TE Lvwg Beschluss 2023/2/26 VGW-171/092/15191/2022-5

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Veröffentlicht am 26.02.2023
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Entscheidungsdatum

26.02.2023

Index

L24009 Gemeindebedienstete Wien
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Norm

DO Wr. 1994 §15c Abs1
B-VG Art. 7
B-VG Art. 11 Abs2
B-VG Art. 140 Abs1 Z1 lita

Text

Das Verwaltungsgericht Wien stellt durch seinen Richter Dr. Gerhard Kienast im Verfahren über die Beschwerde des A. B. gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien (Magistratsabteilung 2 – Personalservice) vom 11.10.2022, Zl ..., betreffend Neuberechnung der Vordienstzeiten gemäß § 15c Dienstordnung 1994 (DO 1994), an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm Art. 135 Abs. 4 B-VG und Art. 89 Abs. 2 B-VG den

A n t r a g,

der Verfassungsgerichtshof möge die Zeichenfolge „ 2,“ im ersten Satz des § 15c Abs. 1 Dienstordnung 1994, LGBl. für Wien 1994/56, zuletzt geändert durch LGBl. für Wien 2020/48 (2. Dienstrechts-Novelle 2020), als verfassungswidrig aufheben.

B e g r ü n d u n g:

I. Anlassfall:

A. B. (Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichts Wien, im Folgenden: beteiligte Partei) schloss am 21.12.2016 aufgrund der (Wiener) Vertragsbedienstetenordnung 1995 (VBO 1995) einen Dienstvertrag mit der Stadt Wien ab; das Dienstverhältnis begann am 23.1.2017 und wurde auf unbestimmte Zeit eingegangen; die beteiligte Partei wurde in Schema IV, Verwendungsgruppe D und Dienstklasse III in die Bedienstetengruppe der Feuerwehrmänner eingereiht. Gemäß § 14 Abs. 2 DO 1994 iVm § 18 VBO 1995 wurde ihm die Zeit seines Präsenzdienstes vom 1.4.2014 bis 30.9.2014 im Ausmaß von sechs Monaten angerechnet. Sein Besoldungsdienstalter betrug „00 TT 06 MM 00 JJ“.

Mit Bescheid vom 6.7.2017 unterstellte der Magistrat der Stadt Wien die beteiligte Partei mit Wirksamkeit vom 1.8.2017 der DO 1994 („Anstellung“) unter Einreihung in die Beamtengruppe der Feuerwehrmänner der Verwendungsgruppe D des Schemas II (Spruchpunkt 1). In Spruchpunkt 2 sprach der Magistrat der Stadt Wien aus, dass sich gemäß § 15 Abs. 5 DO 1994 das Besoldungsdienstalter der beteiligten Partei und ihre besoldungsrechtliche Stellung durch die Unterstellung unter die DO 1994 nicht ändern.

Mit Schreiben vom 24.3.2022 informierte der Magistrat der Stadt Wien die beteiligte Partei, dass er ihre Vordienstzeiten amtswegig neu berechne, weil sich die Rechtslage geändert habe. Nach dieser neuen Rechtslage (§ 15c DO 1994) seien bis zum Tag vor der Aufnahme in den Dienst der Stadt Wien keine Zeiten anrechenbar, sodass sich ein Besoldungsdienstalter am Tag der Aufnahme von „00 Jahren 00 Monaten und 00 Tagen“ ergebe. Der Magistrat der Stadt Wien räumte der beteiligten Partei die Möglichkeit ein, „eine Stellungnahme zum bisherigen Ergebnis abzugeben“; eine Stellungnahme der beteiligten Partei ist im Verwaltungsakt nicht dokumentiert.

Mit Bescheid vom 11.10.2022, ..., stellte der Magistrat der Stadt Wien fest, dass das Besoldungsdienstalter der beteiligten Partei am 23.1.2017 „00 Jahre, 00 Monate und 00 Tage“ beträgt; dieser Bescheid stützte sie auf § 15c DO 1994.

Diesen Bescheid zog die beteiligte Partei fristgerecht in Beschwerde, in der sie unter anderem ausführte, dass sie ohne ihre 3,5-jährige Lehre als Maschinenbautechniker (Wiener Linien) oder ihren abgeleisteten Präsenzdienst ihren Beruf bei der MA 68 nicht ausüben könnte, weil beides bei ihrer Aufnahme strenge Voraussetzung war.

Mit Note vom 7.12.2022 legte der Magistrat der Stadt Wien dem Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde samt bezughabendem Akt zur Entscheidung vor.

II. Rechtslage:

1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Dienstordnung 1994 – DO 1994, LGBl. für Wien 1994/56 idF LGBl. für Wien 2022/60, lauten:

„Anrechenbare Dienstzeit
§ 13.
  1. (1) Die für alle von der Dauer der Dienstzeit abhängigen Rechte entscheidende Dienstzeit beginnt mit dem Tag des Dienstantrittes bei der Stadt Wien, bei einem vorangegangenen nicht öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis mit dem Tag der Anstellung, und endet mit dem Ausscheiden aus dem Dienststand.
  2. (2) Inwieweit die der Anstellung vorangegangenen und die im Ruhestand verbrachten Zeiten anrechenbar sind, bestimmen §§ 14 und 15 sowie die Pensionsordnung 1995.
Besoldungsdienstalter
§ 14.
  1. (1) Das Besoldungsdienstalter umfasst, soweit sich aus § 11 Abs. 7, § 13 Abs. 3, § 17 Abs. 4, § 18 Abs. 3 bis 5 und 7 bis 9, §§ 40e, 40f, 40g, 40i, 40j und 40k der Besoldungsordnung 1994 nichts anderes ergibt, die Dauer der im Dienstverhältnis verbrachten für die Vorrückung wirksamen Zeiten (Dienstzeit) zuzüglich der Dauer der anrechenbaren Vordienstzeiten.
  2. (2) Folgende, dem Tag der Anstellung vorangegangene Zeiten (Vordienstzeiten) sind auf das Besoldungsdienstalter anzurechnen:
    1. 1.
      die Zeit, die in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft oder zu einem inländischen Gemeindeverband zurückgelegt wurde;
    2. 2.
      die Zeit der Leistung eines Grundwehrdienstes nach § 20 Wehrgesetz 2001 – WG 2001, BGBl. I Nr. 146/2001, oder eines entsprechenden Ausbildungsdienstes gleicher Dauer nach § 37 Abs. 1 WG 2001 oder des ordentlichen Zivildienstes nach § 1 Abs. 5 Z 1 Zivildienstgesetz 1986 – ZDG, BGBl. Nr. 679/1986;
    3. 3.
      die Zeit eines Dienstverhältnisses oder eines Dienstes, die den in Z 1 und 2 genannten Dienstverhältnissen oder Diensten entsprechen und von einem Staatsangehörigen eines in § 3 Abs. 1 Z 2 genannten Landes in einem anderen solchen Land absolviert worden sind, sowie die in einem Dienstverhältnis zu einer Einrichtung der Europäischen Union oder zu einer zwischenstaatlichen Einrichtung, der Österreich angehört, zurückgelegte Zeit;
    4. 4.
      die Zeit, in der der Beamte auf Grund des Heeresentschädigungsgesetzes, BGBl. I Nr. 162/2015, Anspruch auf eine Beschädigtenrente entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 90 % gehabt hat.
  3. (3) Über die in Abs. 2 angeführten Zeiten hinaus sind Zeiten der Ausübung einer einschlägigen Berufstätigkeit oder eines einschlägigen Verwaltungspraktikums bis zum Ausmaß von insgesamt höchstens zehn Jahren als Vordienstzeiten anrechenbar. Eine Berufstätigkeit oder ein Verwaltungspraktikum ist einschlägig, insoweit eine fachliche Erfahrung vermittelt wird, durch die
    1. 1.
      eine fachliche Einarbeitung auf dem neuen Arbeitsplatz überwiegend unterbleiben kann oder
    2. 2.
      ein erheblich höherer Arbeitserfolg durch die vorhandene Routine zu erwarten ist.
  4. (4) Ausgeschlossen von einer Anrechnung sind die Zeiten
    1. 1.
      die nach Abs. 2 Z 1 und 3 zu berücksichtigen wären, wenn der Beamte aufgrund einer solchen Beschäftigung einen Anspruch auf laufende Pensionsleistungen erworben und diese nicht der Stadt Wien abgetreten hat,
    2. 2.
      in einem Dienstverhältnis nach Abs. 2 Z 1 und 3, soweit sie nach den Vorschriften, die für dieses Dienstverhältnis gegolten haben, für die Vorrückung in höhere Bezüge nicht wirksam gewesen sind, oder
    3. 3.
      welche im Zustand der Ämterunfähigkeit zurückgelegt wurden.
    Die Einschränkung der Z 2 gilt nicht für Zeiten, die nur deshalb nicht voll für die Vorrückung in höhere Bezüge wirksam waren, weil sie in einem Beschäftigungsausmaß zurückgelegt wurden, das unter der Hälfte des für eine Vollbeschäftigung vorgeschriebenen Beschäftigungsausmaßes lag. Waren solche Zeiten aus anderen Gründen für die Vorrückung nicht oder nicht voll wirksam (zB wegen eines Karenzurlaubes), ist die Z 2 hingegen anzuwenden.
  5. (5) Der Beamte ist anlässlich der Aufnahme in das Dienstverhältnis zur Stadt Wien vom Magistrat nachweislich über die Bestimmungen zur Anrechnung von Vordienstzeiten zu belehren. Er hat sodann alle vor Beginn des Dienstverhältnisses zurückgelegten Vordienstzeiten nach Abs. 2 oder 3 mitzuteilen. Der Magistrat hat aufgrund dieser Mitteilung und bei Vorliegen entsprechender Nachweise die Dauer der anrechenbaren Vordienstzeiten festzustellen, um welche die für die Vorrückung wirksame Dienstzeit bei der Ermittlung der Einstufung zu verlängern ist.
  6. (6) Teilt der Beamte eine Vordienstzeit nicht innerhalb von drei Monaten nach dem Beginn des Dienstverhältnisses mit, ist ein späterer Antrag auf Anrechnung dieser Vordienstzeit unzulässig. Der Nachweis über eine Vordienstzeit ist spätestens bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Beginn des Dienstverhältnisses zu erbringen. Erfolgt die Belehrung gemäß Abs. 5 erst nach Beginn des Dienstverhältnisses, beginnen die in diesem Absatz genannten Fristen mit dem Tag der Belehrung. Wird der Nachweis nicht fristgerecht erbracht, ist die Vordienstzeit nicht anrechenbar.
  7. (7) Vordienstzeiten sind jedenfalls anzurechnen, wenn sie bereits im unmittelbar vorangegangenen Dienstverhältnis zur Stadt Wien angerechnet worden sind. Wurde beim unmittelbar vorangegangenen Dienstverhältnis zur Stadt Wien das Besoldungsdienstalter infolge einer Überleitung nach den Bestimmungen des § 49l der Besoldungsordnung 1994 pauschal bemessen, unterbleibt eine Ermittlung und hat die Einstufung auf Grundlage des bisherigen pauschal bemessenen Besoldungsdienstalters zu erfolgen.
  8. (8) Die mehrfache Anrechnung ein und desselben Zeitraumes ist nicht zulässig.“

Mit der 4. Dienstrechts-Novelle 2019, LGBl. für Wien 2019/63, die am 13.12.2019 kundgemacht wurde und am 14.12.2019 in Kraft trat, wurde in die DO 1994 insbesondere § 15c eingefügt; § 15c DO 1994 lautet (in der geringfügig mit LGBl. für Wien 2020/48 geänderten Fassung) wörtlich:

„§ 15c.
  1. (1) Die besoldungsrechtliche Stellung des Beamten, der nicht gemäß § 49l der Besoldungsordnung 1994 in das Besoldungssystem der Dienstrechts-Novelle 2015 übergeleitet wurde und dessen Vordienstzeiten in unmittelbarer Anwendung des § 14 in einer nach dem 31. Juli 2015 geltenden Fassung auf das Besoldungsdienstalter angerechnet wurden, ist von Amts wegen mit der Maßgabe neu festzusetzen, dass anstelle der bisher gemäß § 14 Abs. 2, 3 und 7 angerechneten Vordienstzeiten die dem Tag der Anstellung vorangegangenen Zeiten einer berufseinschlägigen Tätigkeit bis zu einem Höchstausmaß von zehn Jahren auf die Dienstzeit anrechenbar sind, wenn diese in einem Land, das Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraums ist oder dessen Staatsangehörige die gleichen Rechte wie österreichische Staatsangehörige auf den Zugang zu einem Beruf haben, ausgeübt worden ist. Die Neufestsetzung hat durch bescheidmäßige Neufeststellung des Besoldungsdienstalters am Tag der Aufnahme in den Dienst der Stadt Wien zu erfolgen. Die Berufseinschlägigkeit ist anhand jener Tätigkeiten zu beurteilen, die mit dem konkreten Dienstposten verbunden sind, den der Beamte am Tag der Aufnahme in den Dienst der Stadt Wien innehatte.
  2. (2) Abs. 1 gilt auch für die besoldungsrechtliche Stellung eines ehemaligen Beamten, dessen Dienstverhältnis nach dem 30. April 2016 beendet wurde.
  3. (3) Vor der Neufestsetzung nach Abs. 1 und 2 ist dem (ehemaligen) Beamten oder seinen Hinterbliebenen gemäß § 15a Abs. 2 das vorläufige Ergebnis der Ermittlungen aufgrund der Aktenlage mit der Aufforderung schriftlich mitzuteilen, binnen sechs Monaten allfällige weitere Zeiten einer berufseinschlägigen Tätigkeit im Sinn des Abs. 1 geltend zu machen und die erforderlichen Nachweise zu erbringen, widrigenfalls diese Zeiten nicht zu berücksichtigen sind. Diese Frist kann mit Zustimmung des Beamten bzw. seiner Hinterbliebenen verkürzt werden.
  4. (4) Eine Berücksichtigung der gemäß Abs. 3 geltend gemachten Zeiten über das Höchstausmaß von zehn Jahren hinaus hat insoweit zu erfolgen, als die den Dienstzeiten bei der Stadt Wien gleichwertigen oder identen Vordienstzeiten dieses Höchstausmaß übersteigen. Die Gleichwertigkeit ist anhand eines Vergleichs der im Rahmen der Dienstzeiten und der Vordienstzeiten jeweils konkret ausgeübten Tätigkeiten zu beurteilen, wobei für die Dienstzeiten bei der Stadt Wien auf die unmittelbar nach der Aufnahme in den Dienst der Stadt Wien ausgeübten Tätigkeiten abzustellen ist. Sie ist gegeben, wenn die Tätigkeiten sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht zumindest zu 75 % übereinstimmen. § 15b Abs. 3 und Abs. 4 Z 1 sowie § 15a Abs. 5 sind sinngemäß anzuwenden.
  5. (5) Ergibt sich aus der Neufestsetzung gemäß Abs. 1 eine Verringerung des Besoldungsdienstalters, wird diese im Höchstausmaß von zwei Jahren mit dem dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gemäß Abs. 1 folgenden Monatsersten wirksam. Die damit verbundene Verschlechterung der besoldungsrechtlichen Stellung ist für die bis zum Eintritt der Rechtskraft erreichte Einstufung und die daraus abgeleiteten besoldungsrechtlichen Ansprüche unbeachtlich; sie ist bei zukünftigen Vorrückungen in die nächste Gehaltsstufe und bei sonstigen zukünftigen vom Besoldungsdienstalter abhängigen besoldungsrechtlichen Verbesserungen zu berücksichtigen.
  6. (6) Für Nachzahlungen, die sich aus einer aus der Neufestsetzung gemäß Abs. 1 resultierenden Erhöhung des Besoldungsdienstalters ergeben, wird der Zeitraum vom 1. Mai 2019 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gemäß Abs. 1 nicht in die Verjährungsfrist nach § 10 Abs. 1 der Besoldungsordnung 1994 eingerechnet. Besoldungsrechtliche Ansprüche, die sich auf Zeiten vor dem 1. Mai 2016 beziehen, sind verjährt. Dies gilt auch für die Ansprüche in den Verfahren nach Abs. 7.
  7. (7) Auf am Tag der Kundmachung der 4. Dienstrechts-Novelle 2019 anhängige Verfahren, die eine Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung im Sinn von Abs. 1 und 2 oder daraus abgeleitete besoldungsrechtliche Ansprüche zum Gegenstand haben, ist § 15a Abs. 7 und 8 sinngemäß anzuwenden.“

2. Der mit LGBl. für Wien 2015/28 der Besoldungsordnung 1994 (BO 1994) eingefügte § 49l, der am 1.8.2015 in Kraft trat, lautet samt Überschrift wörtlich:

„Besoldungsreform 2015 – Überleitung bestehender Dienstverhältnisse
§ 49l.
  1. (1) Alle Beamten der in § 49m Abs. 1 angeführten Verwendungsgruppen, die sich am 31. Juli 2015 und am 1. August 2015 im Dienststand befinden, werden nach Maßgabe der Abs. 2 bis 12 und des § 49m alleine auf Grundlage ihrer bisherigen Gehälter in das durch die 49. Novelle zur Besoldungsordnung 1994 neu geschaffene Besoldungssystem übergeleitet. Die Beamten werden zunächst aufgrund ihres bisherigen Gehalts in eine Gehaltsstufe des neuen Besoldungssystems eingereiht, in welcher das bisherige Gehalt gewahrt wird. Nach spätestens zwei Jahren bzw. in den Verwendungsgruppen LKA und R (§ 11 Abs. 3) nach spätestens fünf Jahren rücken sie in die nächsthöhere Gehaltsstufe des neuen Besoldungssystems vor (Überleitungsstufe), in der zur Wahrung ihrer bisherigen Erwerbsaussichten der Zeitpunkt der nächsten Vorrückung einmalig vorgezogen wird. Ab dieser einmalig vorgezogenen Vorrückung befinden sich die übergeleiteten Beamten in der Zielstufe des neuen Besoldungssystems, ab der sie regulär vorrücken. Ausgehend von der Zielstufe rücken die übergeleiteten Beamten ebenso wie alle neu eintretenden Beamten ausschließlich aufgrund ihrer wachsenden Erfahrung in höhere Gehaltsstufen vor.
  2. (1a) – (12) […]

3. Das am 1.1.2018 in Kraft getretene Wiener Bedienstetengesetz, LGBl. für Wien 2017/33 idF LGBl. für Wien 2023/4 sieht in § 7 folgende Regelung zur Anrechnung von Vordienstzeiten vor:

„Anrechnung von Vordienstzeiten
§ 7.
  1. (1) Die Dienstzeit gemäß § 6 und die Summe der gemäß Abs. 2 angerechneten Zeiten (Vordienstzeiten) bilden, soweit sich aus § 86 Abs. 3 nichts anderes ergibt, die für den Erfahrungsanstieg (§ 86) maßgebende Gesamtdienstzeit. Für die besoldungsrechtliche Stellung (§ 86 Abs. 1) am Beginn des ersten Tages des Dienstverhältnisses sind, sofern sich aus § 85 Abs. 2 nichts anderes ergibt, allein die Vordienstzeiten maßgebend.
  2. (2) Die dem Tag der Aufnahme vorangegangenen Zeiten einer berufseinschlägigen Tätigkeit sind bis zu einem Höchstausmaß von zehn Jahren auf die Gesamtdienstzeit gemäß Abs. 1 anrechenbar, wenn diese in einem Land, das Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraums ist oder dessen Staatsangehörige die gleichen Rechte wie österreichische Staatsangehörige auf den Zugang zu einem Beruf haben, ausgeübt worden ist. Die Berufseinschlägigkeit ist anhand jener Tätigkeiten zu beurteilen, die mit dem konkreten Dienstposten verbunden sind, den die bzw. der Bedienstete am Tag der Aufnahme innehat.
  3. (2a) Die Anrechnung von dem Tag der Aufnahme vorangegangenen Zeiten einer berufseinschlägigen Tätigkeit im Sinn des Abs. 2 hat über das Höchstausmaß von zehn Jahren hinaus insoweit zu erfolgen, als die den Dienstzeiten bei der Gemeinde Wien gleichwertigen oder identen Vordienstzeiten dieses Höchstausmaß übersteigen. Die Gleichwertigkeit ist anhand jener Tätigkeiten zu beurteilen, die mit dem konkreten Dienstposten verbunden sind, den die bzw. der Bedienstete am Tag der Aufnahme innehat. Sie ist gegeben, wenn die Tätigkeiten sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht zumindest zu 75 % übereinstimmen.
  4. (3) Die bzw. der Bedienstete ist anlässlich der Aufnahme in das Dienstverhältnis zur Gemeinde Wien nachweislich über die Bestimmungen zur Anrechnung von Vordienstzeiten zu belehren. Sie bzw. er hat sodann alle vor Beginn des Dienstverhältnisses zurückgelegten Vordienstzeiten mitzuteilen. Die Dienstgeberin hat aufgrund dieser Mitteilung und bei Vorliegen entsprechender Nachweise die Dauer der anrechenbaren Vordienstzeiten festzustellen.
  5. (4) Teilt die bzw. der Bedienstete eine Vordienstzeit nicht innerhalb von drei Monaten nach dem Beginn des Dienstverhältnisses mit, ist ein späterer Antrag auf Anrechnung dieser Vordienstzeit unzulässig. Der Nachweis über eine Vordienstzeit ist spätestens bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tag der Aufnahme zu erbringen. Erfolgt die Belehrung gemäß Abs. 3 erst nach Beginn des Dienstverhältnisses, beginnen die in diesem Absatz genannten Fristen mit dem Tag der Belehrung. Wird der Nachweis nicht fristgerecht erbracht, ist die Vordienstzeit nicht anrechenbar.
  6. (5) Die mehrfache Anrechnung ein und desselben Zeitraumes ist nicht zulässig.
  7. (6) Abs. 1 bis 5 gilt im Fall des § 109 mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Tages der Aufnahme bzw. des Tages des Beginns des Dienstverhältnisses der Zeitpunkt der Zuordnung der bzw. des Bediensteten zu einer Modellstelle tritt.“

4. Die Gesetzesmaterialien zur 4. Dienstrechts-Novelle 2019, LGBl. für Wien 2019/63, heben im „Allgemeinen Teil“ als Ziel dieser Novelle die „vollständige Beseitigung der festgestellten Alterdiskriminierung und die Beseitigung der aus der festgestellten Verletzung des Grundsatzes der Freizügigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer resultierenden Nachteile“ hervor.

Zu § 15c DO 1994 führen sie wörtlich aus:

„Durch die Regelung des (ebenfalls für Vertragsbedienstete geltenden) § 15c DO 1994 soll ebenso wie durch den § 15b DO 1994 eine im Lichte der obzitierten EuGH-Judikatur zur Arbeitnehmerfreizügigkeit unbedenkliche Neugestaltung der Rechtslage erreicht werden. In Ergänzung zum Regelungsinhalt des § 15b DO 1994, dessen Anwendungsbereich auf Bedienstete beschränkt ist, die (unter potentieller Fortschreibung einer nach der früheren Rechtslage erfolgten Altersdiskriminierung) in das Besoldungssystem der Dienstrechts-Novelle 2015 übergeleitet wurden, sollen durch den § 15c DO 1994 auch jene Bediensteten erfasst werden, deren Vordienstzeiten unmittelbar auf Grund einer ab der Dienstrechts-Novelle 2015 geltenden Rechtslage (altesdiskriminierungsfrei) angerechnet wurden. Dazu gehören insbesondere jene Bediensteten, deren Dienstverhältnis im Zeitraum vom 1. August 2015 (= Inkrafttreten der Dienstrechts-Novelle 2015) bis zum 31. Dezember 2017 begründet worden ist, […].

Auch im Rahmen des § 15c DO 1994 hat die Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung der Bediensteten von Amts wegen zu erfolgen. Gemäß § 15c Abs. 1 DO 1994 sollen für die Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung bzw. des Besoldungsdienstalters ausschließlich die Zeiten einer berufseinschlägigen Tätigkeit, unabhängig davon, ob diese Zeiten bei einem öffentlichen oder einem privaten Arbeitgeber zurückgelegt wurden, anrechenbar sein. Diese Regelung entspricht im Wesentlichen jener des § 7 Abs. 2 des Wiener Bedienstetengesetzes, die für sämtliche Neuaufnahmen in den Dienst der Stadt Wien ab dem 1. Jänner 2018 maßgebend ist. Gemäß § 15c Abs. 3 und Abs. 4 DO 1994 sollen nunmehr auch weitere berufseinschlägige Vordienstzeiten, sofern sie den Dienstzeiten bei der Stadt Wien gleichwertig sind, angerechnet werden.

Die vom Verfahren gemäß §§ 15a und 15b DO 19490 abweichende Regelungstechnik wurde auf Grund der großen zeitlichen Nähe des Aufnahmedatums der betroffenen Bediensteten zu der wenig später erfolgten umfassenden Neugestaltung der Rechtslage im Zuge der Dienstrechts- und Besoldungsreform (LGBl. Nr. 33/2017) gewählt, zumal eine Neufestsetzung im Sinn der §§ 15a und 15b DO 1994 unter Heranziehung des Vergleichsstichtages gemäß § 49v BO 1994 bei diesen Bediensteten aufgrund der unterschiedlichen Ausgangsrechtslage nicht möglich wäre. Auf Grund des mit der Neuregelung verbundenen Entfalls der Einschränkungen des § 14 Abs. 3 Z 1 und 2 DO 1994 (in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2015) ist davon auszugehen, dass es durch die zusätzliche Berücksichtigung von Zeiten einer berufseinschlägigen Tätigkeit in vielen Fällen zu einer Verbesserung der besoldungsrechtlichen Stellung kommen wird. Auf Grund der unterschiedlichen Anrechnungstatbestände kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich in Einzelfällen auch eine geringfügige Verschlechterung der besoldungsrechtlichen Stellung ergeben kann. Für diese Fälle ist durch § 15c Abs. 5 DO 1994 sichergestellt, dass sich die Verschlechterung nur bei zukünftigen Vorrückungen auswirkt und keine Rückforderung für die vergangenen Zeiträume erfolgen darf. Die Gleichbehandlung sämtlicher von der Neuregelung betroffenen Bediensteten im Sinne einer Angleichung der besoldungsrechtlichen Stellung nach den neun den Vorgaben der Freizügigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsprechenden Regelungen ist europarechtlich geboten.“

III. Zur Zulässigkeit des Antrags:

1. Präjudizialität:

Nach ständiger Rechtsprechung des VfGH ist ein Antrag iSd Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a B-VG nur dann mangels Präjudizialität zurückzuweisen, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglichen) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichts im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfGH 16.12.2021, G 390/2020 ua, mwN).

Das Verwaltungsgericht Wien hat bei Entscheidung über die Beschwerde der beteiligten Partei zu beurteilen, ob bei der Neuberechnung der Vordienstzeiten die Zeit der Leistung des Grundwehrdienstes als Vordienstzeit anzurechnen ist, denn nach § 15c Abs. 1 Satz 1 DO 1994 ist das (anders als bishin gemäß § 14 Abs. 2 Z 2 DO 1994) nur dann der Fall, wenn der Grundwehrdienst berufseinschlägig für die Ausübung des Dienstes (in casu: bei der Feuerwehr) ist, wovon der Magistrat der Stadt Wien in seinem von der beteiligten Partei bekämpften Bescheid nicht ausging.

Die beteiligte Partei hat sich zwar zu dem ihr vom Magistrat der Stadt Wien mitgeteilten „vorläufigen Ergebnis der Ermittlung“ nicht geäußert und es damit unterlassen, „binnen sechs Monaten allfällige weitere Zeiten einer berufseinschlägigen Tätigkeit im Sinn des Abs. 1 geltend zu machen und die erforderlichen Nachweise zu erbringen“ (vgl. § 15c Abs. 3 DO 1994); das antragstellende Verwaltungsgericht Wien geht jedoch davon aus, dass von dieser Bestimmung lediglich jene Tätigkeiten erfasst sind, von denen die Behörde bislang keine Kenntnis hatte; das ist aber beim von der beteiligten Partei abgeleisteten Präsenzdienst nicht der Fall; die Zeiten des Präsenzdienstes sind somit nach Auffassung des antragstellenden Verwaltungsgerichts Wien nicht iSd § 15c Abs. 3 vorletzter Satz DO 1994 präkludiert.

Das Verwaltungsgericht Wien hat somit § 15c Abs. 1 Satz 1 DO 1994 anzuwenden, und damit auch die in diesem Satz enthaltene und von ihm angefochtene Zeichenfolge.

2. Anfechtungsgegenstand und -umfang:

Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind – wie der VfGH sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Normenprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat – notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden. Dieser Grundposition folgend hat der VfGH die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Normenprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrags nicht zu eng gewählt werden darf. Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, die für das anfechtende Gericht präjudiziell sind und vor dem Hintergrund der Bedenken für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des VfGH, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit, sollte der VfGH die Auffassung des antragstellenden Gerichts teilen, beseitigt werden kann (vgl. z.B. VfGH 16.12.2021, G 390/2020 ua, mwN).

Das antragstellende Verwaltungsgericht Wien hegt das Bedenken, dass durch die „Wegnahme“ des Präsenzdienstes von den der beteiligten Partei (bislang) angerechneten Vordienstzeiten in deren Rechtsposition eingegriffen und damit der Vertrauensschutz verletzt wird, dass der rückwirkend in der Vergangenheit festgesetzte Anstellungsstichtag, vor dem (im Unterschied zu Anstellungen zeitlich danach) die Anrechnung des Präsenzdienstes unangetastet bleibt, nicht sachlich gewählt ist und dass schließlich der Gesetzgeber (abweichend von den diesbezüglichen Regeln des AVG) in die Rechtskraft von Bescheiden eingreift, ohne dass dies für die Regelung des Gegenstandes iSd Art 11 Abs. 2 letzter Satz B-VG erforderlich wäre; siehe zu alldem genauer unten Pkt IV.

Diese Verfassungswidrigkeit, die dazu führt, dass auf Grundlage des Gesetzes (§ 15c Abs. 1 DO 1994) der Magistrat der Stadt Wien im konkreten Fall den bereits als Vordienstzeit angerechneten Präsenzdienst mangels Berufseinschlägigkeit nicht mehr als Vordienstzeit qualifiziert hat, lässt sich dadurch beseitigen, dass die Vorgabe des § 15c Abs. 1 DO 1994, dass die der Anstellung vorangegangene Zeiten berufseinschlägig zu sein haben, um bei der amtswegig vorzunehmenden Neuberechnung der Vordienstzeiten als Vordienstzeit angerechnet werden zu können, sich nicht auch auf § 14 Abs. 2 Z 2 DO 1994 bezieht, der die zwingende Anrechnung der Zeit der Leistung eines Grundwehrdienstes vorsieht, dass somit ein bereits nach § 14 Abs. 2 Z 2 DO 1994 angerechneter Grundehrdienst bei der Neuberechnung nach § 15c DO 1994 unangetastet bleibt. Dieses Ziel lässt sich am einfachsten durch den Entfall der Zeichenfolge „ 2,“ im ersten Satz des § 15c Abs. 1 DO 1994 erreichen.

3. Auswirkungen der Entscheidung des VfGH auf die anhängige Rechtssache:

Sollte der VfGH antragsgemäß die angefochtene Zeichenfolge aufheben, hätte das antragstellende Verwaltungsgericht Wien der Beschwerde der beteiligten Partei (zumindest) insoweit stattzugeben, als die beteiligte Partei darin den Entfall der Anrechnung des Präsenzdienstes als Vordienstzeit moniert. Daher ist die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Zeichenfolge eine Vorfrage iSd § 62 Abs. 2 VfGG für die Entscheidung der beim antragstellenden Verwaltungsgericht Wien anhängigen Rechtssache.

IV. Verfassungsrechtliche Bedenken:

1. Verletzung des Vertrauensschutzes:

Der beteiligten Partei wurde bereits in ihrem Dienstvertrag vom 21.12.2016 der von ihr geleistete Präsenzdienst als Vordienstzeit im Ausmaß von sechs Monaten angerechnet und ihr Besoldungsdienstalter mit sechs Monaten festgelegt. Bei ihrer Unterstellung unter die DO 1994 wurde an dieser festgestellten Vordienstzeit bescheidmäßig festgehalten. Aufgrund der (auch heute noch bestehenden) klaren gesetzlichen Anrechnungsanordnung (§ 14 Abs. 2 Z 2 DO 1994) und auch der Bestätigung mit Bescheid vom 1.7.2017 konnte die beteiligte Partei darauf vertrauen, dass der von ihr abgeleistete Präsenzdienst auch weiterhin als Vordienstzeit angerechnet bleibt. Da § 15c DO 1994 erst am 13.12.2019 im LGBl. für Wien kundgemacht wurde, konnte dieses Vertrauen zumindest bis zu diesem Tag bestehen; regelmäßig währt dieses Vertrauen aber bis zur amtswegigen Neuberechnung der Vordienstzeiten, denn für einen durchschnittlichen Normunterworfenen erschließen sich die sich aus § 15c DO 1994 ergebenden Konsequenzen bei seiner Lektüre nicht; auch die Gesetzesmaterialien enthalten diesbezüglich keinen Hinweis.

In dieses berechtigte Vertrauen griff der Gesetzgeber mit Erlassung des § 15c DO 1994 ein. § 15c DO 1994 entfaltet eine Wirkung auf Sachverhalte, die vor seinem Inkrafttreten (14.12.2019) liegen, nämlich auf die (in casu im Jahre 2014 erfolgte) Ableistung des Präsenzdienstes durch die beteiligte Partei bzw. die Begründung seines Dienstverhältnisses am 23.1.2017 und damit zwischen dem 1.8.2015 und 31.12.2017 (siehe dazu die Gesetzesmaterialien). Es ist nicht auszuschließen, dass Personen ein Dienstverhältnis zur Gemeinde Wien überhaupt nur wegen der Anrechnung des abgeleisteten Grundwehrdienstes als Vordienstzeit begründet haben.

Darüber hinaus griff der Gesetzgeber in ein „wohlerworbenes Recht“ der beteiligten Partei ein, das eine öffentlich-rechtliche Grundlage (nämlich § 14 Abs. 2 Z 2 DO 1994 und Spruchpunkt 2 des Bescheids vom 1.7.2017) hat. Eine Begründung für diesen Eingriff in den Vertrauensschutz ist den Gesetzesmaterialien zu § 15c DO 1994 zumindest nicht hinreichend deutlich zu entnehmen. Öffentliche Interessen, die (gerade) die „Herausnahme“ des abgeleisteten Präsenzdienstes aus den anzurechnenden Vordienstzeiten rechtfertigen könnten, sind in den Gesetzesmaterialien nicht (hinreichend deutlich) ausgebreitet und auch für das antragstellende Verwaltungsgericht Wien nicht erkennbar.

§ 15c Abs. 1 DO 1994 greift daher ohne hinreichenden Grund in das Vertrauen der beteiligten Partei in die bestehende Rechtslage ein und verletzt damit den in Art. 7 B-VG verfassungsgesetzlich verankerten Gleichheitssatz.

2. Verletzung des Sachlichkeitsgebots des Gleichheitssatzes:

Gemäß der ausdrücklichen Anordnung des (am 14.12.2019 in Kraft getretenen) § 15c Abs. 1 DO 1994 ist die verpflichtende amtswegige Neuberechnung der Vordienstzeiten und damit der mit ihr einhergehende Verlust der Zeiten des Grundwehrdienstes (sofern dieser nicht berufseinschlägig ist) lediglich auf Dienstverhältnisse anwendbar, die nach dem 1.8.2015 (und bis zum 31.12.2017) begründet wurden; dies ergibt sich aus den Verweis in § 15c Abs. 1 Satz 1 DO 1994 auf § 49l BO 1994. In den Gesetzesmaterialien wird als Ende des zeitlichen Anwendungsbereichs der 31.12.2017 angegeben; damit ist wohl lediglich das faktische Ende gemeint; mit 1.1.2018 trat nämlich das Wiener Bedienstetengesetz in Kraft, von dem nunmehr grundsätzlich alle abgeschlossenen Dienstverhältnisse erfasst werden sollen.

Stichtagsregelungen weisen stets ein gewisses Maß an Beliebigkeit auf (z.B. VfSlg 20298/2018). Ist es rechtspolitisch beispielsweise gewünscht, dass der Grundwehrdienst nur dann als Vordienstzeit angerechnet werden soll, wenn er berufseinschlägig ist, dann liegt es freilich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, dies gesetzlich auch vorzusehen. Regelmäßig wird dann der Beginn dieser Neuregelung, also der Stichtag, ab dem bei neu eingegangenen Dienstverhältnissen der Grundwehrdienst nur mehr bei Berufseinschlägigkeit als Vordienstzeit angerechnet wird, mit dem Beginn des zeitlichen Geltungsbereichs dieser Neuregelung festgelegt. Sofern dies der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz zulässt, kann der Gesetzgeber auch anordnen, dass bei sämtlichen im Dienst zur Gemeinde Wien stehenden Personen (bei einer zwingend vorzunehmenden Neuberechnung der Vordienstzeit) ein allfällig geleisteter Grundwehrdienst nur (mehr) bei Berufseinschlägigkeit anzurechnen ist.

Es erscheint dem antragstellenden Verwaltungsgericht Wien jedoch kein nachvollziehbarer Grund zu bestehen, warum der Gesetzgeber gerade den 1.8.2015 als (bei Gesetzeserlassung über vier Jahre zurückliegenden) Stichtag wählt. Es ist für die Differenzierung zwischen jene Bediensteten, die vor diesem Stichtag ihr Dienstverhältnis begründet haben (und bei denen ein allfällig geleisteter Präsenzdienst als Vordienstzeit angerechnet bleibt), und jenen Bediensteten, die nach diesem Stichtag in den Dienst getreten sind und ihren Präsenzdienst als Vordienstzeit verlieren, kein sachlicher Grund ersichtlich. Die in den Gesetzesmaterialien diesbezüglich angeführte „große[n] zeitliche[n] Nähe des Aufnahmedatums der betroffenen Bediensteten zu der wenig später erfolgten umfassenden Neugestaltung der Rechtslage im Zuge der Dienstrechts- und Besoldungsreform (LGBl. Nr. 33/2017)“ erklärt den Stichtag 1.8.2015 gerade nicht und rechtfertigt damit die hinsichtlich der Anerkennung des Präsenzdienstes als Vordienstzeit gänzlich unterschiedliche Behandlung jener Personen, die vor und die nach diesem Stichtag ihren Dienst angetreten haben, nicht.

Die gesetzliche Festlegung des Stichtags 1.8.2015 erscheint dem antragstellenden Verwaltungsgericht Wien daher unsachlich und damit gleichheitswidrig.

3. Unzulässige vom AVG abweichende Regelung:

Der Magistrat der Stadt Wien sprach in Spruchpunkt 2 des Bescheids vom 6.7.2017, ..., aus, dass sich das Besoldungsdienstalter und die besoldungsrechtliche Stellung der beteiligten Partei durch ihre Unterstellung unter die DO 1994 nicht ändern. Mit diesem Bescheidspruch wurde nach Auffassung des antragstellenden Verwaltungsgerichts Wien das im Dienstvertrag vom 21.12.2016 fixierte Besoldungsdienstalter der beteiligten Partei von sechs Monaten aufgrund seines Grundwehrdienstes vom 1.4.2014 bis 30.9.2014 normativ festgelegt.

§ 15c DO 1994, der die amtswegigen Neuberechnung der Vordienstzeiten anordnet, sieht folglich einen Eingriff in die (materielle) Rechtskraft des Bescheids vom 6.7.2017 vor, mit dem der Magistrat der Stadt Wien das Besoldungsdienstalter normativ festgelegten hatte. Die Rechtskraft von Bescheiden ist im AVG grundgelegt; ebenso sind auch (abschließend) die (zulässigen) Eingriffe in diese Rechtskraft (vgl. die §§ 68 bis 72 AVG) geregelt.

Nach Art. 11 Abs. 2 B-VG darf der Materiengesetzgeber nur dann abweichende Regelungen von aufgrund der Bedarfskompetenz erlassenen einheitlichen Vorschriften wie dem AVG treffen, wenn diese zu Regelung des Gegenstands erforderlich sind. Dieses Erforderlichkeitskriterium wird vom VfGH im Sinne von „Unerlässlichkeit“ verstanden (vgl. zuletzt VfGH 1.12.2022, G 10/2022).

Für das antragstellende Verwaltungsgericht Wien ist es nicht ersichtlich, warum es unerlässlich sein soll, in die Rechtskraft von Bescheiden einzugreifen, die das Besoldungsdienstalter von Bediensteten normativ festlegen, die zwischen dem 1.8.2015 und dem 31.12.2017 bei der Gemeinde Wien angestellt wurden. § 15c DO 1994 enthält daher nach Auffassung des antragstellenden Verwaltungsgerichts Wien eine unzulässige Abweichung vom AVG.

Schlagworte

Normprüfungsantrag; Gesetzesprüfung; Besoldungsrechtliche Stellung; Besoldungsdienstalter; Vordienstzeiten; Dienstzeit; Neuberechnung; Vertrauensgrundsatz; Sachlichkeitsgebot; Gleichheitssatz; Bedarfskompetenz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2023:VGW.171.092.15191.2022.5

Zuletzt aktualisiert am

07.03.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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