Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1991 §1 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Fuchs und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des K in G, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 27. Jänner 1995, Zl. IIIe 6700 B-Dr. Do/Re, betreffend Zurückweisung eines Feststellungsantrages nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge wurde ein vom Beschwerdeführer beim Bundesasylamt (Außenstelle Traiskirchen) gestellter Asylantrag vom Bundesminister für Inneres im Instanzenzug abgewiesen und über die dagegen an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Bescheidbeschwerde bislang nicht entschieden.
Am 8. bzw. 15. Juni 1994 stellte der Beschwerdeführer an das Arbeitsamt bzw. die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Graz den Antrag, bescheidmäßig festzustellen, daß er gemäß § 1 Abs. 2 lit. a AuslBG die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (BGBl. Nr. 55/1955) besitze.
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Graz vom 6. September 1994 wurde der genannte Feststellungsantrag wegen Unzuständigkeit der angerufenen Behörde zurückgewiesen.
Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark mit Bescheid vom 27. Jänner 1995 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1991 keine Folge und bestätigte den angefochtenen Zurückweisungsbeschluß.
Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, die Bestimmung des § 1 Abs. 2 lit. a AuslBG räume dem Arbeitsmarktservice keine Kompetenz zur bescheidmäßigen Feststellung ein, ob eine Person Flüchtling im Sinne der Genfer Konvention sei. Die Anwendung der genannten Bestimmung sei im übrigen nicht allein von der Flüchtlingseigenschaft abhängig, sondern erfordere zusätzliche Voraussetzungen wie beispielsweise eine dauernde Aufenthaltsberechtigung. Durch im Asylverfahren ergangene Entscheidungen werde keine Kompetenzverlagerung (zum Arbeitsmarktservice) herbeigeführt. Dem Arbeitsmarktservice fehle die Zuständigkeit, eigenständige (bescheidmäßige) Entscheidungen über die Flüchtlingseigenschaft zu erlassen oder insoweit andere behördliche Entscheidungen zu überprüfen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der jedoch deren Behandlung mit Beschluß vom 12. Juni 1995, B 692/95-3, ablehnte. Über (innerhalb der Frist des § 87 Abs. 3 VfGG erhobenen) nachträglichen Antrag gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG wurde die Beschwerde gegen den genannten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 3. Juli 1995 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - über diese mit Schriftsatz vom 9. bzw. 11. Oktober 1995 ergänzte Beschwerde - erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem von ihm angenommenen Recht auf Sachentscheidung (über seinen Feststellungsantrag) verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer vor, ein Feststellungsbescheid bedürfe als notwendiges Mittel der Rechtsverteidigung bzw. der Klarstellung einer Rechtslage keiner seine Erlassung stützenden Norm. Er habe an der Feststellung seiner Flüchtlingseigenschaft ein "eminentes Rechtsschutzinteresse (an anderer Stelle: Interesse)". Eine "illegale Tätigkeit zu riskieren, um im Wege des Verwaltungsstrafverfahrens klären zu können, ob er zur Aufnahme einer Beschäftigung als Flüchtling berechtigt ist", sei ihm nicht zumutbar. Allenfalls - für den Fall der Verneinung des Flüchtlingsbegriffes nach dem AuslBG - hätte die belangte Behörde seinen Antrag abweisen müssen. Nach Ansicht des Beschwerdeführers "scheint" die angerufene Behörde für die begehrte Feststellung zuständig zu sein. Die Frage der Flüchtlingseigenschaft werde im AuslBG "aufgeworfen". Es erscheine notwendig, daß "in jedem Fall irgendeine Behörde über diese Entscheidung zuständig ist". Das Parallelverfahren habe ergeben, daß die Asylbehörde sich zu dieser Frage "nicht berufen fühlt". Demnach müsse die das Gesetz anwendende "jeweilige Behörde" diese Frage "als Vorfrage, allenfalls auch in Form eines Feststellungsbescheides klären".
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.
Auf das behördliche Verfahren der Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice und der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice ist zufolge Art. II Abs. 2 D Z. 41 EGVG das AVG, dessen § 64 jedoch nur, wenn nicht anderes ausdrücklich bestimmt ist, anzuwenden.
Gemäß § 6 Abs. 1 AVG 1991 hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen.
Im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (Stammfassung BGBl. Nr. 8/1992) ist Flüchtling, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Nach Z. 2 dieser Gesetzesstelle ist Asyl der Schutz, der einem Fremden im Hinblick auf seine Flüchtlingseigenschaft in Österreich gewährt wird. Dieser Schutz umfaßt insbesondere das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet und neben den Rechten nach diesem Bundesgesetz die Rechte, die einem Flüchtling aufgrund der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF BGBl. Nr. 78/1974 (im folgenden: "Genfer Flüchtlingskonvention" genannt), zustehen.
Österreich gewährt gemäß § 2 Abs. 1 Asylgesetz 1991 Flüchtlingen Asyl. Kein Asyl wird einem Flüchtling gewährt, wenn einer der in den nachfolgend normierten Abs. 2 bis 4 umschriebenen Tatbestände vorliegt.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. wird Asyl auf Antrag des Asylwerbers gewährt. Die Asylbehörde hat einem Asylantrag mit Bescheid stattzugeben, wenn nach diesem Bundesgesetz glaubhaft ist, daß der Asylwerber Flüchtling und die Gewährung von Asyl nicht gemäß § 2 Abs. 2 und 3 ausgeschlossen ist.
Asylbehörden sind zufolge der Verfassungsbestimmung des § 10 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 das Bundesasylamt, das als Asylbehörde erster Instanz in Unterordnung unter dem Bundesminister für Inneres errichtet wird, und nach Z. 2 der Bundesminister für Inneres als Asylbehörde zweiter Instanz.
Das Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG; Stammfassung BGBl. Nr. 218/1975) regelt zufolge seines § 1 Abs. 1 die Beschäftigung von Ausländern (§ 2) im Bundesgebiet. Nach Abs. 2 sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht anzuwenden auf
a) Flüchtlinge im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, i.V.m. dem Protokoll BGBl. Nr. 78/1974, die entweder zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind oder die mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet sind, es sei denn, daß sie den Ehegatten verlassen haben, oder die ein Kind haben, das österreichischer Staatsbürger ist.
Gemäß § 3 Abs. 1 leg. cit. darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt. Nach Abs. 2 darf ein Ausländer, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, eine Beschäftigung nur antreten und ausüben, wenn für ihn eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn er eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.
Über Anträge nach dem AuslBG, über den Widerruf der Sicherungsbescheinigung, der Beschäftigungsbewilligung, der Arbeitserlaubnis und des Befreiungsscheines sowie über die Untersagung der Beschäftigung hat, soweit nicht anderes bestimmt ist, zufolge § 20 Abs. 1 AuslBG die nach § 19 Abs. 1, 3 und 4 zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu entscheiden.
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist dem Beschwerdeführer zu erwidern, daß eine gesonderte bescheidmäßige Feststellung darüber, ob einer Person Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zukommt, weder im Asylgesetz noch im Ausländerbeschäftigungsgesetz ausdrücklich geregelt wird. Im Asylverfahren ist die Flüchtlingseigenschaft lediglich Vorfrage für die Erlassung eines dem Asylantrag stattgebenden Asylbescheides, ohne daß über diese Vorfrage ein gesonderter Feststellungsbescheid zu erlassen ist. Auch die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Bestimmung des § 1 Abs. 2 lit. a AuslBG ordnet eine bescheidmäßige Feststellung über die Flüchtlingseigenschaft allein nicht an. Der normative Gehalt dieser Regelung erschöpft sich nämlich darin, daß Flüchtlinge
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soferne die weiteren dort normierten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind - vom Anwendungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ausgenommen sind. Eine gesetzliche Anordnung dahin, daß über die Flüchtlingseigenschaft ein Feststellungsbescheid zu erlassen ist, vermag der Beschwerdeführer jedenfalls nicht aufzuzeigen.
Im übrigen ist das Arbeitsmarktservice (Landesgeschäftsstellen und regionale Geschäftsstellen)
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soweit dies für den Beschwerdefall erheblich ist - nur für die behördlichen Verfahren nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, aber nicht für das Asylwesen bzw. das Flüchtlingswesen zuständig, sodaß dieser Behörde von vornherein eine Kompetenz zur Erlassung des beantragten Feststellungsbescheides fehlt, ohne daß darauf noch eingegangen werden müßte, ob ein im privaten oder öffentlichen Interesse begründeter Anlaß für die vom Beschwerdeführer begehrte Bescheiderlassung vorliegt.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von dem Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide sachliche Zuständigkeit in einzelnen AngelegenheitenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995090213.X00Im RIS seit
25.01.2001