TE Vwgh Erkenntnis 1995/11/16 94/09/0025

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Veröffentlicht am 16.11.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28;
VStG §27 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 95/09/0284

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des S in L, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in G, 1.) gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 29. Oktober 1993, Zl. 15.1 Schaf 1/91-41 (zu Zl.95/09/0284) und 2.) gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 15. Dezember 1993, UVS 303.13-29/93 (zu Zl. 94/09/0025), betreffend Bestrafung nach dem AuslBG, zu Recht erkannt:

Spruch

1.) Die Beschwerde gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg wird zurückgewiesen.

2.) Der Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erging auf Grund einer Anzeige des Arbeitsamtes Krems vom 24. Jänner 1991 mit 5. Februar 1991 seitens der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg eine Ladung an den Beschwerdeführer, in der ihm zur Last gelegt wurde, sechs namentlich genannte "jugoslawische Staatsangehörige" auf der Baustelle "XY in Krems" beschäftigt zu haben, obwohl für die Genannten weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch ein Befreiungsschein ausgestellt worden war.

Bei der mündlichen Einvernahme am 15. Februar 1991 bestritt der Beschwerdeführer die Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes. Eine "S GesmbH" habe mit einer "jugoslawischen Firma", deren Adresse er bekanntgeben werde, einen Werkvertrag abgeschlossen gehabt.

Mit dem an den Beschwerdeführer gerichteten Straferkenntnis der BH Deutschlandsberg wurde wie folgt entschieden:

"Sie haben von November 1990 bis einschließlich 17.1.1991 die jugosl. Staatsbürger JB, BN, BA, JL und KS sowie den jugos. Staatsbürger CS, Angehörige des ehemaligen Jugoslawien auf der Baustelle XY in Krems, W-Straße 91, beschäftigt, obwohl für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt, noch jeweils ein Befreiungsschein ausgestellt worden war.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 3 (1) Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218 idgF.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

    Geldstrafe                            Schilling 120.000,--

                                    (je Ausländer S  20.000,--)

    falls diese uneinbringlich ist,

    Ersatzfreiheitsstrafe von             zwei Wochen

    gemäß §                               § 28/1 Z. 1 li.t a

                                          leg.cit.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VSTG) zu zahlen:

als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe Schilling 12.000,--

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe, Kosten Barauslagen) beträgt daher Schilling 132.000,--"

In der Begründung führte die Bezirkshauptmannschaft aus, anläßlich seiner Beschuldigtenvernehmung am 15. Februar 1991 habe der Beschwerdeführer angegeben, daß eine seiner Gesellschaften einen Werkvertrag mit der Fa. V, die die im Spruch angeführten jugoslawischen Staatsangehörigen beschäftigt haben solle, abgeschlossen gehabt habe, wobei er aber nicht konkretisiert habe, welche seiner Gesellschaften der Vertragspartner der genannten ausländischen Firma gewesen sei. Obwohl er die Benennung der betreffenden Gesellschaft anläßlich seiner Vernehmung in Aussicht gestellt habe, habe er dies nicht getan. Die Behörde sei daher davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer im Sinn des § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufen und somit strafrechtlich verantwortlich gewesen sei, zumal nach dem Gewerberegister der Beschwerdeführer gewerberechtlicher Geschäftsführer sowohl der "S GesmbH" als auch der "S GesmbH & Co KG" sei. Im übrigen sei er nach amtlichen Feststellungen auch handelsrechtlicher Geschäftsführer. Die Behauptung des Beschwerdeführers in seiner Vernehmung, wonach die jugoslawische Firma mit einer seiner Firmen einen Werkvertrag abgeschlossen habe, sei zwar von einem der genannten Beschäftigten anläßlich einer Vernehmung vor dem Gendarmerieposten Krems bestätigt worden, es sei allerdings hinzugefügt worden, daß die "Fa. S in L der Auftraggeber für die Arbeiten auf der Baustelle XY gewesen sei". Nach Wiedergabe der Rechtslage führt die Behörde weiter in der Begründung des Bescheides aus, für sie stehe zweifelsfrei fest, daß der Beschwerdeführer die ausländischen Arbeitnehmer in seinem Betrieb und in seinem Auftrag auf der genannten Baustelle zu Fliesenlegerarbeiten entgegen den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes beschäftigt und dies auch verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe. Die Strafbemessung sei auf der Grundlage des § 19 VStG durchgeführt worden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer entsprechend der Rechtsmittelbelehrung beim UVS Steiermark Berufung.

Diese Berufung wies der UVS mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom 14. Dezember 1993 wegen Unzuständigkeit zurück.

Zur Begründung wurde ausgeführt, daß der dem Beschwerdeführer angelastete Gesetzesverstoß "auf der Baustelle XY in Krems, W-Straße 91" begangen worden sei. Gemäß § 51 Abs. 1 VStG stehe dem Beschwerdeführer das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen worden sei. Da die Tat in Krems begangen worden sei, sei somit der Unabhängige Verwaltungssenat für Niederösterreich zuständig für die Erledigung der Berufung gewesen. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark, bei dem die Berufung direkt eingelangt sei, sei gemäß § 1 des Gesetzes vom 26. Juni 1990 über den Unabhängigen Verwaltungssenat, LGBl. Nr. 78/1990, nur für das Land Steiermark zuständig. Aus diesem Grund sei die Berufung ohne Eingehen in die Sache zurückzuweisen gewesen.

    Gegen diesen und auch gegen den erstinstanzlichen Bescheid

richtet sich der vorliegende Beschwerdeschriftsatz. Der

Beschwerdeführer beantragt, der Verwaltungsgerichtshof "wolle

zum einen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft

Deutschlandsberg vom 29. Oktober 1993 ... und zum anderen den

Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark

vom 15. Dezember 1993 ... aufheben und die Rechtssache zur

neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Erstinstanzen zurückverweisen, in eventu obige Bescheide aufheben und das gegen den nunmehrigen Beschwerdeführer eingeleitete Verwaltungsverfahren zur Einstellung bringen".

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Zl. 94/09/0025 das Vorverfahren eröffnet.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges verbundenen Beschwerden erwogen:

I. Zum erstinstanzlichen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg (95/09/0284):

Nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt ist,

NACH ERSCHÖPFUNG DES INSTANZENZUGES.

Das im Art. 131 Abs. 1 B-VG aufgestellte Erfordernis der Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges hat zur Folge, daß immer nur der Bescheid, der von der nach der gesetzlichen Ordnung des Instanzenzuges im Einzelfall in Betracht kommenden Behörde der höchsten Organisationsstufe erlassen worden ist, nicht aber ein in der Angelegenheit ergangener Bescheid einer Verwaltungsbehörde niederer Instanz, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochten werden kann (ständige Rechtsprechung, (vgl. beispielsweise das Erkenntnis vom 30. Oktober 1958, Slg. N.F. 4.788/A u.v.a.).

Voraussetzung für die Erschöpfung des Instanzenzuges ist die Entscheidung durch die in letzter Instanz berufene Behörde. Da es sich bei dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg nicht um den Bescheid einer Verwaltungsbehörde der höchsten Organisationsstufe gehandelt hat, der Instanzenzug - wie auch die eingebrachte Berufung zeigt - daher nicht ausgeschöpft war, mußte die diesbezügliche Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückgewiesen werden.

II. Zum Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark (94/09/0025):

Verfahrensgegenstand ist allein, ob der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark zu Recht seine Zuständigkeit verneint und die Berufung des Beschwerdeführers zurückgewiesen hat.

Gemäß § 27 Abs. 1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch im Falle von Übertretungen gegen § 28 AuslBG im Zweifel der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers der Tatort, denn dort wird in der Regel die gegebenenfalls nach diesem Gesetz verpönte Beschäftigung (§ 2 Abs. 1 AuslBG) ausländischer Arbeitskräfte eingegangen und von dort aus wäre die allenfalls fehlende Beschäftigungsbewilligung zu beantragen. Hingegen dient die Angabe des Ortes, an dem die illegal beschäftigten Ausländer ihre Arbeitsleistungen erbracht haben, nur der näheren Individualisierung der dem Beschuldigten vorgeworfenen Tathandlungen (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. April 1993, 92/09/0377, vom 6. September 1993, 93/09/0151, und 93/09/0152, 0153, u.v.a.).

Gemäß § 51 Abs. 1 VStG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung gemäß dem am 1. Oktober 1993 in Kraft getretenen BGBl. Nr. 666/1993 steht dem Beschuldigten das Recht auf Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde.

Im Beschwerdefall läßt der erstinstanzliche Bescheid zwar manch wesentliches (insbesondere in welcher Funktion der Beschwerdeführer bestraft worden ist und die Frage der Zuordnung der Ersatzfreiheitsstrafe) offen, es besteht aber kein Zweifel daran, daß die Bezirkshauptmannschaft vom Tatort L, dem Betriebssitz des Beschwerdeführers, ausgegangen ist, daß also die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Tat im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark begangen worden ist.

Der UVS Steiermark wäre daher zur Erledigung der an ihn vorgelegten Berufung gemäß § 51 Abs. 1 VStG zuständig gewesen; die Zurückweisung ist daher inhaltlich rechtswidrig und mußte gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf

die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die nach dem Gesetz nicht zusätzlich zum Schriftsatzaufwand zu ersetzende Umsatzsteuer.

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Allgemein Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetze

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994090025.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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