TE Vwgh Erkenntnis 1995/11/15 94/13/0146

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Veröffentlicht am 15.11.1995
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Index

32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

UStG 1972 §10 Abs2 Z6;
UStG 1972 §2;
UStG 1994 §2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der "Wohnungseigentumsgemeinschaft n" (bestehend aus Dr. G. und E.G.) in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I) vom 28. April 1994, Zl. 6/1-1229/93-05, betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1987 und 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.070,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach den insoweit unstrittigen Feststellungen im angefochtenen Bescheid wurde an der Liegenschaft G.-Gasse im Jahr 1987 zur Gänze Wohnungseigentum i.S.d. Wohnungseigentumsgesetzes begründet. Damit wurde Dr. G. Eigentümer der Wohnungen Top 3, 4/5, 6, 10, 11 und 12; E.G. (dem damals minderjährigen Sohn des Dr. G.) kam das Eigentumsrecht an den Wohnungen Top 1, 7/8, 9, 13 und 14 zu.

Nach den weiteren Ausführungen im angefochtenen Bescheid sind alle Eigentumswohnungen mit Ausnahme der Wohnung Top 7/8, die von E.G. und dessen Eltern bewohnt wird, an Fremde vermietet. Die Unternehmereigenschaft der Beschwerdeführerin sei anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung festgestellt und die Umsätze aus der Vermietung der Wohnungen, die bisher von den einzelnen Eigentümern versteuert worden seien, seien bei der Beschwerdeführerin erfaßt worden. Die auf die privatgenutzte Wohnung Top 7/8 entfallenden Einnahmen und Vorsteuerbeträge (für diese Wohnung bezahle Dr. G. aufgrund eines seinerzeit mit der Mutter - und vormaligen Alleineigentümerin der Liegenschaft - abgeschlossenen Mietvertrages Miete an seinen Sohn E.G) seien dabei ausgeschieden worden.

Zur Unternehmereigenschaft der Beschwerdeführerin wird im angefochtenen Bescheid eine seitens der Betriebsprüferin abgegebene Stellungnahme zur Berufung (in der eine Besteuerung nach den zivilrechtlichen Eigentumsverhältnissen beantragt worden war), u.a. wie folgt wiedergegeben:

"... in steuerlicher Sicht eine Gemeinschaft von Wohnungseigentümern, der nach Umsatzsteuerrecht Unternehmereigenschaft zukomme, geworden. Nur für Leistungen von Personenvereinigungen zur Erhaltung, Verwaltung oder zum Betrieb der in ihrem gemeinsamen Eigentum stehenden Teile v. Anlagen einer Liegenschaft, an der Wohnungseigentum besteht, mäßige sich gemäß § 10 Abs. 2 Z. 6 UStG die Umsatzsteuer auf 10 %. Der Zweck dieser Bestimmung bestehe im wesentlichen in einer Gleichstellung der Wohnungseigentümer mit Wohnungsmietern hinsichtlich der Betriebskosten, daß heißt es sollten die Betriebskosten sowohl für Wohnungseigentümer als auch für Mieter nur mit dem ermäßigten Steuersatz belastet sein. Daraus folge zwingend, daß die Wohnungseigentümergemeinschaft (nicht der einzelne Wohnungseigentümer) als Unternehmer zur Umsatzsteuer zu veranlagen sei. ..."

Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides vertritt die belangte Behörde die Ansicht, bei Vorliegen einer Wohnungseigentumsgemeinschaft sei diese und nicht jeder einzelne Wohnungseigentümer Unternehmer i.S.d.

Umsatzsteuergesetzes. Unternehmer sei jede natürliche Person und jeder Zusammenschluß natürlicher Personen, wenn nach außen hin im eigenen Namen eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen entfaltet wird. Ob der Personenzusammenschluß auch zivilrechtlich rechtsfähig sei, bleibe für die umsatzsteuerrechlich relevante Frage eines Unternehmens bedeutungslos. Hinsichtlich Vermietung und Verpachtung sei daher die Beschwerdeführerin als Unternehmer i.S.d. Umsatzsteuergesetzes anzusehen. Auch sei diesbezüglich das Berufungsbegehren in der mündlichen Verhandlung eingeschränkt worden, sodaß sich weitere Ausführungen zu diesem Punkt erübrigten. Zur Wohnung Top 7/8 sei es unbestritten, daß E.G. diese Wohnung mit seinen Eltern bewohne und Dr. G an E.G. "Miete" (Anführungszeichen im Original) bezahle. E.G. führe keinen eigenen Haushalt sondern gehöre dem Haushalt seiner Eltern an. Würde man die gegenständliche Wohnung als Einkunftsquelle anerkennen, so würde dies im Endeffekt nichts anderes bedeuten, als daß die Wohnungskosten des E.G. indirekt durch den Mietvertrag mit Dr. G. abzugsfähig wären. Die Wohnung Top 7/8 stelle somit keine Einkunftsquelle dar und es seien weder die Einnahmen zu erfassen noch ein Abzug von Werbungskosten bzw. Vorsteuern zulässig.

In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin sei "insofern beschwert, als bei der Feststellung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlagen des Jahres 1987 die Umsatzsteuer um ÖS 1.937,47, die Vorsteuern um ÖS 2.766,89, bei der Feststellung der Bemessungsgrundlagen 1988 die Umsatzsteuer um ÖS 4.029,75, die Vorsteuern um ÖS 5.646,48 gekürzt wurden".

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt ein Begründungsmangel dann zur Bescheidaufhebung, wenn er entweder die Parteien des Verwaltungsverfahrens an der Verfolgung ihrer Rechte oder den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit hindert (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. April 1995, 93/15/0060). Bestehen innerhalb der Begründung wesentliche Widersprüche, dann liegt eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrenvorschriften vor (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 606).

Die belangte Behörde weist zutreffend darauf hin, daß Gemeinschaften von Wohnungseigentümern (nur und insoweit) umsatzsteuerrechtliche Unternehmereigenschaft zukommt, wenn diese NACH AUßEN HIN IM EIGENEN NAMEN zur Erzielung von Einnahmen auftreten (vgl. dazu Kranich/Siegl/Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, Rz. 33 zu § 2, sowie Ruppe, UStG 1994, Tz 79). Weder dem angefochtenen Bescheid noch den vorgelegten Verwaltungsakten ist aber dazu schlüssig begründet zu entnehmen, daß - abweichend von der zivilrechtlichen Gestaltung der Eigentumsverhältnisse - die aus Dr. G und Ernst G. bestehende Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als solche nach außen hin zur Erzielung der Vermietungseinnahmen tätig geworden wäre. Die Begründung der abgabenbehördlichen Prüfung etwa lautet dahingehend, aus der Bestimmung des § 10 Abs. 2 Z. 6 UStG 1972 "folge zwingend" daß die Wohnungseigentümergemeinschaft (nicht der einzelne Wohnungseigentümer) als Unternehmer zur Umsatzsteuer zu veranlagen sei. Gerade die Bestimmung des § 10 Abs. 2 Z. 6 UStG 1972 hat aber - sachverhaltsmäßig - zur Voraussetzung, daß die Wohnungseigentümergemeinschaft im eigenen Namen nach außen hin auftritt (vgl. dazu Kolacny/Scheiner, Aktueller Umsatzsteuerfall, Zu § 10 Abs 2 Z 6 - Leistungen von Wohnungseigentümergemeinschaften, in: ÖSTZ 1990, 91). Im übrigen schließt die Unternehmereigenschaft einer Wohnungseigentümergemeinschaft eine Unternehmereigenschaft der einzelnen Wohnungseigentümer hinsichtlich einer allfälligen Vermietungstätigkeit nicht aus.

Es mag zwar zutreffen, daß laut Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Verhandlung bei der belangten Behörde das Berufungsbegehren über "Befragen durch die Vorsitzende" dahingehend eingeschränkt wurde, daß die "Unternehmereigenschaft der Wohnungseigentumsgemeinschaft" anerkannt wurde. Eine diesbezügliche "Einschränkung des Berufungsbegehrens" kann aber betreffend die in Streit stehende Vermietung der Wohnung "Top 7/8" nicht über wesentliche Widersprüchlichkeiten in der Begründung hinweghelfen. So wird u. a. festgestellt, es sei unbestritten, daß Dr. G. AN E.G. (aufgrund des seinerzeit mit der Mutter abgeschlossenen Mietvertrages) Miete bezahle. Dies spricht aber eindeutig gegen eine Unternehmerstellung der Beschwerdeführerin - zumindest - hinsichtlich der Wohnung "Top 7/8".

Durch diesen zur Unternehmereigenschaft der Beschwerdeführer damit insgesamt gegebenen wesentlichen Begründungsmangel ist der Verwaltungsgerichtshof gehindert, den Bescheid in bezug auf eine Rechtsverletzungsmöglichtkeit im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes zu prüfen. Es erübrigt sich damit auch auf das dazu erstattete Beschwerdevorbringen (betreffend die umsatzsteuerrechtliche Berücksichtigung der Vermietung der Wohnung Top 7/8 unter dem Gesichtspunkt ihrer "Einkunftsquelleneigenschaft") weiter einzugehen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG (insbesondere § 59 Abs. 3 letzter Satz) i.V.m. der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994130146.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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