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90/01 StraßenverkehrsordnungNorm
SchiffahrtsG 1997 §42 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Mag. Samm und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des DI (FH) W L in S, vertreten durch Mag. Herbert Premur, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Pierlstraße 33, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 29. November 2022, Zl. KLVwG-1781/7/2022, betreffend Übertretung des Schifffahrtsgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt-Land), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde dem Revisionswerber - in Bestätigung eines entsprechenden Straferkenntnisses der belangten Behörde - zur Last gelegt, er habe als Führer eines bestimmten Wasserfahrzeuges sich (örtlich und zeitlich näher konkretisiert) trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 6 Schifffahrtsgesetz (SchFG) nicht einer Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt unterzogen. Wegen der damit begangenen Übertretung nach §§ 6, 42 Abs. 1 und 42 Abs. 2 Z 3 SchFG wurde über ihn eine Geld- bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.
2 Dem legte das Verwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - erkennbar Folgendes zu Grunde:
3 Der Revisionswerber habe am 12. August 2021 gegen 19 Uhr am Wörthersee ein Floß mit Elektromotor geführt und sei, nachdem um 18.57 Uhr ein „Alkovortest“ bei ihm einen Wert von 0,41 mg/l erbracht habe, zur Durchführung einer Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt aufgefordert worden. Trotz einer Belehrung über die Folgen einer Verweigerung und eines Verbots, bis zur Herbeischaffung eines geeichten Alkomaten Flüssigkeit zu sich zu nehmen, habe er um 19.18 Uhr Wasser aus einer Wasserflasche getrunken. Dies sei von den einschreitenden Organen zu Recht als Verweigerung, sich dem Alkoholtest zu unterziehen, gewertet worden, weil nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs als Weigerung auch ein solches Verhalten gelte, das das Zustandekommen des vorgesehenen Tests verhindere, weil es geeignet sei, zu einer Verfälschung des Messergebnisses zu führen. Eine solche Eignung sei mit Blick auf die Bedienungsvorschriften für den Alkomaten, wonach der Proband innerhalb der letzten 15 Minuten nichts tun dürfe, was geeignet wäre, die Messung des Atemalkoholgehalts zu behindern (u.a. ein Konsum von Flüssigkeiten), zu bejahen. Das Beschwerdevorbringen, die Verweigerung der Flüssigkeitsaufnahme sei - wegen Gefahr einer „Dehydrierung“ - „unzumutbar“ bzw. „schikanös“ gewesen, sei schon wegen Fehlens jeglicher Beweismittel zur behaupteten Dehydrierung, aber auch mit Blick auf die maximale Zeitdauer von 21 Minuten zwischen Vortest und Flüssigkeitsaufnahme als nachträgliche Schutzbehauptung zu werten.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die demnach für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgebende Zulässigkeitsbegründung der Revision macht zusammengefasst Folgendes geltend: Das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (zitiert wird VwGH 30.5.2007, 2003/03/0155, VwGH 11.5.2016, Ra 2016/02/0077, und VwGH 20.7.2019, Ra 2019/02/0124), der jeweils zu Grunde gelegen sei, dass die Durchführung des Atemalkoholtests mit einem geeichten Messgerät innerhalb der nächsten 15 Minuten durchgeführt werden hätte können. Zur im Revisionsfall vorliegenden Konstellation, in der dies nicht der Fall gewesen sei, fehle hingegen Judikatur ebenso wie zur damit zusammenhängenden Rechtsfrage, wann und unter welchen konkreten Umständen eine zeitlich unbestimmte Anordnung, der Proband dürfe in Anbetracht einer allenfalls bevorstehenden Atemalkoholtestung keine Flüssigkeit zu sich nehmen, zulässig sei.
9 Mit diesem Vorbringen wird nicht dargelegt, dass der Verwaltungsgerichtshof bei Entscheidung über die vorliegende Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen hätte.
10 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gilt als Weigerung, sich dem Atemalkoholtest zu unterziehen, ein Verhalten des Untersuchten, das das Zustandekommen des vorgesehenen Tests verhindert. Ein solches ist auch darin zu erblicken, dass der Proband - trotz vorheriger Belehrung - ein Verhalten setzt, das zu einer Verfälschung des Messergebnisses führen kann. Der Betroffene hat die von den Organen der Straßenaufsicht erforderlichen Anordnungen, soweit dies nicht unzumutbar ist, zu befolgen. Wenn derartigen zumutbaren Anordnungen nicht unverzüglich Folge geleistet wird, bedeutet dies eine Verweigerung der im Gesetz normierten Pflicht, sich dem besagten Test zu unterziehen (vgl. nur etwa die von der Revision zitierten Entscheidungen VwGH 30.5.2007, 2003/03/0155, VwGH 11.5.2016, Ra 2016/02/0077, und VwGH 20.7.2019, Ra 2019/02/0124).
11 Diese zu §§ 5, 99 StVO 1960 ergangene Judikatur hat auch für die im Revisionsfall zu beurteilende - inhaltlich den genannten Regelungen der StVO 1960 entsprechende - Übertretung nach dem SchFG Gültigkeit, was insofern von der Revision nicht in Zweifel gezogen wird:
12 Gemäß § 5 Abs. 2 SchFG muss ein Fahrzeug, Schwimmkörper oder Verband unter der Führung einer hiefür befähigten sowie geistig und körperlich geeigneten Person (Schiffsführer) stehen.
13 Gemäß § 6 Abs. 1 SchFG gelten die Mitglieder der diensthabenden Besatzung und sonstige Personen an Bord, die vorübergehend an der Führung eines Fahrzeugs, Schwimmkörpers oder Verbandes beteiligt sind, insbesondere dann nicht als geistig und körperlich geeignet (§ 5 Abs. 2), wenn sie sich in einem durch Alkohol oder sonstige psychotrope Substanzen oder durch außergewöhnliche Erregung oder Ermüdung beeinträchtigten Zustand befinden. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,5 g/l (0,5 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,25 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.
14 Gemäß § 6 Abs. 2 SchFG sind Organe gemäß § 38 Abs. 2 SchFG (also Organe der Schifffahrtsaufsicht bzw. Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes) berechtigt, im Rahmen des Vollzugs von Aufgaben gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 SchFG in Form von routine- und schwerpunktmäßigen Verkehrskontrollen und im Zuge der Erhebungen nach Havarien den Alkoholgehalt der Atemluft mit einem Alkohol-Vortestgerät zu messen.
Gemäß § 6 Abs. 3 SchFG sind besonders geschulte, von der Behörde hiezu ermächtigte Organe gemäß § 38 Abs. 2 SchFG zudem berechtigt, u.a. Personen, bei denen die Messung gemäß § 6 Abs. 2 SchFG den Verdacht eines durch Alkohol beeinträchtigten Zustands ergeben hat, auf Alkoholgehalt der Atemluft zu untersuchen (Z 1).
Gemäß § 6 Abs. 5 SchFG hat sich, wer gemäß § 6 Abs. 2 oder Abs. 3 Z 1 SchFG zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, dieser Untersuchung zu unterziehen.
15 Gemäß § 42 Abs. 1 SchFG begeht, wer gegen die Vorschriften dieses Teiles oder der auf Grund dieses Teiles erlassenen Verordnungen verstößt, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nicht nach anderen Verwaltungsvorschriften mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis zu 3 633 Euro zu bestrafen.
Gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 SchFG begeht eine Verwaltungsübertretung gemäß Abs. 1 insbesondere, wer bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 SchFG sich nicht einer Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt unterzieht.
16 Der Revisionswerber, bei dem als Fahrzeugführer im Zuge eines Alkohol-Vortests ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,41 mg/l gemessen wurde, war also verpflichtet, sich einer Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt zu unterziehen; eine Verweigerung dieser Untersuchung verwirklicht die Übertretung nach § 42 Abs. 2 Z 3 SchFG.
17 Die Auffassung des Verwaltungsgerichts steht daher im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs. Der von der Revision behauptete Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs liegt im Übrigen schon deshalb nicht vor, weil die genannten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs der Revision zuwider keine Ausführungen zu dem von der Revision ins Treffen geführten Zeithorizont der Durchführung des Atemalkoholtests mit einem geeichten Messgerät enthalten.
18 Was schließlich die von der Revision der Sache nach angesprochene Frage der Zumutbarkeit der von den zuständigen Organen im Zusammenhang mit der Durchführung eines Atemalkoholtests ausgesprochenen Anordnungen anlangt, erkennt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass der Betroffene solche - zur ordnungsgemäßen Durchführung des Tests erforderliche - Anordnungen zu befolgen hat, soweit dies nicht unzumutbar ist. Wäre es nicht (mehr) zumutbar, einer entsprechenden Anordnung Folge zu leisten, stellte die diesbezügliche Weigerung des Probanden kein strafbares Verhalten dar (vgl. VwGH 30.5.2007, 2003/03/0155).
19 Das Verwaltungsgericht hat das Vorbringen des Revisionswerbers, die Befolgung der Anordnung sei wegen Gefahr der Dehydrierung unzumutbar gewesen, mit näherer Begründung als nachträgliche Schutzbehauptung gewertet und eine Unzumutbarkeit der Anordnung damit implizit verneint.
20 Dass diese Bewertung des Verwaltungsgerichts auf Basis der von ihm festgestellten konkreten Umstände des Falles unzutreffend wäre, vermag die Revision nicht aufzuzeigen. Die Beurteilung der Zumutbarkeit der Befolgung der Anordnung im Revisionsfall ist insbesondere nicht mit den Umständen des dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 30. Mai 2007, 2003/03/0155, zu Grunde liegenden Falles (Misshandlung und Verletzung des Probanden durch einschreitende Organe) vergleichbar.
21 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 13. Februar 2023
Schlagworte
Alkotest VerweigerungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023030016.L00Im RIS seit
14.03.2023Zuletzt aktualisiert am
14.03.2023