liegenschaften zu erheben, für die im Falle der Fertigstellung des bewilligten Kanalprojektes Anschlußpflicht bestehen würde. Wird die öffentliche Kanalanlage in mehreren Bauabschnitten errichtet, so können Vorauszahlungen nur jeweils für begonnene Bauabschnitte erhoben werden.

..."

Nach dem in § 3a Abs. 1 leg. cit. verwiesenen § 152 Abs. 1 NÖ AO 1977 kann die Abgabenbehörde die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiß, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiß ist.

2.2.1. Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Vorstellungsbescheid ausschließlich mit dem Einwand, daß die dem Vorstellungsverfahren zugrundeliegende (vorläufige) Abgabenvorschreibung für den Anschluß seiner Liegenschaft in Matzen an den öffentlichen Mischwasserkanal deswegen gesetzwidrig sei, weil auf den zwischen seinen Rechtsvorgängern und der Marktgemeinde Matzen abgeschlossenen Dienstbarkeitsvertrag nicht Bedacht genommen worden sei. Es sei auch nach Einbeziehung der Oberflächenabwässer in das Kanalnetz "wohl davon auszugehen, daß auch die vertraglich vereinbarte kostenfreie Einleitung aus dem in meinem Eigentum stehenden Grundstück auch nach Errichtung des neuen Kanalnetzes aufrecht weiter bestehen bleibt."

2.2.2. Die Abgabenschuld entsteht gemäß § 3 Abs. 1 NÖ AO 1977, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabepflicht knüpft. Im Beschwerdefall ist somit für die Entstehung der Abgabenschuld die Verwirklichung der in den oben wiedergegebenen Bestimmungen des NÖ KanalG 1977 und in der Kanalgebührenordnung der Gemeinde festgelegten Tatbestandsmerkmale maßgebend. Weder diese Abgabenvorschriften noch die NÖ AO 1977 noch eine andere gesetzliche Bestimmung sehen vor, daß die Abgabenschuld ungeachtet des Vorliegens des gesetzlichen Abgabentatbestandes im Falle einer gegenteiligen vertraglichen Vereinbarung zwischen Abgabenschuldner (oder dessen Rechtsvorgängern) und hebeberechtigter Gemeinde als Abgabengläubigerin nicht entstünde. Entstehung, Inhalt und Erlöschen der Abgabenschuld sind ausschließlich durch das Gesetz - Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Abgabenverwaltung, hier nach Maßgabe des § 8 Abs. 5 F-VG 1948 - geregelt. Das hier anzuwendende Gesetz sieht im gegebenen Zusammenhang eine Berücksichtigung vertraglicher Rechtsgestaltungen, denen zufolge die Abgabenschuld trotz gegebener Tatbestandsmäßigkeit nicht entstehen sollte, nicht vor.

Bei dieser Rechtslage war es entbehrlich, auf die Auslegung der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Vertragsklausel ("An sämtlichen Leitungen und an dem Kanal sind Anschlußmöglichkeiten für die angrenzenden Objekte der Ehegatten K auf Kosten der Gemeinde Matzen vorzusehen") einzugehen, insbesondere auf die Frage, ob diese Vertragsbestimmung überhaupt in dem vom Beschwerdeführer gedachten Sinne so ausgelegt werden könnte, daß es der Gemeinde verwehrt werden sollte, eine Anschlußgebühr (in der ja die gesamten Errichtungskosten Berücksichtigung finden) für eine neue Kanalanlage vorzuschreiben, oder ob nicht vielmehr die kostenlose Herstellung der "Anschlußmöglichkeiten" im engeren Sinne, also die Tragung des Bauaufwandes für die Abzweigungsstellen, gemeint war.

2.3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

2.4. Es wird darauf hingewiesen, daß die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wird, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 6. September 1978, Zlen. 1902, 1903/78 = ZfVB 1979/2/513).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995170219.X00

Im RIS seit

15.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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