TE Vwgh Erkenntnis 1995/11/14 93/11/0133

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Veröffentlicht am 14.11.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
43/02 Leistungsrecht;

Norm

HGG 1992 §33 Abs1;
HGG 1992 §33 Abs3 Z3;
HGG 1992 §33 Abs3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des P in T, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 15. Juni 1993, Zl. I/AV-A-93-1778, betreffend Wohnkostenbeihilfe nach dem Heeresgebührengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer leistete ab 4. Jänner 1993 Grundwehrdienst. Mit Eingabe vom 21. Jänner 1993 beantragte er die Gewährung von Wohnkostenbeihilfe nach dem Heeresgebührengesetz 1992 - HGG 1992 für die von ihm im Jahre 1990 erworbene Eigentumswohnung. In einem beigelegten Formblatt findet sich unter der Rubrik "Betriebskosten und laufende öffentliche Abgaben" die Angabe "S 4.605,-- + 219,20"; unter der Rubrik "Rückzahlung von Darlehen, die zur Schaffung des jeweiligen Wohnraumes aufgenommen wurden" scheint ein Betrag von S 10.560,-- auf. Dem Antrag angeschlossen war eine Kopie der Seite 1 der Promesse einer Bank für ein vom Beschwerdeführer zum Kauf der Wohnung aufgenommenes Darlehen von S 800.000,-- sowie eine Bestätigung hinsichtlich eines ihm zum selben Zweck von seiner Mutter gewährten Darlehens in Höhe von S 50.000,--.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 4. Februar 1993 wurde dem Beschwerdeführer für die Dauer des Präsenzdienstes eine Wohnkostenbeihilfe in der Höhe von monatlich S 4.760,55 zuerkannt. Dabei ging die Behörde von einer Bemessungsgrundlage von S 15.868,50 aus.

In seiner Berufung gegen diesen Bescheid bezeichnete der Beschwerdeführer sowohl die Bemessungsgrundlage als auch die gewährte Beihilfe als zu niedrig. Bei seiner Vernehmung im Berufungsverfahren brachte er vor, er habe zwar die Darlehensraten für den Bankkredit erst ab August 1996 abzustatten, den Zinsendienst habe er aber bereits jetzt zu leisten. Dazu legte er eine Bestätigung der Bank vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung nur insofern Folge gegeben, als dem Beschwerdeführer nunmehr eine Wohnkostenbeihilfe in der Höhe von S 4.824,20 gewährt wurde. Dabei ging die belangte Behörde von einer Bemessungsgrundlage von S 47.605,50 und von tatsächlich anfallenden Wohnkosten von S 4.824,20 monatlich aus.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend; er beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer wendet sich zunächst gegen die Nichtberücksichtigung der Zinsenzahlungen für den zum Erwerb der Wohnung aufgenommenen Bankkredit; diese Zinsen seien bereits fällig und würden von ihm auch seit Darlehensbeginn laufend gezahlt.

Die belangte Behörde begründete die Nichtberücksichtigung dieser Zinsenzahlungen damit, daß es "mangels Kostenanfalls" am erforderlichen Zusammenhang zur Beibehaltung einer eigenen Wohnung fehle. Die Fälligkeit sei aber ein wesentliches Merkmal des Kostenbegriffes des § 33 Abs. 1 HGG 1992. Eine nähere Begründung findet sich in diesem Zusammenhang im angefochtenen Bescheid nicht. Den Ausführungen in der Gegenschrift läßt sich entnehmen, daß die belangte Behörde von der Annahme ausgegangen ist, die laufend anfallenden Zinsen für das Bankdarlehen seien vom Beschwerdeführer erst ab August 1996, dem vertraglich vereinbarten Beginn der Tilgungsfrist, zu zahlen. Es handle sich daher insoweit um "freiwillig und ohne Fälligkeit geleistete Zahlungen".

Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz HGG 1992 sind mit der Wohnkostenbeihilfe dem Wehrpflichtigen jene Kosten abzugelten, die ihm nachweislich während des Präsenzdienstes für die erforderliche Beibehaltung einer eigenen Wohnung entstehen. Nach § 33 Abs. 3 Z. 3 HGG 1992 gelten als Kosten für die Beibehaltung der eigenen Wohnung Rückzahlungen von Darlehen, die zur Schaffung des jeweiligen Wohnraumes aufgenommen wurden.

Vorweg ist festzuhalten, daß unter "Schaffung des jeweiligen Wohnraumes" im gegebenen Zusammenhang nicht allein dessen Errichtung, sondern auch dessen Erwerb durch den Wehrpflichtigen zu verstehen ist (siehe dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 4. Oktober 1991, Slg. 12839. Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Auffassung aus den dort angeführten Gründen).

Die belangte Behörde ist insofern im Recht, als sie die Fälligkeit als wesentliches Element des Kostenbegriffes des § 33 Abs. 1 HGG 1992 bezeichnet. Das ergibt sich schon aus dem insoweit klaren Wortlaut dieser Bestimmung ("Kosten, die WÄHREND des Präsenzdienstes ENTSTEHEN"). Die Abgeltung von Wohnungskosten, die erst nach dem Ende des Präsenzdienstes fällig werden und damit für den Wehrpflichtigen "entstehen", kommt somit begrifflich nicht in Betracht. Im Beschwerdefall ist daher entscheidend, ob es sich bei den in Rede stehenden Zinsenzahlungen für das Bankdarlehen um solche Kosten handelt.

In dieser Frage fehlt es an einer hinreichenden Begründung im angefochtenen Bescheid. Ihrer hätte es insbesondere aus folgenden Gründen bedurft: In der Promesse vom 26. Juli 1991 (von der nur eine Kopie der Seite 1 im Akt erliegt) heißt es zwar, daß die Zinsen für dieses Darlehen "zum Ratenfälligkeitstermin fällig werden". Dies scheint darauf hinzudeuten, daß der Beschwerdeführer die laufend anfallenden Zinsen erst ab dem mit 10. August 1996 vereinbarten Tilgungsbeginn zu zahlen hat. Demgegenüber hat aber der Beschwerdeführer bei seiner Vernehmung im Berufungsverfahren ausdrücklich vorgebracht, er habe "den Zinsendienst bereits jetzt abzustatten". In der von ihm dazu vorgelegten Bestätigung der Bank vom 26. April 1993 heißt es: "Hiemit bestätigen wir Ihnen, daß laut unserer Darlehenspromesse vom 26.7.1991 für das oben angeführte Konto ab 10.11.1991 die monatlichen Zinsen Ihrem Konto 345-88086 angelastet werden" (bei dem letzteren Konto handelt es sich nicht um das Kreditkonto des Beschwerdeführers), und weiters: "Die laufenden Zinsenraten werden wir wie bisher von Ihrem Girokonto abbuchen". Dies spricht für die Annahme einer bereits bestehenden Zahlungspflicht. In diese Richtung weist auch die im Akt erliegende Kopie einer "Vorschreibung zum 10.12.1992", in welcher Zinsen im Betrag von S 7.266,-- als "fällig" ausgewiesen sind. Der Sachverhalt bedarf somit in einem wesentlichen Punkt der Klärung. Die belangte Behörde hat durch das Unterlassen einer nachvollziehbaren Begründung in der aufgezeigten Frage Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Beachtung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

2. Für die Nichtberücksichtigung der vom Beschwerdeführer behaupteten Darlehensrückzahlungen an seine Mutter (nach der im Akt erliegenden Bestätigung vom 15. Dezember 1992 war insoweit vereinbart, daß er ab 1. Jänner 1993 eine Rückzahlung von monatlich S 3.000,-- zu leisten habe) fehlt im angefochtenen Bescheid jegliche Begründung. Dieser Mangel kann durch die Ausführungen in der Gegenschrift nicht nachträglich behoben werden, zumal der Beschwerdeführer keine Gelegenheit hatte, in der Beschwerde dazu Stellung zu nehmen. Auch dieser Begründungsmangel hindert den Verwaltungsgerichtshof an der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides.

3. Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr.416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft Stempelgebühren für die nicht erforderliche zweite Kopie des angefochtenen Bescheides.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993110133.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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