Entscheidungsdatum
21.02.2023Index
41/02 MelderechtNorm
MeldeG 1991 §8 Abs2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Dr. Rieser über die Beschwerde des AA, geb am XX.XX.XXXX, wohnhaft in **** Z, Adresse 1, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Z vom 28.12.2022, Zl ***, mit dem ein Einspruch gegen eine Strafverfügung betreffend ein Verwaltungsstrafverfahren nach dem Meldegesetz als verspätet zurückgewiesen wurde,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Sachverhalt und rechtliche Erwägungen:
Mit dem angefochtenen Bescheid hat der Bürgermeister der Stadt Z als belangte Behörde den gegen die Strafverfügung der belangten Behörde vom 10.11.2022, Zl ***, erhobenen Einspruch als verspätet zurückgewiesen.
Laut Begründung des angefochtenen Zurückweisungsbescheides erfolgte die Zustellung der Strafverfügung vom 10.11.2022 am 18.11.2022 durch Hinterlegung beim Postamt ****. Da der Einspruch laut Begründung erst am 05.12.2022 nach Ablauf der Einspruchsfrist eingebracht worden sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
In der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wurde Folgendes ausgeführt:
„GZ: ***
Gegen den Bescheid vom 28.12.2022 erhebe ich Beschwerde.
Zum einen wurde die Hinterlegungsanzeige nicht wie im Bescheid am Freitag, den 18.11. hinterlegt, sondern erst am Montag, den 21.11.2022, zum anderen wurde ich am 15.11.2022 in die Klinik eingeliefert und dort positiv auf Corona getestet. Das erste Mal das Bett verlassen konnte ich nach einer Woche am 22.11.2022.
Beweis BB: Frau BB hat mir während der Krankheit täglich die Post erledigt und sich noch gewundert, warum auf der Hinterlegungsanzeige der 18.11. statt 21.11. stand, an dem er tatsächlich im Postkasten war.
Selbst wenn der 18.11. stimmen würde, wäre der 21.11. der erste Termin für die Briefabholung. Die Aufgabe meines eingeschriebenen Briefes am 5.12.2022 war daher innerhalb der Frist.
AA“
Zur Sachverhaltsfeststellung wurde in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde Einsicht genommen. Aus diesem ergibt sich der verfahrenswesentliche und unstrittige Sachverhalt. Dem Beschwerdeführer wurde laut dem im Akt befindlichen Zustellnachweis die Strafverfügung vom 10.11.2022 betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem Meldegesetz am 18.11.2022 durch Hinterlegung zugestellt. Als Beginn der Abholfrist war ebenfalls der 18.11.2022 angegeben. Gemäß § 17 Abs 3 Zustellgesetz ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt.
Laut dem Zustellnachweis erfolgte der Zustellversuch am 18.11.2022 und begann noch am selben Tag, nämlich am 18.11.2022, die Abholfrist. Die Strafverfügung galt somit mit 18.11.2022 als zugestellt. Die zweiwöchige Einspruchsfrist gemäß § 49 Abs 1 VStG begann somit am Freitag, dem 18.11.2022, und endete mit Ablauf des 02.12.2022 um 24.00 Uhr.
Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 01.12.2022 Einspruch gegen die verfahrensgegenständliche Strafverfügung erhoben. Der schriftliche Einspruch vom 01.12.2022 wurde laut der im vorgelegten Akt befindlichen Kopie des Aufgabekuverts mittels Einschreiben am 02.12.2022 beim Postpartner **** Z aufgegeben. Der nachweislich am 02.12.2022 postalisch aufgegebene schriftliche Einspruch langte laut vorhandenem Eingangsstempel am 05.12.2022 bei der belangten Behörde ein. Die belangte Behörde ist von einem verspäteten Einbringungsdatum nämlich dem 05.12.2022 als Tag des Einlangens des Einspruches bei der belangten Behörde ausgegangen.
Gemäß § 33 Abs 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) werden die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des Zustellgesetzes zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) in die Frist nicht eingerechnet. Zur Wahrung der prozessualen Einspruchsfrist reicht daher aus, wenn das Schriftstück bzw der schriftliche Einspruch spätestens am letzten Tag der Frist der Post zur Beförderung übergeben wird.
Da beim gegenständlichen Verfahren nachweislich der schriftliche Einspruch vom 01.12.2022 am letzten Tag der Einspruchsfrist am 02.12.2022 der Post (dem Postpartner) zur Beförderung und Zustellung in eingeschriebener Form übergeben wurde, wurde vom Beschwerdeführer die zweiwöchige Einspruchsfrist gewahrt. Dass der am 02.12.2022 aufgegebene schriftliche Einspruch erst nach Ablauf der zweiwöchigen Einspruchsfrist aufgrund des Postlaufes am 05.12.2022 bei der belangten Behörde einlangte, war nicht von rechtlichem Belang.
Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes und der nachweislich rechtzeitigen Einbringung des Einspruches innerhalb der zweiwöchigen Einspruchsfrist am 02.12.2022 war daher der Beschwerde gegen den angefochtenen Zurückweisungsbescheid vom 28.12.2022 stattzugeben und dieser ersatzlos zu beheben.
Da der Einspruch rechtzeitig eingebracht wurde, ist gemäß § 49 Abs 2 des Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) das ordentliche Verfahren einzuleiten.
II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Aufgrund der Tatsache, dass beim gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren weder die Verhängung einer Geldstrafe von mehr als Euro 750,00 möglich ist noch eine Geldstrafe von mehr als Euro 400,00 ausgesprochen wurde, ist gemäß § 25a Abs 4 VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof seitens des Beschwerdeführers nicht zulässig.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Dr. Rieser
(Richter)
Schlagworte
ZurückweisungsbescheidEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2023:LVwG.2023.30.0354.1Zuletzt aktualisiert am
06.03.2023