TE Dok 2022/4/1 2022-0.826.946

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Veröffentlicht am 01.04.2022
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Schlagworte

Soldat

Text

Die Bundesdisziplinarbehörde hat am 01.04.2022 in Anwesenheit des Beamten, des

Verteidigers, des Disziplinaranwaltes und der Schriftführerin durchgeführten mündlichen

Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Beamte ist schuldig, er hat

1. am 17.08.2022 die ihm untergebenen Betreuungshelfer Gefreiter A.A. und Rekrut

A.A. beauftragt, mit einem Heereskraftfahrzeug mehrere Kisten Bier beim am

11.08.2022 neu eröffneten Nahversorger MPreis für den privaten Gebrauch zu erwerben und

2. am 26.08.2022 im Rahmen einer Polizeiveranstaltung eine eigenmächtige Preiserhöhung

bei Flaschenbier im Soldatenheim Truppenübungsplatz N.N.) veranlasst und

den daraus erzielten Gewinn nicht nachvollziehbar dokumentiert.

Dadurch hat er schuldhaft

gegen die Bestimmung des § 44 Abs 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979,

BGBl. Nr. 333 (BDG 1979),

wonach „der Beamte verpflichtet ist, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen“,

im Spruchpunkt 1 in Verbindung mit dem Erlass, kundgemacht im Verlautbarungsblatt I Nr.

3/2018, wonach Privatarbeiten aller Art während der Dienstzeit verboten sind und

im Spruchpunkt 2 in Verbindung mit dem Erlass Versorgung mit Marketenderwaren im Inland Richtlinie für ortsfeste Soldatenheime – Soldatenheimordnung – „MWV – MktW – SHO“, Rz 171 und Rz 174, die anordnen, dass als Grundlage für die Abgabepreise die Einkaufspreise gelten und keine Gewinne erzielt werden dürfen; die Preislisten vom Militärkommando zu genehmigen sind sowie alle Preisnachlässe an die Kaufberechtigten weiter zu geben sind, verstoßen und Pflichtverletzungen gemäß § 2 Abs. 1 Heeresdisziplinargesetz 2014, BGBl I. Nr. 2 (HDG 2014), zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 16/2020, begangen.

II.

Vzlt A.A. wird von den Vorwürfen freigesprochen, er habe

1. in seiner Funktion als Leiter des Soldatenheimes am Truppenübungsplatz N.N

wiederholt Betreuungshelfer dazu aufgefordert Waren, die nicht verkauft wurden bzw. in der Haltbarkeit abgelaufene Waren, die nicht mehr verkauft werden durften, selbst zu erwerben und

2. die am 17.08. 2022 privat erworbenen Kisten Bier selbständig verkauft und den Gewinn

von ca. € 18.- behalten.

Über Vzlt A.A. wird gemäß § 51 Z 3 HDG 2014 die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von € 4.000,-- (viertausend Euro) verhängt.

Gemäß § 38 Abs. 1 HDG 2014 hat Vzlt A.A. dem Bund einen

Kostenbeitrag in der Höhe von € 360, -- (dreihundertsechzig Euro) zu leisten.

Gemäß § 77 Abs. 4 HDG 2014 wird die Abstattung der Geldstrafe in 20 Monatsraten zu je

€ 200, -- (zweihundert Euro) verfügt.

B E G R Ü N D U N G

Zur Person:

1. Vzlt A.A. versieht seinen Dienst als Kommandant der Betreuungsgruppe im

N.N. des Truppenübungsplatzes N. N. im N.N.

Er bringt ein Bruttogehalt von € 3.201,90 ins Verdienen (ohne fallweise Nebengebühren – M BUO/Funktionsgruppe 1/Gehaltsstufe 16).

2. Er steht in einem unbefristeten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und fällt

daher in den Anwendungsbereich des BDG 1979 und des HDG 2014.

3. Er ist verheiratet und hat Sorgepflichten für 2 Kinder. Personalvertreterfunktion übt er keine mehr aus (seit 2019). Der Dienststellenausschuss des N.N. wurde am 13. Oktober 2022 von der beabsichtigten Disziplinaranzeige durch den Disziplinarvorgesetzten in Kenntnis gesetzt.

Zum Verfahrensgang und Sachverhalt:

4. Der Einheitskommandant hat am 30. September 2021 das Disziplinarverfahren gegen Vzlt

A.A. eingeleitet und führt aus:

„1. Sie stehen im Verdacht, in Ihrer Funktion als Leiter des Soldatenheimes N.N. wiederholt Betreuungshelfer dazu aufgefordert bzw. diesen angedroht zu haben, Waren, die nicht verkauft werden und abgelaufene Waren, die nicht mehr verkauft werden dürfen, selbst zu erwerben.

2. Sie stehen im Verdacht, in Ihrer Funktion als Leiter des Soldatenheimes N.N. anlässlich der Neueröffnung des Nahversorgers in N.N. in der 37. Kalenderwoche die Durchführung eines privaten Wareneinkaufes durch zwei Betreuungshelfer mit einem militärischen Kraftfahrzeug veranlasst zu haben, um in weiterer Folge diese waren gewinnbringend im Wege des Soldatenheimes zu verkaufen.

Sie stehen des Weiteren im Verdacht, den dabei erzielten Gewinn selbst behalten zu haben.

3. Sie stehen im Verdacht, im Rahmen einer Polizeisportveranstaltung am 260822 eine eigenmächtige Preiserhöhung bei Flaschenbier veranlasst und den daraus erzielten Gewinn nicht nachvollziehbar dokumentiert zu haben“.

Als verletzte Pflichten wurden die §§ 43 sowie 45 BDG 1979 angegeben.

5. Die Disziplinaranzeige wurde durch den Militärkommandanten als Disziplinarvorgesetzter am 21. Oktober 2022 erstattet und langte am 28.10.2022 bei der Bundesdisziplinarbehörde (BDB) ein, wo sie aufgrund der am 30. November 2021 erlassenen Geschäftseinteilung für das Jahr 2022 dem Senat N.N. zur weiteren Bearbeitung zugewiesen wurde. Der Disziplinaranzeige waren 16 Beilagen beigegeben worden.

6. Mit Schreiben vom 20. Oktober 2022 übermittelte der Disziplinarbeschuldigte über seine

rechtsfreundliche Vertretung eine Stellungnahme und führt zusammengefasst aus: „Die Vorwürfe zu den Punkten 2 und 3 (Anm.: Einleitung bzw. Disziplinaranzeige) werden nicht in Abrede gestellt und der Disziplinarbeschuldigte übernimmt dafür die Verantwortung. Es ist möglich, dass er in Einzelfällen Grundwehrdiener aufgefordert hat (noch) haltbare Lebensmittel zu erwerben; dies jedoch ohne eine Drohung auszusprechen oder einen – auch nur bedingten – Vorsatz zur Willensbeugung. Es wurde ausschließlich versucht eine Lebensmittelverschwendung zu vermeiden. Durch die Taten im Punkt 2 und 3 ist ein Schaden nur im äußerst minimalen Bereich eingetreten zumal er aus Privatmitteln den Erwerb der zehn Kisten Bier getragen habe. Die Preiserhöhung beim Verkauf von Flaschenbier nur im Fall von 25 Flaschen vorgenommen und der Preis nur um € 0,30 erhöht wurde. Er habe auch keinen persönlichen Vorteil daraus gezogen, weil der Gewinn unter den Betreuungshelfern aufgeteilt wurde. Er stelle die Anträge zu den Punkten 2 und 3 eine tat- und schuldangemessenen Strafe unter Berücksichtigung seines reumütigen Geständnisses zu finden und hinsichtlich des Punktes 1 das Disziplinarverfahren zur Gänze einzustellen.

Eingangs stelle er zum Vorwurf 2 richtig, dass die vorgeworfene Handlung nicht in der 37. KW, sondern am 17.08.2022 stattgefunden hat. Im Zuge der Müllentsorgung fuhr der hierzu beauftragte GWD A.A. mit einem HKfz, gelenkt vom Rekr A.A., auf Veranlassung des

Disziplinarbeschuldigten zu einem ca. 1 km entfernten Nahversorger und hat 10 Kisten Bier gekauft und zum TÜPL N.N. transportiert. Das Geld stammte zur Gänze aus Privatmitteln des Beschuldigten. Davon behielt er 2 Kisten für den privaten Gebrauch, 2 weitere Kisten behielt der GWD A.A. für den Privatgebrauch und sechs Kisten wurden mit einem Gesamtgewinn von – soweit erinnerlich - € 18.- verkauft. Diese sechs Kisten wurden aber nicht einzeln als Flaschenbier im Wege des Soldatenheimes verkauft, sondern – ohne dass hierfür eine Infrastruktur des Bundes in Anspruch genommen wurde – in einem Zuge an einen einzelnen privaten Käufer. Lediglich der Transport der 10 Bierkisten erfolgte mit dem HKfz. Ansonsten sei dem Bund kein Schaden erwachsen.

Zur Preiserhöhung bei der Polizeibiathlonveranstaltung am 26.08.2022 kam es deshalb, weil

„Nicht-Heeresangehörige“ über die günstige Preisgestaltung überrascht und freiwillig Trinkgeld geben bzw. bei Beträgen von € 1,5 auf das Wechselgeld verzichten und € 2.- zahlen. Er habe nichts vom Gewinn einbehalten und keinen Vorteil gehabt, sondern den Betreuungshelfern das Geld (ca. € 7,50) überlassen. Dies würden die aufgenommenen Niederschriften belegen.

Zur Verhinderung von Lebensmittelverschwendung habe er die GWD Rekrut A.A., A.A. und

A.A. belehrt, das abgelaufenen Nahrungsmittel entsorgt und nicht mehr verkauft werden

dürfen. Die Betreuungshelfer sollten tunlichst darauf achten, dass bestimmte Lebensmittel

verbraucht bzw. verkauft werden sollten. Es ist möglich, dass er im Einzelnen aufgefordert hat, ihm aber nicht mehr erinnerlich, Lebensmittel, die kurz vor dem Ablaufdatum standen, entweder zu verkaufen oder selbst zu erwerben. Der Erwerb dieser Lebensmittel kam gelegentlich vor und wurde in der Regel mit Geld aus dem Trinkgelddepot des Soldatenheimes abgedeckt. Diese Aufforderung erfolgte lediglich im Sinne der Vermeidung einer Lebensmittelverschwendung und niemals im Sinne einer Drohung etwa mit Nachteilen im täglichen Dienstbetrieb oder Ähnlichem verknüpft.

7. Die Bundesdisziplinarbehörde (BDB), Senat N.N., erließ mit Bescheid vom 03. November 2022 einen Einleitungsbeschluss, der am 16. November 2022 in Rechtskraft erwuchs. Der Vorwurf, der zur Disziplinaranzeige führte, wurde der Staatsanwaltschaft N.N. mitgeteilt und die Anklagebehörde hat das Ermittlungsverfahren wegen Geringfügigkeit bzw. Nichterfüllung des Tatbestandes der Veruntreuung (§ 133 StGB) zur Gänze eingestellt. Das Schreiben der StA vom 04. November 2022 langte am 10. November 2022 beim N.N. ein und wurde der BDB übermittelt.

8. Die mündliche Verhandlung wurde am 18. November 2022 durch die BDB angeordnet und

für den 05. Jänner 2023 anberaumt. Die Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde dem Herrn Vzlt A.A. über die rechtsfreundliche Vertretung zugestellt.

9.Als Ergebnis des Beweisverfahrens der mündlichen Verhandlung am 05. Jänner 2023, bei der Vzlt A.A. als Disziplinarbeschuldigter in den Anschuldigungspunkten 2 bis 4 ein

Tatsachengeständnis ablegte und in diesen Anschuldigungspunkten auf „schuldig“ plädierte,

die Zeugen Oberst A.A. und Gefreiter (Miliz) A.A. einvernommen wurden sowie der im Akt aufliegenden und zur Verlesung gebrachten Unterlagen, ist für die BDB, Senat N.N., der im Spruchpunkt I angeführte Sachverhalt erwiesen.

10. Der Disziplinarbeschuldigte bekannte sich zu Beginn der mündlichen Verhandlung in den

Anschuldigungspunkten (AP) 2 bis 4 des Einleitungsbeschlusses vom 03.11.2022 schuldig, im 1. AP für nicht schuldig. Er sei seit Herbst 2020 in der Funktion als A.A. tätig und für das

Soldatenheim mit seinen drei Betreuungshelfern (GWD) verantwortlich. Seit ca. August 2022 sei er auf diesen Arbeitsplatz eingeteilt. Zuvor war er der Kdt der N.N. in der N.N. wurde aber aufgrund disziplinärer Verfehlungen von der Disziplinarkommission für Soldaten beim BMLV im Februar 2020 rechtskräftig mit einer Geldstrafe bestraft und in weiterer Folge

von der Dienstbehörde zum N.N. mit selben Dienstort (TÜPL N.N.)) versetzt. Er verfüge

über die notwendige Fachausbildung, auch wenn er sich die Soldatenheimordnung selbst beigebracht habe. Er räumte im AP 2 (Fahrt mit HKfz am 17.08.2022) ein, dass er dem ihm untergebenen Betreuungshelfer Rekr A.A. genehmigt hatte, beim neueröffneten MPreis Bierkisten zum privaten Gebrauch einzukaufen, er wäre der Meinung gewesen, A.A. würde sein privates Kfz während einer Zeit ohne dienstlicher Inanspruchnahme benutzen. Auf Nachfrage gab er zu, dass es ein Fehler gewesen sei, dass er den Gfr A.A. und den Rekr A.A. letztlich mit einem HKfz (LT-Pritsche, das für die dienstliche Müllentsorgung verwendet wurde) für private Einkäufe fahren ließ. Das Beweisverfahren brachte aber keinen Hinweis darauf, dass der Disziplinarbeschuldigte das Befehlsgebungsrecht gegenüber den Präsenzdienern (GWD) missbraucht hätte. Es ist aber unstrittig, dass er die Fahrt und den privaten Einkauf veranlasst hat, weil er dies bereits in der schriftlichen Eingabe vom 20.10.2022 eingeräumt hatte. Später hätte Rekr A.A. dann doch nur 2 Kisten Bier gebraucht, weshalb er die 6 übrigen Kisten, die zu keiner Zeit im Soldatenheim gebucht oder gelagert wurden, an den Berufssoldaten, OStv A.A. , veräußerte. Die dabei als „Gewinn“ erzielten € 18.- hätte er in einer Gemeinschaftskasse gegeben und nicht für sich behalten. Zum AP 4 (unerlaubte Preiserhöhung beim Polizeiwettkampf am 26.08.2022) zeigte er sich nach Erörterung geständig, dass er 25 bis 28 Flaschen Weißbier zu einem überhöhten Preis weiterveräußert habe, die errechneten € 8.- „Gewinn“ wären den Betreuungshelfern als Trinkgelder verblieben. Er habe sich dazu hinreißen lassen, weil der Polizeibeamte selbst moniert hatte, dass man ruhig mehr als die veranschlagten € 1,20 für eine Flasche Weißbier von den Kollegen verlangen könne, weil ohnehin jeder € 2.- geben würde. Er blieb letztlich beim AP 1 (Aufforderung an Betreuungshelfer Waren selbst zu kaufen) bei seiner unter Ziffer 6 dargestellten Verantwortung (Verhinderung der Verschwendung von Lebensmittel) und stellte den Ablauf der Produktion von Toast im Soldatenheim dar.

11. Der Zeuge Obst A.A., Kdt N.N., schilderte bei seiner Befragung zunächst,

wie es zur Versetzung des Disziplinarbeschuldigten kam und er attestierte ihm ein Bemühen um ein gutes Betriebsklima. Allerdings hatte er ob der disziplinären Vorgeschichte auch bei seinem Kaderpersonal einen „schwierigen Start“, im Sinne einer fehlenden Unterstützung gehabt. In seinem Verantwortungsbereich zeigte er durchaus gute fachliche Kompetenz, allerdings hätte es immer wieder zwischenmenschliche Probleme gegeben. Auf Nachfrage eines Senatsmitgliedes konnte er keine disziplinären Verfehlungen der drei Betreuungshelfer (Gfr A.A. war so wie es der Disziplinarbeschuldigte geschildert hatte der Beste; die Rekr A.A. und A.A. unauffällig) nennen, Vzlt A.A. hätte sich auch nie über die GWD bei ihm beschwert.

Letztlich würde er einen Neuanfang des Disziplinarbeschuldigten in einer neuen Garnison begrüßen, er sei auch auf den Wunsch von Vzlt A.A. hin derzeit in N.N. dienstzugeteilt und würde einer Versetzung auf den Arbeitsplatz „Dienstführender Unteroffizier“ in der Lehrabteilung des N.N. begrüßen. Er könne ihm eine durchaus positive Zukunftsprognose bescheinigen. Auf die Fragen des Herrn Verteidigers hin antwortete er, dass

Preiserhöhungen aufgrund von höheren Einkaufspreisen durchaus normal seien, allerdings mit dem Prozedere der Zustimmung des N.N., es keine Beanstandungen bei Überprüfungen der Gebarung der Betreuungseinrichtung gegeben hätte und der materielle Geldschaden als vernachlässigbar zu sehen sei. Allerdings wäre dem Ansehen des ÖBH auch bei den Eltern der GWD ein Schaden erwachsen und auch aus prinzipiellen Erwägungen (Befehl – Gehorsam) das Fehlverhalten des Vzlt A.A. nicht hinzunehmen.

12. Der Zeuge A.A., vormals Betreuungshelfer am N.N. (GWD) schilderte frei

von Falschbezichtigungstendenzen seine Sicht der Geschehnisse. Nach Verlesung seiner Niederschrift vom 27.09.2022 relativierte er den Vorwurf betreffend Ankauf von Toast dahingehend, dass ihm der Vzlt A.A. keinen Befehl erteilte, diese Ware selbst zu kaufen und er bei Nichtkauf keine Schwierigkeiten zu erwarten gehabt hätte. Vielmehr sei es einsichtig gewesen, dass er an diesem Freitag den Toast selbst bezahle – wenn auch aus der „Trinkgeldkasse“ – weil er am Montag ausgeschieden, also vernichtet worden wäre. Freilich wollten alle Betreuungshelfer an einem Freitag den Dienst so rasch als möglich beenden, er wäre aber nicht unter Druck gesetzt worden, diesen Toast zu kaufen. Die Abrechnung der Kasse hätte im ersten Monat ihrer Dienstverwendung Probleme bereitet, in den restlichen vier Monaten hätten sie dies problemlos bewältigt, er habe seine Zeit im Bundesheer in guter Erinnerung. Die Kasse wäre zweimal in der Woche, bei hohem Umsatz auch mehrmals, ohne Beanstandungen oder Schikanen durch den Kdt (A.A.) und ihnen abgerechnet worden. Den Ablauf der Einkaufsfahrt am 17.08.2022 schilderte er so, wie er unter Ziffer 10 dargestellt wurde.

13. Am Ende des Beweisverfahrens fragte der Senatsvorsitzende die Parteien, ob es noch

weitere Fragen oder Anträge gebe. Der Herr Verteidiger und der Herr Disziplinaranwalt beim

BMLV verneinten.

14. In den Schlussworten führte der Herr Disziplinaranwalt beim BMLV (DiszAnw) aus, dass er in den Anschuldigungspunkten 1 und 3 ein Freispruch beantrage. Dies deshalb, weil im AP 1 zwar ein unkameradschaftliches Verhalten zu sehen wäre, aber der Disziplinarbeschuldigte

nicht mit einer Weisung zum Ankauf von verdorbenen bzw. abgelaufenen Waren vorgegangen wäre. Im AP 3 sei er für einen Freispruch, weil er Konsumtion durch schuldhafte Verletzung im AP 2 sehe. Hinsichtlich des AP 2 (Fahrt mit HKfz zum Privateinkauf) habe der Beschuldigte mit bedingtem Vorsatz gegen seine Gehorsamspflicht verstoßen, weil er es zumindest geduldet hat, dass A.A. und A.A. während der Dienstzeit mit einem HKfz den privaten Einkauf von Bierkisten durchführten. Allerdings seien die für Vzlt A.A. bzw. weitere 6 Kisten nicht in den Bestand des Soldatenheim gekommen und wären auch nicht in den Kühlräumen gelagert gewesen. Für ihn hätte im AP 4 das Beweisverfahren zweifelsfrei ergeben, dass der Disziplinarbeschuldigte eine unerlaubte selbständige Preiserhöhung beim Polizeibiathlon zu verantworten hätte und er vorsätzlich gehandelt habe. Im Fall wäre eine strenge Strafe aus Sicht der Spezialprävention geboten, weil die Geldstrafe von einem Monatsbezug im Jahr 2020 die abschreckende Wirkung beim Disziplinarbeschuldigten verfehlt habe und er somit nicht unbescholten sei. Auch ist beabsichtigt, den Vzlt A.A. in Zukunft als DfUO zu verwenden, er

wird daher weiterhin mit Untergebenen Dienst zu versehen haben und wird Vorbild für andere sein, sowie Macht gegenüber GWD ausüben. Aus generalpräventiven Gründen sei ebenso eine Bestrafung geboten. Nach Darstellung der Erschwerungs- und Milderungsgründe (sie werden unten angeführt) forderte er abschließend eine Geldstrafe in der Höhe von € 8.000.-, also 250% der Bemessungsgrundlage.

15. Der Herr Verteidiger monierte eingangs, dass die heutige mündliche Verhandlung und die Befragung der Zeugen ihren hohen Stellenwert bewiesen haben. Er schließe sich der in den AP 1 und 3 geforderten Freisprüchen durch den Herrn DiszAnw an. Hinsichtlich der AP 2 bis 4 sei sein Mandant von Beginn an reumütig und umfassend geständig gewesen und hätte zur Aufklärung des Sachverhaltes maßgeblich beigetragen. Er teile die Ausführungen zum AP 2 (Fahrt mit HKfz am 17.08.2022) des Herrn DiszAnw, wolle aber monieren, dass sein Mandant schuldhaft, aber nur fahrlässig und nicht vorsätzlich gehandelt habe. Ebenso im AP 4 (Preiserhöhung am 26.08.2022) hätte Vzlt A.A. die nötige Sorgfaltspflicht außer Acht gelassen, aber nicht mit Vorsatz gehandelt. Zudem sei durch den Verkauf von 25 bis 28 Flaschen Weizenbier kein Schaden entstanden. Es handle sich bei den vorgeworfenen Taten um einmalige Gelegenheitsverfehlungen. Aus der Aussage des Kdt N.N. lasse sich erkennen, dass keine Wiederholungsgefahr bestehe. Sein Mandant sei seit 1994 Berufssoldat und habe sich mit Ausnahme der im Februar 2020 geahndeten Verfehlungen nie etwas zuschulden kommen lassen und hätte treu gedient. Die vorgetragenen spezialpräventiven Gründe für eine strenge Bestrafung würden deshalb nicht zutreffen, weil sich Vzlt A.A. selbst um einen Neustart in einer anderen Garnison beworben hätte. Es wäre bei der Strafzumessung als mildern zu beurteilen, dass er ein reumütiges und umfassendes Tatgeständnis zeigte, kein Vermögensschaden eingetreten sei, eine niederschwellige Intensität der Dienstpflichtverletzungen vorliege und er selbst einen Wechsel des Arbeitsplatzes in eine andere Garnison initiierte. Er sei abschließend der Meinung, dass mit einer Geldstrafe im unteren Bereich – anders als der Herr DiszAnw, der mit 250% eine solche im oberen Bereich forderte – mithin mit in etwa 120% der Bemessungsgrundlage das

Auslangen gefunden werden könnte.

16. Der Disziplinarbeschuldigte schloss sich in seinen Schlussworten den Ausführungen seines Verteidigers an und ersuchte um eine milde Bestrafung

17. Der Senatsvorsitzende befragt am Ende der mündlichen Verhandlung die Parteien, ob die

Aufnahme des Schallträgers wiedergegeben werden soll. Auf das Abspielen der Aufzeichnung wird verzichtet. Auf die Verlesung und schriftliche Ausfolgung einer Verhandlungsschrift wird von den Parteien verzichtet.

Der Disziplinarsenat hat erwogen:

Rechtliche Grundlagen in Bezug auf die Dienstpflichtverletzung:

§ 44 Abs 1 BDG 1979 (Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten):

„Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen“.

§ 2 Abs. 1 HDG 2014: „Soldaten sind disziplinär zur Verantwortung zu ziehen wegen

1.Verletzung der Ihnen im Präsenzstand auferlegten Pflichten oder 2. ...........“.

§ 62 Abs. 3 HDG 2014: „Das Verfahren ist …. einzustellen, wenn

1. der Beschuldigte die ihm zu Last gelegte Pflichtverletzung nicht begangen hat oder

diese Pflichtverletzung nicht erwiesen werden kann oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen, oder

2. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Pflichtverletzung darstellt, oder

3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, oder

4. die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach

sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von

weiteren Pflichtverletzungen abzuhalten oder um Pflichtverletzungen anderer Personen

entgegenzuwirken.“

Zur rechtlichen Würdigung:

Feststellungen zum Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Zum Freispruch in den Anschuldigungspunkten 1 und 3 des Einleitungsbeschlusses vom

03.11.2022:

Im Anschuldigungspunkt 1 konnte kein Schuldnachweis gegen den Disziplinarbeschuldigten

geführt werden, dass eine unter § 44 BDG 1979 zu subsumierende Pflichtverletzung begangen wurde. Wiewohl in der mündlichen Verhandlung zutage trat, dass er im Umgang mit den GWD ungeschickt agierte. Aufgrund der Zeugenaussage von Herrn A.A. war der in der Niederschrift vom 27.09.2022 aufgetretene Verdacht im Zusammenhang mit dem Kauf von Toasts und anderen Waren nicht aufrecht zu erhalten und dem Vortrag der Parteienvertreter und ihrer Schlussanträge zu folgen.

Im Anschuldigungspunkt 3 – trotz geständiger Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten zu Beginn der mündlichen Verhandlung – war ebenso den oben dargestellten Ausführungen der Parteien folgend ein Freispruch auszusprechen, weil die Bierkisten nie im Bestand und auch nicht im Soldatenheim gelagert wurden.

Zum Schuldspruch im Anschuldigungspunkt 2 (Spruchpunkt I/1.):

18. Wie er selbst bereits in der schriftlichen Stellungnahme vom 20.10.2022 ausführt, hat er

die Einkaufsfahrt am 17.08.2022 durch die GWD A.A. (Fahrer) und A.A. veranlasst,

da sie während der Dienstzeit erfolgte und einen reinen privaten Zweck (Ankauf von 10 Kisten Bier) verfolgten. Auch wenn diese keine „dienstliche Inanspruchnahme“ hatten, war dies eine reine Privatarbeit während der Dienstzeit.

Vzlt A.A. hat daher objektiv gegen die Pflicht zum Gehorsam. Der Erlass vom 18. Dezember 2017, GZ S93105/19-MFW, über Verhaltensnormen für Soldatinnen und Soldaten,

kundgemacht im Verlautbarungsblatt I Nr. 3, Jahrgang 2018, normiert in Ziffer II (Regeln für das Verhalten im Einzelnen, Punkt 6) ein Verbot von Privatarbeiten aller Art während der Dienstzeit, insbesondere in heereseigenen Werkstätten oder mit heereseigenem Werkzeug. Dieser Erlass ist unstrittig eine Weisung im rechtlichen Sinn. Er hat den Präsenzdienern im Grundwehrdienst Gfr A.A. und dem Rekr (nun Gfr) A.A. den Auftrag erteilt, mehrere Bierkisten zum privaten Gebrauch beim Nahversorger M-Preis am 17. August 2022 einzukaufen.

Zum Schuldspruch im Anschuldigungspunkt 4 (Spruchpunkt I/2.):

Es wurde am 26.08.2022 im Rahmen einer Polizeiveranstaltung eine eigenmächtige – also ohne Zustimmung des N.N. – Preiserhöhung bei Weizenbier im Soldatenheim veranlasst und der daraus erzielte „Gewinn“ von ca. € 8.- unter den Betreuungshelfern aufgeteilt. Er hat gegen die Gehorsamspflicht nach § 44 Abs 1 BDG 1979 in Verbindung mit der Militärwirtschaftsvorschrift (MWV) Soldatenheimordnung RZ 163ff verstoßen, weil grundsätzlich keine Gewinne erzielt werden dürfen und er die Preise nicht selbständig verändern darf (Zustimmung N.N.). Die Rabatte sind an die Kaufberechtigten weiterzugeben und dürfen nicht den Betreuungshelfern zugutekommen. Ein rechtmäßiges Alternativverhalten, nämlich den Preis für eine Flasche Weizenbier unverändert bei € 1,20 zu belassen, wäre zumutbar gewesen.

Zur rechtlichen Beurteilung:

19. Das Disziplinarrecht erfüllt eine Ordnungsfunktion. Es soll einer durch ein Dienstvergehen verursachten Störung des beamtenrechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses mit dem Ziel begegnen, die Sauberkeit und die Leistungsfähigkeit des österreichischen Beamtentums zu erhalten und sein Ansehen zu wahren. (VwGH 14. 1. 1980 SlgNF 10.007 A).

Zum Grad des Verschuldens:

20. Durch die Tathandlungen hielt es der Disziplinarbeschuldigte ernstlich für möglich und

fand sich damit ab, seine Dienstpflicht zum Gehorsam zu verletzen, weil er weiß, dass es unter sagt ist, während der Dienstzeit Privatarbeiten durchzuführen. Dass er glaubte, die beiden GWD würden mit dem Privatauto des A.A. den Einkauf durchführen, ist rechtlich ohne Belang. Der Disziplinarbeschuldigte kannte auch die Soldatenheimordnung, dass er sich ob der Aussage des Polizeibeamten, man könne ruhig für eine Flasche Weizenbier € 2.- verlangen, weil dies jeder zahlen würde, zur eigenmächtigen Preiserhöhung hinreißen ließ, ist ebenso rechtlich nicht von Bedeutung. Insofern ist dem Herrn DiszAnw zu folgen und den Ausführungen des Herrn Verteidigers, es handle sich um eine Sorgfaltswidrigkeit, kein Erfolg beschieden. Er handelte somit vorsätzlich.

Zur Strafbemessung:

21. Die Strafe war vom erkennenden Senat im Sinne der nachstehenden Erwägungen gemäß

§ 6 HDG 2014 nach Maßgabe der im Strafgesetzbuch (§§ 32-35) festgelegten Gründe zu bemessen. Nach gewissenhafter Abwägung aller für bzw. wider den Beschuldigten sprechenden Umstände gelangte der erkennende Senat in der Frage der zu verhängenden Strafart und Strafhöhe angesichts der im Folgenden darzulegenden Überlegungen zu dem im Spruch ersichtlichen Ergebnis. Grundlage für die Strafbemessung war die im Beweisverfahren zweifelsfrei erwiesene Schuld des Disziplinarbeschuldigten Vzlt A.A. durch die vorsätzliche Tatbegehung. Seine Dispositions- und Diskretionsfähigkeit stehen für den Senat wie oben ausgeführt außer Zweifel.

Die objektive Schwere der Pflichtverletzung ist im oberen Bereich einzustufen. Dies deshalb,

weil dem Schutzzweck der Norm, der Gehorsamspflicht, ein hoher Stellenwert zukommt. Der

Befehl/die Weisung und die daraus korrespondierende Gehorsamspflicht gehören zur tragenden Säule des Dienstbetriebes im öffentlichen Dienst, insbesondere im Bundesheer. Ihr kommt zentrale Bedeutung für die erfolgreiche Auftragserfüllung zu.

Ein Kommandant hat zudem durch Vorbild zu führen. Da der Befolgung von Weisungen ein

nicht bloß geringer Stellenwert zukommt (VwGH 26.06.2012, 2011/09/0032), kann auch deren Missachtung nicht als Bagatelldelikt abgetan werden.

Spezialpräventive Gründe sind gegeben, weil er durch die Bestrafung vom 28.02.2020 nicht vor weiteren – wenn auch nicht einschlägigen – Pflichtverletzungen abgehalten wurde und durch strenge Bestrafung vor gleichgelagerten Dienstpflichtverletzungen abzuhalten ist. Der Senat anerkennt seine ehrlich gemeinte Beteuerung, dass er in Zukunft seine Dienstpflichten in der neuen Garnison treu erfüllen wird.

Generalpräventive Gründe sind jedenfalls gegeben, da allen Soldaten vor Augen zu führen ist, dass derartige Pflichtverletzungen nicht geduldet werden. Ein Kommandant hat durch Vorbild zu führen. Das gezeigte Verhalten ist daher nicht hinzunehmen.

Straferschwerend wurde gewertet:

??Negative Vorbildwirkung als Kommandant der Betreuungsgruppe

Strafmildernd wurde gewertet:

??sein reumütiges und umfassendes Tatsachengeständnis und somit die Mitwirkung an der

Aufklärung des Sachverhaltes bereits zu Beginn der Vorwürfe

??sein einsichtiges Verhalten, zukünftig private und dienstliche Dinge zu trennen und daher

positive Zukunftsprognose, verbunden mit der guten Dienstbeurteilung durch den Kdt

??sein Auftreten vor dem Disziplinarsenat

??geringer zu vernachlässigender Vermögensschaden

Die Bemessungsgrundlage von € 3.201,90 errechnet sich aus dem Grundbezug

MU/1/3/16 (€ 3.068,30), der Funktionszulage (€ 68.-) und der Truppendienstzulage (€ 65,6) des Disziplinarbeschuldigten im Monat Jänner 2023.

Die ausgesprochene Geldstrafe in der Höhe von ca. 125 Prozent der Bemessungsgrundlage nach § 52 Abs. 3 HDG 2014 wurde vom Senat daher als tat- und schuldangemessen festgelegt, nicht zuletzt deshalb, weil die Milderungsgründe überwiegen, er ein guter Unteroffizier ist, wenn auch mit Defiziten im zwischenmenschlichen Bereich, sowie der Möglichkeit zum Neustart. Sie ist aber außerordentlich milde und liegt signifikant unter der Forderung von € 8.000.- durch den Herrn Disziplinaranwalt beim BMLV.

Er muss sich aber klar sein, dass bei weiteren einschlägigen Verhaltensweisen unverzüglich eine Dienstenthebung als Sicherungsmaßnahme zu verfügen sein wird und die Beendigung des Dienstverhältnisses die Folge sein könnte.

Vzlt A.A. möge die milde Bestrafung als Vertrauensvorschuss sehen, dass er in

Zukunft Dienstpflichtverletzungen unterlässt. Der Kostenbeitrag ergibt sich aus § 38 Abs 1 HDG und ist mit € 360.- gedeckelt. Die Ratenzahlung ergibt sich aus der zu Beginn der mündlichen Verhandlung festgestellten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und war von Amts wegen zu verfügen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zuletzt aktualisiert am

08.03.2023
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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